BGH weist Verfahren zu § 52a UrhG zurück ans OLG München

Mein gestrige Beitrag “Der BGH verhandelt den Intranet-Paragrafen 52 a UrhG” hatte den Sachstand bezüglich des umstrittenen § 52 a UrhG aufgegriffen, der gestern noch vorm BGH verhandelt wurde. Überraschenderweise hat das Gericht das Verfahren (BGH, Urteil vom 20.03.2013 – I ZR 84/11) zurück ans OLG München verwiesen, welches am 24.11.2011 ein Urteil zur Vergütungshöhe gesprochen hatte (OLG München, 24.03.2011 – 6 WG 12/09).

In der Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

Es sei zwar nicht zu beanstanden, dass der Gesamtvertrag einen Vorrang angemessener Angebote der Rechteinhaber und eine Erfassung und Abrechnung einzelner Nutzungen vorsehe. Das Oberlandesgericht habe jedoch nicht überzeugend begründet, weshalb es bei der Festlegung des zulässigen Nutzungsumfangs teilweise von den Regelungen abgewichen sei, die die Parteien im gleichfalls Sprachwerke betreffenden “Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für das öffentliche Zugänglichmachen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen” getroffen haben; danach sind unter “kleine Teile eines Werkes” maximal 12% eines Werkes, “Teile eines Werkes” maximal 25% eines Werkes (jedoch nicht mehr als 100 Seiten) und “Werke geringen Umfangs” Druckwerke mit maximal 25 Seiten zu verstehen.

Als nicht sachgerecht erscheint den Richtern des BGHs, dass anders als in den mit den anderen Verwertungsgesellschaften geschlossenen Gesamtvertrag, die Vergütung nach dem Werk(teil) und nicht nach der Zahl der Seiten des Druckwerks, nach Gruppengröße und nicht nach Zahl der Veranstaltungsteilnehmer berechnet wird und die Höhe zunehmend vermindernd und nicht linear bemessen wird.

Was die Höhe der Vergütung angeht, sei nicht zu beanstanden, dass das OLG München als Orientierungen für die Höhe der Kosten die Kopiervergütung herangezogen habe, die nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag vom 8. März 2007 für Vervielfältigungen nach § 54a Abs. 2 UrhG aF (jetzt § 54c UrhG) zu zahlen sei und 0,008 € (0,8 ct) pro Seite betrage. Die VG Wort hatte sich 0,125 € (12,5 ct) pro Seite erhofft.

In der Verhandlung geht es jetzt um die weitere Vertragsausgestaltung, in der das OLG gemäß § 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG einen Gesamtvertrag nach “billigem Ermessen” festzusetzen hat oder besser gesagt, den Gesamtvertrag nachbessern muss.

Quellen:
Bundesgerichtshof zur Vergütung für das Einstellen von Texten in das Intranet von Hochschulen, Nr. 50/2013, Presseerklärung des BGH
BGH verweist 52a-Verfahren zurück nach München : Gesamtvertrag muss neu austariert werden, Boersenblatt.net

Der BGH verhandelt den Intranet-Paragrafen 52 a UrhG

Die einen nennen ihn Intranet-Paragraf, die anderen halten ihn für den wichtigsten Paragrafen für E-Learning-Angebote. Derzeit sind zwei Verfahren zur Auslegung dieses Paragrafen bei den Gerichten anhängig.

Gestern fand eine mündliche Verhandlung zum § 52a UrhG am BGH statt, bei der es um die Höhe der Vergütung ging, welche die Hochschulen an die Verlage für die Nutzung von Werkteilen entrichten sollen.

Der § 52a UrhG erlaubt es Hochschulen, kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften digital zu verwenden und sie im Rahmen des E-Learning bzw. für elektronische Semesterapparate öffentlich zugänglich zu machen. Voraussetzung ist, dass die so angebotenen Materialien nur einem kleinen (abgegrenzten) Personenkreis zur Verfügung gestellt werden. Wie bei allen gesetzlichen Schranken des Urheberrechts wird im Gegenzug eine “angemessene Vergütung” fällig

Vor dem BGH klagt die VG Wort als Intressenvertretung der Rechteinhaber gegen die Bundesländer, die Träger der Hochschuleinrichtungen sind. Ein Gesamtvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft und den Bundesländern scheiterte bisher an der gewünschten Höhe der Vergütung. Hier scheiden sich die Geister. Die VG Wort fordert eine individuelle Abrechnung und hat in ihren Tarifen 0,125 Euro pro Seite und Teilnehmer veranschlagt. Dies wird von den Bundesländern als zu hoch erachtet, da neben dem technischen Aufwand, eine Individualabrechnung möglich zu machen, auch die so entstehenden Kosten für die Länder nicht einschätzbar1 sind.

