Die JIM-Studie 2014: “Die Tageszeitung als glaubwürdigste Mediengattung von Jugendlichen”

Am Freitag, den 28.11. wurde die JIM-Studie 2014 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest veröffentlicht und steht zum Download bereit. Dabei ging es vor allem um das Mediennutzung(sverhalten) von Jugendlichen, aber auch um die Einschätzung und Bewertung der Seriosität von Medien durch Jugendliche. Facebook erfreut sich bei Jugendlichen zunehmend geringerer Beliebtheit. 2013 nutzten noch 54 % der Befragten Facebook. Inzwischen sind das 2014 nur noch 34 %. Ebenso ging die Fernsehnutzung bei Jugendlichen zurück, die nur noch bei 57 % liegt. Dagegen erfreut sich WhatsApp einer sehr großen Bliebtheit. 94% der befragten jugendlichen Smartphonebesitzer haben WhatsApp auf ihrem Handy installiert.  1.200 Mädchen und Jungen zwischen 12 bis 19 Jahren wurden unter anderem gefragt, welche technischen Geräte sie besitzen und welche Medien sie nutzen. Von denen Jugendlichen, welche das Internet für glaubwürdig halten, nannten 16 % Spiegel online und Google als vertrauenswürdige Internetseiten. Überregionale Zeitungen wie DIE ZEIT oder die FAZ nutzen nur 8 % der befragten Jugendlichen.

28 % der befragten Jugendlichen lesen noch in ihrer Freizeit und 26 % lesen niemals Bücher.

Die Informationsflut und ständige Erreichbarkeit wurde von den Jugendlichen als problematisch wahrgenommen.

“64 Prozent der zwölf- bis 19-jährigen Smartphone- und Handybesitzer stimmen der Aussage voll und ganz bzw. teilweise zu, dass sie zu viel Zeit mit dem Handy/Smartphone verbringen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen ist manchmal genervt von der Fülle eingehender Nachrichten. Trotzdem befürchtet jeder Vierte, etwas zu verpassen, wenn das Handy/Smartphone ausgeschaltet ist.” Pressemitteilungen des medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest vom 24. und 28.11.2014.

[Kurz] Die JIM-Studie 2013 ist gestern erschienen

Gestern wurde die JIM-Studie 2013 zur Mediennutzung Jugendlicher des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest veröffentlicht und ist nun zum Download verfügbar.

Einige Erkenntnisse daraus sind:

Das Internet spielt im Alltag von Jugendlichen eine wichtige Rolle. Im Durchschnitt sind Zwölf- bis 19-Jährige in Deutschland 179 Minuten täglich (Mo-Fr) online. Der Großteil dieser Zeit wird nach Angaben der Jugendlichen für den Bereich Kommunikation verwendet, vor allem die Nutzung von Online-Communities spielt dabei für viele eine zentrale Rolle (75 % mindestens mehrmals pro Woche). […] Der Zugang zum Internet findet bei Jugendlichen insgesamt immer öfter auch über Smartphone oder Handy statt. 73 Prozent der Internetnutzer haben in den 14 Tagen vor der Befragung das Internet über ihr Smartphone genutzt. Im Vergleich zur Erhebung im Vorjahr zeigt sich dabei eine deutliche Steigerung (2012: 49 %). Somit ist die Internetnutzung über Handy ähnlich relevant wie der Zugang über Computer oder Laptop (87 %).”

 

Meine persönliche Rückschau auf den BID-Kongress 2013 (Teil 2)

Eine weitere Session vom Montag, den 11.03., die ich teilweise besuchte, lautete “Migranten-Communities” besser kennenlernen. Im ersten Vortrag mache Martina Dannert von der Stadtbibliothek den Anwesenden Mut auf potentielle Migranten-Zielgruppen zuzugehen und dort präsent zu sein, wo sich diese aufhalten.

