Whispercast Synchronisation und Amazons Geschäftsmodell

Das ist wirklich ein smartes Geschäftsmodell von Amazon. Für Schulen und Firmen bietet Amazon nun mit Whispercast die Möglichkeit, auch private Geräte mit entsprechend von den Einrichtungen gekauften Inhalten zu synchronisieren. Gerade bei jungen Kindern ist das eine tolle Idee. Sie lernen von Anfang an ihrer Lesekarriere, den Kindle zu nutzen. So wird der Kindle zu ihrem gewohnten Lesegerät und Gewohnheiten lassen sich schlecht abgewöhnen.

Amazon is betting that Whispercast will be useful for businesses whose employers bring their own devices to work, a growing trend especially among younger, mobile workers. Getting more Kindles into schools, meanwhile will mean more teachers and students purchasing content from Amazon, whether that is textbooks or classic literature.

Durch die geschlossene Plattform werden die Nutzer dann auch gezwungen sein, ihre Bücher bei Amazon zu kaufen. Joe Wikert von TOC merkt dazu zurecht an:

But when you think about the long-term possibilities it’s clear Whispercast could help establish the Kindle platform as the content distribution pipeline for schools and businesses.

Clever! Aber ist es das, was wir wollen? Und wo bitte sind wirkliche Alternativen? Apple? Google? Wo sind entsprechende Angebote deutscher Plattformen?

Und können Bibliotheken davon profitieren? Ist es möglich, dass Sie über Amazon Bücher erwerben und diese dann mit Whispercast ihren Nutzern zur Verfügung stellen?

Quelle:
Amazon launches Whispercast service to help schools, workplaces manage Kindle devices, Washington Post
Wikert, Joe: Amazon’s Kindle Whispercast service, O’Reilly TOC

Feiert der Börsenverein da nicht voreilig?

Das umstrittene Google Book Settlement ist zurückgenommen worden, denn die US-Autoren- und Verlegerverbände wollen den Vergleich grundlegend neu aushandeln. Google selbst ist grundsätzlich auch dazu bereit, Änderungen am Book Settlement Agreement vorzunehmen.

„Das ist ein guter Tag für das Urheberrecht“, sagt Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. „Der Rückzug der verhandelnden Parteien bestätigt unsere Argumentation und Vorgehensweise in diesem Verfahren.“ Gleichzeitig danke der Börsenverein Bundesjustizministerin Brigitte Zypries für ihr Eingreifen. „Den Weitblick und die Unterstützung des Bundesjustizministeriums und des US-Justizministeriums haben die europäischen Rechteinhaber auch von der EU-Kommission erwartet“, so Honnefelder.

Scharf kritisiert wird in diesem meiner Meinung nach an das BMJ anbiedernden Artikel die Vorstellungen, der EU-Kommissare Viviane Reding und Charlie McCreevy, welche eine Abhängigkeit europäischer Autoren und Verlage von einem Suchmaschinenbetreiber billigend in Kauf genommen hätten und somit ein Monopol seitens Google akzeptiert hätten. Ich habe die Mahnung der Kommissare anders verstanden.
Ihre Hauptfrage war:

Ist Europas Urheberrechtsrahmen modern genug, um die Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke zu ermöglichen?

Dabei sehen sie deutlich:

Die Digitalisierung von Büchern ist eine Herkules-Aufgabe, bei der der öffentliche Sektor zwar die Federführung übernehmen muss, für die er aber auch die Unterstützung des privaten Sektors braucht .[sic!] Jetzt muss klar sein, dass dank Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Stellen das Potenzial neuer Technologien und privater Investitionen mit den reichen, über Jahrhunderte aufgebauten Sammlungen öffentlicher Einrichtungen kombiniert werden kann. Wenn wir zu langsam in die Digitalisierung einsteigen, könnte Europas Kultur in der Zukunft Schaden nehmen.”

Hier ist jeder Verlag, jedes interessierte Unternehmen gefordert, mitzuwirken. Auch Kleinvieh macht auch Mist, nur anfangen muss man. Mit der geforderten Anpassung des europäischen Urheberrechts wird Google nicht zugespielt. Solche Behauptungen seitens des Börsenvereins zeigen eher ein Desinteresse am Erhalt kultureller Güter durch Digitalisierung. Sich darauf auszuruhen, dass der Staat hier komplett einzuspringen hätte und ihm aber beim Urheberrecht zu einem stark restriktiven Recht zu zwingen durch rein profitorientierte Gründe, zeigt eine gewisse Janusköpfigkeit.

