VG Wort und das Vertretungsrecht gegenüber Google

Die VG Wort versucht derzeit von ihren Autoren das Vertretungsrecht gegen Google Books zu erhalten. Bereits Januar diesen Jahres hat VG Wort diese Aktion angekündigt, wie hier im Blog schon berichtet wurde. Die Autoren bekommen Post von der Verwertungsgesellschaft und sollen den vorgefertigten Brief der Rechteübertragung zurücksenden oder auf einer Internetseite der VG Wort diese damit beauftragen, sie in Sachen Google Books zu vertreten. Das in juristischer Sprache gehaltene Schreiben enthält einige Stolpersteine, die dem juristischen Laien nicht auffallen werden.

Was will die VG Wort? Ihr Vorgehen richtet sich gegen Google Books. Für dieses Angebot werden Bücher aus dem “Verlagsprogramm” verwendet oder aus dem “Bibliotheksprogramm”.

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Europa und Google Books

Der Bundesregierung und damit auch VG Wort und dem Börsenverein droht eine Niederlage auf europäischer Ebene, wenn es um die umstrittene Internet-Bibliothek von Google geht. Die EU-Kommission und die anderen großen Mitgliedsstaaten sind aktiv für das digitale Buchprojekt. Der Aufschrei, dass Frankreich dazu gehört, war in den letzten Tagen in der Presse zu lesen.

Die New York Times titelt Europe Divided on Google Book Deal und die FAZ sieht Der Kampf um das digitale Buch. Argwöhnisch betrachtet wird, dass die Französische Nationalbibliothek in Gesprächen mit Google ist. Kapituliert Frankreich vor Google? fragte die FAZ vor wenigen Tagen. Die Situation ist wieder in Bewegung.
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Drei gegen Google

Sie machen Ernst, die drei größten Konkurrenten von Google. Ich musste einen Moment nachdenken, wer damit gemeint sein könnte, denn neben diesem gigantischen Internetkonzern verblassen alle anderen. So langsam dämmerte es mir dann allerdings. Erz-Rivale Microsoft, der ja gerade mit Bing.com seine große Suchmaschine gestartet hat, muss man genauso wie den Buch-und Suchmaschinen-Anbieter Amazon zu den „großen“ Konkurrenten zählen. Doch beim Dritten musste ich dann ein wenig im Text weiterlesen, nur um gleich zu nicken, als es um Yahoo.com ging. Diese drei sind der “Open Book Allicance” beigetreten, die gegen Google und sein Google Books Settlement vorgehen wollen. Sie möchten verhindern, dass durch eine gerichtliche Entscheidung Google demnächst ganz legal weitere Millionen von Büchern einscannt und seinen Nutzern den Zugriff darauf erlaubt.

2004 begann Google Buchbestände aus amerikanischen Bibliotheken einzuscannen und einer riesigen Datenbank einzuverleiben. Die urheberrechtlich geschützten Werke wurden nur in kurzen Auszügen angezeigt. Recht schnell wuchs die Gesamtzahl dieser Bücher auf insgesamt rund sieben Millionen Bücher an. Darunter befinden sich unter anderem auch deutschsprachige. Diskussionen ums Urheberrecht der Buchautoren waren vorprogrammiert. Google ließ es darauf ankommen und US-Autorenverbände klagten gegen Google wegen der Verletzung von Urheberrechten.

Oktober 2008 einigten sich Google und US-Autorenverbände auf einen Vergleich, das sog. Google Books Settlement. Google erklärte sich bereit, 125 Millionen Dollar an die Rechteinhaber zu zahlen.

Google soll laut der Vereinbarung bereits gescannte Werke sowohl in Ausschnitten im Netz veröffentlichen, als auch online verkaufen dürfen.

Das habe ich eigentlich immer anders verstanden, nämlich dass der Gigant in Zusammenhang mit diesen Büchern Werbung verkaufen darf, d.h. nicht die Bücher. An den Gewinnen aus diesen Werbeeinnahmen sollen die Autoren im Gegenzug beteiligt werden.
Google war daher in den letzen Wochen auf der Suche nach den vielen Rechteinhabern und bot ihnen die Möglichkeit, sich zu melden und ihre Rechte zu sichern. Jetzt warten alle Parteien nur noch, dass ein Gericht dieser Einigung zustimmt.