Susanne Schneehorst erzählte im anschließenden Vortrag von ihren Erfahrungen, wie Kontakte, Beziehungen und Freundschaften mit den entsprechenden Menschen entstehen können. Sie lieferte ein exzellentes Beispiel, wie sich über Jahre hinweg durch eine gute Beziehungs- und Kontaktarbeit ein Medienbestand und Veranstaltungen aufbauen lassen. Dabei erwähnte sie unter anderem die rumänische Community, die dem christlich-orthoxen Glauben angehört, die in Nürnberg so zahlreich vertreten ist, dass diese sogar über einen eigenen Bischof aus Rumänien verfügen. Auch die verschiendenen kulturellen Feste wie z.B. die griechischen Nationalfeiertage, den 25.03. und den 28.10. hob Schneehorst stellvertretend hervor, die ein prima Anlass sind, um als Bibliothekar_in sich zu präsentieren, für die eigene Einrichtung und deren Medien- und Veranstaltungsangebote zu werben. Ein Fest, das mir und auch Susanne Schneehorst noch gänzlich neu war, ist Masleniza (Butterwoche), das Russische Frühlingsfest, das in der Fastnachtswoche begangen wird. All diese Tipps und Vorschläge erfordern natürlich, dass sich der (die) einzelne Bibliothekar (Bibliothekarin) außerhalb seiner (ihrer) Arbeitszeit an Wochenenden und Abenden an Treffen von Kulturvereinen, dem Migrationsrat (Integrationsbeirat je nach Kommune trägt dieser eine andere Bezeichnung, in München heißt dieser immer noch Ausländerbeirat) und Stadtteilfesten einen Namen macht und seine bibliothekarische Einrichtung bekannter macht.

Der anschließende Vortrag “An Oppurtunity for Internationalization in Turkish Libraries with Retired Immigrants and International Students” von Frau Esin Sultan Oguz war sehr allgemein gehalten. Woran ich mich besonders erinnere ist, dass die Zahl der englischen Rentner, die ihren Lebensabend in der Türkei verbringen, dem der deutschen Rentner um etwa 10.000 übersteigt. Letztendlich erwähnte Oguz zwar, dass eine stattliche Anzahl an religiösen und ethnischen Minderheiten in der Türkei (z.B. Kurden, Tscherkessen, Armenier, Assyrer, Roma oder Aramäer) gibt, aber benannte die in der Klammer aufgeführten Beispiele nicht. Es scheint in der Türkei – ähnlich wie in Frankreich – keine “echte” interkulturelle Bibliotheksarbeit zu geben, wenn man von einigen touristischen Orten absieht:

In der Türkei sind derzeit ganze 18 Sprachen gefährdet, drei davon bereits ganz ausgestorben. Die Zahlen der UNESCO haben jetzt eine nicht-staatliche Gruppe in der Türkei auf den Plan gerufen. Sie beschuldigen die Regierung, die kulturelle Vielfalt des Landes mit ihrer „Nationalstaats“-Politik auszurotten.” Deutsch-Türkische Nachrichten

Dennoch war dieser Vortrag voller Optimismus und Enthusiasmus, so dass das Publikum den Eindruck hatte, in den nächsten Jahren wird es mehr Bibliotheksarbeit vor allem für Rentner aus dem Ausland, Deutsch-Türken und Touristen geben.

Der letzte Vortrag von Dr. Jan-Pieter Barbian “Eine Geschichte mit Zukunft”. Die Türkische Bibliothek in der Stadtbibliothek Duisburg”  ist nahezu identisch mit dem Artikel “Von der Türkischen Bibliothek zur Interkulturellen Bibliothek” in der Märzausgabe der Zeitschrift BuB S. 215-221.

Um nicht zu pessimistisch über die Türkei zu berichten, möchte ich noch in diesem 2. Teil auf den Artikel in der Leipziger Volkszeitung mit dem Titel “E-Books – die Türken gehen voran” von Lisa Berins eingehen. Wer sich nicht gerade in Sessions begab, die auf Englisch waren, hatte nicht unbedingt das Gefühl, dass dieser Kongress so international war, wie ihn die Leipziger Volkszeitung am 14. März betitelte. Doch es gab Bibliothekare und Bibliothekarinnen aus 25 Ländern, die Teilnehmer/-innen waren. Neben dem Direktor des amerikanischen und des italienischen Bibliotheksverbands, war auch die Präsidentin der IFLA, Ingrid Parent anwesend und es hätte die Gelegenheit gegeben sie am BIB-Stand zu besuchen. Darüber hinaus war auch eine Kollegin aus den Niederlanden zu sehen oder eine Kollegin aus Russland, die ich traf. So meinte Michael Dowling (ALA-Präsident), dass sich die US-amerikanischen Kollegen und Kolleginnen etwas vom türkischen Bibliothekswesen abschauen können, denn dort werden ab nächstem Monat E-Books für jeden Bibliotheksnutzer frei zugänglich gemacht.

