Was passiert da gerade?

Hierzulande, vermutlich auch Dank Wochenende, Ukraine-Krieg, Kanzler- und Papstwahl war es recht ruhig um das Thema. Geht ja nur um eine Bibliothekarin, aber der Blick hinter dieses Geschehnis zeigt, dass es nur ein Symptom ist für ein systematisches Vorgehen beim Aushöhlen der Demokratie ist,

Die Librarian of Congress wird gefeuert, Militärbibliotheken auf Geheiß des Pentagon systematisch von unliebsamer Literatur befreit, der Zugang zu Informationen für Kinder in Texas eingeschränkt. Bereits Anfang Februar 2025 wurde schon die erste Archivarin des Landes Colleen Shogan gekündigt. Die Direktorin Shira Perlmutter des U.S. Copyright Office wurde nun ebenfalls gekündigt. Dies kommt nur zufällig kurz nachdem Perlmutter und ihr Büro in ihrem kurz vorher veröffentlichten Report zu Künstlichen Intelligenz einige Bedenken und Fragen zu diesem Thema geäußert haben.

Colleen Shogan musste gehen, weil ihre Behörde auf die Einhaltung der Archivpflichten drängte, nachdem Trump nach seiner ersten Amtszeit seine Akten und seinen Schriftverkehr nicht zum Archivieren gab. Frau Dr. Hayden wurde gefeuert, weil sie die Pflichtexemplare in die Sammlung ihrer Bibliothek aufnahm, auch wenn diese Themen beinhalteten, die Präsident Trump nicht gefallen. Shira Perlmutter musste gehen, weil sie das Copyright und somit das Intellectual Property schützt und stärkt. Das Muster ist doch deutlich. Drei Frauen, deren Einrichtungen, denen sie vorstehen, ihren Pflichten nachkommen, die aber für Trump und seine Mannen unbequem sind, weil sie in die Pflicht genommen werden oder an Verantwortungen erinnert werden.

Daneben hören wir seit Wochen, wie die Universitäten in den USA unter Druck geraten, Trump missliebige Themen und Personen fallen zu lassen. Hier wurde in den deutschen Medien deutlich berichtet, aber politisch passiert nichts, wird kein Druck aufgebaut, kein Missfallen geäußert.

Trump und Mannen gehen vor gegen eigene Pflichten, gegen andere Rechte, gegen (zukünftig) kritische und aufgeklärte Personen.

Weitere Informationen:

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Zu „woke“ und unloyal – ein paar Gedanken welches Zeitzeichen die Entlassung von Frau Dr. Carla Hayden setzt

Abkürzung zur Petition gegen die Entlassung der Librarian of Congress

Wenn mich jemand fragt, würde ich mich als eigentlich sehr unpolitische bezeichnen, aber der heutige Tag hat mir gezeigt, dass ich vermutlich doch nicht so unpolitisch bin, wie ich dacht. Mich, als Bibliothekarin, als Mensch, beschäftigt der Rauswurf von Carla Hayden sehr. Es ist nur einer von vielen Punkten in einer Entwicklung in den USA, in Europa, in Deutschland, den ich aus den Erzählungen meiner Oma wiedererkenne, als sie mir vor vielen Jahren erzählte, wie für sie die Zeit vor der Machtergreifung Hitlers war, was sie damals in ihren Mittzwanzigern erlebt hat.

Feindbilder wurden geschaffen, die es vorher nicht gegeben hatte und die nun in ihre Familie einzogen, . Arbeitsplätze und Wirtschaftsaufschwung überzeugten und überblendeten, worauf die damalige Entwicklung hinauslief. Die Männer ihrer Familie begeisterten sich für die angebotenen einfachen Lösungen und Halbwahrheiten und wählten „Protest“. Dann, ganz plötzlich war es zu spät. Ferne Kindheitserfahrungen wiederholten sich auf einmal hautnah, denn die Geschwister hatten als Kinder den 1. Weltkrieg erlebt, fernab auf dem Land, aber er war Teil des Lebens gewesen. Nun waren diese Erfahrungen nicht mehr fern, sondern betrafen insbesondere die Brüder konkret: Krieg, nur wenige Jahre nach einem Krieg.

