Der BGH verhandelt den Intranet-Paragrafen 52 a UrhG

Die einen nennen ihn Intranet-Paragraf, die anderen halten ihn für den wichtigsten Paragrafen für E-Learning-Angebote. Derzeit sind zwei Verfahren zur Auslegung dieses Paragrafen bei den Gerichten anhängig.

Gestern fand eine mündliche Verhandlung zum § 52a UrhG am BGH statt, bei der es um die Höhe der Vergütung ging, welche die Hochschulen an die Verlage für die Nutzung von Werkteilen entrichten sollen.

Der § 52a UrhG erlaubt es Hochschulen, kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften digital zu verwenden und sie im Rahmen des E-Learning bzw. für elektronische Semesterapparate öffentlich zugänglich zu machen. Voraussetzung ist, dass die so angebotenen Materialien nur einem kleinen (abgegrenzten) Personenkreis zur Verfügung gestellt werden. Wie bei allen gesetzlichen Schranken des Urheberrechts wird im Gegenzug eine “angemessene Vergütung” fällig

Vor dem BGH klagt die VG Wort als Intressenvertretung der Rechteinhaber gegen die Bundesländer, die Träger der Hochschuleinrichtungen sind. Ein Gesamtvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft und den Bundesländern scheiterte bisher an der gewünschten Höhe der Vergütung. Hier scheiden sich die Geister. Die VG Wort fordert eine individuelle Abrechnung und hat in ihren Tarifen 0,125 Euro pro Seite und Teilnehmer veranschlagt. Dies wird von den Bundesländern als zu hoch erachtet, da neben dem technischen Aufwand, eine Individualabrechnung möglich zu machen, auch die so entstehenden Kosten für die Länder nicht einschätzbar1 sind.

Mit der Vergütung, so die Forderung der VG Wort, sollte zugleich ein Anspruch auf Auskunft über den Umfang der Nutzungen verbunden sein.

In einer Vorsinstanz wurde durch das OLG München bereits ein Gesamtvertrag festgesetzt. Dieser sieht eine Einzelvergütung ab 01.08.2008 vor. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Betrag von 7 bis 13 Euro pro Kurs und Werk, je nach Größe der Teilnehmer2. Festgelegt wurde außerdem, dass “kleine Teile eines Werken” max. 10% höchstens jedoch 100 Seiten eines Werkes betragen dürfen. Gegen dieses Urteil gingen die Kultusminister der Länder in Revision vor dem BGH. Eine Vergütung, wie sie der § 52a UrhG fordert, wurde auf Grund der strittigen Höhe noch nicht an die VG Wort gezahlt.

Anders sieht das u.a. für die VG BildKunst und die GEMA aus. Hier gibt es bereits einen gültigen Rahmenvertrag (2007, aktuelle Fassung 2010). Im Urteil des OLG München heißt es auf S. 36 zum geforderten Tarif der VG Wort:

Bei einer vergleichbaren Nutzungshandlung [vergleichbar zu den Vereinbarungen mit der GEMA und VG Bildkunst, Anm. d. Verf.] kann der Unterschied sich auf das 240-fache belaufen.

Dieser sehr umstrittene Paragraf trat September 2003 nur befristet in Kraft und wurde seit 2006 alle zwei Jahre – häufig erst in letzter Sekunde – verlängert. Letztmalig wurde der Paragraf Dezember 2012 bis Ende 2014 verlängert. Bis dahin soll eine dauerhafte Lösung gefunden werden.

Der Börsenverein forderte wiederholt3, die Vorschrift gänzlich zu streichen. Bibliotheken und Hochschulen befürchten jedoch bei Streichung des Paragrafen ein Ende des E-Learning4.

Laut Börsenblatt.net ist mit einer Entscheidung des BGH erst in einigen Monaten zu rechnen. Warten wir ab und harren wir der Dinge, die da noch kommen werden, oder besser des Wahnsinns (zumind. bezüglich des Urhberrechts), der da noch auf uns wartet. Ob es je zu einer Wissenschaftsschranke oder einer passenden “Fair use”-Regelung kommt?