Es fällt aber leider auf, dass Jahr für Jahr nahezu dieselben BibliothekarInnen zum Thema Interkulturelle Bibliotheksarbeit auf den Bibliothekartagen vertreten sind, Vorträge halten oder in der Mailingliste ÖB-Multikulturell Beiträge versenden. Leider gibt es oftmals in vielen Kommunen keine “Extratöpfe” für die entsprechende Förderung der Mehrsprachigkeit der Einwohner im Einzugsgebiet der Bibliotheken und die Guidelines for “Library Services für multikulturelle Gemeinschaften” kennen sicherlich viele politische Entscheidungsträger und Geldgeber kaum. Im Gegensatz zu Österreich oder Schweiz, wo man sein Abitur in mehreren Sprachen ablegen kann und auch in manchen Bibliotheken ein mehrsprachiger Bestand nichts Besonderes ist, scheint es hierzulande noch häufig an Rechtfertigungsgründen gegenüber den Unterhaltsträgern zu mangeln. Das Bewußtsein Mehrsprachigkeit, Diversität und die Förderung des kulturellen Pluralismus mag ja bei den meisten BibliothekarInnen sicherlich vorhanden sein, aber die Ganzheitlichkeit, die oftmals mit einer interkulturellen Öffnung verbunden ist, die von der gesamten Stadtverwaltung getragen wird, scheint eher nur in Stuttgart, München, Berlin und Frankfurt und wenigen anderen Großstädten (und wenigen Kleinstädten) vorhanden zu sein. Ist es schon eine Innovationspreis wert, wenn jemand eine Bachelorarbeit zum Thema “Die Bibliothek als Ort der interkulturellen Begegnung” schreibt? Dennoch zeigt sich, dass die Einführung von Gesprächsgruppen für Migranten (SprachGartenInternational-Deutsch sprechen und Menschen treffen“) in der Stadtbibliothek Bremen sicherlich eine gutes Angebot der Bibliothek ist, aber warum der Defizitansatz “SiemüssendochDeutschlernen” als innovativ ausgezeichnet wurde, erschließt sich mir nicht. Ja, ich wundere mich sogar sehr, denn das Hamburger Projekt Dialog in Deutsch gibt es schon länger und “das Neue” in Bremen hat nur einen anderen Namen. Inwiefern werden die EU-Richtlinien 2000/43/EG (Antirassismusrichtlinie) und 2000/78/EG in diesen und vielen anderen Bibliotheken umgesetzt? Das “Language Café” in Nottingham bietet den Ureinwohnern (den Alteingeßenen Nicht-Migranten) die Möglichkeit die Sprachen der Herkunftsländer der Migranten, Flüchtlinge und Asylbewerber zu erlernen. In Nottingham gibt es auch Konversationskurse, bei den Flüchtlinge und Migranten Englisch lernen, aber das wurde nie als innovativ dargestellt bzw. niemand würde das ernsthaft als innovativ bezeichnen. Es war eher das “Language Café” oder die Themen des Konversationskurses, die innovativ und beeindruckend waren. Ein echtes “Language Café” wie das an der TU Berlin (Telquel) setzt aber vor allem Neugier der Biodeutschen voraus und macht zusätzlich Arbeit.

