Unglaubwürdige Gründe für die Preisgestaltung bei E-Books

Woran merkt man, dass es kurz vor der Frankfurter Buchmesse ist? E-Books werden zu einem beliebten Gesprächsthema. Es wird in den verschiedensten Kanälen der Presse über E-Books gesprochen und immer wieder merkt man die erfolgreiche Lobby- und Meinungsarbeit des Börsenvereins dabei.

Verkrampft versucht der Börsenverein ein gutes Bild aufzubauen, sowohl für Print-Bücher als auch für E-Books. Dies zeigt zum Beispiel folgende Meldung:
„Verlage und Buchhandel sehen E-Books nicht als Konkurrenz“. Da muss man fast sagen, ein Ergebnis, das in seiner Aussage gar nicht anders hätte ausfallen dürfen/können. Hätte man Kannibalismus erwartet, so wäre dies für die Umsetzung und Durchsetzung des E-Books auf Seiten der Verlage eher hinderlich gewesen, da die Verleger stark an ihren Print-Geschäftsmodellen hängen. Die Ergebnisse der Umfrage des Börsenvereins zur Bedeutung von Optik und Haptik bei gedruckten Büchern und E-Books, an der 785 Verlage und Buchhandlungen teilgenommen haben, dürften nicht groß überraschen, wobei sicherlich interessanter wäre, zu sehen wie die Verlage geantwortet haben und wie die Buchhandlungen. Ich vermute, da gehen die Meinungen schon gut auseinander, gerade bei Lehrbuchverlagen. Ob Eigenschaften wie „wertige, schöne und ansprechende“ Print-Bücher gegenüber „trendy, modernen und praktischen“ E-Books überzeugend genug für den Endverbraucher sind? Dies klingt nach wunderbarer Werbesprache, aber nicht nach Argumenten für und wider das eine oder andere Medium.

Als praktisch wird daneben auch das gedruckte Buch wahrgenommen – wenngleich wohl aus anderen Gründen als das E-Book. Ein hohes Ansehen weisen beide Formate auf: Ein gedrucktes Buch halten 46 Prozent der Befragten für prestigeträchtig, beim E-Book sind es immerhin 38 Prozent.

So mögen zwar derzeit drei Millionen Deutsche mit dem Gedanken spielen, sich ein E-Book möglichst noch dieses Jahr zuzulegen, aber bei den bestehenden Preisen werden sie sich das noch ein wenig intensiver bedenken. Anders sehen die Ergebnisse der PricewaterhouseCoopers-Studie aus, die davon ausgeht, dass in Deutschland bis 2015 gerade rund 2,5 Millionen spezialisierte E-Reader verkauft werden. Doch dazu müssen die Geräte auch entsprechende Funktionen wie einen Internetzugang und eine direkte Shopanbindung besitzen und vor allem billiger werden. Die Studie schätzt auch, dass bislang 50.000 bis 80.000 Kunden einen E-Reader besitzen.

E-Reader und Bücher

E-Reader und Bücher, von Jandro S., CC BY 2.0

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Wieviel Nebenbei braucht ein E-Book?

Das Buch ist ein Buch und bietet Informationen. Das E-Book ist ein elektronisches Buch und es bietet Informationen. Das ist momentan der Stand des E-Books, oder? Es ist meist genauso schwarz-weiß wie ein normales Buch, zumal wenn es für die bestehenden E-Book-Reader konzipiert wurde und für wissenschaftliche Belange oder Kinder kein buntes Material hinzugefügt werden musste.

Okay, dann kann ich auch das normale Buch kaufen, wenn ich auf eine Suchfunktion nicht angewiesen bin, oder?

In ihrem Kommentar stellt Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel zum E-Book-Roman nun folgende Behauptung auf:

„Multimediales Zusatzmaterial wird ein Grund sein, sich einen Roman als E-Book zuzulegen.“

Tatsächlich? Werden wir eine weitere Unterteilung der Bücher finden vom Trabbi bis zum Ferrari? Wird die Entwicklung so verlaufen, Ausgabenvielfalt statt Themenvielfalt? Momentan übertragen die meisten Verlage ihre Bücher doch eins zu eins ins Digitale und noch wird darüber gestritten, ob man das überhaupt tun sollte. Genau diesen Eindruck gewinne ich immer wieder bei den Diskussionen Print versus Elektronisch, besonders wenn es um die Argumente rund ums Urheberrecht geht.

Frau Schüssel sieht nun einige Verlage, die mittlerweile anders an die E-Book-Produktion herangehen und in das Zentrum ihrer Betrachtungen die Frage stellen, was einen echten Mehrwert für den Nutzer bietet. Hier an dieser Stelle verlässt sie dann jedoch ihre Argumentation für den Roman und wechselt eher in den Bereich der wissenschafts- und lernbezogenen Bücher, für die ein vorlesender Fremdsprachentrainer, ein interaktives Quiz bestimmt tolle Ergänzungen sind. Doch wie will man solche Mehrwerte bei Romanen schaffen? Ist das Zögern der Belletristikverlage nicht auch nur ein Zeichen für eine gewisse Ideenlosigkeit? Wie wäre es mit einem längeren Trailer für ein „Buch zum Film“, dreidimensionale Karten für Fantasy-Reiseromane und tolle Darstellungen der Charaktere?
Eine Frage hat die Verlage natürlich auch beschäftigt?

