[Zitat] Unkommentiert – 1957

 

„Kennzeichnend für den Bildungsvorgang in einer Volksbücherei ist, daß er zeitlich kurz ist, gewissermaßen funktional und unauffällig vonstatten geht; dabei ist zu bedenken, daß der Akt der Beratung als Bildungsakt nur Vorstufe eines, ja Bildungsvorganges ist: des Lesens selbst; so verweist der Bildungseinfluss des Volksbibliothekars immer über sich hinaus auf ein weiteres; auf den Akt der Selbstbildung, den der Leser an sich selbst vollzieht. Charakteristisch für das Bildner-Partner-Verhältnis zwischen Bibliothekar und Leser ist ferner, daß es meistens ein Dual-Verhältnis ist, eine persönliche und zugleich ichbezogene Note trägt und nicht jene Gefahr der Vergemeinschaftung kennt, die in anderen Bildungsinstitutionen aufkommt; als Volksbibliothekar kann man unmittelbar den Einzelnen ansprechen als in einer Kurs- und Vortragsgruppe. […] und dennoch ist die von hier ausgehende Bildungswirkung nicht weniger nachhaltig als diejenige in anderen Bildungsbereichen; denn der Weg der Selbstbildung ist unmittelbar geföffnet, jener Weg also, auf dem die letzten und innersten Entscheidungen der Bildung fallen müssen.“

Franz Pöggeler (1957), Einführung in die Andragogik – Grundfragen der Erwachsenenbildung, S. 174 f.