Ich habe im November ein Weiterbildungsseminar besucht und unter den Teilnehmern war eine Studentin mit türkischem Namen. Auf die Frage des Kursleiters, ob sie denn türkisch könne, entgegnete diese sehr schüchtern mit nein. Eine mir bekannte aus dem Iran stammende Deutsch-Kurdin kann kein Farsi (und will es gerne lernen), eine in Deutschland geboren Deutsch-Türkin schämt sich mit Türken aus der Türkei türkisch zu sprechen, da sie viele Fehler macht und die sich nicht immer verstehen. Ein Freund schämt sich zwar nicht Rumänisch zu sprechen, weiß aber das er viele Fehler macht und es langsam verlernt, obwohl es seine Muttersprache ist. Bekannte und Freunde von mir haben nie die deutsche Minderheitensprache Sorbisch gelernt, obwohl sie sorbischer Herkunft sind. Es geht viel verloren in Deutschland. Ein Bekannter, den ich letztes Jahr zufällig in der Nacht traf möchte gerne chinesisch lernen. Wollen wir Bibliothekare und Bibliothekarinnen Vielfalt erhalten oder sprachliche Homogenität fördern? Chinesisch und Türkisch erfreuen sich einem regelrechten Boom. Warum nicht voneinander und miteinander lernen anstatt gelehrt und belehrt zu werden von Mitgliedern der sogenannten Mehrheitsgesellschaft?  Mangelnde Deutschkenntnisse sind nicht allein der anderen Muttersprache geschuldet, sondern bei Deutsch-Türken und Deutsch-Deutschen gleichermaßen vorhanden, wenn diese eher einer bildungsfernen Schicht angehören und nicht aufgrund der ethnischen Herkunft zu erlären. Deshalb ist es dann ein soziales Problem. Experten des Berlin-Instituts beschreiben benannten neun Kernelemente für eine erfolgreiche Sprachförderung, darunter ist der systematische Einbezug der Erstsprache. Inwiefern können Bibliothekare und Bibliothekarinnen, deren Muttersprache meist Deutsch ist diese im Rahmen der Lese- und Sprachförderung leisten? Eine Schlagzeile Anfang des Jahres lautete: “Deutsche lernen begeistert Türkisch – die Deutschlandtürken nicht” und in der Tat besuchen derzeit mehr Deutsch-Deutsche Türkischkurse als Menschen türkischer Herkunft zur Festigung und dem besseren Erlernen deren Muttersprache:

Meine Befürchtung ist es, dass sich die Türken in Deutschland zu einer Gesellschaft entwickeln, die kein Türkisch spricht. Mit Bedauern beobachte ich eine Generation, die nicht in der Lage ist, die türkische Sprache wenigstens als Basis für das Erlernen der deutschen oder einer anderen Sprache nehmen kann […] Die zweite Generation ist in der Umgebung von Eltern aufgewachsen, die kein Deutsch konnten und nur Türkisch gesprochen haben. Dadurch ist das Türkisch der zweiten Generation relativ besser. Doch nun sind wir mit einer Generation konfrontiert, deren Eltern entweder nicht ausreichend Türkisch sprechen oder es vorziehen, ihren Kindern zu Hause gar kein Türkisch beizubringen – ein solches soziales Phänomen können wir momentan beobachten.” Kemal Basa

Die Preisträgerin der Bachelorarbeit “Die Bibliothek als Ort der interkulturellen Begegnung” zitierte in ihrer Schneehorst et al. und sprach davon, dass Integration nicht die „defizit- und differenzorientierte[n] Perspektive“ einehmen soll, aber diese Gesprächsgruppen scheinen eben gerade dies zu tun. Auch von Beidseitigkeit ist in ihrer Arbeit die Rede, was Integration ausmacht, dass ich anderen auch etwas von meiner Kultur und meinem Erfahrungswissen weitergebe und nicht nur Deutsch lerne. Letzlich gibt es ja schon “Dialog in Deutsch” in Hamburg und was soll denn der “innovative” Unterschied zwischen der neuen Deutschlerngruppe in Bremen im Vergleich mit dem Hamburger Beispiel sein? Serdar Somuncu kritisiert(e) ebenso dieses quantiative Erfassung “Integration” messbar machen zu wollen und die Wortwahl des Nationalen Aktionsplans, dessen Duktus und Intention von ihm durchaus kritisch gesehen wird. Die Autorin der Bachelorarbeit “Die Bibliothek als Ort der interkulturellen Begegnung” zitierte mehrfach in ihrer Arbeit diesen Aktionsplan, der eher etwas von Aktionismus hat und 50 Jahre zu spät kommt.

