[Adventskalender] 12. Dezember

Weihnachten
Joseph Freiherr von Eichendorff

schneemann

schneemann

Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus,
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.

An den Fernstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
tausend Kindlein stehn und schauen
sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins freie Feld,
hehres Glänzen, beilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigt’s wie wunderbares Singen –
o du gnadenreiche Zeit!

[Adventskalender] 11. Dezember

Weihnacht
unbekannt

Winterblüten

Winterblüten

Es glänzen hell die Sterne
Weit übers Land hinaus,
Es rufen aus weiter Ferne
Glocken ins Gotteshaus.

Und durch die Friedhofspforte
zieht die Gemeinde still,
die dem fröhlichen Worte
der Weihnacht lauschen will.

Der weiße Schnee deckt leise
das stille, schlafende Land.
Es klingt wie Orgelweise,
ein Zauber hält alle gebannt.

Es ist ein Licht erklommen,
das übergoldet die Nacht,
es ist Kunde gekommen,
die ist allen gebracht.

Allen, in allen Reichen
klingt dies lockende Wort
ein Sehnen sondergleichen
reißt alle Herzen fort.

Und die sich hart bekriegen,
sollen einander verzeihen,
und die in Ketten liegen,
sollen gerettet sein.

Und die in Nacht verzagen,
soll Himmelslicht erbau’n,
und die da Heimweh tragen,
sollen die Heimat schau’n.

Es ist ein Lied erklungen
von jubelnd heller Art,
es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart.

[Adventskalender] 10. Dezember

Der Traum
Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Schlaf

Schlaf

Ich lag und schlief; da träumte mir
ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
ein hoher Weihnachtsbaum.

Und bunte Lichter ohne Zahl,
die brannten ringsumher;
die Zweige waren allzumal
von goldnen Äpfeln schwer.

Und Zuckerpuppen hingen dran;
das war mal eine Pracht!
Da gab’s, was ich nur wünschen kann
und was mir Freude macht.

Und als ich nach dem Baume sah
und ganz verwundert stand,
nach einem Apfel griff ich da,
und alles, alles schwand.

Da wacht’ ich auf aus meinem Traum,
und dunkel war’s um mich.
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
sag an, wo find’ ich dich?

Da war es just, als rief er mir:
“Du darfst nur artig sein;
dann steh’ ich wiederum vor dir;
jetzt aber schlaf nur ein!

Und wenn du folgst und artig bist,
dann ist erfüllt dein Traum,
dann bringet dir der heil’ge Christ
den schönsten Weihnachtsbaum.

[Adventskalender] 09. Dezember

Advent
Rainer Maria Rilke

Winterengel

Winterengel

Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird;
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.

Vorweihnacht
Volksgut

Bald ist Weihnacht, wie freu’ ich mich drauf,
da putzt uns die Mutter ein Bäumlein schön auf;
es glänzen die Äpfel, es funkeln die Stern’,
wie hab’n wir doch alle das Weihnachtsfest gern.

[Adventskalender] 08. Dezember

Weihnachtsmarkt
Gottfried Keller

Katze und Baum

Katze und Baum

Welch lustiger Wald um das hohe Schloss
hat sich zusammengefunden,
ein grünes, bewegliches Nadelgehölz,
von keiner Wurzel gebunden!

Anstatt der warmen Sonne scheint
das Rauschgold durch die Wipfel;
hier backt man Kuchen,
dort brät man Wurst,
das Räuchlein zieht um die Gipfel.

Es ist ein fröhliches Leben im Wald,
das Volk erfüllet die Räume;
die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,
die fällen am frohsten die Bäume.

Der eine kauft ein bescheidnes Gewächs
zhu überreichen Geschenken,
der andre einen gewaltigen Strauch,
drei Nüsse dran zu henken.

Dort feilscht um ein winziges Kieferlein
ein Weib mit scharfen Waffen;
der dünne Silberling soll zugleich
den Baum und die Früchte verschaffen.

Mit rosiger Nase schleppt der Lakai
die schwere Tanne von hinnen;
das Zöpfchen trägt ein Leiterchen nach,
zu ersteigen die grünen Zinnen.

Und kommt die Nacht, so singt der Wald
und wiegt sich im Gaslichtscheine;
bang führt die ämrste Mutter ihr Kind
vorüber dem Zauberhaine.

[Adventskalender] 07. Dezember

Weihnachtswunsch
Volksgut aus dem 19. Jahrhundert

Wichtel

Wichtel

Ob’s draußen stürmt, ob’s draußen schneit,
das soll micht nicht betrüben;
ist’s doch die frohe Weihnachtszeit,
die alle Kinder lieben.
Da geht ein Engel durch die Welt,
der alle Wünsche höret,
und was ein gutes Kind bestellt,
das wird ihm auch gewähret.
Ich denke still der Eltern mein,
die mich so herzlich lieben.
Lass Got mich ihre Freunde sein,
sie nimmermehr betrüben.

[Adventskalender] 06. Dezember

Vorfreude
Joachim Ringelnatz

Nikolaus

Nikolaus

Ein Kind – von einem
Schiefertafelschwämmchen umhüpft –
rennt froh durch mein Gemüt.

Bald ist es Weihnacht! –
Wenn der Christbaum blüht,
dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen.
Und die Wärme stimmt uns mild! –
Es werden Lieder, Düfte fächeln. –
Wer nicht mehr Flämmchen hat,
wem nur noch Fünkchen glimmt,
wird dann noch gütig lächeln.

Wenn wir im Träumen eines
ewigen Traumes
alle unfeindlich sind –
einmal im Jahr! –
uns alle Kinder fühlen eines Baumes.

Wie es sein soll, wie’s allen
einmal war.

Hier gibt es auch noch den Bastelbogen (BY-NC-ND) zum Nikolaus von Nereski.

Bastelbogen

Bastelbogen

[Adventskalender] 05. Dezember

Engel

Engel

Ein Weihnachtslied
Heinz Erhardt

Es ist Weihnachten geworden.
Kalter Wind bläst aus dem Norden
und hat Eis und Schnee gebracht.

Doch am Weihnachtsbaum die Kerzen,
die erwärmen unsre Herzen,
und des Kindes Auge lacht.

Und man sieht auf den verschneiten
Straßen weiße Engel schreiten
durch stille, heil’ge Nacht.

Quelle:
Das große Heinz Erhardt Buch, Bertelsmann Club, 1984, S. 301

[Adventskalender] 04. Dezember

Das Weihnachtbäumlein
Christian Morgenstern

Schneemann

Schneemann

Es war einmal ein Tännelein
mit brauchen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein fein
und vielen bunten Kerzlein:
Das war am Weihnachtsfest so grün,
als fing es eben an zu blühn.

Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stands im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
Die grünen Nadeln war’n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.

Bis eines Tags der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm –
hei! tats da sprühn und funkeln!
Und flammte jubelnd himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz.

1 2 3 4 5 6