Eine schöne Grafik. Leider beobachte ich seit Jahren ein immer weiteres Auseinanderklaffen der Leitbilder und Visionen einerseits und dem Alltag an (den mir bekannten) deutschen Klein- und Großstadtbibliothek andererseits. Die Visionen sind interessant (wenn auch alt), doch so lange ein nennenswerter Teil der Branche noch aus eher engstirnigen, konservativ im Hierarchie- und Beamtendenken verhafteten Büchersammlern besteht, welche sich nur mäßig bis nicht für das Thema Netzkultur in Gegenwart und Zukunft interessieren, wird es schwierig.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze eine solide physische Bibliothek und bin durchaus nicht ausschließlich Technologie- oder Zukunftsfixiert. Konzeptlose Leitungen die auf Teufel komm raus “modern” sein wollen und die, ohne sich für Hintergründe und Zusammenhänge zu interessieren, Gelder aus dem Fenster werfen um auf Zuge aufzuspringen die längst abgefahren sind, oder wahlweise um Strohfeuer zu befeuern die man für Leuchttürme hält, sind genauso schlimm.
Ich stelle leider fest, dass ich mehr und mehr den Glauben daran verliere, dass die deutsche Bibliotheksszene den Sprung in die digitale Zeit noch zeitlich schafft.
Mir fehlt in der Praxis deutscher Bibliotheken echte, professionelle, auf allen Ebenen gelebte Innovation und vor allem Kundeneinbindung bei der Konzeption.
Aus Köln hört man ja gute Ansätze, die sollte ich wohl mal besuchen, vielleicht fasse ich dort ja wieder Hoffnung.
Die Ernüchterung teilen wohl einige und nicht nur junge, motivierte Kollegen -gelernte FAMIS, aus den Fachhochschulen und von den Unis. Um so wichtiger sind Hinweise wie diese und das Wissen, man ist nicht allein. Köln ist sicherlich eine Reise wert und auch Zeit, sich die Bibliothek in Ruhe anzusehen.
Man kann auch selbst aktiv werden, unabhängig von festen Einrichtungen mit ihren Hierarchien. Einige Städte haben Stammtische von BibliothekarInnen, z.B. Hannover oder Hamburg, wo man sich austauscht und auch Lösungen finden kann. Vereine wie die Zukunftswerkstatt oder auch der LIBREAS e.V. und Projekte wie OpenBiblio mit OpenBiblioJobs machen mir Mut. Ansonsten gilt: Man muss sich Verbündete in der eigenen Bibliothek suchen, Dinge möglichst konstruktiv angehen und behaarlich weiterbohren. Und manchmal sind die stillen Kollegen die besseren Verbündeten, nur so aus Erfahrung.
Danke Wolfgang für diese Infografik. Ohne Visionen, wo es hingehen könnte, hat man schließlich kein Ziel, um das es sich zu kämpfen lohnt.
Hallo Frau Friedhelm, danke für Ihre Rückmeldung. So wie es in Deutschland und auch im Bundesland Bayern selbst einen Süd-Nord Kluft zwischen wirtschaftsstarken und strukturschwachen Gegenden gibt, wirkt sich das auch auf öffentliche Bibliotheken aus. Viele Kommunen, wie z.B. in Hessen, mussten unter den kommunalen Rettungsschirm allen voran die Stadt Kassel, in der vor kurzem beschlossen wurde zwei Stadtteilbibliotheken zu schließen. Auf dem diesjährigen Bibliothekartag waren mindestens 2 kleinere hessische Kommunalbibliotheken vertreten, die trotz Einsparmaßnahmen interessante und wertvolle Arbeit leisten und Best Practice-Aktionen vorstellten. Also ist es auch personenabhängig, wer eine solche Einrichtung leitet. Auch in NRW sieht es in vielen Regionen nicht sehr gut aus. Hinzu kommen die von Ihnen genannten Argumente. Gerade in den eben genannten Bundesländern müssten BibliothekarInnen noch engagierter und politisierter für ein Bibliotheksgesetz und für den Mehrwert von Stadtbibliotheken eintreten. Die relativ wohlhabende Stadt Traunreut in Oberbayern hat vor kurzem ihre kommunale Bibliothek in eine leerstehende ehemalige Schlecker-Filiale ausgelagert. Sehr viele Bücher wurden verscherbelt und fast zum Nulltarif vergeben, da der Platz nun extrem knapp wurde. Die Mitarbeiter befürchten nun, dass es bei diesem neuen Ort für die Bibliothek bleibt. Auch in Bayern müsste es endlich ein Bibliotheksgesetz geben. Wie haben sich die Parteien positioniert? Was sagen die Landtags- und Bundestagsabgeordneten zur Bibliotheksförderung? Letztlich sind wir alle (auf-)gefordert im Kleinen unsere politischen Vertreter anzuschreiben. Die “Kunden” könnten sich auch so verhalten wie “Kunden” und Service- und Dienstleistungen einfordern