Studenten bauen Ramellis Bücherrad aus Renaissance-Zeiten nach

Eindeutig, diese Lesehilfe kann man nicht einfach in seiner Wohnung hinstellen, um in 8 Büchern parallel zu lesen. Das nachgebaute Bücherrad wiegt gute 270 kg.

Le diverse et artificiose machine del Capitano Agostino Ramelli Figure CLXXXVIII

Abb. CLXXXVIII in Le diverse et artificiose machine del Capitano Agostino Ramelli, Illustration eines Bücherrades

 

Ramelli hat dieses Bücherrad nie gebaut, aber jeder, der ein wenig Buch- und Bibliotheksgeschichte gehört hat, ist im Laufe seines Studiums über die faszinierende Maschine gestolpert.

2018 begann eine Gruppe von Studenten der Ingenieurwissenschaften am Rochester Institute of Technology damit, zwei Bücherräder in die Realität umzusetzen. Vor dem Nachbau entwarfen die Studenten erst ein 3D-Modell. Computergestützt wurden die Einzelteile angefertigt und zusammengebaut. Das manuelle Anfertigen der Zahnräder hätte sehr viel Zeit benötigt.

“The actual construction may not have been worth the time with 16th-century techniques … I think Agostino was more so showing his understanding of how gear systems worked.” (Ian Kurtz)

Die nun nachgebauten Bücherräder von Ramelli sind in ihrer Konstruktion wesentlich komplexer als die Bücherräder aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Ein Rad steht in der Melbert B. Cary Jr. Graphic Arts Collection, das andere in der Rossell Hope Robbins Library der University of Rochester.

Die Studierenden haben sich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt. Das Video zeigt die Herstellung, aber auch die Funktionsweise des Bücherrades.


Wer sein Wissen zum Bücherrad überprüfen will, kann dies in einem Kahoot prüfen.

Quelle:
Voon, Claire: How Students Built a 16th-Century Engineer’s Book-Reading Machine, Atlas Obscura

Die Vorstellung des Drehbaren Lesepults an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol (Innsbruck)

“Bibliotheken werden allgemein als Aufbewahrungsorte für Bücher und Zeitschriften definiert, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Definition betont besonders die Art der Objekte, die von einer derartigen Institution angesammelt werden. Bei genauerer Betrachtung jedoch sollte es klar sein, dass Bibliotheken nicht nur als reine Aufbewahrungsorte angesehen werden können, sondern durch die vermutlich dort stattfindenden Aktivitäten charakterisiert werden müssen. […] Bücher sind doch schließlich dafür vorgesehen, auf bestimmte Art und Weise benutzt zu werden – sie sind Artefakte, die hergestellt werden, damit die Menschen sie lesen. Wir glauben trotzdem, dass betont werden muss, dass eine Bibliothek dafür da ist, ein bestimmtes menschliches Verlangen zu stillen und dass die Bücher, die dort zu finden sind, eine von vielen Möglichkeiten für die Menschen sind, an Informationen und Inhalte zu gelangen. Mehr Bewusstsein für die Art der Aktivitäten, die in diesen Institutionen, die wir Bibliotheken nennen, vermutlich stattfinden, könnte daher dazu beitragen, sie besser zu planen und zu gestalten und bei Bedarf in die richtige Richtung zu erweitern.

Michael Clegg & Martin Guttmann

Dieses etwas längere und gekürzte Zitat stammt vom Künstlerduo Clegg und Guttmann und soll erklären, welches Konzept hinter dem “Drehbaren Lesepult” steht.  Auch hier scheint der Kunstbegriff des „sozialkommunikativer Prozesses” eine Rolle zu spielen, wenn auch in anderer Form als bei der “Open Library” (“a psycho-social research project”). Im Zusammenhang mit der Eröffnung des “Offenen Bücherschranks” im Juni 2010 in Wien-Ottakring stieß ich bereits bei meinen Recherchen zu den Urhebern und Ideengebern auf die beiden Künstler. Der Lesebereich der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck erhielt vor etwa 2 Jahren ein drehbares historisches “Bibliotheksmöbel”, dessen innenarchitektonische Entwicklung auf Jacob Schübler (ca. 1730) zurückgeht. Die Benutzung bzw. Benützung (wie es in Österreich heißt) ist ausdrücklich erwünscht und in aller erster Linie sind  hierbei Studenten angesprochen.