Dem US-amerikanischen Soziologen Rogers Brubaker zufolge ist seit dem Jahr 2000 in vielen Ländern Europas einschließlich Deutschland ein Return on Assimilation festzustellen. Ob nun Sprachcafé Deutsch oder Dialog in Deutsch (in Hamburg), das mag soziale oder assimilative Bibliotheksarbeit sein, aber strenggenommen ist das nicht die inter-kulturelle Bibliotheksarbeit, wie sie andernorts (z.B. in den USA, Spanien oder anderswo) so genannt wird. Dialog Deutsch erinnert an ein Buch des Goethe-Instituts oder an Dialogpunkte in der arabischen Welt der Robert-Bosch-Stiftung. Das Label “Inter-kulturell scheint hier hier zwar heterogene Migranten aus verschiedenen Herkunftsländern anzusprechen, aber eigentlich hat der Rest des Ureinwohner-Bibliothekspublikums von dieser kulturellen Vielfalt herzlich wenig. Auch in vergangenen Gesprächen mit einem mir bekannten Migrationsforscher hat dieser andere ähnliche Projekte wie das eben genannte nicht als inter-kulturell und innovative Bibliotheksarbeit klassifiziert. Diese Entwicklung macht mich nachdenklich und traurig. Mit der Förderung des Interkulturellen Dialogs hat dies herzlich wenig zu tun.

Elektronisches Zeitungslesen bei einem Kaffee

Heute ist es Dank Tablet und Smartphone in vielen Küchen morgens sicher schon üblich, 1981 eine futuristische Vorstellung:

“Imagine, if you will, sitting down to your morning coffee, turning on your home computer to read the day’s newspaper.” A flamboyantly speculative-sounding notion, no doubt, were you watching this television news broadcast back when it aired in 1981.



Quelle:

Marschall, Colin: From the Annals of Optimism: The Newspaper Industry in 1981 Imagines its Digital Future, Open Culture

Ein Imagevideo der Universitätsbibliothek von Abu Dhabi

Ein Fernsehbeitrag über die Stadtbibliothek Hannover

Statistisch gesehen, besuchte jeder Hannoveraner im letzen Jahr ganze drei Mal die Stadtbibliothek Hannover! Was die Stadtbibliothek Hannover zu bieten hat, berichtete das hannoveranische Lokalfernsehen Anfang diesen Jahres.

Hintergründe zum aktuellen “Call for Postings Berufsbild Bibliothekar/ Your Job Image”

“Vielmehr ist ein Erfolg unseres gesellschaftlichen Engagements davon abhängig, wie viele Leute es vorantreiben würden. Wenn wir unsere Inhalte (offizielle Stellungnahme, Diskussionen, Beiträge mit anderen Meinungen u.v.m.) twittern, in Facebook für alle unsere Freunde posten, in unseren Blogs erwähnen und verlinken etc., gewinnen wir an Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit. Wenn wir das zeitnah, inhaltlich relevant und mit genügend Teilnahme machen, sind wir nicht mehr von der öffentlichen Diskussion auszuschließen. So erreicht man einen großen und bedeutsamen Effekt bei minimaler Teilnahme – jede/r soll einfach „Share“ oder „Like“ klicken. Nicht nur virtuell. Letztendlich sind wir „Fleisch und Blut“ und leben in einer physischen Welt. […] Die Zeiten eines isolierten Bücherwurms, der sich von der Außenwelt in seiner Bibliothek abschottet, sind vorbei. Heute sind wir vernetzt, wir können miteinander kommunizieren, diskutieren, und vor allem – handeln. Wir sind mit der Welt besser verbunden und können Einfluss auf Entwicklungen nehmen, bevor sie uns in der Bibliothek erreichen, und somit der Gesamtgesellschaft Gutes tun und nicht nur unseren Benutzer/-innen oder unserem Gewissen. Unterm Strich: Wenn wir uns für die Gesellschaft einsetzten, setzten wir uns für Bibliotheken ein. Wenn wir im öffentlichen Bewusstsein als wahre Kämpfer für die Rechte aller Menschen wahrgenommen würden, gäbe es kein besseres Marketing.” Shaked Spier

