Aus aktuellem Anlass: Was das "Sabbath Manifesto" und der heutige "National Day of Unplugging" mit "uns" zu tun haben könnten

„Way back when, God said, “On the seventh day thou shalt rest. The meaning behind it was simple: Take a break. Call a timeout. Find some balance. Recharge. Somewhere along the line, however, this mantra for living faded from modern consciousness. The idea of unplugging every seventh day now feels tragically close to impossible. Who has time to take time off? We need eight days a week to get tasks accomplished, not six. The idea is to take time off, deadlines and paperwork be damned.[…] In the Manifesto, we’ve adapted our ancestors’ rituals by carving out one day per week to unwind, unplug, relax, reflect, get outdoors, and get with loved ones. The ten principles are to be observed one day per week, from sunset to sunset. We invite you to practice, challenge and/or help shape what we’re creating.“

Roboot

Mit dem Sonnenuntergang beginnt heute der jüdische Sabbath. Die Uhrzeiten des Beginns des Sonnenuntergangs sind geographisch sehr unterschiedlich und aus diesem Grunde habe ich mich für 18:10 Uhr als einen „Mittelwert“ entschieden.  Dabei geht es gar nicht um das genaue Einhalten des Sabbath, denn dieser „National Day on Unplugging“ wurde zwar von einer Gruppe jüdischer Künstler, Schriftsteller, Filmemacher und  Vertretern aus Medienberufen ins Leben gerufen, um einen wöchentlichen Tag der Ruhe zu initiieren. Dahinter steckt kein religiöser Missionierungseifer. Das „Sabbath Manifesto“ steht in der gleichen Tradition mit anderen Bewegungen wie der „Slow Movement“ – Bewegung, dem „Slow Food“ und dem „Slow living“.  Mittlerweile hat dieses Manifesto eine breite Bewegung von Menschen unterschiedlicher Überzeugungen auf der ganzen Welt erfasst. Sicherlich ist diese Bewegung erst am Anfang und noch nicht so weit, dass sie im Vergleich zu anderen vergangenen Bewegungen eine stärkere Verbreitung erfährt . Die 10 Prinzipien des „Sabbath Manifesto“ lauten:

1. Avoid Technology
2. Connect With Loved Ones
3. Nurture Your Health
4. Get Outside
5. Avoid Commerce
6. Light Candles
7. Drink Wine
8. Eat Bread
9. Find Silence
10. Give Back

Ziel ist es an einem Tag in der Woche die Zeit mit der Familie, den Freunden oder mit dem Barkeeper zu verbringen. Der „National Day of Unplugging“ ist Teil des „Sabbath Manifesto“ und will erreichen, dass die Menschen, die tagtäglich mit Computern, Smartphones, Laptops und elektronischen Geräten im Allgemeinen zu tun haben, wenigestens einen Tag in der Woche „den Stecker herausziehen“. Für alle diejenigen, die „brav“ die Gebote einhalten und ihren religiösen Überzeugungen nachgehen mag dies sicherlich der Sonntag oder der Freitag oder welcher Tag auch immer sein, aber wieviele von UNS (seien wir ehrlich) nutzen denn – sagen wir mal den Sonntag –  und halten sich an gewissen Prinzipien, die der Entschleunigung und der Abstinenz  von Geräten dienen?

Bereits 1983 beschrieb Sten Nadolny in seinem Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ die Schwierigkeiten eines Kapitäns und Polarforschers mit der schnelllebigen Zeit Schritt zu halten. Bereits vor 28 Jahren war dies zwar literarisch ein Thema, aber wo stehen „Wir“ heute?  1990 hatte der mittlerweile emeritierte österreichische Professor Peter Heintel von  der Universität Klagenfurt den Verein zur Verzögerung der Zeit gegründet, der etwa 1.000 Mitglieder hat, die sich zum „Innehalten, zum selbst auffordern nachzudenken verpflichten, wo blinder Aktivismus und partikulares Interesse nur Scheinlösungen produziert“. Das an der Universität Klagenfurt angesiedelte Institut befasst sicht mit der Interventionsforschung und der kulturellen Nachhaltigkeit. Dort wird unter anderem danach geforscht, was Gesellschaften daran hindert nachhaltig zu leben. Was könnte hierbei die kulturelle Nachhaltigkeit in Bezug auf die Bibliotheksarbeit leisten? Wäre die Förderung von Entschleunigung, des Angebots der Ruhe und der Kontemplation nicht eine Aufgabe von Bibliotheken?  Wieviel gestreßte NutzerInnen und BibliothekarInnen sind täglich mit einer hohen Geschwindigkeit konfrontiert und finden keine Ruhe im Hier und Jetzt, so dass es womöglich noch zu unfreundlichen und hektischen Reaktionen gegenüber dem Bibliothekspersonal kommt? Wieviele BibliothekarInnen werden bei der Retrokatalogisierung wöchentlich nicht nur qualitativ erfasst, sondern müssen immer bessere „Zahlenergebnisse“  abliefern, um ihren Job behalten zu können und sind damit einem täglichen  Druck ausgesetzt?  Ich denke öffentliche Bibliotheken, als auch bestimmte Bereiche in wissenschaftlichen Bibliotheken sollten sich nicht nur gegenseitig darin überbieten kostenlose oder günstige Surfzeiten für NutzerInnen anzubieten, sondern einige Prinzipien des „Sabbath Manifesto“ wie etwa „Avoid Technology“, „Find Silence“, „Connect With Loved Ones“ oder „Avoid Commerce“ zumindest einmal in  der Woche zu fördern und zu unterstützen.

“There’s clearly a social problem when we’re interacting more with digital interfaces than our fellow human beings. Rich, engaging conversations are harder to come by than they were a few years ago. As we voyage deeper into the digital world, our attention spans are silently evaporating. Unplugging on a weekly basis won’t provide a magical solution to these issues, but it’s a start. Adding a modern Sabbath will ideally reward with the same riches this ritual has provided for centuries – a chance to catch our breaths, replenish our souls and reconnect with the living, breathing people we love.”
Dan Rollman