Die „Open Book Alliance“ mit Googles Erz-Konkurrenten Microsoft, Yahoo und Amazon will diese Einigung jetzt noch verhindern. Die Alliance wurde vom Internet Archive gegründet und will sich jetzt an das US-amerikanische Justizministerium wenden. Sie sehen in der Vereinbarung zwischen Google und den Autorenverbänden einen Wettbewerbsverstoß. Der Anwalt Gary L. Reback, Experte für Kartellrecht und Berater der Allianz äußerte sich gegenüber der “New York Times”:

“This deal has enormous, far-reaching anticompetitive consequences that people are just beginning to wake up to,” said Mr. Reback, a lawyer with Carr & Ferrell, a firm in Palo Alto, Calif.

Google könnte durch diese Vereinbarung eine Monopolstellung erhalten und so willkürlich die Preise bestimmen. Auch bestände die Gefahr, dass Google so weitere persönliche Daten seiner Nutzer sammle und mit Hilfe seiner Suchmaschine jederzeit nachvollziehen könne, wer welche Bücher gelesen hat. Google schätzt den Gegenwert höher ein. Durchs das Einscannen weiterer Millionen Bücher würden die Kunden nur profitieren, da sonst unzählige Bücher von Bibliotheken den Internetlesern nicht zugänglich wären.

Natürlich sind auch deutsche Rechteinhaber betroffen. Problematisch ist die gewählte Klageform.

Bei der Klage der amerikanischen Autoren- und Verlegerverbände aus dem vergangenen Jahr gegen die Verletzung von Urheberrechten durch Google handelt es sich um eine sogenannte “class action”. Diese Klageform gibt es im deutschen Recht nicht. Das Besondere daran ist, dass die Entscheidung des Gerichts nicht nur für die Kläger gilt, sondern für die gesamte “class”. Dazu gehören dann auch deutsche Autoren und Verlage und somit die Wahrnehmung ihrer Rechte in den USA.

Ich habe zu Reaktionen hier im Blog bereits mehrfach berichtet und auch in welcher Form VG Wort und Börsenverein gegen diesen Deal vorgehen möchten.

Während Autoren, deren Werke aktuell lieferbar sind, dem Abkommen mit Google ausdrücklich zustimmen müssen, gilt für bereits vergriffene Titel, dass nur ein Widerspruch vor der Aufnahme in den einsehbaren Teil der Google-Bibliothek bewahrt.

Die ursprüngliche Frist bis 5. Mai 2009 wurde durch das zuständige New Yorker Bundesgericht kurz vor Fristende bis zum 4. September 2009 verlängert. Die eigentliche Gerichtsanhörung soll nun am 7. Oktober 2009 stattfinden. Erst danach steht fest, ob die Vereinbarung zwischen Google und den US-Autoren- und Verlegerverbänden wirklich gültig wird. Autoren, die über einen Widerspruch nachdenken, sollten noch einmal in sich gehen und darüber klarwerden, ob ein Nein zu Google Books nicht auch ein Nein zu kostenloser Werbung ist.

Konkrete Angaben, wie die “Open Book Alliance” nun gegen Googles Pläne vorgehen möchte, waren in den vorhandenen Quellen nicht erkennbar.

Quellen
Helft, Miguel: Google Rivals Will Oppose Book Settlement via New York Times
Allianz gegen Google via Spiegel online

Associated Press geht gegen Blogger und Newsaggregatoren vor

We’d better hope it’s not “hot news” that the Associated Press announced “an aggressive effort to track down copyright violators on the Internet” at its annual board meeting Monday. If it is, we could conceivably find ourselves on the wrong end of an “aggressive effort” geared to fend off copycat competition and “misappropriation” in the dwindling market for timely reporting.

Die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) ist gemeinschaftlich organisiert und hat im Namen ihrer Mitglieder auf der letzten Jahresversammlung ein verschärftes Vorgehen gegen die Betreiber von Webangeboten angekündigt, sollten sie AP-Nachrichtenmaterial verwenden, wofür sie keine Nutzungslizenz erworben haben. Man zeigt sich wütend und zu allem entschlossen.

Vor dem Hintergrund des Zeitungssterbens in den USA sind in den Focus der AP die Blogger gerückt. Diese “zitieren” unter Berufung auf Fair-Use-Regelungen AP-Texte. Noch schlimmer in den Augen der AP sind Newsaggregatoren. Häufig sind dies automatisierte Dienste, die ohne journalistische Arbeit Nachrichten und Schlagzeilen sammeln und in Auszügen auf ihrer Seite veröffentlichen – und durch Klick-Kaskaden PIs erzeugen, die sich wiederum für Werbeeinnahmen nutzen lassen.