Warnzeichen waren:

  • Das Verhindern von starken, widerständigen Personen in wichtigen Personen. Schlüsselpositionen wurden entmachtet und linientreu besetzt.
  • Falsche Feindbilder wurden geschaffen. Die Berichterstattung zu bestimmten Personengruppen wurden selektiver, negativer, selbstbestätigender. Vergehen wurden als schwerwiegender für solche Personengruppen dargestellt.
  • Informationen wurden zurückgewiesen, diskreditiert (schwarze Listen, Zensur) oder propagandiert, wenn sie in das Weltbild der Machthaber passten.
  • politische Instabilität und Unsicherheiten (Weltwirtschaftskrise, eine gefühlte Unregierbarkeit des Landes, schwache und zerstrittene Politiker)
  • Loyalität wurde alles, nicht das kritisch, hinterfragende Denken und der gesunde Menschenverstand.
  • Für hohe Positionen war das Parteibuch und die Rasse wichtiger als die berufliche Qualifikation.
  • Mit der Dolchstoßlegende wurde das eigene Geschichtsbild vom Täter zum Opfer gewaschen (Beschönigung der eigenen Geschichte).
  • beschönigende oder diffamierende Sprachbilder („Nationalsozialismus“, „Drecksjude“), Sprachlenkung durch ein „Propagandaministerium„, das sehr schnell die Hoheit über Funk und Film hatte

Warnzeichen aktuell sind:

  • Umschreibung der Geschichte (Gulf of America – Whitewashing of History), in Konflikten eine Umkehrung der Verantwortung (Ukraine als Kriegstreiber und das arme Russland, das zum Krieg getrieben wurde)
  • Diffamierung und Verneinung von Minderheiten (Anpassung der Wahrheit an eigene Realitäten und Ausgrenzung von Personengruppen, z.B. Trans-Personen),
  • Book Bans (Zensur unliebsamer Themen und Autoren),
  • Bereinigung der Schlüsselpositionen in Recht, Wissenschaft und Exekutive von kritischen Personen, die nicht mit der oberen Landesführung einer Meinung sind (Loyalität als Qualifikationsmerkmal für einen Job)
  • Schaffung von Feindbildern (Emigranten, Minderheiten)
  • Diffamierende / diskreditierende Sprachbilder („Fake News“ für wissenschaftliche Fakten und unabhängige Medien, „Social Truth“ für das eigene Social-Media-Sprachrohr von Trump; Remigration im Parteiprogramm der AFD), Sprachlenkung (Verbot Erwähnung von Genderbegriffen, Trans*Personen)

Dies sind zu viele Parallelitäten, um sie zu ignorieren. Zu sehen, wie unsere Regierung sich selbst mit ihrer eigenen Politik völlig unkritisch an die so geschaffene „Realität“ des blau verpackten braunen faschistischen Gedankenguts einer AFD „anbiedert“, also sich eigentlich freiwillig gleichschaltet, macht mir Angst. Man behauptet sich nicht gegen den unverholenen Faschismus, indem man sich ihn zu eigen macht (z.B. Abweisung von Asylsuchenden an den Grenzen), Freiheiten aus Angst beschneidet (Vorratsdatenspeicherung, Anonymitätsverbot, weil jeder ein potentieller Terrorist und Verbrecher ist), Scheingefechte inszeniert (z.B. Genderverbot an öffentlichen Einrichtungen) und dabei die eigene Geschichte vergisst (z.B. nationalsozialistische Sprachweisen ungefiltert wieder übernimmt oder imitiert, überlieferte Ereignisse verharmlost).

Was hat das mit der Entlassung von Carla Hayden zu tun, der Librarian of Congress? Viel. Es ist ein sichtbares Zeichen für die besorgniserregenden Entwicklungen in den USA, längst kein Symptom mehr, sondern der Ausbruch einer Krankheit, eines Krebsgeschwürs.