Zum aktuellen “CfP: Projekt Berufsbild/ Your Job Image” sollte auf das Plädoyer von Shaked Spier verwiesen werden, welche es in die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Bibliotheksdienst [46. Jg. (2012), H. 3/4, S. 171-181] schaffte und eine gewisse Reflexionskompetenz und Präsenz (z.B. Internet und Web 2.0) von BibliothekarInnen oder/und Information Professionals” (über die normale berufliche Arbeit hinaus) auch im Hinblick auf die Erhöhung des (sozialen) Engagements im virtuellen, als auch  im reellen Raum forderte.

Als ich am 31. Januar im britischen Guardian den Artikel Beyond books. what it takes to be a 21st librarian las, kam ich nach einer Diskussion mit Dörte auf die Idee einen Aufruf zu starten, in dem ich nach Bibliothekar_Innen fahndete, die bereit wären an einem imagefördernden Zeitungsartikel mitzuschreiben.

Allein der Aufruf war schon die Mühe wert, da es für mich, aber auch für andere, durchaus eine Erfahrung und auch ein Lerneffekt waren, zu sehen, dass das Agenda Setting  in überregionalen Tageszeitungen von brandaktuellen News, Medienhypes (Guttenberg, Wulff und Piraten) und den Lieblingsthemen (Stichwort Boulevardisierung statt Inhalte und Aufklärung) der Meinungsmacher bestimmt ist und Artikel blitzschnell an Relevanz verlieren oder hinzugewinnen. Wäre der Piratenparteitag in einer großen Bibliothek abgehalten worden, wäre Bundespräsident Joachim Gauck mit einer Bibliothekarin (statt Journalistin) liiert oder wären Magdalena Neuner oder Lindsay Vonn neben ihrer Karriere als Sportlerinnen noch Bibliothekarinnen, würden sich durchaus mehr Chancen ergeben diesem Berufsfeld in überregionalen Tageszeitungen und vielen anderen Medien mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Würden einige der Darsteller bei GZSZ, der Lindenstraße oder “Türkisch für Anfänger” BibliothekarInnen verkörpern, wäre Bibliothekar/Bibliothekarin ein Beruf wie jeder andere (wie z.B. D.J. oder Taxifahrer) und jeder Artikel darüber hätte leichter lanciert werden können.

Mehrere Journalisten derselben Wochenzeitung vertrösteten mich letztes Jahr, da zu der Zeit Fukushima oder anderes mehr LeserInnen interessiere und dieses Thema gerade sehr brisant war. Welche Rubrik eignet sich über ein Berufsfeld zu schreiben/ zu polemisieren, das die wenigsten Menschen wirklich kennen und die wenigsten Menschen zu (angeblich) zu interessieren scheint? Nach dem Idealismus folgte die Ernüchterung. Die Journalisten schienen auch nach mehrmaligen Überzeugungsversuchen bis zum Schluss immer noch nicht so wirklich interessiert gewesen zu sein. Für die meisten schien es in ihre Zeitung nicht hineinzupassen.

Durch die Verbreitung dieses Aufrufs meldeten sich durchaus einige Interessenten und potentielle Co-AutorInnen. Bis auf einen Kontakt zu einer überregionalen Zeitung, den ich hatte, waren andere Zeitungen nicht bereit Berufsangehörige über ihren eigenen Berufsstand einen Artikel verfassen zu lassen. Nicht jeder Journalist oder Wissenschaftler (z.B. Gunther Dueck) ist mit einer Bibliothekarin verheiratet und macht sich die Mühe sorgfältig über einen vielfältiges Berufsfeld zu recherechieren.

