Ein Fazit der JIM-Studie 2011: "Jugendliche lesen wieder mehr"

Trendforscher aufgepasst! Allen Unkenrufen und kulturpessimistischen Prophezeihungen zum Trotze, hat die kürzlich vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) und dem Südwestfunk herausgegebene repräsentative JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-)Media) deutlich gemacht, dass die Nutzung moderner Medien nicht “alte” Medien abwertet oder eine Abnahme bei deren Nutzung eintritt. Im Gegenteil. Zeitungen und Bücher lesen sind wieder trendy. Insgesamt wurden 1.200 Jugendliche im Alter von 12 und 19 Jahren in der Zeit vom 16. Mai bis 26. Juni zu ihrem Mediennutzungsverhalten telefonisch interviewt. Beim Bücher lesen und Radio hören ist ein Anstieg zu verzeichnen. Die in Mannheim vorgestellte Studie widerlegt bestehende Zweifel und damit einhergehende Mainstreammeinungen vieler Menschen im Lande, dass Jugendliche weniger lesen und sich nur marginal für Nachrichten wie “die Tagesschau” interessieren. 44 % sind gemäß der aktuellen Studie regelmäßige Leser (1998: 38 %). (Doch was ist mit den restlichen 66 %? Handelt es sich um die Gruppe der Nichtleser? Ist es wie bei einer Wahlbeteilung deren Zustimmung bei 44 % liegt, aber der Rest der Befragten nicht zu den WählerInnen – in diesem Falle LeserInnen zählt?) E-books hingegen werden nur von einem Prozent der Befragten genutzt. Dabei sind Mädchen häufiger Leserinnen von Büchern. 42 % der befragten Jugendlichen nutzen regelmäßig Tageszeitungen, wobei 18 % Online-Zeitungen lesen.

Bei der Frage, welchem Medium Jugendliche bei einer widersprüchlichen Medienberichterstattung am ehesten Glauben schenken, waren 40 % davon überzeugt, dass dies die klassische Tageszeitung sei. 29 % vertraten die Meinung, dass dies das Fernsehen sei und 16 % vertrauten dem Radio.

Diese Tatsachen sind an sich ja nicht weiter verwunderlich, wenn  die Thesen McLuhans in Betracht gezogen werden, dass historisch aufeinanderfolgende Medien und Kulturtechniken einander nicht ersetzen, sondern jedes neue Mediem die älteren Medien in sich vereinige. Mit dem Internet oder dem Computerhandy, wie es der Spiegel nannte, können Jugendliche gleichzeitig Radio hören, Zeitung lesen und chatten. Dennoch stimmt das Leseverhalten durchaus positiv, aber was der Fernsehverhalten betrifft, stellte Thomas Langheinrich, der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation ernüchternd fest:

“Die Ergebnisse der JIM-Studie belegen, dass auch im Internetzeitalter dem Fernsehen eine große Bedeutung zukommt. Auch für junge Menschen spielt das Fernsehen als Informationsquelle eine wichtige Rolle.“

Daraus ergeben sich ein Fernsehnutzungsverhalten von 113 Minuten täglich und  äußerst große Beliebtheitswerte bei Castingsshows:

Zwei Drittel der Mädchen und jeder vierte Junge zählen eine Castingshow zu ihren Lieblingssendungen. Am häufigsten fällt hier die Wahl auf „Deutschland sucht den Superstar“ und „Germany’s Next Topmodel“. Die Casting- und Unterhaltungsshows werden überwiegend live im Fernsehen angeschaut, nur ein kleiner Teil nutzt die Möglichkeit, diese Inhalte auf Videoplattformen, in Mediatheken oder als Livestream anzuschauen.

Mit dem vom Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen geprägten Begriff des Castinggesellschaft wird belegt, dass nicht nur Jugendliche, sondern auch bei der von der Aufmerksamkeitsökonomie geprägten “modernen Gesellschaft” Voyeurismus und Exhibitionismus in der Öffentlichkeit und in sozialen Netzwerken eine größere Rolle einnehmen. Positive Ergebnisse sind laut der Studie, dass Jugendliche das Thema Datenschutz, und Privatsphäre z.B. auf Facebook ernster nehmen und tendenziell ein kritscheres Bewußtsein hierzu entwickelten.