Quelle:
Bundesgerichtshof verhandelt zu Paragraf 52 a, Boersenblatt.net
Braun, Ilja: Die Zukunft der elektronischen Semesterapparate, Digitale Linke, 07.11.2012
Nina Breher im Interview mit Thomas Hartmann: Verlängerung des E-Learning-Paragraphen, UnAufgefordert, 14.12.2013
Weiterführende Informationen:
Linksammlung zum § 52a UrhG, IUWIS

  1. Thomas Hartmann sprach von einer Verdopplung der nach § 52a UrhG genutzten Inhalte innerhalb von drei Jahren. Eine Verlangsamung dieser Entwicklung ist auf Grund von Personaleinsparungen, neuer Lern- und Lehrmodelle sowie steigender Studienzahlen nicht zu erwarten. []
  2. Siehe dazu: Urteil vom 24.03.2011, 6 WG 12/09, §4, S. 5. []
  3. Dies geschieht immer wieder mit rethorischem Säbelrasseln, z.B.: Presse-Information : Börsenverein fordert: § 52a Urheberrechtsgesetz muss abgeschafft werden, Börsenverein des Deutschen Buchhandels, 12.04.2012,
    Skipis, Alexander: Urheberrecht: § 52a – “Eiskalte Enteignung der Wissenschaftsverlage”, Börsenblatt.net, 22.11.2012
    []
  4. vgl. Contzen, Mona: Offline an der Uni : Ende des Jahres schlägt das letzte Stündlein des § 52a des Urheberrechtsgesetzes., Unicum, 02.10.2012
    []

VG WORT macht einen Rückzieher

Uwe Müller berichtet auf der Mailingliste Inetbib von den gescheiterten Verhandlungen mit der VG-Wort, wenn es um die Vergütung von Texten in Repositorien geht. Die Vergütung von HTML-Dateien nach dem METIS-Verfahren ist kein Problem, jedoch sind die meisten Dateien in Repositorien als PDF-Dateien hinterlegt. Hier funktioniert das Verfahren mit den Zählpixeln nicht.

Die DINI-AG Elektronisches Publizieren hat daher mit der VG WORT seit 2007 zusammengearbeitet, um ein Verfahren zu entwickeln, welches unabhängig von Zählpixeln und dem “Durchschleusen” der Daten über einen VG-WORT-Server eine Zugriffszählung ermöglicht.

Dazu ist in den letzten 18 Monaten ein Konzept erarbeitet worden, nach dem die Zählimpulse von der Auslieferung der Dokumente entkoppelt werden und direkt durch die betreffenden Repositorien ausgelöst werden (“Proxy-Lösung”).

Jetzt war man gerade bei der Vorbereitung einer prototypischen Realisierung mit einigen ausgewählten Repositorien, als nun die Absage der VG WORT kam, die befürchtet, dass ein Missbrauch bei diesem gemeinsam entwickelten Verfahren nicht ausgeschlossen werden kann.

Diese Notbremse seitens VG WORT ist ein herber Rückschlag für die Arbeit der AG, aber auch für alle, die sich in der Open-Access-Bewegung und für Repositorien engagieren.

Uwe Müller schreibt dazu

Nachdem es lange Zeit nach einer vernünftigen Einigung in dieser Sache aussah, hat uns diese Entscheidung sehr überrascht. Sie zeigt, dass die VG Wort an einer praktikablen und ihrem Auftrag gerecht werdenden Lösung kein Interesse hat bzw. Betreibern von Repositorien ein unbrauchbares Verfahren aufzwingt, weil den meisten Autoren natürlich schwer zu vermitteln ist, warum Repositorien nicht umsetzen können, was für eine private Homepage doch so einfach scheint.

Wie hoch ist hoch genug?

Das Papier ist vom 27.09.2006, aber es beschäftigt sich mit einer wichtigen Frage:

Wie hoch müsste eine allgemeine Medienabgabe zur Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks sein, um die Rundfunkgebühr in der nach dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgesehenen Höhe zu ersetzen?

Die Berechnungen kommen auf eine pauschale Medienabgabe je nach Anzahl der Befreiungen zwischen 9,16 € und 10,64 €. Sollten auch Firmen Abgaben im vollen Umfang entrichten, würde die günstigste Variante zwischen 8,43 € und 9,79 € liegen.