Mit der Vergütung, so die Forderung der VG Wort, sollte zugleich ein Anspruch auf Auskunft über den Umfang der Nutzungen verbunden sein.

In einer Vorsinstanz wurde durch das OLG München bereits ein Gesamtvertrag festgesetzt. Dieser sieht eine Einzelvergütung ab 01.08.2008 vor. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Betrag von 7 bis 13 Euro pro Kurs und Werk, je nach Größe der Teilnehmer2. Festgelegt wurde außerdem, dass “kleine Teile eines Werken” max. 10% höchstens jedoch 100 Seiten eines Werkes betragen dürfen. Gegen dieses Urteil gingen die Kultusminister der Länder in Revision vor dem BGH. Eine Vergütung, wie sie der § 52a UrhG fordert, wurde auf Grund der strittigen Höhe noch nicht an die VG Wort gezahlt.

Anders sieht das u.a. für die VG BildKunst und die GEMA aus. Hier gibt es bereits einen gültigen Rahmenvertrag (2007, aktuelle Fassung 2010). Im Urteil des OLG München heißt es auf S. 36 zum geforderten Tarif der VG Wort:

Bei einer vergleichbaren Nutzungshandlung [vergleichbar zu den Vereinbarungen mit der GEMA und VG Bildkunst, Anm. d. Verf.] kann der Unterschied sich auf das 240-fache belaufen.

Dieser sehr umstrittene Paragraf trat September 2003 nur befristet in Kraft und wurde seit 2006 alle zwei Jahre – häufig erst in letzter Sekunde – verlängert. Letztmalig wurde der Paragraf Dezember 2012 bis Ende 2014 verlängert. Bis dahin soll eine dauerhafte Lösung gefunden werden.

Der Börsenverein forderte wiederholt3, die Vorschrift gänzlich zu streichen. Bibliotheken und Hochschulen befürchten jedoch bei Streichung des Paragrafen ein Ende des E-Learning4.

Laut Börsenblatt.net ist mit einer Entscheidung des BGH erst in einigen Monaten zu rechnen. Warten wir ab und harren wir der Dinge, die da noch kommen werden, oder besser des Wahnsinns (zumind. bezüglich des Urhberrechts), der da noch auf uns wartet. Ob es je zu einer Wissenschaftsschranke oder einer passenden “Fair use”-Regelung kommt?

Quelle:
Bundesgerichtshof verhandelt zu Paragraf 52 a, Boersenblatt.net
Braun, Ilja: Die Zukunft der elektronischen Semesterapparate, Digitale Linke, 07.11.2012
Nina Breher im Interview mit Thomas Hartmann: Verlängerung des E-Learning-Paragraphen, UnAufgefordert, 14.12.2013
Weiterführende Informationen:
Linksammlung zum § 52a UrhG, IUWIS

  1. Thomas Hartmann sprach von einer Verdopplung der nach § 52a UrhG genutzten Inhalte innerhalb von drei Jahren. Eine Verlangsamung dieser Entwicklung ist auf Grund von Personaleinsparungen, neuer Lern- und Lehrmodelle sowie steigender Studienzahlen nicht zu erwarten. []
  2. Siehe dazu: Urteil vom 24.03.2011, 6 WG 12/09, §4, S. 5. []
  3. Dies geschieht immer wieder mit rethorischem Säbelrasseln, z.B.: Presse-Information : Börsenverein fordert: § 52a Urheberrechtsgesetz muss abgeschafft werden, Börsenverein des Deutschen Buchhandels, 12.04.2012,
    Skipis, Alexander: Urheberrecht: § 52a – “Eiskalte Enteignung der Wissenschaftsverlage”, Börsenblatt.net, 22.11.2012
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  4. vgl. Contzen, Mona: Offline an der Uni : Ende des Jahres schlägt das letzte Stündlein des § 52a des Urheberrechtsgesetzes., Unicum, 02.10.2012
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