Diversität im Literaturbestand Öffentlicher Bibliotheken?

The single story creates stereotypes, and the problem with stereotypes is not that they are untrue, but that they are incomplete. They make one story become the only story.” (vgl. Ngozi Adichie, 2009)

2014 (Maisha Maureen Eggers & Tupoka Ogette über Kinderbücher und Empowerment) und 2015 wurde hier Blog über die Bedeutung und Relevanz von Diversität insbesondere bei Kinderbüchern berichtet. Dieser Blogeintrag wurde 2016 im Entwurfsordner abgelegt und seitdem nicht weiter bearbeitet.

Was ist seitdem geschehen? Wie positionieren sich Öffentlichen Bibliotheken aktuell in diesem Bereich in Deutschland? 2015 wurde auch festgestellt, dass auch in den USA eine mangelnde Diversität bei (Kinder-)büchern existiert.

Anlässlich des Diversity-Tages am 27.05.2020 gibt es von der Stadtbibliothek München nun die Aktion „BlogSlam: Diversität in der Literatur„, die noch bis zum 20. Juni läuft. Einzelne Leser*innen machten bereits Empfehlungen, insbesondere eher bei Büchern für „Erwachsene“. Wie begingen andere Öffentliche Bibliotheken den Diversity-Tag? Der Hashtag auf Twitter lautet(e) #diversebibliothek. Tipps und Vorschläge können an 20. Juni an stb.web@muenchen.de gesendet werden. Die Mitarbeiter*innen der Stadtbibliothek wollen Folgendes wissen:

„Welche Bücher, in denen Vielfalt abgebildet wird, haben Sie gelesen oder mit ihren Kindern angeschaut? Welche Held*innen haben Sie besonders beeindruckt? Mit welchen Geschichten können Sie sich identifizieren? Wo werden alternative Familienkonzepte abgebildet und Menschen eine Stimme gegeben, die in der Gesellschaft und in der Literatur oft überhört werden? Schicken Sie uns Ihre Tipps mit einer kurzen Beschreibung zu, warum das von Ihnen vorgeschlagene Buch Vielfalt abbildet und was es besonders macht.
Wir werden Ihren Tipp in diesem Blog veröffentlichen und es – wenn das Buch nicht bereits in unserer Bibliothek ist – wenn möglich beschaffen.“

Aktuell gibt es sicherlich neuere Bücher, die Vielfalt abbilden. Als Motivation könnte die Anschaffung des vorgeschlagenen Buches mit Sicherheit dienen. Dennoch könnten auch andere Leser*innen außerhalb Münchens Vorschläge für Literatur machen, die Diversität widerspiegelt.

Die Professorin für Kinder- und Jugendliteratur Ute Dettmar gab 2019 dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ein Interview, in dem sie unter anderem darüber Auskunft gibt, wie gut sich Verlage hinsichtlich von mehr Diversität in Kinderbüchern positionieren. Dabei macht sie deutlich, dass nach wie vor, insbesondere bei kommerziell erfolgreichen Kinderbüchern stereotype Rollenbilder vorherrschen. Es sind oft auch die Eltern, die bewährte Literatur aus deren eigener Kindheit weitergeben. Der wohl essenziellsten Satz, den Dettmar in dem Interview äußerte, lautete:

„Nur weil im Kinderbuch Vielfalt thematisiert wird, verschwinden keine vermeintlich „traditionellen“ Werte. Es geht vielmehr um das Abbilden einer kindlichen Lebenswirklichkeit – und die ist nun mal divers und nicht schwarz-weiß.“

Die US-Organisation „WE NEED DIVERSE BOOKS“ will das ändern. Im folgenden Video kommen die Autor*innen Matt de la Pena, Jacqueline Woodson, Grace Lin, Cindy Pon, Lamar Giles, Arthur Levine und John Green zu Wort und machen deutlich, warum es mehr Diversität in Büchern geben sollte.

Zur Erinnerung an Roger Willemsen

In Gedenken an einen Fürsprecher von Bibliotheken hier die Rede des heute leider verstorbenen Roger Willemsen vom 101. Bibliothekartag in Hamburg (2012). Ab der 50. Minute und 10 Sekunden beginnt seine Rede.

Was weiß mein E-Book über mich?