Das US-Justizministerium machte vergangenen Freitag deutlich klar, dass das zuständige Gericht die Vereinbarung zwischen Google und der US-Buchbranche ablehnen sollte. Das Ministerium äußerte unter anderem Urheberrechts- und Wettbewerbsbedenken.

Allerdings stellte sich Washington nicht grundsätzlich gegen die Vereinbarung, die das Einscannen von Millionen von Büchern durch Google regeln soll, sondern rief die Beteiligten auf, die Bedenken möglichst schnell auszuräumen.

Auf Grund der vom US-Justizministerium geäußerten Bedenken sind die US-amerikanischen Autoren- und Verlegerverbände gestern im Einverständnis mit Google an den United States District Court of the Southern District of New York herangetreten und baten, das für den 7. Oktober 2009 angesetzte Fairness-Hearing abzusagen und am 6. November in einer „Status Conference“ einen neuen Terminplan festzulegen. Man reagiert damit auch auf die Bedenken mehrerer US-Bundesstaaten, die einzelne Aspekte der Einigung mit Sorge betrachten.

Da europäische und deutsche Urheberrechtsinteressen mit betroffen sind, fordert der Börsenverein, die europäischen Verlegerverbände in den weitern Verhandlungen zu beteiligen. Ob man dieser Forderung nachkommt? Bereits im Vorfeld der ersten Verhandlungen zwischen den US-amerikanischen Verbänden und Google hatte man eine Beteiligung verlangt.

Eine Einigung zwischen Google und den US-amerikanischen Autoren- und Verlegerverbänden ist zwar wieder ein Stück in die Zukunft gerutscht, aber sie ist nicht ausgeschlossen und ob hier die europäischen Verleger davon profitieren werden, steht in den Sternen. Sicherlich hat Google signalisiert, europäische Interessen zu berücksichtigen, aber ob dazu eine direkte Beteiligung bei den Verhandlungen zählt, ist aus meiner Sicht eher fraglich.

Quellen:
Börsenverein: „Ein guter Tag für das Urheberrecht“ Pressemmitteilung Börsenverein
Books: Google bereit zu Änderungen & Verlage wollen länger Zeit via Googlewatchblog.de
Regierung schreitet ein – Süddeutsche Zeitung
US-Verleger fordern mehr Zeit zum Verhandeln via Spiegel online
„Höchste Zeit für Europa, ein neues Kapitel über digitale Bücher und Urheberrechte aufzuschlagen“ – Gemeinsame Erklärung der EU-Kommissare Reding und McCreevy anlässlich der „Google Books“-Zusammenkünfte diese Woche in Brüssel Presseerklärung auf Europa.eu

[Diskussion]: Buch oder E-Book

Einen weiteren sehr interessanten Beitrag zu E-Books hat Tobias Zeumer in seinem Blog Verweisungsform.de geschrieben.
Er kommt in seinem Fazit zu folgenden Erkenntnissen:

Prinzipiell scheint das alles [die benötigten Funktionen, Anm. d. Verf.] nicht unmöglich oder besonders unwahrscheinlich (am “unwahrscheinlichsten” scheint derzeit eine echte Lösung von Format und Urheberrechten). Aber wenn diese machbaren Dinge geschafft wären…

Eine Programmierung neuer Funktionen dürfte nie das Problem sein. Neue Funktionen lassen sich sicherlich immer implementieren und alte Funktionen aktualisieren oder Funktionen des Buches nachbilden. Eine Gefahr ist sicherlich eine Überladung an Möglichkeiten. Das Handy von heute kann nicht nur zum Telefonieren genutzt werden, man kann damit auch Textnachrichten ersenden, im Internet surfen, fernsehen und Fotos schießen, aber die Handhabung wird immer komplizierter und umständlicher. Außerdem stellt sich die Frage, wie viele der Funktionen man im tagtäglichen Gebrauch dann wirklich nutzt.