Quelle:
Fell, Gwendolyn: Zur möglichen Höhe einer allgemeinen Medienabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk : Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags (WD 10 – 58/06) (Download startet sofort)

Kopiervergütung – eine Farce

Schauspiel in x.0-Akten

– Verwertungsindustrie wirft Geräteindustrie im Streit um die Zukunft der Kopiervergütung “Irreführung” vor

– die GEMA und VG Wort klagen laut: IT-Branchenverband Bitkom will mit “mit falschen und längst widerlegten Argumenten Einfluss auf die Novelle des Urheberrechtsgesetzes zu nehmen”

– die tauben Schlichter “Koalitionsparteien” hatten sich doch längst auf Änderungen an dem heftig umstrittenen Regierungsentwurfs für die zweite Stufe der Urheberrechtsreform geeinigt.

– die Wirtschaftsvereinigung BITKOM droht heulend mit dem Scheitern des so genannten 2. Korbs : Ach ja, wenn die Fraktionen nun auch noch Geräte abgabenpflichtig machen wollen, die doch gar nicht hauptsächlich zum Kopieren von Texten oder Musik genutzt werden, droht der Ruin und die armen, armen Verbraucher…

– Da schluchzen die Urheberrechtsvertretungen, sie planten ja noch nichtmal, künftig etwa auf Digitalkameras eine Vergütung fürs private Kopieren aufschlagen zu wollen, vergessen gar dabei, dass sie Fotoapparate seit 1985 bereits drangsalieren können.

– BITKOM holt zum Gegenschlag aus: Die bösen Kunden würden bei einer Kopierpauschale für technische Geräte, diese für billiges Geld (Was ist eingentlich billiges Geld?) bei den gierigen ausländischen Nachbarn kaufen.

– Nein, protestieren da die Verwertungsgesellschaften: “Kein Kunde wird einen PC oder einen Drucker im Ausland bestellen und die damit verbundenen Probleme bei Reparaturen und Wartung der Geräte in Kauf nehmen”, rechnen die Urheberrechtsvertreter vor. “Dementsprechend sind Urheberrechtsabgaben auch ohne Einfluss auf den Wirtschaftsstandort Deutschland.”

– Ach wie unverständlich wirkt die Diskussion, wo doch die Bundesregierung deutlich ausgedrückt hat in ihrem Schlichtungsspruch, dass von der Vergütungspflicht nur noch Geräte erfasst werden, die in “nennenswertem Umfang” für private Vervielfältigungen genutzt werden. Zudem sah sie eine Kappung der Vergütungshöhe bei fünf Prozent des Gerätepreises vor.

– BITKOM hätte fast froh gejubelt, doch dann fällt ihr ein: Beide Begrenzungsvorschläge sollen euch zufolge wegfallen und sieht fragend zu Bundesregierung. Dem Wildwuchs bei der Urheberabgabe ist doch nun Tür und Tor geöffnet.

– Nun zeigen die Verwertungsgesellschaften, dass sie nicht aufgepasst haben. Sie bringen als Argument an, dass bei der Höhe der Vergütung etwa für Multifunktionsgeräte und Drucker zunächst die derzeit geltenden Festschreibungen im Gesetz selbst zu berücksichtigen seien.
Aber genau diese Regeln sollen laut dem Schlichtungsspruch desRegierungsentwurf aber wegfallen.

– Da lautet wohl der Spruch des Tages: Verhandelt und verhandelt und verhandelt ihr beiden selbst über Art und Umfang der Abgabe. Einigt Euch!

Klingt es da nicht seltsam, wenn GEMA und VG Wort mahnend daran erinnern, nicht zu vergessen, “dass die Industrie ihr Geschäft hier mit den Verbrauchsmaterialien und nicht den Geräten macht”?

-Der Schlichter hofft: Das neue Gesetz werde Verwertungsgesellschaften und Industrie zwingen, “hier Kompromisse zu finden”.

-Nun nach all dem Klagen klingt es dann doch recht interessant, wenn dann die Verwertungsgesellschaft VG-Wort doch davon ausgeht, dass ein Kompromiss gefunden worden ist, mit dem alle Heulsusen in diesem Prozess leben können. Gerade zuvor hatten die Vertreter der Urheber doch immer wieder von einem “Raubbau” an der Vergütung der Kreativen und einer “Enteignung” der Rechteinhaber angesichts des Vorstoßes der Regierung gesprochen.