In dem Artikel „Auf in die Zukunft! Was kommt nach der bücherlosen Bibliothek?„, der dieses Jahr in der Zeitschrift Libreas erschien, wurde bereits auf den Internetsoziologen Stephan Humer verwiesen, der darauf aufmerksam machte, dass bei der Nutzung eines E-Books das Leseverhalten überwacht wird. Sind wir bereits gläserne Leser und den Konzernen wie Amazon, Apple und anderen Ebookherstellern hilflos ausgeliefert? Werden sich Verlage und Autoren künftig anhand markierter Textstellen und gelesener Kapitel danach richten, was der Leser für wichtig erachtet und sich dem an den Massengeschmack anbiedern? Kann dadurch der Erfolg eines Autors im Vorhinein gemessen bzw. im Voraus kalkuliert werden?

[Infografik] Die fünf Gesetze der Bibliothekswissenschaft


Quelle: Mediabistro

Ein Nachtrag: Das Video zur Eröffnung der Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha

Durch Zufall wurde ich gestern im niederländischen Bibliotheekblaad auf das Video zur Eröffnung aufmerksam. In dieser Bibliothekszeitschrift gibt es eine Rubrik, die sich mit Aktualitäten des Bibliothekswesens im Ausland befasst. Wie am 12.05. bereits berichtet, wurde die Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha eröffnet. Das folgende 22-minütige Video, in dem viele Laudationes gehalten werden, machte deutlich, dass diese Bibliothek keinesfalls nur „ostalgische“ Gründe hat. Ernst Röhl fragte ähnlich wie es manch einer von alten Radio-Eriwan-Witze kennt, warum in der Bildungsrepublik Deutschland so viele Bibliotheken geschlossen werden. Die Antwort lautete, weil „Lesen bildet“. Dies soll an dieser Stelle nicht weiter kommentiert werden, weil es Satire ist, welche die Gründe vereinfach darstellt. Es kommt unter anderem der Sohn von Peter Sodann zu Wort, Eberhard Gönner, Elmar Faber, Walter Niklaus und Gregor Gysi. Am deutlichsten zeigt Christoph Links vom gleichnamigen Verlag auf, was verschiedene Institutionen, Bürger und die Wissenschaft an dieser Bibliothek an Mehrwert haben. Er verweist auf die Buchwissenschaften, Historiker und der historischen Kommission des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler in Frankfurt, die künftig in der Peter-Sodann-Bibliothek arbeiten wird, um die Geschichte der DDR-Verlagslandschaft zu erforschen. Leider tauchen in diesem Video keine Bibliothekar_Innen als Laudatoren und Redner auf. Ob die Crème de la Crème der Bibliothekar_Innen aus Verbänden, Hochschulen und Forschungsbibliotheken aus dieser Region in Sachsen dem Ereignis fernblieb und/oder eben auch „Westdeutsche“ unter den Gästen waren, geht aus dem Video nicht hervor. Mittlerweile verfügt die Bibliothek über eine eingängige URL (http://www.psb-staucha.de) und einen OPAC (http://psb.allegronet.de), der auch extern für Neugierige und potentielle Ausleiher verfügbar ist. Die zahlreichen 850 Spender werden im rechten Bereich der Webseite aufgelistet.

Ein kleiner Horrorfilm, oder?

Horrorfilm, der zweite heute1. Von diesem Film „The Book that can’t Wait“ bin ich perspektivisch gesehen nicht begeistert und hab da eher sehr gemischte Gefühle bei dem, was nun machbar und somit auch denkbar ist:

(Video aus Urheberrechtsgründen gesperrt)

[Update] Dann eben hier schauen:

Eterna Cadencia, an independent publisher and bookstore in Argentina, published “The Book That Can’t Wait” (El libro que no puede esperar) to launch a new anthology Latin American authors. Working with DraftFCB they developed an ink that would disappear when it came into contact with sunlight and air, meaning that once the book was opened the words would only last for two months before disappearing. Advertising pointed out that if people don’t read new authors soon, they may never be able to.

Als Kunstprojekt mag „El libro que no puede esperar“ (Originaltitel) das vielleicht hinnehmbar sein, als Gag und Werbeaktion vielleicht ganz lustig und interessant, aber dennoch kann sich daraus der Tod des Buches entwickeln. Ich möchte nicht schwarzmalen, aber bei derzeitigen Diskussionen rund ums Urheberrecht ist doch recht schnell denkbar, dass man damit den Erschöpfungsgrundsatz, der beim Kauf eines Buches gilt, einfach aushebelt. Wenn das Buch nur einmal lesbar ist, dann hat man viel Müll produziert und kann schnell das nächste Exemplar für teures Geld an Mann oder Frau bringen. Mag die Herstellung jetzt noch zuviel Geld kosten, so wird sicherlich jemand das Herstellungsverfahren verbessern und dann macht der Rest die Masse.