Heise nennt als deutsches Beispiel für letzteres Geschäftsmodell xoorg.com. Allerdings jetzt sind dort keine Angebote mehr zu finden:

Anmerkung
Aufgrund der Kritik von Heise.de geschlossen! Da dies ein privates Projekt war und ich keine Lust auf Ärger habe. Der Artikel von Heise.de ist im übrigen auf diese Seite bezogen nicht Verhältnismäßig. Wer möchte kann sich hier ein Bild der “wilden” Artikel-Sammlerei machen: [Klick!]

Bei diesem Angebot waren häufig erste Absätze aus Meldungen von heise online zu lesen. Klickte ein Leser auf “Weiterlesen”, wurde er nicht etwa zur Originalseite weitergeleitet, sondern auf eine weitere Seite des Aggregators. Dort stand ein wenig erweitert der gleiche Text nochmal und erst von dieser Seite wurde auf die Originalquelle verlinkt. Damit bewegte sich xoorg in einer Grauzone. Die großen Newsaggregatoren, z.B. Google, haben entsprechende Lizenzverträge abgeschlossen und zeigen neben den Schlagzeilen nur die Lead-Sätze.

AP will ein System entwickeln, mit dem überprüft werden kann, ob die eigenen Nachrichteninhalte auf legale Weise von einem externen Anbieter im Web verbreitet wurden. Die deutsche dpa kündigte bereits letztes Jahr ähnliche Maßnahmen an. Wie gut das Programm, welches AP verwendet will, tatsächlich funktioniert, muss sich zeigen. Dass es der Nachrichtenagentur ernst ist, sollte nicht bezweifelt werden. So hat AP Juni 2008 versucht von Bloggern, die AP-Quellen zitierten, Geld zu verlangen. Bei den verlangten Preisen müsste man abraten, auch nur ein Wort von AP zu zitieren.

  • 5-25 words: $ 12.50
  • 26-50 words: $ 17.50
  • 51-100 words: $ 25.00
  • 101-250 words: $ 50.00
  • 251 words and up: $ 100.00

AP will spezielle AP-News-Seiten ins Netz stellen, welche dann in Zeitungen, TV- und Radiostationen beworben werden sollen. Zur Erleichterung der wirtschaftlichen Situation der angeschlossenen Zeitungsverlage senkt Associated Press die Abogebühren 2010 um 30 Millionen Dollar. Dieses Zugeständnis wurde notwendig, da die Vertreter von rund 180 Zeitungen (14 Prozent) aus finanziellen Gründen die AP verlassen wollten. Auch die Autoren werden im nächsten Jahr den Gürtel enger schnallen müssen bei AP, da man herbe Verluste erwartet (Einnahmerückgang von 2008 210 Millionen Dollar auf 135 Millionen Dollar 2010).

Auch wenn man 2009 die Dienste noch nicht in der “Tiefe und Breite” verringern will, so kann der Konzern in 2010 nur noch 10% weniger pro geschriebenem Text für seine Autoren bezahlen.

Quellen:
AP wehrt sich gegen Newsaggregatoren und Blogger via heise online
Sanchez, Julian: AP launches campaign against Internet “misappropriation” bei ars technica
News unter Copyright-Schutz? bei gulli.com

Open Access in Europa angekommen?

Im Rahmen des i2010-Initiative hatte die EU-Kommission bereits 2005 beschlossen, das kulturelle Erbe Gesamteuropas zu digitalisieren un allen Bürgern online zugänglich zu machen. Die erreichten Ergebnisse sind allerdings sehr dürftig.

Der Fehlstart der Europäischen Digitalen Bibliothek Europeana Ende 2008 dürfte den meisten noch lebhaft in Erinnerung sein. Sowohl die technische Ausstattung, d.h. Server,die dem ersten Ansturm nicht standhielten, als auch dürftige Inhalte. Seit ihrem Neustart im Dezember verharrt man in einem daueerhaften Beta-Status, auch wenn man das eigentlich immer von Web 2.0-Angeboten sagt 😉 Fraglich ist, ob sie das, was sie verspricht:

Das ist Europeana – ein Ort für Inspiration und Ideen. Durchsuchen Sie die kulturellen Sammlungen Europas, verbinden Sie sich mit den Suchwegen anderer und teilen Sie Ihre Entdeckungen.

Ob sie das je halten können wird?