Lee Rainie vom Pew Internet Research Center betonte ja letztes Jahr die Chancen und die Synergieeffekte für beide Berufe, die sich daraus ergeben, wenn beide mehr miteinander arbeiten und die Gemeinsamkeiten der beiden Berufswelten zusammen zu verbinden. Inwieweit wurde das, was er vorschlug in den einschlägigen Bibliotheksverbänden und in der Berufsbildung bislang rezipiert? Letztlich können einen solchen Artikel maximal 1-3 Personen verfassen. Die Schwierigkeit und das hehre Ziel war eine überregionale Zeitung zu finden. Auf lokaler Ebene pflegen Bibliothekar_Innen bereits gut Kontakte zu Journalist_Innen, welche ihnen wohlgesonnen sind und durchaus gute PR für öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken machen. Nach einem gebrochenen Versprechen, das ein Journalist auf einen Bibliotheksleiter zugeht, der sich auf meinen Aufruf meldete und eine Polemik verfassen hätte sollen, brach ich dann den Kontakt mit der Zeitung ab, da es sich der Journalist dann doch plötzlich nach einer anfänglichen Zusage anders überlegte.

Den Höhepunkt bildete schließlich ein Beitrag von DRadio Wissen Anfang Dezember 2011, der in differenzierter Weise in der Kategorie “Mein Studium” das Fach Bibliotheks- und Informationswissenschaft  dezidiert vorstellte, wobei auch Doreen, unsere Bloggerkollegin, interviewt wurde. Neben Claudia Lux kamen auch Patrick Danowski und Oliver Pohl zu Wort.

Ein weiteres Highlight kam von unserer Bloggerkollegin Stefanie Hotze: Als einzige Bibliothekarin aus dem deutschsprachigen Raum, nahm sie am Library Day in the Life-Projekt teil. In dem eingangs erwähnten Artikel “Beyond books: what it takes to be a 21st century librarian” wird das ebengenannte Projekt vorgestellt und einzelne BibliothekarInnen berichten von ihrer Arbeit.

“Books are only one aspect of what libraries and librarians are about. Librarianship is a people profession; a librarian’s job is to connect people with the information they are seeking, whatever format that may take. At their heart, all library jobs have a central purpose: to help people access and use information, for education, for work, or for pleasure. In all library roles customer service and communication skills are important. If anyone ever thought they’d become a librarian because they liked books or reading, they would be sorely disappointed if they did not also like people too. Libraries of all kinds are keen to demonstrate their value to as wide an audience as possible, and to open up access to culturally significant resources that they hold.” Emma Cragg und Katie Birkwood

Bislang gibt es weder in Fachzeitschriften noch in der Biblioblogosphäre nähere Hinweise, ob noch andere BibliothekarInnen aus Deutschland daran teilnahmen.

Letzterer Satz passt als Überleitung zum nächsten Thema. Vor wenigen Tagen bloggte Herr H.-C. Hobohm die Frage “Warum sind Information Professionals so internetavers?”

“Oder technophob, arachnophob, digiphob… jedenfalls nicht internetaffin? […] Letztlich wurde mir sogar als Begründung für die Netzverweigerung gesagt: “weil ich information professional bin.” Es handelt sich auch nicht nur um die Ablehnung eines bestimmten Konzerns wie Facebook, Google oder Microsoft, sondern meist um eine generelle Abstinenz. Interessanterweise erlebe ich auch gerade bei diesen Personen eine Art Microsoft Hörigkeit. Und das Argument, dass gerade Microsoft Daten auf dem heimischen PC sammelt kommt hier nicht an. […] Gut, es müssen ja nicht alle Digital Natives sein, aber als Informationsspezialist müsste man doch zumindest “heavy user” und “visitor” sein, wie Peter Kruse es anschaulich untersucht hat.”

Hat er recht? Oder hätte er den Zusatz “im deutschsprachigen Raum” noch anführen können? Ist es eine Generationenfrage und wird mit der allmählichen Verrentung der Baby-Boomer-BibliothekarInnen der Anteil der netzaffinen und digitalen “Information Professionals” zunehmen?