Bibliotheken blieben dabei außen vor, denn sie könnten diese Bücher nicht mehr verleihen. Ein bißchen habe ich das Gefühl, dass sich hier ein Modell der Onleihe auf ein analoges Mediem übertragen lässt. Ein Buch, dessen Ausleihfrist nie überschritten werden kann, weil es sich vorher selbst löscht. So ein Buch ist nix für die Ewigkeit und garantiert der Horror in Sachen Langzeitarchivierung 😉 .

Aber spannend war es doch, dem ganzen zuzusehen, ein bißchen wie einen Horrorfilm schauen.

Geschrieben wurde bereits relativ viel über dieses Buch:
The Book That Can’t Wait, Cannes Lions
the book that can’t wait is printed in disappearing ink, designboom
Aziz, Ali: Read This Book In Two Months Or The Words Will Disappear From The Page, psfk


Aufmerksam geworden über

Pauser, Josef: The Book that can’t Wait, VÖBBLOG

  1. Weil so, wie in diesem Film, will niemand seine Bibliothek sehen, reduziert auf Optik und Haptik, anstatt auf Menschen, Service und Kommunikation. []

Mein bibliothekarisches Leben – „Bibliotheken tragen zur Menschlichkeit bei“

Von Elisabeth Simon
Arbeitsstelle
Simon-Verlag für Bibliothekswissen,Riehlstr. 13
D-14057 Berlin

1. Wie lange begleiten Sie den bibliothekarischen Zirkus?

Ich selber bin ja Uraltgestein, sozusagen aus der bibliothekarischen Steinzeit, ohne Kopierer, ohne Fax ohne E-Mail und elektronische Hilfe und jetzt auch alt an Jahren.

2. Was hat Sie angetrieben, sich gerade eine Arbeit im Bibliotheksbereich zu suchen?

Schlichte wirtschaftliche Rahmenbedingungen und große Naivität!

Eine Flüchtlingsfamilie mit vier Kindern hatte schon eine große Leistung vollbracht, wenn alle Kinder Abitur machten (4% der Deutschen machten Anfang der 1960er Jahre Abitur). Für die weitere Ausbildung standen mir höchstens drei Jahre zur Verfügung. Auf der Suche nach einer Ausbildung begegnete ich Dr. Joerden, dem damaligen Direktor der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen. Er sprach so hinreißend über den bibliothekarischen Beruf, dass ich beschloss diesen zu ergreifen.

3. Wie sahen und sehen Ihre Aufgaben aus und was hat sich Ihrer Meinung nach am deutlichsten verändert?

Zum ersten Teil der Frage: Eigentlich hat sich mein Berufsfeld mehrfach drastisch verändert, d.h. ich habe eigentlich drei Berufe ausgeübt. Ich begann als Kinder- und Jugendbibliothekarin und war faktisch Mädchen für alles: Ausstellungen, Nutzerschulungen Katalogisierung, Bestandsaufbau, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit Heute würde ich sagen, ich durfte alles machen, auch Interviews geben und die Bibliothek bei Seminaren vertreten und war doch erst 22 Jahre alt.

Danach ging ich ein Jahr in die USA an die neu erbaute Public Library in Lima Ohio und arbeitete auch in Columbus, Ohio. Man bot mir damals die Leitung der Öffentlichen Bibliothek in Marietta, Ohio an. Dieses Angebot nahm ich nicht an. Es war das Jahr, das mich am stärksten geprägt und mir auch nachfolgend Ärger eingebracht hat, weil ich vieles, was in den Öffentlichen Bibliotheken Deutschlands geschah, nicht mehr so recht akzeptieren konnte. Viele Probleme der Bibliotheken, die heute den Bibliothekaren das Leben schwer machen, wurden damals schon angelegt.

