[Zitat] Unkommentiert – 2007

“Weiterführende Kooperationsansätze zwischen den Bibliotheken wie zum Beispiel ein länderübergreifender Entwicklungsplan, Bildungsziele,
Qualitätsstandards oder Projektförderung für kommunale Bibliotheken existieren in Deutschland nicht. Bemerkbar macht sich auch das Fehlen
einer Definition der gesellschaftlichen Aufgaben und Zielgruppen von Bibliotheken. Eine fachliche Koordinierungsstelle könnte derartige Aufgaben
übernehmen. Innovative Projekte könnten gefördert, verbreitet und unterstützt werden. Eine Stärkung von länderübergreifenden Koordinations- und Kooperationsmechanismen kann gesamtstaatliche Entwicklungsziele formulieren, Qualitätsstandards abstimmen und einführen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit fördern. […] Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Bund und den Ländern die Einrichtung einer Bibliotheksentwicklungsagentur zu prüfen. Diese Agentur kann dazu beitragen, strategische, innovative und qualitätssichernde Zielsetzungen länderübergreifend abzustimmenund umzusetzen.”

Auszug aus dem Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“

Ist die DRM-Diskussion in Bibliotheken angekommen?

Digital Rights Management (DRM) für E-Books ist ja schon etwas länger in der Diskussion. Auch Standards zum Erwerb von E-Books gibt es schon etwas länger. Doch wie eindeutig positionieren sich diese zu DRM?

Welche bibliothekarischen Standards für den Erwerb von E-Books gibt es überhaupt, die das Thema DRM thematisieren? Mir sind derzeit nur zwei bekannt.
Es gibt einerseits die E-Book-Standards der AG E-Books der Bayerischen Bibliotheken, eine Seite die seit dem 22. Januar 2007 besteht.
Dort widmet man dem Thema DRM genau einen Satz:

Technische Vorkehrungen dürfen nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken (vgl. auch oben Nutzungsfunktionalitäten).

Die einzigen betroffenen Nutzungsfunktionalitäten, die dann dort aufgezählt werden, sind:

Datendownload für Nutzer: bevorzugt komplett; falls nicht erreichbar mind. kapitelweise1

Ggf. müsste dann eine Nutzung nach § 52a UrhG hinzugezogen werden, wenn es um die Verwendbarkeit für E-Learning-Angebote geht.

Für weitere zulässige Möglickeiten müsste man an der Stelle also in das Urheberrechtsgesetz zu seinen Schranken schauen: Zitieren für privaten und wissenschaftlichen Gebrauch, Anfertigen von Privatkopien, Anfertigen von Kopien für den wissenschaftlichen und lehrenden Gebrauch,… Eine Handlungsempfehlung, wie mit DRM aber ansich umzugehen ist, wird durch diese Standards nicht wirklich gegeben. Wann sind DRM-geschützte Dokumente nicht mehr erwerbenswert? Wie sieht die grundsätzliche Empfehlung aus?

Anders sieht das bei den Standards der AGMB aus, auf die auch hier im Blog bereits eingegangen wurde.

Kritisch sieht man elektronische Lehrbücher, welche durch proprietäre/flash-basierte Anzeigeprogramme massiv in ihrer Nutzung eingeschränkt werden.

Behinderungen durch DRM-Mechanismen werden von der AGMB gleichermaßen sehr kritisch gesehen und für Campuslizenzen von Lehrbüchern prinzipiell abgelehnt. Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Wie sieht jedoch die Realität häufig aus? Sie sieht genauso aus, wie bei überteuerten Zeitschriftenpreisen. Es gibt einen Druck, diese Medien anzuschaffen und daher werden sie angeschafft, ohne über die Konsequenzen für die Nutzer nachzudenken. Die Tatsache, das DRM für Bibliotheken gerade im wissenschaftlichen Bereich nicht funktioniert, wird dabei nicht beachtet.

Dr. Klaus Junkes-Kirchen schreibt auf Inetbib:

Die einschlägigen Nutzerbefragungen (Freiburg, Frankfurt) belegen, dass DRM-freie PDF-Dateien (Kapitel oder auf Buchebene) die präferierte Form des Zugriffs darstellen.
Demzufolge dürften Bibliotheken auch in keine anderen Formate investieren.

Bitte legen Sie sich dabei nicht auf das PDF-Format fest. Wir werden in kürzester Zeit erleben, dass Studierende, Forschende sich nicht mehr auf dieses Format festlegen wollen, wenn es ums Lesen geht. Durch die zunehmende Zahl mobiler Endgeräte werden wir hier auch andere Formate gefordert sehen, die erstmal ein Lesen und annotieren erlauben. Vermutlich wird es als Zwischenlösung dann eine Synchronisation mit dem PDF-Dokument geben, um eine seitengenau Zitierung zu erlauben. Dauerhaft werden sich jedoch wohl Lösungen durchsetzen, die eine Lesbarkeit auf einem (mobilen) E-Reader (E-Book-Reader, Tablett, Smartphone etc.) erlauben und eine Zitierung durch Seiteneinblendungen im Text, Absatzzählungen (Randnummern) erlauben. Ähnliches lässt sich als Lösung z.B. bereits bei den Kommentaren und Loseblattsammlungen der Juristen in gedruckter Form beobachten oder bei Zeitschriftenartikeln bei Beck-Online.