Schwieriger gestaltet sich die Frage nach den Formaten. Hier werden die erfolgreichsten Anbieter entsprechende Spezifika diktieren und der, der mit seinem Format die meisten Geräte verkauft, hat da wohl die besten Chancen. Hier sind vor allem die Nutzer der Geräte gefordert, ihre Wünsche durchzusetzen. Offene Formate sind auf jeden Fall proprietären E-Book-Formaten vorzuziehen. Zumindest sollte von Anfang an die Forderungen nach einer hohen Interoperabilität einen der obersten Stellenwerte innehaben. Hier ist der Kindle im Vergleich zum Sony-Reader sehr schlecht aufgestellt.

Die rechtliche Seite wird wohl die schwierigste sein, da hier weit mehr Interessen mitspielen, als man auf den ersten Blick glauben mag. So werden neben technischen Patenten immer mehr Beteiligte des Content-Angebots ihre Rechte beachtet sehen. Die Rechte lassen sich im elektronischen Bereich wesentlich detaillierter darstellen (mal ganz abgesehen davon, dass sie auch dargestellt werden müssen, weil sonst die Inhalte überhaupt nicht angezeigt werden können) und können daher auch viel genauer abgerechnet werden. Dies wird neben den Unsicherheiten, die momentan durch das Urheberrecht verursacht werden, zu einer Verkomplizierung der Rechtesituation führen und sicherlich auch zu einer Verteuerung des Produktes “E-Book”.

Für das DRMS sollte ein offenes System wie OMA für die Handysparte Pflicht werden, um für eine entsprechende Interoperabilität der Geräte sorgen zu können. Durch offene Standards kann so eventuell die Monopolisierung des E-Book-Marktes verzögert oder gar verhindert werden und somit eine flexible Preisgestaltungsmöglichkeit für E-Books erhalten.

Und trotzdem will keiner das Ding haben, weil er keinen (relevanten) Nutzen darin sieht und seine Gewohnheit ihm den Griff zum Buch diktiert? Der entscheidende Wert eines Buches liegt doch nicht in seiner “physischen” Form. Es hat sich durchgesetzt, weil es erheblich Vorteile gegenüber Mund-Gehirn/Gedächtnis-Ohren-Informationsüber/-vermittlung hat, aber nicht weil dann Stille herrscht (die vielleicht zuächst als sehr unangenehm, weil abweichend vom Gewohnten, empfunden wurde. Schließlich konnte man vorher einfach nachfragen, statt blöd rumzublättern).

Eine längere Gewöhnung an E-Book-Reader ist sicherlich notwendig. Zu untersuchen ist die Frage, wie sich das Rezeptionsverhalten des Nutzers verändern muss. Wir haben das Internet als die Informationsquelle entdeckt. Auch keine Informationsfachleute können dort sehr schnell mehr oder weniger hochwertige Informationen finden. Es ist Teil des Alltags geworden und verdrängt inzwischen auch alte Medienformen, wie die Zeitung oder das Lexikon. Informationsaffine haben ihr Nutzerverhalten entsprechend angepasst, aber wieviele Nutzer haben das Internet nicht wirklich als Informationsquelle für sich entdeckt.

Naja, ich [Tobias Zeumer, Anm. d. Verf.] bin jedenfalls gespannt, ob das Buch aufgrund so herausragender Eigenschaften wie der haptischen Qualität und des ästhetischen Regalfüllwerts (wohl die zwei entscheidenden Eigenschaften, die ein E-Book Reader nie wirklich haben kann), wahrhaft das optimale und praktischste Informationsmittel – Information im allerweitesten Sinne – bleiben wird. 😉

Wir werden uns sicherlich an immer weitere technische Neuerungen gewöhnen, werden gerne technische Veränderungen in Kauf nehmen, die einen Vorteil bedeuten, allerdings glaube ich nicht, dass dies auf Dauer akzeptiert werden wird. Neben haptischen und ästhetischen Gesichtspunkten spielt noch etwas eine Rolle, die man nicht unterschätzen sollte. Die Handhabung eines Buches ist sehr einfach. Selbst das einfachste, technische Gerät stellt höhere Anforderungen an das technische Können des Lesers und die richtige Pflege. Ein Buch zerkratzt nicht wie ein Display, besitzt keine Akkus, die veralten, es beinhaltet keine Software, die regelmäßig upgedatet werden muss und … und …und … Wer will darauf dauerhaft achten?