Am Dienstag wurde Frau Dr. Hayden die Möglichkeit gegeben, das angefragte Budget der LoC für 2026 zu verteidigen. In ihrer Rede vor dem Senat legte sie da, welche Aufgaben und Schwerpunkte sie in der Arbeit der Bibliothek sie als wichtig erachtet und wie das Budget verwendet werden soll. Es zeigt sehr gut, wofür Frau Hayden mit ihrer Arbeit einsteht: „The mission of the llibrary is to engage, inspire and inform the Congress and the American people with an universal and enduring source of knowledge and creativity.“

Dies gab konservativen Gruppen einen Anlass laut zu werden und der Librarian of Congress Hayden vorzuwerfen, Kinderbücher mit radikalen Absichten zu bewerben. Nur wenige Stunden vor ihrer Entlassung forderte die American Accountability Foundation ihre Entlassung auf X.com und diskreditierte Frau Dr. Hayden, sie sei „woke“ und Trump-feindlich. Dem folgte sehr schnell die Entlassung der Librarian of Congress.

Die Demokratin DeLaurio kritisiert diesen Schritt und konstatiert:

This is yet another example in the disturbing pattern of the President removing dedicated public servants without cause—likely to fill the position with one of his ‘friends’ who is not qualified and does not care about protecting America’s legacy.

Quelle: DeLauro on the Firing of the Librarian of Congress, Dr. Carla Hayden, Appropriations Committee Democrats

EveryLibrary, eine Organisation, die die Finanzierung von Bibliotheken unterstützt, macht sehr deutlich, wie gefährlich sie diese willkürliche Kündigung hält:

President Trump has crossed another dangerous line by abruptly firing Dr. Carla Hayden, the Librarian of Congress. This troubling and unprecedented action should alarm every American who values the independence of our cultural institutions and recognizes the role libraries play in a democratic society.

Quelle: STATEMENT: President Trump Fires the Librarian of Congress and Now Congress Must Push Back, EveryLibrary

Sollte es Trump gelingen, einen seiner loyalen, unqualifizierten Freunde auf die Stelle des Librarian of Congress zu setzen, wird ein weiter wichtiger Baustein der Demokratie der USA gefährdet, denn die Library of Congress ist mehr als eine Büchersammlung. Sie ist eine gesetzgebende und öffentlichkeitswirksame Unterstützungseinrichtung, zu der das Copyright Office, der Congressional Research Service und die Law Library of Congress gehören. Jede dieser Einrichtungen erfüllt wichtige, überparteiliche Aufgaben für unsere Regierung und die Öffentlichkeit. (Mehr Informationen: A Library for All : The FY2024 – 2028 Strategic Plan for the Library of Congress, LoC). Sie dient allen Menschen und nicht der Agenda eines Präsidenten, der in unvergleichlicher Manier es schafft, Medien, Menschen und darüber wichtige Einrichtungen gleichzuschalten oder auszuschließen.

Dies ist nur ein weiterer Schritt der Trump-Regierung gegen Bibliotheken, denn bereits am 14. März erließ Präsident Trump eine Durchführungsverordnung zur Auflösung des „Institute of Museum and Library Services“. ALA und AFSCME haben daraufhin Klage vor einem Bundesgericht eingereicht und scheinen damit Erfolg zu haben.
Im Artikel „Outrage and Calls to Action After President Trump Fires Librarian of Congress Carla Hayden“ des School Library Journal klingt der Schock über die Entlassung mit.

Her removal is the latest for the administration that is stripping federal agencies of women, people of color, and anyone whose work is believed to be in opposition to Trump’s agenda.

Quelle: Outrage and Calls to Action After President Trump Fires Librarian of Congress Carla Hayden, School Library Journal

Der Entlassungszweizeiler enthielt natürlich keine offizielle Begründung, warum die Librarian of Congress auf so rüde Art entlassen wurde, was sehr deutlich zeigt, wie kaltherzig und machtsicher diese Trump-Regierung handelt. Die Kündigung begründete die Sprecherin des Weißen Hauses dann später damit, dass sich Hayden für Diversität einsetze und „unangemessene Bücher“ in der Kinderabteilung ausgestellt habe, was Trump das Recht gäbe, seiner (unloyalen, Anm.d.Verf.) Bibliothekarin fristlos zu kündigen.

Cindy Hohl, die Präsidentin der American Library Association (ALA) äußerte sich zutiefst enttäuscht über die Entscheidung von Präsident Trump, Dr. Carla Hayden aus ihrem Amt als Bibliothekarin des Kongresses zu entlassen.