Junkes-Kirchen stellt als nächstes fest, dass das Gegenteil in den Bibliotheken der Fall ist, weil die Nutzernachfrage nach bestimmten Titeln oder Fachgebieten keine andere Wahl ließe. Man übernähme da alles, wass die Verlage anböten, ob flash-basiert, in Java-Umgebungen, mit hartem DRM (Digital Rights Enforcement)2 oder für bestimmte Betriebssysteme/Browser zugelassene Dateien.

Liebe Bibliotheken, Junkes-Kirchen hat recht, wenn er fordert:

Hier durch Kaufenthaltung eine Veränderung der Angebotssituation herbeiführen, geht nur über eine konzertierte Aktion. Solange aber von den Verlagen, Bibliothekslieferanten und auch über Konsortien, E-Book-Angebote verbreitet und von den Bibliotheken angenommen werden, die den gewünschten Standards nicht entsprechen, ist das ein vergebliches Bemühen.

Nun möchte man bei solchen Diskussionen meinen, dass es nur noch Verlage im wissenschaftlichen Bereich gibt, die ihre Dokumente mit hartem DRM schützen. Das ist nicht der Fall und damit nicht nur die großen wie Springer, Wiley, Elsevier genannt werden, hier eine kleine Aufzählung der Verlage, die E-Books anbieten (nicht nur in Paketen, sondern auch als Einzeltitelauswahl, welche nicht auf hartes DRM setzen:

  • Oldenbourg
  • De Gruyter
  • Campus-Verlag

Mehr sind mir da leider auf Anhieb nicht eingefallen, aber Ergänzungen sind herzlich Willkommen.

Als Problem jedoch bleibt bestehen, dass man diesen Anbietern gerne einen “Wettbewerbsvorteil” einräumen möchte, aber zu große Pakete, zu viel “Mindestabnahmen”, zu hohe Preise an vielen Stellen machen es auch gerade kleinen Bibliotheken schwer, hier für ihre Einrichtung passend elektronische Bücher zu kaufen.

Fazit:
Platte Standards und bloße Handlungsempfehlungen werden uns nicht in die Lage versetzen, den Verlagen den Einsatz von “DRM” abzugewöhnen. Es bedarf eines konzertierten Vorgehens aller betroffener Einrichtungen (Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken), sowie Rückendeckung und verstärkten Empfehlungen zum Boykott auch seitens gewichtiger Gremien, z.B. der DFG (allein die Empfehlung zu Open Access ist an dieser Stelle nicht ausreichend), der Hochschulrektorenkonferenz, der bibliothekarischen Verbände etc. Auf Seite der Bibliotheken braucht es den Mut zu sagen, wir können aus dem und dem Grund nur das gedruckte Exemplar anschaffen, aber ihr Bedarf ist registriert und wird mit unseren Forderungen an den entsprechenden Verlag bzw. Aggregator weitergeleitet.

Und noch etwas: Bitte werfen Sie diese Forderungen nicht mit den Forderungen für Öffentliche Bibliotheken zusammen. Sicherlich lassen sich viele Forderungen auch für diese übernehmen, jedoch ist die Situation für diese Bibliotheken eine andere als die für Wissenschaftliche Bibliotheken.

Und zu meiner Frage in der Überschrift: Ist die DRM-Diskussion in den Bibliotheken angekommen? Da gibt es von mir ein fast klares Nein. Sicherlich ist das Problem DRM vorhanden, aber es wird darüber nicht diskutiert. Es werden keine Gespräche geführt und es werden Ausreden gefunden, um nichts tun zu müssen. Der Nutzer hat Vorrang, der Zugang zur Information ist wichtiger als die Benutzbarkeit des Inhalts. Allein da, wo zu wenig Geld vorhanden ist, ist DRM bereits heute ein Ausschlusskriterium.

  1. In der ausformulierten Form von Schäffler heißt es dann dazu: “Die Empfehlungen zur Downloadfunktion hängen eng mit der Frage nach dem eingesetzten Digital Rights Management zusammen. Technische Vorkehrungen der Verlage gegen missbräuchliche Nutzung sind nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, dürfen aber gleichzeitig nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken.” – Schäffler, Hildegard: Qualitätsanforderungen für E-Books-Standards aus bibliothekarischer Sicht: eine Checkliste – In: Giebenhain, Sabine; Mundt, Sebastian (Hrsg., 2007): Vier Jahre E-Books … und kein bisschen weise?, Stuttgart: Hochschulverlag, S. 47-54. []
  2. Man unterscheidet verschiedene Formen des DRM. Es gibt das harte DRM oder auch Digital Rights Enformcement (DRE), welches die Nutzungsmöglichkeiten und E-Book-Funktionalitäten nach Wunsch des Rechteinhabers einschränkt. Weiches DRM hingegen wird oft auch forensisches DRM genannt. Hier wird in die Datei beispielsweise ein Wasserzeichen eingebracht – sichtbar oder unsichtbar -, welches nachträglich erlaubt, festzustellen, wer eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Die Nutzungsfunktionalitäten werden dabei nicht eingeschränkt. []

Informationskompetenz – noch mehr Standards?