Braucht man Videos, wenn der Text doch das „Kino im Kopf“ in Betrieb setzt?

An dieser Stelle muss man sein Zielpublikum genauer definieren als früher: Leser, die lieber Filme schauen würden, als den Roman zu lesen; Leser, die einen geschichtlichen Hintergrund genauer beleuchtet wissen möchten; Leser, die interaktiv den Erzählstrang beeinflussen wollen… Für einen Teil der Leser kann also ein Video, also Zusatzmaterial ein Grund sein, sich den Roman elektronisch zuzulegen. Ein gedrucktes Buch kann hier sicherlich nicht mithalten. Auf dieses Publikum zielen wohl die großen Verlage wie Bastei Lübbe und Rowohlt. Vorbilder sind wie immer in den USA zu finden, wo bereits heute angereicherte E-Books zu einem teureren Preis verkauft werden als Hardcover-Romane. Ich finde diese Idee unbefriedigend. Einfach nur etwas dazu packen kann jeder. Ich pack meine Texte auch online. Würde ich sie nicht mit Links versehen, mit Filmen verknüpfen, sie über viele Kanäle verteilen, könnte ich mich auch mit Freunden zusammensetzen und darüber diskutieren (was hier im Blog schriftlich ja jederzeit möglich ist) oder in meinem Kämmerchen auf ein Stück Papier schreiben… E-Books sollten das digitale Medium nutzen, Passagen vielleicht mit der passenden Musik untermalen, interaktive Erzählstränge ermöglichen, Methoden der Spieleführung einsetzen, Buchillustrationen mit animierten Szenen zeigen oder eine Wahl zwischen verschiedenen Buchversionen anbieten. Warum nicht die erste Ausgabe von Alice im Wunderland digital lesen oder eine mit modernen Bildern? Und bunte Schrift bei den Unterhaltungen …

An Ideen mangelt es vielleicht doch nicht, aber wohl wie in vielen Bibliotheken am geschulten Personal, welches das Know hat, neue Dinge zu gestalten, an Menschen, die bevorstehende Veränderungen anmahnen und darauf dringen, sie auch umzusetzen. Die Verleger müssen sich Experten suchen, wo sie diese vielleicht nichtmal vermuten. Sie benötigen Könner, die sich gleichermaßen mit Text, Video und Audio auskennen. Um bei der Autoanalogie zu bleiben:

Ein Kutschenbauer hatte andere Qualifikationen als ein Kfz-Mechaniker.

Quelle:
Schüssel, Sandra: Multimediale E-Books: Mehrwert bringt Umsatz, Börsenblatt.net

[Leseempfehlung] Wir müssen uns mal wieder vom Buch verabschieden…

…, diesesmal aber eher vom E-Book. Dies prophezeien Umberto Eco und Jean-Claude Carrière in ihrem neuen Buch „Die große Zukunft des Buches“, erschienen im C. Hanser Verlag, München 2010 für 19,90 Euro. Der Philosoph und der Drehbuchautor glauben, dass das E-Book die gedruckten Bücher nicht ersetzen können als dauerhafter Wissens- und Erkenntnisspeicher? Sind die so gespeicherten Daten zu flüchtig?

Immer mehr Bücher stehen digital zur Verfügung. Ein dramatischer Preiskampf zeigt, dass so langsam der Zukunftsmarkt heiß umkämpft wird. Gerade Fachbücher aber auch zunehmend Belletristik wird auf entsprechenden Lesegeräten oder am PC gelesen. Ist das ein Zeichen dafür, dass das gebundene Buch durchs E-Book verdrängt werden? Carrière prophezeite sogar beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2008 ein Verschwinden der Bücher, wie wir sie kennen, innerhalb der folgenden fünfzehn Jahre.

In ihrem gemeinsamen Buch haben sich der italienische Medienwissenschaftler, Schriftsteller und Philosoph und der französiche Drehbuchautor – beide fast achtzigjährige Buchliebhaber und -sammler (40.000 – 50.000 Bände in ihren Privatbibliotheken) – Gedanken über die Geschichte des Buches, seine Zukunft und ihre Bedeutung für den Zustand unserer Kultur gemacht. Sie sind sich einig, dass das Buch noch eine große Zukunft vor sich hat.

Der französische Journalist Jean-Philippe de Tonnac animierte sie mit seinen Fragen, sich voller Esprit über das Buch als eine Art „Rad des Wissens und des Imaginären“ zu unterhalten, welches trotz technologischer Veränderungen in seiner Funktion nicht zu übertreffen sei. Teil des Gespräches war auch die persönliche Beziehung zu ihren Büchern, der damit verbundenen Sammelleidenschaft, ihren Lektürevorlieben und den Zukunftspläne für ihre Bibliotheken, wenn sie sterben.

