Ein Aprilscherz, eine Buchhandlung und eine E-Mail-Konversation
Der Aprilscherz dieses Blogs scheint dieses Jahr wirklich gut bei unserer Leserschaft angekommen zu sein. Vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen. „Komisch“ ist nur, wenn man seinen Text unlizensiert und ohne Erlaubnis plötzlich auf einer kommerziellen Seite wiederfindet. Liebenswürdig wie ich bin, habe ich einfach ein paar nette Zeilen per Mail hingeschickt, da das Kommentieren nicht möglich ist.
Hier mein E-Mail-Text, den ich gestern abgesandt habe:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich muss zugeben, dass ich etwas irritiert reagiere, da Sie meinen Aprilscherz offensichtlich für bare Münze genommen haben und ihn fast unverändert auf Ihre kommerzielle Seite übernommen haben, ohne vorher nachzufragen.
Ich möchte Sie bitten, diesen Text wenigstens als Aprilscherz zu kennzeichnen, da der Inhalt reine Erfindung ist und nicht wirklich meiner persönlichen Meinung entspricht und die Stadtbibliothek Egeln sowie die Stadt Egeln auch keinerlei solche Pläne hegen.
Mit freundlichen Grüßen
…“
Hm, vermutlich hätte ich nicht so deutliche von „Kunden“ sprechen sollen …
Es gab heute 11:22 Uhr darauf eine Antwort, die ich hier nicht komplett wörtlich wiedergeben möchte und die ich daher mal kurz zusammenfasse:
Der Antwortende Herr N. geht davon aus, dass die Erwähnung des 1.4. ausreicht, um deutlich zu machen, dass es sich bei dem Beitrag um einen Aprilscherz handle, die Idee dazu aber diskussionwürdig sei und man ihr trotz der Tatsache, dass es sich bei den Inhalten um Fiktion handelt, ein Forum verschaffen wolle, indem man hoffe, dass auch „Heide-Kunden ihrer eigenen Homepage“ sich zu den dort angestoßenen Themen äußern. (Allerdings fragwürdig, da es keine Kommentarfunktion auf der Seite gibt. Falls Sie eine entdecken, informieren Sie mich bitte.)
Die Behauptung, es handle sich bei ihrer Homepage um eine „kommerzielle Seite“ hätte sie zum Schmunzeln gebracht, da ich den Alltag einer kleineren Sortimentsbuchhandlung nicht kenne. (Der Warenkorb des Online-Stores befindet sich auf gleicher Höhe wie die Überschrift des Artikels.)
Dreist finde ich allerdings diese Aussage, die ich dann doch mal im O-Ton des Inhabers dieser Buchhandlung zitieren möchte:
Nebenbei finde ich nicht, dass wir bei Ihnen nachfragen hätten müssen, wenn Sie einen Artikel ins Netz stellen. Zudem haben wir ja die Quelle eindeutig benannt!
In Bezug auf die Bitte einer Kennzeichnung des Textes als Aprilscherz wurde ich darauf hingewiesen, dass ich doch die Börsenblatt-Redaktion dann auch zu einem Dementi auffordern sollte, denn von dort stamme die „Information“ zu meinem Text. Man werde den Beitrag ändern.
Hier dann noch eine Bemerkung im Zitat, weil ich die ebenfalls wohl mit Humor nehmen sollte:
Nach dem Lesen Ihres gestrigen Schreibens vermisse ich ein bisschen den Humor – bei einem selbst auf den Weg gebrachten „Aprilscherz“ sollte man sich ansonsten vielleicht doch vorher Gedanken über die Tragweite machen.
Daraufhin habe ich mir dann doch die Mühe gemacht, zeitnah vom Smartphone aus zu antworten:
Sehr geehrter Herr N…,
vielen Dank für Ihre Antwort. Eine einfache Vorabanfrage hätte genügt und dieser E-Mail-Verkehr wäre gar nicht notwendig geworden.
Ich habe mich aus zwei Gründen an Sie gewendet mit meiner Mail.
Ich bin darauf angesprochen worden, ob ich das tatsächlich ernst meine, schließlich sei nicht alles, was am 1.4. geschrieben wird, als Scherz gemeint. Es geht mir also auf der einen Seite darum, Missverständnisse zu vermeiden durch eine deutlichere Kennzeichnung als Aprilscherz. Ein Dementi ist dann doch etwas anderes.
Im Blog selbst ist der Artikel als Aprilscherz gekennzeichnet. Einige der ausgewählten Links und das hinterlegte Dokument zum Standard unterstützen dies, welche aber in Ihrer bearbeiteten Version fehlen.
Ihrer Intention, auf diese diskussionwürdigen Inhalte hinzuweisen ist nett und vielen Dank dafür, aber in der durchgeführten Art und Weise ist dies urheberrechtlich gesehen schon mehr als grenzwertig. Ich habe im Grunde nichts gegen eine Verbreitung. Wie meine Mitautoren und ich dazu stehen, kann man im Impressum von Bibliothekarisch.de nachlesen.
Bei einer ganzen Reihe von Beiträgen können diese sogar vollständig übernommen werden, ganz entsprechend der CC-Lizenz am Ende des Beitrags, sofern wir eine solche vergeben haben. In diesem Fall gibt es keine freie Lizenz. Damit gelten die urheberrechtlichen Bestimmungen, was z.B. den Umfang des Textes und seiner Verbreitung durch Dritte angeht.
Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt (oder einen Teil davon) über die Seite Ihrer Buchhandlung, in der Sie die Bücher sicherlich nicht verleihen oder verschenken. Damit sehe ich schon einen kommerziellen Hintergrund als gegeben an.
Sie können gerne auch zukünftig im Rahmen des Urheberrechts oder vergebenen freien
Lizenzen Inhalte des Blogs verwenden. Wenn Sie größere Teile eines nicht lizensierten Textes verwenden möchten, reicht i.d.R. eine Anfrage per E-Mail, die wir zeitnah zu beantworten versuchen, zumal wir uns eigentlich über ein solches Interesse freuen.Mit freundlichen Grüßen
…P.S.
Mir ist nicht bekannt, dass die Redaktion des Börsenblattes den Text veröffentlicht hat. Wenn dies der Fall sein sollte, wäre ich über einen Link oder eine entsprechende Seitenangabe dankbar, um ggf. auch dort drauf reagieren zu können.
Auch darauf gab es 14.44 Uhr eine Antwort. Weitergeleitet wurde mir der Newsletter des Börsenvereins vom 01.04.2015.
So findet sich ein Hinweis im Newsletter, nicht jedoch der fast vollständige Text:
DIGITALISIERUNG & E-BOOKS & STARTUPS
Stadtbibliothek in Egeln: Neues Gütesiegel „No Digital“
blog.bibliothekarisch.deAußerdem: Die Digitalisierung und ihre Konsequenzen: Fünf neue Denkanstöße
t3n.de
Vielen Dank an die Redaktion für die Nennung, vor allem in einem so passenden Zusammenhang. Dazu gab es dann noch eine nette Bemerkung seitens der Buchhandlung, weshalb ich diese Diskussion jetzt doch hierher verlagert habe, um darüber auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen disktutieren zu können.
Sie nehmen es mir sicher nicht über [sic!], wenn ich jetzt nicht weiter mit Ihnen über das Netz Meinungen austausche, mein Team macht das lieber hier persönlich im Laden.
Was sollte die Konsequenz für mich aus dieser Diskussion sein? Soll ich zukünftig nicht mehr das Gespräch suchen, wenn es darum geht, meine Urheberrechte zu wahren und gleich meinen Anwalt ein Schreiben aufsetzen lassen? Damit ersparte ich mir sicherlich dreiste Antworten und mache meinem Gegenüber deutlich, dass er sich falsch verhalten hat. Oder soll ich das einfach hinnehmen und mir Ärger ersparen? Ist es der richtige Weg, das jetzt in dieser Form hier im Blog zu thematisieren? Es ist nicht das erste Mal, dass mir das passiert und immer waren es Leute aus der Buchbranche, die sich eigentlich mit diesem Thema irgendwo auch beschäftigen sollten, selbst dann, wenn es nur am Rande ihre tägliche Arbeit betrifft. War ich zu direkt und habe die Antwort provoziert oder war ich nicht direkt genug, so dass sich der Antwortende dachte, er könne mich damit ruhig bekommen?
Ich bin zugegebenermaßen ratlos.
Das Geschäft ist geschlossen, neun Stunden seit der Zusage der Kennzeichnung vergangen, aber der Beitrag steht auf den ersten Blick unverändert auf der Seite der Buchhandlung. Nach ein wenig Herumprobieren habe ich herausgefunden, dass man mit Klick auf das Bild das bei Google-Drive hochgeladene PDF mit der Auflösung öffnen kann. Da ich nicht vorher auf das Bild geklickt habe, kann ich nicht sagen, ob diese Verlinkung als „Kennzeichnung“ nachträglich vorgenommen worden ist. Reicht mir das, um den Artikel als Aprilscherz gekennzeichnet anzusehen? Ist es den Aufwand wert, diesen netten Herren nochmal anzuschreiben? Ehrlich gesagt, beides Mal nein.
P.S. Vielleicht liebe Osnabrücker, wenn Sie in der Heide-Buchhandlung einkaufen, suchen Sie mal das Gespräch mit dem Team und seinem überaus freundlichen Inhaber, um dort eine Diskussion über Urheberrechtsverletzungen in einer digitalen Welt zu führen und über die Tatsache zu sprechen, wie man damit umgeht. Kaufen Sie bitte genügend Bücher dort. So kann man dann sicherlich mal ein Teammitglied für zwei Stunden abstellen, damit dieses sich zum Thema Urheberrecht schlau macht.