[Bericht] Der Vortrag von Dr. Fabian Franke handelt von Standards zum Thema Informationskompetenz.

Ziel der Standards ist es, die Arbeit zu erleichtern. Franke stellte die Frage, mit welchen Standards wir in Bibliotheken arbeiten und zählte auf: RAK, LSWK, Dublin Core für den Bereich Katalogisierung. Außerdem nannte er Bibliothekspläne und Kennzahlen, welche für die Bibliotheksentwicklung wichtig sind. Aber die Hauptfrage ist: Benötigen wir Standards für die Vermittlung Informationskompetenz?

Seine Definition von Standards war der Wikipedia entnommen:

Ein Standard ist eine vergleichsweise einheitliche oder vereinheitlichte, weithin anerkannte und meist auch angewandte (oder zumindest angestrebte) Art und Weise, etwas herzustellen oder durchzuführen, die sich gegenüber anderen Arten und Weisen durchgesetzt hat.

In dieser Bedeutung ist der Begriff insbesondere in den Bereichen Technik und Methodik üblich, aber auch beispielsweise in Bezug auf Menschenrechte oder Umweltschutz. Dabei findet der Begriff sowohl Verwendung bzgl. allgemein anerkannter Zielsetzungen als auch bezüglich allgemein anerkannter Realisierungen.

Ein Standard kann in einem formalisierten oder nicht-formalisierten Regelwerk bzw. in einem sich ungeplant ergebenden Regelfall bestehen, beispielsweise in einer einzelnen Regel bzw. mehreren Regeln oder einer Norm.

Als Zielsetzung von Standards sieht er eine höhere Rationalisierung der arbeitsteiligen Arbeit, die Schaffung von Effektivität und Wirtschaftlichkeit, Qualitätssicherung, mehr Kundenorientierung und das Schaffen einer Ordnung für (wiederkehrende) Abläufe. Für Bibliotheken sind Standards für Informationskompetenz (IK) seiner Meinung nach notwendig, da IK-Vermittlung eine Kernaufgabe der Bibliothek ist.

Die Standards sind auf Informationskompetenz.de zu finden, so auch die Leitlinien für die Bayerischen Hochschulbibliotheken.

Ursprünglich kam das Regelwerk für Informationskompetenz aus dem angloamerikanischen Raum (Information Literacy). Diese wurden übersetzt und hielten eine Umsetzung auch in den Standards für die Vermittlung von Informationskompetenz für Hochschulen. Die Bayerischen IK-Leitlinien sollen Argumentationshilfen sein, um mit dem Thema Informationskompetenz an die Hochschulleitungen, Bibliotheksleitungen usw. heranzugehen

In Bayern dsikutiert man nun über die Leitlinien. Diese sind noch nicht fertig, sondern im Prozess, d.h. offen für Änderungen und Diskussionnen. Es gibt weitere Standards, z.B. die Hamburger Erklärung des VDB oder Hilfestellungen, wie beispielsweise Checkliste für die Durchführung von IK-Veranstaltungen der AG IK des BVB. Die Zielsetzungen dieser Materialien geht in gleiche Richtung.
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Filmindustrie will interoperablen DRM-Standard

Dan Glicksman, seines Zeichens Chef des US-Verbandes Motion Picture Association of America (MPAA :engl: ), äußerte:engl: sich so auf einer vom Branchenblatt Variety:engl: und dem Datenbankanbieter LexisNexis organisierten Konferenz, auf der sich Industrievertreter mit dem Thema Digital Rights Management (DRM) auseinandersetzten.

Dies bedeutet bei weitem keine Abkehr von DRM, wie dies einige Musikkonzerne derzeit debattieren und umzusetzen versuchen, sondern ist weiterhin ein Bekenntnis zum Einsatz von DRM. Nur ist der Filmindustrie inzwischen klar geworden, dass dies nur mit und nicht gegen den Konsumenten geht. Der neue DRM-Standard soll dem Nutzer etwas mehr Spielraum lassen.

“Wir setzen uns dafür ein, die Interoperabilität Wirklichkeit werden zu lassen”. [so Glicksman] Interoperabilität und DRM seien miteinander vereinbar, wenn alle beteiligten Industrien es wirklich wollten.

Quelle:
US-Filmindustrie für neuen DRM-Standard mit Kopierrecht via heise online