Die EU-Kommission will endlich Forschritte sehen. Deshalb hat man das Ende 2008 abgelaufene Mandat hochrangier Experte zu Digitalen Bibliothken um ein weiteres Jahr verlängert. Die hochrangige Expertengruppe die Kommission berät, wie man von europäischer Seite den organisatorischen, rechtlichen und technischen Herausforderungen besser begegnen kann.

Die rechtliche Betrachtung ist sehr wichtig für die erfolgreiche Digitale Bibliothek.

Insbesondere geht es der EU-Kommission um Schrankenbestimmungen im Urheberrecht, um einen verbesserten Onlinezugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte auf freiwilliger Basis, um nutzergenerierte Inhalte und um Verbesserungen beim “freie[n] Zugang zu wissenschaftlichen Informationen sowie […] zu Forschungsdaten”.

Zu dieser Fragestellung zählt auch der Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken.

Die rechtliche Seite wird eine schwere Nuss für die Expertengruppe. Sie soll in einer Zeit beraten, wo in den USA und in Europa heftig über den Umgang mit wissenschaftlichen Publikationen (z.B.) und urheberrechtlich geschützten Büchern (z.B. Google Books) gestritten wird. Gerade die Angst vor einem Monopolisten Google für digitale Publikationen macht die Runde im Publikationswesen.

In Deutschland ist die Diskussion zur Zeit sehr aktiv. Hier ziehen Verlage und prominente Geisteswissenschaftler in den Kampf gegen Open-Access-Pläne. Man spricht gerne von Enteignung und einem Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Man gibt sich nichteinmal die Mühe zwischen Open Access und Googles Vorgehen zu unterscheiden. Die Forderung, mit Steuermitteln finanzierte Forschungsergebnisse frei zugänglich zu machen, wird als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit bezeichnet.

Innerhalb kurzer Zeit haben mehr als tausend Unterzeichner sich dem vom Germanisten Roland Reuß initiierten Heidelberger Appell “Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte” angeschlossen. Erste Unterzeichner haben ihre Unterschrift aber auch bereits zurückgezogen.

Gerade heute hat der Konstanzer Bibliothekar Uwe Jochum und Unterzeichner des Heidelberg Appells noch einmal nachgelegt und die großen deutschen Forschungsorganisationen, die sich für Open Access stark machen, in der Frankfurter Rundschau scharf kritisiert:

Wenn die Allianz nun also meint, sie könne den Wissenschaftlern vorschreiben, unter welchen Bedingungen sie zu veröffentlichen haben, dann zwingt sie die Wissenschaftler zur Preisgabe eines Verfassungsrechts. Im Detail geht das so: Im ersten Schritt fordert die Allianz im Namen der Leser einen entgeltfreien Zugang zu den wissenschaftlichen Publikationen. Im zweiten Schritt erwartet die Allianz von den Wissenschaftlern, “dass die Autoren der Gesellschaft, die ihre Forschung durch Steuermittel möglich macht, einen einfachen Zugang zu ihren Publikationen eröffnen”, indem die wissenschaftlichen Autoren ihre Veröffentlichungen auf Open-Access-Servern bereitstellen.

Ist das nun wirklich der direkte Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit? Eric Steinhauer hat sich dazu heute in seinem Blog “Wissenschaftsurheberrecht geäußert und auf die zwei Seiten der Medaille hingewiesen.

Die Publikationsfreiheit, deren genauer Inhalt – rechtswissenschaftlich jedenfalls – noch nicht in allen Facetten ausgeleuchtet ist, ist aber nur die eine Seite der Wissenschaftfreiheit. Freie Forschung heißt auch, ungehinderte Recherche. Das ist die andere Seite.

Die derzeit dürftigen Ergebnisse im Rahmen der EU-i2010-Strategie sind sicherlich auch einem sehr restriktiven und für digitale Werke unzureichend angepassten Urheberrecht geschuldet. Die politische Diskussion in Deutschland ist leider in den letzten Monaten sehr ruhig geworden. Doch das Vorgehen der EU-Kommission dürfte nun auch die deutsche Politik zu einer Stellungnahme zwingen. Die Lobbyisten bringen sich derzeit in Position und versuchen auch durch eine heftige Debatte ihren Einfluss geltend machen. Auf welche Seite sich die Politik schlägt, auf die der Verlage und Geisteswissenschaftler oder auf die der Open Access-Bewegung und den Natur- und Technikswissenschaftlern, ist derzeit nicht abzuschätzen. Verhärtete Fronten in diesem Bereich sind auf jeden Fall zu erwarten.