Dr. Hayden’s abrupt and unjust dismissal is an insult to the scope and breadth of work Dr. Hayden has undertaken in her role leading the Library of Congress.

Quelle: ALA praises service of Dr. Carla Hayden, decries „unjust dismissal“ of Librarian of Congress, ALA

Folgt man all den Aussagen der angesehenen Senatoren, Nachrichtensendern und bibliothekarischen Fachleuten, so kann man nur hoffen, dass genug Menschen in den USA aufwachen und laut werden. Aber auch für uns hier muss klar sein, dass dies mehr als ein Warnzeichen ist.

Einem Kollegen gegenüber äußerte ich, dass ich derzeit gerne mehr darüber wissen würde, wie die Kolleg*innen in der LoC und in anderen Bibliotheken mit diesem Schock umgehen? Ist das ein weiterer Tritt in den Hintern und bremst all das Engagement aus oder entsteht daraus eine Jetzt-erst-recht-Mentalität. Wie würden wir in Deutschland reagieren? Würden nur einzige laut, viele? Würden wir uns wehren oder wegducken, mitlaufen oder dagegen ankämpfen, offen uns positionieren oder heimlich? Mit Blick auf die diktatorischen Systeme des Nationalsozialismus oder der DDR wird es wohl einige Aktivisten, einige Mitläufer, viele Dulder und wenig laute Menschen geben. Wo würde ich mich da einordnen? Reicht mein Mut oder siegt die Angst?

Christine Espenshade, Board Chair der Enoch Pratt Free Library, deren Leiter Hayden früher gewesen war, äußert sich zur Entlassung:

„Our entire board and library community is in shock given the dedication that Dr. Hayden has shown to libraries across the country and obviously, the Library of Congress,“ Espenshade said. „We are really disappointed.“

Quelle: Former Baltimore colleagues react to abrupt firing of Librarian of Congress Carla Hayden, CBS News

Die Enoch Pratt Free Library hat auf ihrer Website ein Statement veröffentlicht, in dem es heißt:

We stand with Dr. Hayden with gratitude, respect, and admiration. 

Quelle: In Support of Dr. Carla Hayden, Enoch Pratt Free Library

EveryLibrary hat eine Petition eingerichtet:

PETITION: Stop Trump’s Attack on the Library of Congress

Hier können auch internationale Unterstützer von Frau Hayden ihre Stimme hinterlassen. Ich habe es getan und kann nur hoffen, dass sich viele aufraffen können, zumindest auf diesem Wege dieser Ungerechtigkeit zu widersprechen und die Demokratie in einem Land zu stärken, dessen Agieren so starke Auswirkungen auf die gesamte Welt und somit auch auf unser Leben hat.

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Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – 1963

You think your pain and your heartbreak are unprecedented in the history of the world, but then you read. It was books that taught me that the things that tormented me most were the very things that connected me with all the people who were alive, who had ever been alive.” — James Baldwin, The Doom and Glory of Knowing Who You Are, Life Magazine, May 24, 1963.

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Warum Bibliotheken & Bibliothekar*innen in Deutschland dem Black History Month mehr Aufmerksamkeit schenken sollten

Mit dem „Black History Month“ feiern Schwarze Menschen im Februar weltweit ihre Geschichte und Kultur. Entstanden ist die Initiative in den USA und Kanada. Aber auch in Deutschland werden mit verschiedenen Veranstaltungen afrodeutsche Geschichte und Persönlichkeiten gefeiert, und es wird auf Rassismus aufmerksam gemacht.

 RBB Kultur

Ja, der Monat Februar ist der Black History Month (BHM). Das Ziel hierzulande ist diesen Monat
als ein Symbol zu sehen für die Auseinandersetzung und Sichtbarmachung mit der Schwarzen Geschichte in Deutschland. Das Aufmerksammachen auf Rassismus erachte ich auch als einen sehr wichtigen Aspekt, dem mehr Bibliotheken Rechnung tragen könnten. Vor beinahe 9 Jahren, im November 2012 schrieb ich den Blogbeitrag mit dem Titel „Aufruf zur Online-Abstimmung zur Förderung der Each One Teach One Bibliothek in Berlin bis 2.12.“. Diese Bibliothek und ihr Verein etablierten sich inzwischen und sind ein wichtiges Schwarzes Community-basiertes Bildungs- und Empowerment-Projekt. Weitere Handlungsfelder und Aufgaben sind Expertisenvermittlung, Literatur- und Kulturvermittlung, schulische und außerschulische Bildung, Jugendarbeit, Antidiskriminierungsberatung und -monitoring, Interessensvertretung, Vernetzung und die internationale Zusammenarbeit Schwarzer Menschen