[Kurz] Die Vorlesestudie 2011 wurde heute vorgestellt

„Die Studie zeigt überraschend eindeutig, in wie vielen Bereichen sich Kinder, denen vorgelesen wird, anders entwickeln als Kinder, denen nicht vorgelesen wird – nämlich nicht nur in ihrem Leseverhalten, sondern auch in ihrer sozialen Kompetenz, ihrem Schulerfolg und ihrer aktiven Freizeitgestaltung“

Dr. Simone C. Ehmig

Heute wurde in Berlin, die von der Stiftung Lesen, DIE ZEIT und die Deutsche Bahn finanzierte bundesweite und repräsentative Studie vorgestellt. Sie enthält wertvolle Informationen zur Bedeutung des Vorlesens für die Entwicklung von Kindern. Bei dieser Studie wurden in standardisierten und mündlich-persönlichen Interviews 500 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 19 Jahren nach ihren eigenen Vorlese-Erfahrungen in der Kindheit befragt, aber auch zu ihren aktuellen Freizeitaktivitäten, ihrer Mediennutzung, ihrem Leseimage und –verhalten. Diesmal ist die Vorlesestudie ganzheitlicher und beschreibt nicht nur die Vorlesesituation, wie es bei bisherigen Studien der Fall war. Die Bedeutung des Lesens und Vorlesens wird dabei deutlicher, da diese und empirisch nachgewiesen wurde. Dabei wird einmal mehr deutlich, dass das regelmäßiges Vorlesen in der Kindheit den „Lese-Knick“ in der Pubertät – die Abnahme der Lesehäufigkeit bei den 14- bis 19-Jährigen -, aufhalten kann. Wer Interesse an der kompletten Vorlesestudie hat, kann diese auf der rechten Seite der Webseite www.stiftunglesen.de/vorlesestudie downloaden. Außerdem besteht die Möglichkeit sich auf der Webseite selbst als VorleserIn anzumelden. Was “uns” BibliothekarInnen und anderen als Leseratten titulierten Berufsgruppen/ Menschen, die vermeintlich gerne lesen, besonders freut, ist die Tatsache, dass das Klischee des sozial isolierten ‚Lese-Nerds’ nicht zutrifft und widerlegt wurde. Kindern, denen häufig vorgelesen wurde, sind sogar häufiger sportlich aktiv.  Vorlesen wird als Teil einer ganzheitlichen Erziehung beschrieben, welche die Lebensfreude und Aktivität anregt.

 

Ein Imagefilm von “Room to Read” aus Indien

Social progress can be measured by the social position of the female sex.
Karl Marx

Im Juli 2010 berichtete ich bereits über Room to Read in Nepal. Zu diesem Zeitpunkt wurde deren zehntausendste Bibliothek eröffnet.  Es sind insbesondere die Lese- und Schreibfähigkeit von Mädchen und jungen Frauen, die gefördert werden.

Sir Ken Robinson beschreibt in seinem Buch “In meinem Element” die beispielhafte Erfolgsstory von Room to Read. John Wood, der Gründer, verdiente jahrlang ein Vermögen als Marketingmanager bei Microsoft. Robinsion erläutert, wie es dazu kam, dass Wood eines Tages seinen “alten” Job an den Nagel hängte:

“Während einer Reise in den Himmalaja kam er in eine Schule in ein ärmliches Dorf. In der Schule wurden 450 Schüler unterrichtet, aber es gab nur 20 Bücher – und keines davon war ein Kinderbuch. Als Wood den Direktor fragte, wie die Schule mit so wenigen Büchern über die Runden käme, bat der Direktor ihm um Hilfe. Wood fing an für diese und dann auch für andere Schulen Bücher zu sammeln und Geld zu beschaffen. Er tat das abends und am Wochenende und neben seinem enorm anspruchsvollen Tagesjob. Schließlich kündigte er bei Microsoft und folgste seiner wahren Berufung – er gründete Room to Read,  eine gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, die Alphabetisierung in armen Ländern voranzubringen.”

Nach der Kündigung Woods bei Microsoft erfuhren viele ehemalige Kollegen, dass er auf einem Eselsrücken Bücher auslieferte und hielten ihn für komplett verrückt. Room to Read hatte nicht nur Wood zu einem anderen Menschen verändert, sondern viele Abertausende Menschen mehr, die nun mehr Chancen im Leben haben. Gäbe es mehr Menschen vom Schlage eines John Wood, würde die Alphabetisierung in Entwicklungs- und Schwellenländern eines Tages schneller abgeschlossen sein. Im nun folgenden Video wird die Situation in Indien näher erläutert und es wird dabei besonders die Rolle der jungen Schülerinnen betont, deren Eltern überzeugt werden konnten ihre Töchter länger zur Schule gehen zu lassen.

“Wir wissen, wie man Geld dazu bringt, sich nicht mehr zu langweilen. Geld auf der Bank zu haben, ist kein Spaß. Spaß ist es, damit eine Schule zu gründen.” John Wood

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