Ist Open Access in Europa angekommen? Das ist momentan nicht zu sagen. In Deutschland spaltet es derzeit zumindest die Lager in Bibliotheken, Verlagen und Wissenschaft.

Quelle
Gehring, Robert A.: EU-Kommission will Open Access fördern via golem.de

P.S. Lesenwert ist auch der Schwerpunkt Open Access und Geisteswissenschaften der aktuellen Ausgabe von LIBREAS

Das Dilemma des Autor-Google-Verhältnisses

Die FAZ schießt gegen Google. Malerisch beschreibt man das Aufbegehren gegen Google als “Rückzugsgefecht versprengter Truppen gegen eine Übermacht”. Es fehlt bei der Einleitung nur das Wort “Größenwahn” in Bezug auf Googles Politik des Auslotens normativer Grenzen, wenn es darum geht, das Weltwissen verfügbar zu machen.

Dabei geht es nicht nur ums große Geld, sondern auch selten mit ganz legalen Mitteln zu – wie bei großen Eroberungszügen nicht anders zu erwarten.

Alles begann damit, dass Google sich vor erst fünf Jahren an das Riesenprojekt wagte, die Bestände amerikanischer Bibliotheken zu scannen. Neben Public-Domain-Werken, nicht mehr lieferbaren Büchern sind dort aber auch noch urheberrechtlich geschützte und lieferbare Bücher zu finden. Einen Großteil der Masse der Google-Scans betreffen die Books-out-of-Print. Europäische Bibliothekspartner lassen nur gemeinfreie Bücher digitalisieren.

Das dreijährige Mammutverfahren kostete 45 Mio Dollar und häufte eine Million Akten- und Gutachtenseiten an. Oktober letzten Jahres dann wurde der Vergleich “Google Book Settlement” eingereicht und wird seit dem auch durch eine große Anzeigenkampagne und im Internet in 36 Sprachen bekannt gemacht. Damit sollen die Autoren über die Modalitäten des Settlements aufgeklärt werden.

Der Ton wurde leider nicht sachlicher, nachdem der erste Frust niedergeschrieben war. Sicherlich muss man bemängeln, dass die Übersetzung wohl mit Hilfe von Googles hauseigener Übersetzungsmaschine durchgeführt worden war und keine deutschen Urheberrechtler herangezogen worden.

So wird schon auf der ersten Seite aus einem „Verleger“ ein „Herausgeber“ und aus einem „Autor“ ein „Unterklasse-Autor“.

Damit wird dieser Vertrag rechtlich praktisch unlesbar.

Ein zweites Leider mag vielleicht auch gelten. Um herauszufinden, ob die eigenen Werke digitalisiert wurden, hat auch Schwierigkeiten. Metadatenquelle war der Worldcat, der mit 270 Millionen Büchern aus allen Ländern doch recht unübersichtlich ist.

Der FAZ-Autor macht sich auch hier unreflektiert zum Sprachrohr eines (zumindest vom Sprachstil so wirkenden) aufgebrachten Christian Sprang,seines Zeichens Justitiar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Hinzu kommt: Wer das Settlement-Formular ausfülle, gebe schon wieder jede Menge Metadaten von sich preis.

Die Opt-out-Klausel, die es Autoren und Verlagen ermöglicht, Google mitzuteilen, dass sie aus dem Vergleich aussteigen wollen. Dies ist für den Riesen nicht verpflichtend, dass er die Bücher tatsächlich aus dem Netz nehmen muss. Erst mit einer Privatklage in den Vereinigten Staaten kann der Autor/Verlag nachweisen, dass Google amerikanisches Copyright gebrochen hat. Kleine Verlagee und einzelne Autoren können sich dies finanziell nicht leisten. Bis zum Ende der „notification period“ am 5. Mai 2009 müssen sich Autoren bzw. Verlage gemeldet haben.

Die Frage, die sich stellt, ist natürlich, welche Vorteile Autoren davon hätten, dass sie sich dieser größeren Sichtbarkeit entziehen. Muss man auf seinem Recht bestehen, nur um Recht zu behalten? Fast trotzig wirkt hier die Reaktion des deutschen Jusitziars. Welche Nachteile befürchtet man, dass man allen Autoren und Verlagen pauschal dazu rät, Google zu verlassen? Wo gibt es offizielle, sachliche Entscheidungshilfen, die ein Pro & Contra einer solchen Entscheidung klar darstellen oder abwägen?