Ich weiß es nicht. Fest steht, dass im anglo-amerikanischen Raum, aber auch in Frankreich sehr viel mehr gebloggt, gefacebookt, getwittert wird und das Internet durch BibliothekarInnen genutzt wird. Was Frankreich betrifft, gibt es dort durchaus auch mir bekannte junge Abstinenzler, aber meiner Ansicht nach, gibt es ein wenig mehr DokumentarInnen und BibliothekarInnen, welche virtuell präsent sind und das auch in ihrer privaten Freizeit mitverfolgen. Vermutlich ist es vielmehr die “German Angst” und weniger die German Openness, welche diese These unterstützt. Es gibt ja immer noch die Möglichkeit Aliasnamen zu nutzen, wie es die Blogger von “Ultra Biblioteka” und auch andere tun. Niemand wird gezwungen sich mit seinem wahren Namen zu “outen”.

In diesem Sinne gibt es nun die Möglichkeit sich über Bibliothekarisch.de über das eigene Berufsbild in fünf Fragen zu äußern, so dass am Ende eine Vielfalt an beruflichen Tätigkeiten zusammenkommt. BibliothekarInnen, ob ehrenamtlich, verrentet, ehemalig oder professionell, welche Interesse haben beim CfP mitzumachen und fünf Fragen zu beantworten, sind herzlich dazu eingeladen sich bei uns zu melden.

Schicken Sie uns Ihren Beitrag und Ihr Bild oder Fragen, die Sie haben, an cfp[at]bibliothekarisch.eu oder doerte.boehner[at]bibliothekarisch.de.

Die “Chicago Underground Library” heißt nun “Read/Write Library”

Als ich 2010 begann diesen Blogpost vorzubereiten, war noch nicht damit zu rechnen, dass ein Jahr später eine Umbennung der “Chicago Underground Library” in “Read/Write Library” stattfinden wird. Aus diesem Grunde kann ich nun umso ausführlich auf die Genese der “Read/Write Library”  eingehen.

Passen die Worte “laut” und “Bibliotheken” eigentlich zusammen? Obwohl es in vielen Bibliotheken durchaus laut zugehen kann, ist die Lautstärke oder der Lärm an sich dort, dennoch keine typische Assoziation, die der Ottonormalbürger verwenden würde. An der “Chicago Underground Library” wurde am 21. Februar 2010 der Bibliotheksumzug mit einem sehr lauten Veranstaltung gefeiert. Anlässlich des 2. Jahrestages nach dem Umzug, will ich an dieser Stelle die Bibliothek, welche nun unter einem neuen Namen fungiert, kurz vorstellen. Die “Chicago Underground Library” deckt die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft unabhängiger Medien in Chicago ab:

“Whether you create independent media or just love it, the Chicago Underground Library is your salon, your gym and your playground – a meeting place for a scattered, diverse population. If you’re a Chicagoan (at least in spirit), we already like you. Check out our archives and learn how you can get cataloged! We provide an open forum for creative exchange between all producers and patrons of Chicago’s independent media, facilitating collaboration and awareness within diverse communities. Through innovative and inclusive approaches to acquisitions, cataloging and programming, we illuminate connections and provide both a historical and contemporary context for the creation of new local media.”

Im Prinzip haben sich ausser dem Namen der Bibliothek kaum deren Ziele und deren Leitbild geändert. Die “Read/Write Library” ist eine neue Fom für eine offenes, lokalspezifisches und unabhängiges Medium. Sie lädt zum Mitmachen ein und jeder kann sich an der Katalogisierung, dem Bestandsaufbau. der Programmgestaltung und der Zielgruppenarbeit beteiligen.

Die Einrichtung nimmt Bücher, Magazine, Fanzines, Zeitschriften, Zeitungen, Prospekte und Kunstbücher aller Art entgegen, insbesondere aus Chicago und dem näheren Umland. Zwei Stichworte zeichnen diese Bibliothek aus: “Open Acquisitions und Obsessive Cataloging

Deren Leitbild lautet:

“The Read/Write Library is an all-inclusive collection of Chicago-specific media, produced by and for the community. Through our unique indexing of contributors and our open venue, we provide a space for individuals, organizations and ideas to come together, and creative connections to emerge.”

 

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