Vieles, was dieser Blogbeitrag damals beinhaltete, büßte bis heute nichts bzw. nur wenig an seiner Aktualität ein. Die meisten Bibliotheken in Deutschland, die einen öffentlichen Auftrag haben, die Vielfalt deutscher Geschichte nicht nur aus „weißer“ Sicht zu repräsentieren, ignorieren diesen Tag nach wie vor bzw. thematisieren ihn so gut wie gar nicht. Vermutlich verleitet die englischsprachige Bezeichnung „Black History Month“ zu dem Gedanken, dass dieses Gedenken nur etwas mit der afroamerikanischen Geschichte der USA etwas zu tun hat und nichts mit afrodeutscher Geschichte? Die Choreografin Joana Tischkau glaubte am 06.02.21 in Deutschlandfunk Kultur, dass sich dieser Monat nicht 1:1 auf Deutschland übertragen lässt. Ich gebe ihr Recht, aber ich denke ähnlich wie sie, dass…:

„Ich glaube aber, was man übertragen kann, ist der Wunsch und den Willen zu sagen: Man rückt marginalisierte Geschichte in den Fokus – man bewegt sich abseits des gängigen Kanons, der gängigen Erzählung und schaut, was dahinter liegt.“

Bis auf die Stadtbibliothek Heilbronn, die Zentral- und Landesbibliothek Berlin und die Stadtteilbibliothek Berlin-Pankow fiel mir keine weitere öffentliche Bibliothek auf, die diesen Monat zum Anlass nahm, darauf in Form von Leselisten oder Büchertipps zumindest ein wenig darauf einzugehen. Die Stadtbibliothek Heilbronn thematisierte diesen BHM auf ihrer Facebookseite. Hier wird auf die Webseite https://afrokidsgermany.com/ verwiesen, wo Schwarze Kinder, Indigene Kinder und Kinder of Colour in der Kinderliteratur „zelebriert“ werden. Ja sogar das Kulturkaufhaus Dussmann koopiert mit Each One Teach One e.V., ja es gibt sogar einen Podcast von Dussmann zur Thematik, in dem nicht nur die Geschäftsführerin zu Wort kommt, sondern es werden verschiedene Bücher vorgestellt bzw. es finden Gespräche statt. Dussmanns Literaturtipps nehme ich zum Anlass die Liste zu „#Rassismuslesen – Bücher gegen Rassismus: Ein Aufruf zum Mitmachen auf Twitter“ weiter zu ergänzen und interessante Hinweise hinzuzufügen.

Das folgende Zitat wurde auch 2012 hier im Blog verwendet und aus aktuellem Anlass wird es hier erneut wieder angeführt:

“Verlauf und Ergebnisse dieser Auseinandersetzung führten dazu, dass sich der Begriff “Schwarze Deutsche” bis in die Gegenwart hinein für einen großen Teil der Öffentlichkeit als Oxymoron darstellt. Obwohl seit dem 15. Jahrhundert eine schwarze Minderheit in Deutschland lebt, groß genug zu einem “Studienobjekt” der ersten deutschen Rasseforscher zu werden, ist sie nie zu einen akzeptierten oder auch nur wahrgenommenen Teil der Bevölkerung geworden.” Fatima El-Tayeb in ihrem Buch “Schwarze Deutsche: Der Diskurs um Rasse und Nationale Identität (1890-1933)” aus dem Jahr 2001

Zum BHM gab der Bibliotheksleiter von „Each One Teach One“, der Schriftsteller Michael Götting, kürzlich dem RBB ein Interview. Der Buchbestand umfasst mittlerweile 8.000 Bücher. EOTO benannte diesen Monat übrigens in « in »Black OurStory Month« um: “ …um Hetero- und Cis-Normativität sprachlich wie konzeptuell auszuhebeln und den Februar zu einem besonderen Monat für wirklich ALLE Schwarzen afrikanischen und afrodiasporischen Communities zu machen.“