Ich arbeitete nach meinem US-Aufenthalt an den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und studierte Geschichte und Soziologie. Weil mein Mann Leiter des Phonogramm-Archivs am Ethnologischen Museum wurde, zog ich mit ihm nach Berlin und übernahm den Aufbau der Bibliothekarischen Auslandsstelle am DBV, später wurde diese in „Deutsches Bibliotheksinstitut“ umbenannt. Es war eine wunderbare und aufreibende Aufgabe. Außer meinem Gehalt und der notwendigen Infrastruktur musste ich alle Mittel für Aktivitäten einwerben. Ich begann mit Schulden von 6.000 DM und warb bis zur Abwicklung dieser Arbeit durch die Schließung des DBI 370.000 DM ein, mit steigender Tendenz.

Die Arbeit hat mich voll in Anspruch genommen, weil es viele Hindernisse zu überwinden galt, sowohl im In- und Ausland, als auch in politischer und administrativer Hinsicht. Dagegen wurde immer eine fachliche Übereinstimmung sowohl auf der nationalen, als auch auf internationaler Ebene gefunden.

Seit 2008 betreibe ich nun einen kleinen Fachverlag für Bibliotheks- und Informationswissenschaft, quasi mein dritter Beruf mit neuen Anforderungen

Nun zur zweiten Hälfte der Frage: Was hat sich am deutlichsten verändert? Eigentlich alles oder auch nichts. Verändert hat sich das Umfeld oder besser gesagt die Infrastruktur. Von der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Infrastruktur konnten wir nicht einmal träumen. Ich weiß noch, mit welcher Begeisterung ich das Fax begrüßt hatte, das meine Auslandsarbeit um vieles vereinfachte und wie wütend ich die administrativen Hürden bekämpfte, die die Verwaltung des DBI vor dem Nutzen dieses Mediums aufbaute.

Nun zur zweiten Hälfte der Frage: Was hat sich am deutlichsten verändert? Eigentlich alles oder auch nichts. Verändert hat sich das Umfeld oder besser gesagt die Infrastruktur. Von der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Infrastruktur konnten wir nicht einmal träumen. Ich weiß noch, mit welcher Begeisterung ich das Fax begrüßt habe, das meine Auslandsarbeit um vieles vereinfachte und wie wütend ich die administrativen Hürden bekämpfte, die die Verwaltung des DBI vor dem Nutzen dieses Mediums aufbaute.

Der Nutzen von E-Mails hätte mir viele lange Abende in den Räumen des DBI erspart. Alle Möglichkeiten des Informationstransfers und der Dienste durch die Bibliotheken sind auf einem Standard, den man sich früher nicht vorstellen konnte.

Nicht verändert haben sich die politischen Rahmenbedingungen und teilweise das Selbstverständnis der Bibliotheken, so dass deren Dienste und deren Selbstbild immer noch von den gleichen Dingen verdunkelt werden, die mich vor nun mehr fast 40 Jahren nach meiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten zum ersten Mal geärgert hatten: Eingeschlossenheit, Betriebsblindheit, Regionalismus, Behördenangst, Hochmut, Selbstverliebtheit, mangelnde politische Einsicht und Mut.

Es fehlt immer noch eine Zielsetzung der Bibliotheken jenseits der administrativen Regularien und ihre konsequente Umsetzung.

4. In welcher Form spielen Social Media-Angebote eine Rolle in oder für Ihre Arbeit?

Social Media-Angebote werden eine große Rolle spielen. Gegenwärtig ist Facebook beherrschend und es ist sehr komisch, es wird allenthalben gegen Facebook gewettert, aber alle sind Mitglied, vom ZDF bis zu einer großen Augenklinik in Berlin-Lichterfelde. Wir wollen ja alle wissen, was unser Gegenüber, unser Kunde, unser Nutzer über unsere Dienstleistungen denkt. Wir sind eigentlich nicht so sehr an deren privaten Befinden und Tun interessiert, als daran, was wir über die Dienste, die wir anbieten, erfahren.
Das bedeutet, dass die Kommunikation mit den Nutzern auf einer anderen Ebene möglich ist als in vergangenen Jahren und die Bibliotheken auch zwingen wird, ihre Dienstleistungen zu überdenken. Diese Art der Kommunikation wird das Leben aller sehr verändern, besonders das der Bibliotheken und derjenigen, die in diesen arbeiten.

Nutzerbefragungen hat es immer schon gegeben und bei vielen Problemen wusste man, dass diese das Leben der Nutzer erschweren, aber man wird diese Beschwerden nicht mehr ignorieren können. Auf die Folgen dieser veränderten Kommunikation im politischen Prozess weist auch eine Publikation des Simon Verlages für Bibliothekswissen hin: Ingo Caesar „Social Web – politische und gesellschaftliche Partizipation im Netz: Beobachtungen und Prognosen“.