Am 11. Juni wird das Gerichtin New York dem Vergleich mit hoher Wahrscheinlichkeit zustimmen, da sich hier in den Augen der Richter die Prozessparteien selbständig geeinigt haben.

Sollte trotz von mehreren Seiten angekündigter Einsprüche der Vergleich am 11. Juni bestätigt werden, wird der Tag als Wende in die Geschichte des Urheberrechts eingehen.

Formal gilt dieser Vergeleich nur in den USA, dennoch befürchtet der Börsenverein, dass jetzt das Urheberrecht leichter umgehbar wird. Der Autor sieht dadurch die bisherige Rechtsstaatlichkeit für Verleger und Autoren bedroht.

Google erhält durch diesen Vergleich eine andere Rolle. Die Regelungen des Settlement mit der Authors Guild sehen eine Garantiesumme von 60 Dollar pro unauthorisiert digitalisierten Buch vor. Diese Autoren können mit entscheiden, ob und in welchem Umfang Google das Werk im Zusammenhang mit Werbung nutzen darf. An die Autoren wird außerdem pauschalisiert dreiundsechzig Prozent der Werbeeinnahmen Googles ausgeschüttet.

So wird Google zum Händler und nach 2011 zum Verleger. Denn das gar nicht unrealistische Kalkül der Firma sieht vor, dass höchstens einer von zehn Copyright-Inhabern seine Ansprüche geltend machen wird. Damit fallen die Rechte im Lauf der nächsten Jahre an Google.

Mir ist Unklar, in welcher Form Google hier zum Verleger wird. Wikipedia definiert Verleger:

Früher bezeichnete man mit Verleger den Auftraggeber im Verlagssystem. Heute bezeichnet der Begriff einen Unternehmer, der einen Verlag für Bücher, Noten, Zeitschriften oder Zeitungen betreibt oder leitet. Die Branchenbezeichnung leitet sich von Vorlage ab. Der Verleger geht mit Druck- und Werbungskosten in Vorlage.

In diesem Fall wird Google nicht erst 2011 zum verleger, sondern ist es bereits seit der Verlag Scans erster Bücher der Public Domain angeboten hat.

Die Regelung des Vergleichs sichert Google, dass sollten alle sieben Millionen Rechteinhaber die 60 Dollar pro Buch verlangen, maximal 420 Millionen zahlen muss. Auch diese Rechnung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es sind etwa 7 Millionen Bücher, die digitalisiert worden, aber etwa 500.000 fallen davon unter die Public Domain. Die muss man wohl abziehen. Google scheint nicht mit einer großen Anzahl von Anträgen zu rechnen, denn man stellt 45 Millionen Dollar, d.h. knapp 11 % der Summe für die Auszahlung bereit.

Schon jetzt darf, die Zustimmung des Gerichts voraussetzend, Google alle Bücher einscannen, die bis zum 5. Januar 2009 erschienen sind. „Das ist das eigentlich Teuflische an diesem Plan“, erklärt Sprang.

Kolidieren hier die Wünsche des größten Menschheitsprojekts mit den Vorstellungen des geistigen Eigentums? Sehr schön, jetzt kommen wir zu den tapferen Männlein, die sich gegen die Übermacht stämmen. Auf dieses Bild habe ich direkt seit Beginn des Feuilletons gewartet.

Der Börsenverein hat sich mit der Verwertungsgesellschaft Wort und mit dem Schriftstellerverband verbündet, die sich normalerweise um das Eintreiben von Kopier- und anderen Vervielfältigungserlösen für Autoren kümmert. Die VG Wort soll nun ihren Wahrnehmungsvertrag gegenüber 380.000 Vertragsnehmern um die elektronischen Rechte erweitern. Per Rechtsgutachten ist diese Vorgehensweise abgesichert, es wäre ein Pfund, mit dem sich wenigstens ein wenig wuchern ließe.

Und jetzt passiert was, wo ich stutzte. Bis eben war Google der Buh-Mann und auf einmal träumen nicht alle Autoren davon, Google zu enteignen? Das ist eine sehr unerwartete Wendung am Ende des Beitrages.

Sicherlich muss man Googles Tätigkeiten besser kanalisieren und den Kopf gottergeben in den Sand zu stecken oder einfach das, was Google macht, unreflektiert zu verteufeln.

So gelähmt wirkt die Branche angesichts der Chuzpe, dass viele klagen, der Kampf sei schon verloren – bevor sie ihn aufgenommen haben. Mit den Urheberrechten gäbe man, so der Schriftsteller Thomas Hettche, auf, wofür man Jahrhunderte gekämpft habe.