In dem Blogeintrag von 2012 stellte ich folgende Frage und gab anschließend folgende Anregungen:

„Was könn(t)en ganz “normale” Stadt(teil)bibliotheken beispielsweise von Each One Teach One e.V. und dessen Bibliothek lernen?“

„1.) => wie rassistische Schlagwörter und Sprachhandlungen insbesondere gegenüber (Schwarzen Deutschen) in Bibliothekskatalogen und in Bibliotheken als Teil des öffentlichen Raums zukünftig vermieden werden können

2.) => wie Veranstaltungen künftig dieses Thema mit einbeziehen (z.B. durch einen Black History Month) und welche Schwarze AutorInnen eingeladen werden könnten

3.) => wie die Vielfalt einer deutschen Gesellschaft auch im Bestand einer öffentlichen Bibliothek stärker zum Ausdruck kommen könnte, um Schwarze Menschen in alltäglichen Berufen, als WissenschaftlerInnen, ErfinderInnen, politische Persönlichkeiten oder KünstlerInnen zu zeigen

4.) => welche Art von Literatur rassistische Ausdrücke verwendet und Theorien gegenüber Schwarzen Menschen propagiert und somit ausgesondert werden müsste“/sollte/könnte

Der Toolbox-Blog der Freien Universität Berlin (Gender- und Diversity-Kompetenz in der Lehre) verweist auf seiner Seite auf 8 Podcasts über Schwarze Geschichte und Kultur. Am 18.02.2021 gibt es anläßlich des BHM eine Veranstaltung des Staatstheaters Nürnberg, die sich mit dem Thema afrodeutsche Geschichte und Gegenwart auseinandersetzt und über Webex übertragen wird. Der erste Teil der Veranstaltung (Podiumsdiskussion) wird auf YouTube gestreamt. Hierzu gibt es noch kostenfreie Tickets:

„Wir reden über das Theater und seine Rolle in der diversen Stadt, über Stücke und Themen des aktuellen Programms und drängende Themen unserer kulturell vielfältigen Gesellschaft!  Anlässlich des Black History Month sprechen in dieser Online-Ausgabe Vertreterinnen der Black Community Foundation Nürnberg, Tahir Della vom Bundesvorstand der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, sowie die Historikerin, Dichterin und Aktivistin Katharina Oguntoye miteinander über die ebenso vielfältige wie ermutigende Gegenwart und lange Historie Schwarzer Menschen in einem nach wie vor von rassistischen Strukturen und Diskursen geprägten Deutschland. „

Gab es bereits derlei Veranstaltugen, welche Bibliotheken als Kultureinrichtungen mit der Schwarzen Geschichte Deutschlands in Bezug setzten?

Michael Dudley, eine Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln, ging im Artikel „Schwarze Geschichte ist Menschheitsgeschichte“ des Tagesspiegel vom 7. Februar der Frage nach, ob der BHM noch zeitgemäß ist. Sie plädierte unter anderem dafür die Disziplin Black Studies als eigenständigen Studiengang zu etablieren und dafür Black History/Schwarze Geschichte tagtäglich zu lehren, zu lernen und zu leben. Es wäre nach wie vor wünschenswert, wenn sich unterschiedliche Bibliotheken, Hochschulen und Ausbildungsbildungseinrichtungen für (angehende) Bibliothekar*innen/Archivar*innen mehr und intensiver mit dieser Thematik auseinandersetzen würden als das bisher der Fall ist. Das LIBREAS-Projektseminar am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin ist ein Anfang.

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„Die Bibliothek der verbrannten Bücher“ – Open Access zugänglich

Mache ich Werbung für Open Access Bücher. In der Regel nicht. Warum dann diesmal der Hinweis?

Normalerweise bin ich wenig politisch, wenn ich hier im Blog etwas schreibe. Aber im Moment kann ich das nicht sein. Thüringen hatte gerade einen Ministerpräsidenten bekommen, der durch die AFD mitgewählt wurde. Ich bin froh, dass dieser nicht bestehen konnte, sowohl durch politischen Druck von Außen aus den anderen Parteien als auch durch Menschen, die auf die Straße gegangen sind. Habe ich mich ihnen angeschlossen? Nicht auf der Straße, aber innerlich. Ich kann mit großen, lauten Menschenmassen nicht umgehen, kriege da leicht Panik, aber eine Stimme habe ich.