5. In welche Richtung entwickelt sich die Bibliothek zukünftig?

Ich möchte damit beginnen, was sich nicht ändern wird. Man wird Bibliotheken immer brauchen. Bibliothekare sind leider immer etwas „Medium besoffen“, d.h. sie glauben, dass durch die gegenwärtige mediale Vielfalt ihre Arbeit obsolet ist. Das ist mitnichten der Fall. Menschen, die behaupten, dass das Internet bibliothekarische oder bibliographische Arbeit unnötig macht, haben wahrscheinlich noch nie ausgiebig gesucht.

Ein Buch in unserem Programm Simon, Artur: Ethnomusikologie wird wahrscheinlich deshalb so eifrig gekauft, weil es eine einführende Bibliographie enthält, sehr begrüßt von allen Studenten dieses Faches. Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich jeder im Netz oder auch in modernen hybriden Bibliotheken zurechtfinden wird. Wir brauchen Bibliotheken als Informationszentren aber auch als Kulturzentren. In bestimmter Weise nimmt das Internationale ab und das Regionale gewinnt an Bedeutung. Die Menschen wollen, vielleicht gerade angesichts der furchteinflößenden Globalisierung, wieder im Kiez verankert sein. Desto wichtiger ist, dass die Bibliothek Zentrum wird – gerade auch in ländlichen Bereichen, die sonst kulturell auszutrocknen drohen.
Die Arbeit der Bibliotheken kann und muss sich in diese Richtung entwickeln, wenn nicht droht ihr das Aus, so wie es Rainer Strzolka so drastisch beschrieben hat in seinem Handbuch der Kulturzerstörung. Das kann uns aber nicht egal sein, denn Bibliotheken tragen zur Menschlichkeit bei. Bibliothekar ist ein wunderbarer Beruf. Deshalb braucht der Beruf aber auch Kommunikatoren und zwar viele. Die Zahl der Katalogisierer kann dagegen wirklich schrumpfen. Das kann und sollte zentral geschehen.

Bibliotheken sind kein Instrument für machtbesessene Politiker, sie schaffen eine Atmosphäre des Vertrauens untereinander und mit ihrem Gegenüber, der Kommune, sei es eine Stadt, eine Universität oder eine Institution.

Eine Infografik zur Entstehung eines Buches

Jeder Buchambition und jeder schriftellerischen Neigung geht eine Idee voraus, die schließlich zu einem Buch und dann möglichst zu einer Veröffentlichung eines solchen führt. Die folgende Infografik zeigt sehr anschaulich auf, wie aus einer Idee ein Buch wird.

Weimarer EDOC-Tage 2011: Verlagssicht auf E-Books

Begonnen hat Herr Prof. Dr. von Lucius1 das Thema E-Book und seine Auswirkungen auf Verlage kleinerer und mittlerer Größe zu betrachten. Er sprach über die Perspektiven der Verleger im digitalen Zeitalter, um einen Dialog darüber in Gang zu bringen und ein aktuelles Bild der Probleme der Verleger in seinen verschiedenen Faszetten zu zeigen.

Kernaussage und Einstieg war: WIR STEHEN GANZ AM ANFANG! Trotz jahrelanger Diskussionen hat man noch keine Lösungen und da wo Lösungen gefunden wurden, sind auch neue Probleme identifiziert worden. Galt bei gedruckten Medien noch CONTENT IS THE KING, ist dies bei digitalen Inhalten jetzt anders. Heute können Inhalte über viele Kanäle bezogen werden und es ist eher von einer Inhalteflut zu sprechen. Verlage müssen versuchen über angebotene Zusatzfunktionen konkurrenzfähig zu bleiben. Hier ist ein großes Problem, dass passende Geschäftsmodelle fehlen oder nur sehr zögerlich umgesetzt werden.