Etwas ungläubig las ich dann, dass der Digitalisierungskritikier und Schriftsteller Thomas Hettche sich mit einer für seine Arbeit doch so wichtigen Vereinbarung, die seit Monaten durch die Presse geistert, noch nicht auseinander gesetzt hat. Damit reiht er sich wohl in die Mehrheit der Autoren ein.

Das zeigt einmal mehr das man “dagegen” ist, ohne das Problem oder die Möglichkeiten zu beleuchten. Autoren, die sich nämlich auch mit den Chancen auseinander setzen, erkennen, dass sie als passive Nutzer nämlich sogar selbst von Google Books profitieren. Das zeigt aber auch das Dilemma in denen Autoren stecken. Einerseits haben sie nicht wirklich Einfluss auf Google, andererseits gewinnen Sie auch durch die bessere Sichtbarkeit ihrer Bücher. Ich persönlich habe schon mehrfach Fachbücher erworben, die ich in der Bibliothek nicht schnell beschaffen konnte und deren Relevanz ich über Google evaluieren konnte. Also, das ist dann wohl Google Books als die perfekte Werbeplattform.

Glücklich ist die Lösung für beide Seiten nicht, da man mit mehr Einigungsbereitschaft von beiden Seiten im vorfeld eine einvernehmlichere Lösung hätte erzielen können.

Unter den Büchern, die Google digitalisieren will, befinden sich nach Angaben es Börsenvereins allein 50.000 deutschsprachige Titel von Random House Deutschland, dem größten deutschen Publikumsverlag. Random House Vorstandsvorsitzender Joerg Pfuhl ist nicht ganz so ablehnend:

„Grundsätzlich ist der Google-Vergleich eine gute Sache. Er könnte Basis für neue Geschäftsideen sein. Und immerhin hat Google die Urheberrechte nun anerkannt.“ Aber auch er räumt ein, Google habe „viel Misstrauen gesät. Die Vorgehensweise ist bekannt: Fakten schaffen, um dann unter Druck Lösungen zu erzwingen.“

Google muss zeigen, dass es auf der finanziellen Seite wenigstens ein verlässlicher Partner ist und das Vertrauen rechtfertigt, dass Autoren in das Unternehmen einbringen.

Eine letzte Schwarzmalerei kann sich der Autor am Ende des Beitrages nicht verkneifen. Er sieht ein Grundsatzproblem, dass dieser Prozess akut werden lässt.

Werden künftig Werke der Wissenschaft, der Literatur geschrieben, wenn sie sogleich Gemeingut im Internet sind? Was, wenn die neuen Geschäftsmodelle es Urhebern nicht mehr ermöglichen, von dieser Arbeit zu leben: Verschwinden dann ganze Berufszweige und machen den Selbstausstellern Platz?

Da will ich mal ein paar genauso grundsätzliche Gegenfragen stellen. Schaffen wir den Zugang zu Wissen für eine Elite, wenn der Zugang zu Informationen immer kostenpflichtig ist? Geht nicht zu viel Wissen verloren, weil es nicht zur rechten Zeit auffindbar ist? Ist der Schaden für die Allgemeinheit nicht höher, wenn wegen fehlendem Wissenszugang die Forschung erlahmt oder es zu Doppel- und Dreifachentwicklungen kommt (mal abgesehen, dass wir damit zur Zeit sowieso schon zu kämpfen haben)?
Natürlich muss man Google im Auge behalten und verhindern, dass aus Google ein neues Elsevir wird. Google darf kein Monopolist bleiben. Und man mag meinen, die Industrie und damit auch die Content-Industrie, wüßte, dass Konkurrenz das Geschäft belebt Ich weiß, das ist ein abgedroschener Allgemeinplatz, doch die Bestrebungen mit Libreka wirken einfach nur ungeschickt. Da klingt es richtiggehend getroffen, was der Autor zum Schluss schreibt:

Früher hätte man nach der Politik gerufen und ihr erklärt, dass Wissen systemwichtig sei. Doch die Politik scheint sich für all das nicht zu interessieren.