Die Bibliothek der verbrannten Bücher, die Salzmann-Sammlung in der UB Augsburg, ist das traurige Ergebnis einer historischen Entwicklung, wo nicht genug Menschen ihre Stimme erhoben haben. Damals sind Menschen an die Macht gekommen, weil sich nicht genug Menschen laut gewehrt haben. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, ihr hättet lauter sein müssen. Heute ist es anders. Wir haben die Geschichte vor Augen, festgehalten auch in Büchern, in Folgen dessen, was damals passiert ist. Und wenn ich sehe, was momentan passiert, bin ich besorgt. Heute sind Machtspiele der Parteien wichtiger (FDP, CDU), als gemeinsam, eindeutig gegen perfide Spielchen einer Partei aufzutreten, die einen Herrn Höcke zum nächsten Ministerpräsident in Thüringen machen will. Gesunder Pragmatismus zählt nur noch, wenn er vorgespielt wird. Es geht nicht mehr um die Sache, es geht nicht darum, einer erkennbaren Gefahr entgegenzutreten. Sie ist erkennbar, auch wenn man nicht auf die Geschichte zurückblickt, die dazu geführt hat, dass unliebsame Meinungen verbrannt wurden, niedergeschrieben in Büchern, die sich nun in der Bibliothek der verbrannten Bücher wiederfinden.

Von den Politikspielchen der AFD über verbrannte Bücher alias Meinungen (Verbrannte Orte) ist es nicht weit zu verbrannten Ortschaften. Daher Nein zur AFD und Nein zu reinen Machtspielchen der Parteien.

Mehrfach bin ich mit dem Thema Bücherverbrennung in der NS-Zeit hautnah in Erinnerungen konfrontiert worden. Meine erste Arbeitsstelle, damals als studentische Hilfskraft, hatte ich in der Kommode Berlin am Bebelplatz. Damals wurde dort eine Tiefgarage gebaut und die Diskussion um das Denkmal zur Bücherverbrennung brach los. 2009 war ich an der UB Augsburg tätig, als bekannt wurde, dass mit Salzmann der Deal perfekt gemachte wurde und die Bücher kamen. Ich habe diverse Diskussionen mitbekommen und bin heute froh, dass die Sammlung von Herrn Salzmann einen würdigen Rahmen und ein stimmiges Nutzungskonzept erhalten hat.

Wer mehr über die Sammlung, ihre Bedeutung und Nutzung wissen möchte, kann sich in dem nun frei zugänglichen Werk informieren:
Die Bibliothek der verbrannten Bücher: die Sammlung von Georg P. Salzmann in der Universitätsbibliothek Augsburg, hrsg. von Andrea Voß, Gerhard Stumpf, Ulrich Hohoff. – München, Allitera. – 2019, URN: urn:nbn:de:bvb:384-opus4-496343

Quelle:
„Die Bibliothek der verbrannten Bücher“: Das Buch zur Sammlung ist nun online frei zugänglich, Universität Augsburg

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Sessionvorschläge Tag 1, 11. Bibcamp 2018, Hamburg, 13.07.2018

11. BibCamp in Hamburg, 13.-14.07.2018, #bib11 – Meine Eindrücke, meine Meinung (aktualisiert 31.07.2018)

Bildimpressionen

Meine Eindrücke

Es ist schon wieder eine Woche her, seit das 11. BibCamp in Hamburg startete. Vom 13.- 14.07. gab es einen toller Austausch mit allen Beteiligten. Neben ein paar alten Hasen gab es viele neue Gesichter und das Alter der Teilnehmenden lag geschätzt zwischen neun Monaten und über 60 Jahre. Teilnehmende waren Studierende, FaMIs, BibliothekarInnen, FachreferentInnen, Arbeitende in OPLs, Öffentliche Bibliotheken, Wissenschaftlichen Bibliotheken, Spezialbibliotheken, Mediotheken, Archiven bis hin zu Schulbibliotheken.

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