Verlage stehen z.B. vor der Frage, wie geht man mit den sozialen Netzwerken um, in denen momentan große Mengen an Informationen kursieren. Hier beschränken sich die Aktivitäten der Verlage eher auf eine neue Form der PR und des Marketing. Wenn ich an dieser Stelle einmal die Zuwächse betrachte, die bei uns in der Bibliothek im Bereich Marketing passieren, behandeln viele Bücher das Thema Multimediamarketing. Herr von Lucius konnte an dieser Stelle jedoch aus eigener Erfahrung und eigenen Gesprächen mit Verlagskollegen keine funktionierenden Geschäftsmodelle benennen, d.h. Verlage, die damit momentan Geld verdienen und nicht nur Geld investieren.
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  1. Inhaber von Lucius & Lucius, einem kleinen Fachverlag für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Soziologie []

De Gruyter testet Patron Driven Acquisitions-Modell mit dem Forschungszentrum Jülich

Der Wissenschaftsverlag De Gruyter und das Forschungszentrum Jülich haben sich zusammengefunden, um ein neues Erwerbungsmodell zu testen. Dafür erhält das Forschungszentrum Jülich für ein Jahr einen Testzugang zur Fachliteratur des Verlages, um über das „Patron Driven Acquisitions-Modell“ den Bedarf an „hochwertiger Forschungsliteratur ermitteln und helfen die Finanzmittel begründet einzusetzen“.
Während der Testphase stehen den ForscherInnen des Forschungszentrums sämtliche relevanten elektronischen Inhalte des Verlages, d.h. E-Books, Zeitschriften und Datenbanken zur Verfügung. Anhand der Nutzung wird dann die Bibliothek des Forschungszentrums darüber entscheiden, welche Inhalte dauerhaft erworben werden.

Für den Verlag stellt sich natürlich auch die Frage, ob man mit der Patron Driven Acquistion (PDA) nicht den Buchhandel verärgern würde.

PDA ist eine alternative Erwerbungsform, die den Patron, also den Bibliotheksnutzer, in den Vordergrund stellt. Die Bibliothek stellt eine Vielzahl von Inhalten über ihren Bibliothekskatalog zur Verfügung, es werden jedoch nur solche gekauft oder kurzfristig gemietet, bei denen der Nutzer ein akutes Nutzungsinteresse hat.

In den USA testet man schon recht aktiv dieses Modell. Hier in Deutschland können Bibliotheken mit E-Books der E-Book Library (EBL) dieses Verfahren anwenden. Die EBL und damit das Modell der PDA für Bibliotheken wird beispielsweise über EBSCO oder Schweitzer angeboten.

Die PDA ist eine Erwerbsform, die sich besonders für elektronische Medien eignet und die hilft, das Bibliotheksangebot auf die Bedürfnisse der Nutzer auszurichten, die schließlich am besten wissen, was sie benötigen. Für den Handel heißt das nicht automatisch, dass er aus der Kundenbeziehung ausgeschlossen werden, denn EBL und ebrary werden über entsprechende Aggregatoren zur Verfügung gestellt und ermöglichen es den Bibliotheken so, elektronische Inhalte gezielt und verlagsübergreifend zu erwerben.

De Gruyter hat sich für die direkte Zusammenarbeit mit einer Institution entschieden, die bisher noch kein elektronischen De Gruyter-Inhalte erworben hat, um eine innovative Angebotsform zu testen, die sich für die Angebote von De Gruyter besonders zu eignen scheint und die auch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit von Bibliotheken eine deutliche Steigerung bedeuten kann.

Wenn Händler dieses Modellprojekt, das wir übrigens wissenschaftlich begleiten lassen, in Zukunft in ihr Angebotsportfolio aufnehmen, freuen wir uns und arbeiten mit dem Handel gern zusammen.

Neu bei dem PDA-Ansatz von De Gruyter ist, dass sich der Verlag nicht nur damit begnügt, E-Books darüber anzubieten, sondern auch Datenbanken und E-Journals. Ob eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit damit erreicht werden kann, muss sich zeigen. Als Schwierigkeit beim PDA-Ansatz sehe ich den Anspruch auf einen ausgewogenen Bestandsaufbau auch mit elektronischen Medien. Sicherlich können aktuelle Bedürfnisse rasch erkannt und befriedigt werden, jedoch kann es passieren, dass Werke zu „Randthemen“, die erst später benötigt werden, so aus der Erwerbungspolitik herausfallen.

Quellen:
Forschungszentrum Jülich und De Gruyter testen „Patron Driven Acquisition“ – und wird dem Buchhandel damit das Geschäft vermiest?, Buchmarkt.de
Katrin Siems zum neuen Erwerbsmodell-Test von deGruyter, Buchmarkt.de

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