Mit dem Buch verbunden ist auch der Akt des Lesens und des Vergessens, welches mit autobiografischen Erzählungen und Anekdoten durchsetzt ist und wobei sich beide nicht immer ernstnehmen. Auch sprechen sie interessant über die Veränderungen, welche das Gedächtnis durch die Verbreitung des Computers durchmache, wobei das Filtern zur Hauptaufgabe wird.

Auf den prognostizierten Siegeszug des E-Books reagieren die beiden älteren Herren gelassen – für sie ist es ein weiteres modernes Speichermedium, bald veraltet wie Floppy Disc, VHS-Kassette oder CD-ROM, also nichts von Dauer. Gedruckte Bücher sind ihnen immer noch die dauerhaftesten Wissens- und Erkenntnisspeicher, etwas Besseres ließe sich nicht erfinden.

Für Technikpessmisten gibt es ein beruhigend unaufgeregtes Zukunftsversprechen was die Kultur angeht, die durchs Buch geschaffen und transportiert wird. Für Technikjünger gibt es in dem Buch sicher genug Argumentationsstoff, der durchdacht werden sollte und mit Gegenargumenten versehen werden kann. Also, das ist eine Leseempfehlung der ich gern folgen werde.

Quelle:
Hueck, Carsten: Humorvoll, selbstironisch und erkenntnisreich, Buchbesprechung auf Deutschlandradio.de

Wieviel Buch sollte in E-Books enthalten sein?

Dieser Beitrag bezieht sich als Kommentar zum Blogbeitrag von Wenke Richter des Meine-Verlags: Diskussion: sind E-Books eine eigene Medienform?.

Viele Dinge beim E-Book heute funktionieren nicht, weil sie zu nah am Buch gehalten werden. Wir brauchen im wissenschaftlichen Bereich bestimmte Punkte, die Bücher liefern, auch weiterhin:

  1. Unveränderbarkeit – elektronische Medien lassen sich einfacher und schneller manipulieren/verändern als gedruckte. Derzeitige Sicherungen (Fingerprint usw.) sind derzeit umständlich und selbst für technisch Versiertere – ich zähle mich jetzt mal dazu – nur bedingt nachvollziehbar und einsetzbar.
  2. Zitierbarkeit – ob die sich an Seitenzahlen festmacht, weiß ich nicht, aber ich muss jemandem anderen genau sagen können, in der Version XY an der und der Stelle steht der Beleg für mein Gesagtes. PDF-Dokumente, die diese Möglichkeit bieten (Druckform, unveränderbar), besitzen andere Nachteile.
  3. Lesbarkeit – Texte müssen gut lesbar sein. Bücher haben eine gute Auflösung. Um die Texte jedoch zu vergrößern oder zu verkleinern benötigt man Hilfsgeräte (Lupe, Kopierer). Die elektronischen Texte sollten auf vielen verschiedenen Lesegeräten darstellbar und lesbar sein. Der Vorteil digitaler Texte ist, dass sie in ihrer Schriftgröße anpassbar sind. Ihre skalierbaren Größen kolidieren aber immer wieder mit feststehenden Zeilenumbrüchen und Seitenanzeigen (alles, was auf ein Display passt). Was passiert jedoch mit Bildern?
  4. Randnotizen, Anmerkungen zwischen einzelnen Zeilen, Hervorhebungen mittels Marker sind in im Gedruckten jederzeit möglich (wenn z.B. in Bibliotheksbüchern auch nicht unbedingt gewollt). Diese Möglichkeiten sind bei derzeitigen e-Books nur umständlich oder gar nicht nutzbar. Beim Buch greife ich zum entsprechenden Stift, beim E-Text muss ich erst die Funktion aufrufen, eventuell eine Tastatur bedienen. Hier wird ein unmittelbarer Gedankengang erstmal unterbrochen.
  5. Querverweise – sie können bei E-Books per Link hergestellt werden. So ließe sich, wenn die Lesegeräte/Arbeitsgeräte es zulassen, direkt auf den entsprechenden Text verlinkt werden (mind. zur Einsicht der entsprechenden Passage). Das geht mit dem Buch nicht.
  6. Einbindung andere Medienformen: Versuchen Sie einmal einen Film in ein Buch einzubinden! Das funktioniert nicht. Interviews, z.B. können nur in schriftlicher Form wiedergegeben werden oder es kann auf eine externe Quelle verwiesen werden. Beim E-Book jedoch ist das kein Problem. Ton und bewegte Bilder beginnen eine Einheit zu bilden. Intentionen, die durch Gestiken unterstützt werden, können genau so gezeigt und wahrgenommen werden, ohne sie umständlich schriftlich umschreiben zu müssen.

Das sind nur einige Dinge, die mir spontan eingefallen sind. Das E-Book hat manchmal nicht genug Eigenschaften von Papier und manchmal zu viele Eigenschaften des digitalen Mediums. Es wäre aber fatal, sich beim E-book zu sehr am buch zu orientieren, da man damit die digitalen Eigenschaften und Möglichkeiten zu stark beschränkt.

Lesenswert sind dazu glaube auch immer wieder die Diskussionen, die vor einiger Zeit hier im Blog stattgefunden haben: