Imagekampagne als Mitmach-Aktion

von Julia Borner

„Aufgeschrieben, fertig, Blitz!“, so hätte die maximal verknappte Bedienungsanleitung für die Mitmach-Aktion der Stadtbibliothek Gütersloh lauten könnten. Ende letzten Jahres haben wir eine Imagekampagne mit dem Namen „Meinungsbilder“ durchgeführt, die Ergebnisse sind zurzeit analog (Blessenstätte 1, Gütersloh) und digital ausgestellt.

Die Teilnehmer schrieben ihre Assoziationen zur Stadtbibliothek auf einen grünen Würfel und machten von sich und Ihrem Statement per Selbstauslöser ein Foto.

Kleine Bauarbeiter in der Bibliothek

Kleine Bauarbeiter in der Bibliothek Gütersloh

Mit ihrer Einverständniserklärung gaben sie die Bilder zur Veröffentlichung frei. Wir können sie also bedenkenlos für Printwerbung oder online nutzen, z. B. in Facebook, Flickr, Netvibes, Twitter.

Was einfach klingt, war durchaus mit etwas Aufwand verbunden. Zwar wurde uns die komplette technische Ausrüstung von einem Anbieter professioneller Fotostudio-Ausrüstungen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der große Platzbedarf machte aber eine größere Regalbewegung notwendig. Auch die Verwaltung der Bilder und Einverständniserklärungen war nicht in 1-2 Stunden getan. Wir hatten aber zwei wichtige Unterstützer: Einerseits hat uns unser Förderverein finanziell unter die Arme geholfen, andererseits hat ein Fotograf das Projekt mit viel Zeit und Einsatz unterstützt.

Wir ziehen ein positives Fazit: Aus unserer Sicht hat sich der Einsatz gelohnt, denn die Ergebnisse sprechen für sich. Die Bilder sind völlig authentisch und bilden sowohl unsere unterschiedlichen Zielgruppen als auch die Angebote unseres Hauses ab. Außerdem wirken nicht nur die Ergebnisse der Kampagne als Werbung, sondern die Aktion an sich zog bereits viel Aufmerksamkeit auf sich und hat viele Kunden und Besucher zum Mitmachen animiert.

Ein Beitrag dazu stand bereits im BUB-Heft 2/2011, S. 90. Die Ausstellung in der Stadtbibliothek (Blessenstätte 1, 33330 Gütersloh) steht noch bis zum 21. Mai, danach haben wir wegen der Umstellung auf RFID eine Woche geschlossen.

Die Autorin
Julia Borner ist Bibliothekarin in der Stadtbibliothek Gütersloh. Sie betreut projektweise die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Web-2.0-Aktivitäten der Bibliothek.

Aus aktuellem Anlass: Der offene Umgang mit sexueller Identität am Beispiel der Stadtbibliothek in Salt Lake City

„The greatest disservice you can do a people, is to pretend they don’t exist.“

Jacqueline Goldthorp

Nachdem ich im letzten Jahr in einer Stadtbibliothek Zeuge einer rassistischen Beleidigung gegenüber zwei kopftuchtragenden Schülerinnen wurde, bin ich der festen Überzeugung, dass öffentliche Bibliotheken, die ja ebenso Teil des öffentlichen Raumes sind wie ein Marktplatz oder ein Stadtpark, nicht per se diskriminierungsfreie Orte sind, nur weil es dort mehr belesenere Menschen gibt als beispielsweise in Fußballstadien. In Großbritannien gab es hierzu schon Mystery-Shopping-Aktionen durch NutzerInnen  mit schwarzer Hautfarbe. Die Ergebnisse bzw. Reaktionen von seitens der BibliothekarInnen und NutzerInnen waren besonders dort von Mißtrauen und gewissen Ängsten vor dem vermeintlich Fremden geprägt, wo die sogenannten „Mehrheitsgesellschaft“ aus Ur-Briten bestand, die ja bekanntlich der Gruppe der WASP (White Anglo-Saxon Protestants) zuzurechnen sind. Wie sollen BibliothekarInnen reagieren, wenn sie Zeuge rassistischer Äußerungen von seitens der NutzerInnen gegenüber anderen NutzerInnen werden? Welche öffentlichen Bibliotheken haben bei Nutzerbefragungen darauf geachtet, ob sie Fragen verwendeten, die Aufschluss darüber geben, ob KundInnen oder NutzerInnen jemals in ihrer Einrichtung diskriminiert wurden oder Zeuge von diskriminierenden Handlungen und Aussagen wurden? Kundenorientierung ist das eine, aber was fühlt ein „Kunde“, der in ebendieser Einrichtung schon einmal rassistisch beleidigt wurde? Wird er diese Einrichtung wieder gerne aufsuchen oder sie in Zukunft eher meiden? Ist nicht davon auszugehen, dass er wieder auf ähnliche Menschentypen trifft? Gibt es hierfür bereits Erfahrungen und Hinweise, die anderen hilfreich sein können, wenn sie mit dieser Problematik konfrontiert werden? Der Code of Ethics und Benutzerordnungen diverser Bibliotheken geben darüber noch keine Auskunft. Es gibt noch zu wenig Schutz für Menschen, die beim Besuch einer Bibliothek derartig angegangen werden.  Wenn ich von Diskriminierung schreibe, dann meine ich auch Homophobie. Bis dato gibt es trotz zahlreicher Initiativen unterschiedlicher politischer Parteien und Interessenverbände keinen Antidiskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Identität. Seit einigen Jahren gibt es an vielen Türen öffentlicher Einrichtungen (auch auf Bibliothekstüren) Aufkleber, die auf das Aussteigerprogramm für Neonazis Exit hinweisen, aber es gibt noch kaum oder zu wenig Hinweise für Menschen, die diskriminiert und rassistisch beleidigt werden. Eigentlich wären öffentliche Bibliotheken ideale Orte, um dieses Thema stärker auf die Agenda zu bringen und nicht nur einfach Infomaterial auszulegen.  Anläßlich des Internationalen Tags gegen Homophobie ist das nun folgende Video meines Erachtens ein mutiges und aussergewöhnliches Beispiel dafür, wie MitarbeiterInnen einer Bibliothek offen zu ihrer sexuellen Identität stehen und darüber berichten, wie schwer es in der Kindheit war von anderen gedemütigt zu werden und wie sie es schafften heute zu ihrer sexuellen Identität zu stehen.  Für viele mag das sicher eine Mutmachervideo sein und Utah zählt mit Sicherheit nicht zu den liberalsten US-Bundesstaaten. Es kommen auch MitarbeiterInnen zu Wort, die nicht der LGBT-Community angehören. Bereits am 23. Mai 2010 hatte ich über den Blogeintrag “Représentations de l’homosexualité dans les bibliothèques municipales françaises” und Beispiele aus Großbritannien, als auch aus Schweden darüber berichtet und hätte mich damals auf eine Debatte zu diesem Thema gefreut. Neben dem Zentralrat der Muslime in Deutschland setzen sich unterschiedliche Parteien in Deutschland dafür ein, dass im Grundgesetzartikel 3 neben dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der Merkmale Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen sowie Behinderung, das Merkmal „sexuelle Identität“ hinzugefügt werden.