und sich für Ihre Einrichtung stark machen. Doch manchmal verhalten diese sich so, aber die Bibliothekare argumentieren dann, dass dies oder jenes, was sich der Kunde wünscht nicht möglich ist in die Realität umzusetzen. Ein Dialog, bei dem alle (Bürger unterschiedlichen Alters, Herkunft, Geschlechts, Mitbürger allen voran mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Politiker und Neubürger) ins Boot geholt werden, wäre wünschenswert, wenn es künftig irgendwo eine Onleihe geben soll, um Flops oder späte Aufnahmen von Trends zu vermeiden. Freundeskreise bzw. Vereine zur Förderung der Bibliothek könnten ihre Beiträge hierzu leisten. Ich denke, die sogenannten “Stakeholder” müssten mehr mitgenommen werden bei Entscheidungen, die Trends und Erneuerungen betreffen. @Dörte Ich denke auch, das Visionen von großer Bedeutung sind, um zukünftig in der Aufmerksamkeitsökonomie überhaupt noch als relevant wahrgenommen zu werden. Auswahlgespräche, wie ich sie an der Hochschule für angehende Bibliothekare in Frankreich erlebte, die unabhängig vom Abitur- bzw. Studienabschlussnote (bei Masterstudenten) stattfinden, könnten frühzeitig die Weichen stellen, eine neue Generation herauszubilden, die wie sie Prof. (Dr.) Becker im folgenden Video forderte: http://www.youtube.com/watch?v=0oicEKQkMdg Ansonsten wird es weitestgehend dabei bleiben, dass es keine echte Vielfalt von Introvertierten, Extrovertierten, Lesefreudigen, Frauen/Männer, Quereinsteiger ohne Abi (Studieren geht ja in vielen Bundesländern auch ohne Abi), Abbrechern aus anderen Studiengängen und Ausbildungen, Leuten mit sog. Zuwanderungshintergrund unter den Bibliothekaren geben wird, außer der Zufall sorgt dafür, was nicht zwingend eintreten muss… Diese Vielfalt findet sich in der Realität vielleicht in Hochschul- bzw. Großstadtbibliotheken wieder, aber eher seltener in kommunalen Bibliotheken.
Eine schöne Grafik. Leider beobachte ich seit Jahren ein immer weiteres Auseinanderklaffen der Leitbilder und Visionen einerseits und dem Alltag an (den mir bekannten) deutschen Klein- und Großstadtbibliothek andererseits. Die Visionen sind interessant (wenn auch alt), doch so lange ein nennenswerter Teil der Branche noch aus eher engstirnigen, konservativ im Hierarchie- und Beamtendenken verhafteten Büchersammlern besteht, welche sich nur mäßig bis nicht für das Thema Netzkultur in Gegenwart und Zukunft interessieren, wird es schwierig.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze eine solide physische Bibliothek und bin durchaus nicht ausschließlich Technologie- oder Zukunftsfixiert. Konzeptlose Leitungen die auf Teufel komm raus “modern” sein wollen und die, ohne sich für Hintergründe und Zusammenhänge zu interessieren, Gelder aus dem Fenster werfen um auf Zuge aufzuspringen die längst abgefahren sind, oder wahlweise um Strohfeuer zu befeuern die man für Leuchttürme hält, sind genauso schlimm.
Ich stelle leider fest, dass ich mehr und mehr den Glauben daran verliere, dass die deutsche Bibliotheksszene den Sprung in die digitale Zeit noch zeitlich schafft.
Mir fehlt in der Praxis deutscher Bibliotheken echte, professionelle, auf allen Ebenen gelebte Innovation und vor allem Kundeneinbindung bei der Konzeption.
Aus Köln hört man ja gute Ansätze, die sollte ich wohl mal besuchen, vielleicht fasse ich dort ja wieder Hoffnung.
Die Ernüchterung teilen wohl einige und nicht nur junge, motivierte Kollegen -gelernte FAMIS, aus den Fachhochschulen und von den Unis. Um so wichtiger sind Hinweise wie diese und das Wissen, man ist nicht allein. Köln ist sicherlich eine Reise wert und auch Zeit, sich die Bibliothek in Ruhe anzusehen.
Man kann auch selbst aktiv werden, unabhängig von festen Einrichtungen mit ihren Hierarchien. Einige Städte haben Stammtische von BibliothekarInnen, z.B. Hannover oder Hamburg, wo man sich austauscht und auch Lösungen finden kann. Vereine wie die Zukunftswerkstatt oder auch der LIBREAS e.V. und Projekte wie OpenBiblio mit OpenBiblioJobs machen mir Mut. Ansonsten gilt: Man muss sich Verbündete in der eigenen Bibliothek suchen, Dinge möglichst konstruktiv angehen und behaarlich weiterbohren. Und manchmal sind die stillen Kollegen die besseren Verbündeten, nur so aus Erfahrung.
Danke Wolfgang für diese Infografik. Ohne Visionen, wo es hingehen könnte, hat man schließlich kein Ziel, um das es sich zu kämpfen lohnt.
Hallo Frau Friedhelm, danke für Ihre Rückmeldung. So wie es in Deutschland und auch im Bundesland Bayern selbst einen Süd-Nord Kluft zwischen wirtschaftsstarken und strukturschwachen Gegenden gibt, wirkt sich das auch auf öffentliche Bibliotheken aus. Viele Kommunen, wie z.B. in Hessen, mussten unter den kommunalen Rettungsschirm allen voran die Stadt Kassel, in der vor kurzem beschlossen wurde zwei Stadtteilbibliotheken zu schließen. Auf dem diesjährigen Bibliothekartag waren mindestens 2 kleinere hessische Kommunalbibliotheken vertreten, die trotz Einsparmaßnahmen interessante und wertvolle Arbeit leisten und Best Practice-Aktionen vorstellten. Also ist es auch personenabhängig, wer eine solche Einrichtung leitet. Auch in NRW sieht es in vielen Regionen nicht sehr gut aus. Hinzu kommen die von Ihnen genannten Argumente. Gerade in den eben genannten Bundesländern müssten BibliothekarInnen noch engagierter und politisierter für ein Bibliotheksgesetz und für den Mehrwert von Stadtbibliotheken eintreten. Die relativ wohlhabende Stadt Traunreut in Oberbayern hat vor kurzem ihre kommunale Bibliothek in eine leerstehende ehemalige Schlecker-Filiale ausgelagert. Sehr viele Bücher wurden verscherbelt und fast zum Nulltarif vergeben, da der Platz nun extrem knapp wurde. Die Mitarbeiter befürchten nun, dass es bei diesem neuen Ort für die Bibliothek bleibt. Auch in Bayern müsste es endlich ein Bibliotheksgesetz geben. Wie haben sich die Parteien positioniert? Was sagen die Landtags- und Bundestagsabgeordneten zur Bibliotheksförderung? Letztlich sind wir alle (auf-)gefordert im Kleinen unsere politischen Vertreter anzuschreiben. Die “Kunden” könnten sich auch so verhalten wie “Kunden” und Service- und Dienstleistungen einfordern und sich für Ihre Einrichtung stark machen. Doch manchmal verhalten diese sich so, aber die Bibliothekare argumentieren dann, dass dies oder jenes, was sich der Kunde wünscht nicht möglich ist in die Realität umzusetzen. Ein Dialog, bei dem alle (Bürger unterschiedlichen Alters, Herkunft, Geschlechts, Mitbürger allen voran mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Politiker und Neubürger) ins Boot geholt werden, wäre wünschenswert, wenn es künftig irgendwo eine Onleihe geben soll, um Flops oder späte Aufnahmen von Trends zu vermeiden. Freundeskreise bzw. Vereine zur Förderung der Bibliothek könnten ihre Beiträge hierzu leisten. Ich denke, die sogenannten “Stakeholder” müssten mehr mitgenommen werden bei Entscheidungen, die Trends und Erneuerungen betreffen. @Dörte Ich denke auch, das Visionen von großer Bedeutung sind, um zukünftig in der Aufmerksamkeitsökonomie überhaupt noch als relevant wahrgenommen zu werden. Auswahlgespräche, wie ich sie an der Hochschule für angehende Bibliothekare in Frankreich erlebte, die unabhängig vom Abitur- bzw. Studienabschlussnote (bei Masterstudenten) stattfinden, könnten frühzeitig die Weichen stellen, eine neue Generation herauszubilden, die wie sie Prof. (Dr.) Becker im folgenden Video forderte: http://www.youtube.com/watch?v=0oicEKQkMdg Ansonsten wird es weitestgehend dabei bleiben, dass es keine echte Vielfalt von Introvertierten, Extrovertierten, Lesefreudigen, Frauen/Männer, Quereinsteiger ohne Abi (Studieren geht ja in vielen Bundesländern auch ohne Abi), Abbrechern aus anderen Studiengängen und Ausbildungen, Leuten mit sog. Zuwanderungshintergrund unter den Bibliothekaren geben wird, außer der Zufall sorgt dafür, was nicht zwingend eintreten muss… Diese Vielfalt findet sich in der Realität vielleicht in Hochschul- bzw. Großstadtbibliotheken wieder, aber eher seltener in kommunalen Bibliotheken.