Ach wie schön, denkt sich das erlauchte Publikum: Wer streitet da so schön um unser Geld? Und wer bezahlt den Schlichter? 😉

Grundlage:
Krempl, Stefan: Urheberrecht: Streit um Pauschalvergütung für Privatkopien geht munter weiter via heise online

Buchpreisbindung in Schweiz (k)ein Thema mehr

Der Schweizer Bundesrat sagt nein zur Buchpreisbindung. Der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV) hält dies für eine falsche kulturpolitische Entscheidung und fürchtet einschneidende Folgen für den Buchmarkt.

Carel Halff, Vorsitzender der Weltbild-Geschäftsführung: “Wir sind nicht glücklich über die Entscheidung des Schweizer Bundesrats. Bücher sind keine reine Handelsware, sondern Kulturgüter. Die Preisbindung für Bücher leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der kulturellen Vielfalt, auf Seiten der Verlage wie des Buchhandels. Der gleiche Preis für ein Buch, egal ob man es in der Stadt oder auf dem Land kauft, ermöglicht den gleichberechtigten Zugang zum Kulturgut Buch. Weltbild unterstützt die Preisbindung uneingeschränkt.”

Der Börsenverein weist nochmal ausdrücklich in seiner Stellungnahme darauf hin, dass das Kippen der Buchpreisbindung keinerlei Einfluss auf Deutschland und Österreich hat.

Der Börsenverein hofft deshalb auf eine gesetzliche Regelung für die Schweiz in den nächsten Monaten“, so Honnefelder. Durch ein Buchpreisbindungsgesetz könnte die Schweiz – wie in Deutschland und Österreich – den Fortbestand der Buchpreisbindung sichern.

Quellen:

Schweizer Bundesrat fegt Preisbindung vom Tisch via Börsenblatt Online
Medieninformation: Der Schweizer Bundesrat fegt die Preisbindung für Bücher in der deutschsprachigen Schweiz vom Tisch auf SBVV [fälschlicher Weise datiert auf 02.05.2006]
Börsenverein hofft auf Buchpreisbindungsgesetz in der Schweiz via Börsenblatt Online

Informationen über angebotene Alternativen:

Carlo Bernasconi Breitbandmodell für Preisbindungsgesetz via Börsenblatt Online (23.04.2007)
Modell für eine gesamtschweizerische Preisbindung und Preisregelung auf SBVV

Gesamtüberblick:

Dossier Preisbindung für Bücher (SBVV)

Norwegen: Legales Filesharing – Verbotenes DRM

In Norwegen fordert die liberale Partei Venstre eine Legalisierung von Filesharing und zugleich ein Verbot von DRM. Die Industrie ist über so eine radikale Lösung nicht erfreut. Eine entsprechende Resolution wurde am Sonntag durch die Partei veröffentlicht.

“Wir haben die einzigartige Chance, Kultur, Ideen und Wissen in einer Art und Weise zu verbreiten, die zuvor nicht möglich war”, erklärte Parteisprecher Jonas Stein Eilersten. “Wir denken, dass diese Resolution ein großer Schritt in diese Richtung ist.” Die geforderten Änderungen beim geltenden Urheberrecht sollen laut Eilersten verhindern, dass Käufer von digitalen Inhalten zu “Kriminellen” werden.

Die Entschädigung der Urheber soll durch einen Pauschalbetrag erfolgen. So wäre eine zusätzliche Abgabe, z.B. von 1,00 € pro 100 GB Speicher, denkbar, ähnlich wie dies derzeit bei Kopierern gehandhabt wird. Auch Werbung zur Finanzierung des Filesharing-Contents wäre denkbar.

(Quelle: Pilzweger, Markus, Filesharing: Norwegische Partei fordert Legalisierung via tecchannel)

Allerdings ist mir bei der Lösung einer Finanzierung durch Werbung zweifelhaft, ob die Einnahmen durch die Werbung dafür ausreichen würden. Nutzer werden zunehmend geschult, Werbung zu erkennen und auch zu meiden. Ein weiterer Punkt ist, ob Urheber sich mit einer pauschalisierten Vergütung zufrieden geben würden. Wenn die Content-Industrie hohe Gewinne verspricht, ist es zweifelhaft, ob die Urheber dann nicht lieber ihnen vertrauen würden als einer Behörde, die ihnen pauschale Cent-Beträge verspricht.
Gerade die Pauschalsysteme in Deutschland sind heftig in die Kritik gekommen.