Warum oder besser wann sollte man sich dennoch für das Produkt E-Book entscheiden?
Die Anschaffung eines Readers kann sich für diejenigen lohnen, die eine hohe technische Affinität besitzen und viel unterwegs sind. Auch im wissenschaftlichen Bereich kann es mit entsprechenden Funktionalitäten (z.B. Unterstreichung, Annotation, Lesezeichen, Verlinkung von Querverweisen) ein Ersatz für die Zettelwirtschaft sein, kann aber nicht das paralle Lesen in verschiedenen Artikeln oder Büchern (es sei denn man hat mehrere Lesegeräte 😉 ) ersetzen.
Über das E-Book können sehr teure Werke im Rahmen von DRM vielleicht sehr günstig für einen bestimmten, aber realistisch ausreichenden, Zeitraum zugänglich gemacht werden.

Gibt es weitere Pro- oder Contra-Argumente für oder wider das E-Book? Sicherlich. Nach meiner gerade sehr spontanen “Bestandsaufnahme” überwiegen momentan deutlich die negativen Aspekte, die mich vom Kauf eines E-Book-Lesegerätes abhalten. Neben der Vielfalt der Lesegerät-Alternativen, die es momentan noch gibt, gibt es genug Nutzungsaspekte, mit denen ich nicht zufrieden wäre.
Das E-Book-Lesegerät wäre ein additives Gerät zum PC, Netbook und Handy, welches ein Gerät mit eingeschränktem technischen Nutzungsspektrum wäre (akzeptabel auf jeden Fall) und vor allem mit seinem sehr stromsparenden E-Paper-Display punkten würde. Für jemanden, der sich schlecht entscheiden kann, welches Buch er gerade lesen möchte, hätte so ein Gerät natürlich auch einen großen Vorteil… Allerdings Anschaffungspreis, schnelles Veralten der Hardware und die Dateiabhängigkeit von Formaten der Anbieter sind meiner Meinung nach das größte derzeitige Problem, das eine Anschaffung eines E-Book-Readers unrealistisch macht.

Die derzeitigen Nutzungsfunktionalitäten eines Print-Buches kombiniert mit einer Vollzeitsuche und den Möglichkeiten der digitalen Verknüpfung zu Querverweisen wäre mein E-Book 😉

Zur Diskussion siehe auch Ben Kadens Beitrag und die dazugehörigen Kommentare im IBI-Weblog vom 28.05.2008.

Schaffen Tote noch neue Werke?

Nun, diese Frage scheint sich für die IFPI nicht zu stellen. Mehr denn je wird das Urheberrecht in ihren Händen zu einem Marktinstrument, mit dem man Monopole schaffen kann. Fünfundneunzig Jahre Schutzfrist heißen umgekehrt, immer schneller veraltendes Wissen wird immer länger geschützt und so mit immer länger zu totem “Wissenskapital”. Bereits jetzt sind verwaiste Werke ein großes Problem. Die schnelllebige Medienbranche ist gar nicht in der Lage, hundertprozentig lückenlos nachzuweisen, wer welche Rechte besitzt. Das liegt unter anderem an den vielen Verlagsankäufen, -zusammenlegungen und -teilungen. Hier schaut schon verlagsintern ja niemand wirklich mehr durch, wer welche Rechte danach noch besitzt. Und wenn es darum geht, die Erben von Rechten ausfindig zu machen, wird es ganz schwer. Wer weiß denn noch, was der Vater, Großvater, geschweige denn der Urgroßvater oder auch mütterlicherseits an Werken geschaffen worden ist und wer an diesen Werken auch noch irgendwelche Rechte besitzt? Für Bibliotheken und Forscher ist doch jetzt schon nicht mehr nachvollziehbar, wann ein Werk keine Rechte besitzt. 25 Jahre mehr Schutz bedeutet 25 Jahre mehr Probleme und nicht unbedingt 25 Jahre Mehreinnahmen durch die Verwerterindustrie. Hier mag es zwar einige wenige Ausnahmen geben – denken wir an Walt Disney und Micky Mouse, doch dann wird es schon schwieriger.

Was wir heutzutage in einer wissensbasiert lebenden Welt benötigen, ist ein klares, einfach verständliches Urheberrecht mit genauen Definitionen von Geltungsdauer und Umfang. Uninteressant meines Erachtens ist es da eher, die Verwerter noch weiter zu schützen, die durch ihre Monopolstellung genug Geld damit machen. Wissen und Informationen müssen nicht nur bezahlbar bleiben, sie müssen auch zugänglich erhalten werden.