Quelle:
Hintermeier, Hannes: Das Teuflische an diesem Plan via FAZ.Net

Der idealistische Bibliothekar des Internets

Für einen Mann allein wohl eine unmöglich zu bewältigende Aufgabe, aber Brewester Brewster Kahle lässt sich davon nicht abschrecken. Mit großem Enthusiasmus geht er dran, eine Alexandrinische Bibliothek 2.0 zu bauen. Man könnte ihn schmunzelnd als Scherzkeks abtun, aber dazu ist er sich seiner Sache zu sicher. Er schafft es Menschen und Technologien so zusammenzubringen, dass auch die schwierigsten Aufgaben gelöst werden. Er ist ein Visionär, der auf die Probleme aus einem anderen Blickwinkel als andere schaut und sich zutraut, Probleme zu lösen, bei denen andere denken, die wären unmöglich zu schaffen.

Millionär Kahle gibt sein Geld nicht für Klamotten aus, sondern hinter dem einfach gekleideten Mann versteckt sich ein geübter Technologe und ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Er hat Firmen wie AOL und Amazon gegründet und sehr erfolgreich verkauft. Jetzt Zur Zeit setzt er seine Energie dafür ein, ein gemeinnütziges digitales Archiv mit freien Inhalten aufzubauen, seien es Bücher, Filme, konzerte usw. – ganz ähnlich der legendären Bibliothek von Alexandria. Dies bringt ihn in Konflikt mit dem Giganten Google, der ein ähnliches, aber doch eher kommerziell ausgelegtes Ziel verfolgt.

Kahle graduierte 1982 am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Dort studierte er mit dem artificial-intelligence guru Marvin Minsky. Er trat einer Gruppe von MIT Alumni bei, welche die Firma Thinking Machines gründete, die Parallele Supercomputer herstellten. Dort arbeitete er mit Größen wie Richard Feynman (Nobelpreis-Gewinner), Dr. Minsky and Daniel Hillis zusammen.

1989 gründete er seine eigene Firma WAIS Inc und baute dort auf die Suchtechnologie auf, die bei Thinking Machines entwickelt worden war. Zu seinen Kunden zählte das Wall Street Journal, welche die erste News-Site aus Subskriptionsbasis war oder die Zeitschriftenfirma CMP, die ein Pionier der Online-Werbung war. Da Kahle die Bedeutung von Bezahlsystem, Online-Privacy und Nutzer-Ratings begriffen hatte, lag er fast ein ganzes Jahrzehnt vor seinen Mitbewerbern. 1955 wurde seine Firma für wohl 15 Millionen Dollar von AOL erworben.

1996 liefen schon fast ein Dutzend Patente auf den Namen Kahle. In dem Jahr wendete er sich seinem nächsten Projekt zu, dem gemeinnützigen Internet Archive. Außerdem gründete er zusammen mit einem ehemaligen Kollegen eine neue Firma namens Alexa. Diese Firma verfolgt und analysiert die Wege, denen Menschen folgen, wenn sie sich im Web bewegen, um ihnen behilflich sein zu können, ähnliche Informationen zu finden. Alexa wurde 1999 von Amazon für geschätzte 250 Millionen Dollar erworben. Kahle arbeitete dort noch bis 2002, bevor er sich ganz dem Internet Archive widmete.

Der bekannteste Teil des Archivs ist die Wayback Machine. Auf diesem “Online-Dachboden digitaler Erinnerungen” werden Kopien von Internetseiten aufgehoben, so dass man schauen kann, wie eine Website vor einigen Jahren ausgesehen hat. Man könnte auch sagen, das Archive ist das Museum des Internets. Das Internet heute ist für viele das erste Medium der Wahl für kulturelle Erzeugnisse und die Wayback Machine ermöglicht einen Zugang dazu zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Und es gibt an der Stelle mehr als nur wissenschaftliches Interesse, was mehr als 500 Zugriffe pro Sekunde bestätigen.

Zusätzlich zum Archiv von Webseiten gibt es eine Audiobibliothek mit mehr als 300.000 MP3-Dateien, ein Filmarchiv mit mehr als 150.000 Filmen und Videos und ein Livemusikarchiv mit Aufnahmen von mehr als 60.000 Konzerten. All diese Sammlungen sind kostenlos zugänglich.

Das ist ein guter Schritt in Richtung Ziel von Herrn Kahle, der die weltgrößte digitale Bibliothek aufbauen möchte. Dazu hat er auch welltweit 135 Bibliotheken für die openlibrary.org gewonnen. Ziel dieses Projektes ist es, einen Katalog zu jedem jemals erschienenen Buch zu schaffen und da, wo es möglich ist, zum Volltext zu verlinken. Um das zu erreichen, digitalisiert das Internet Archive in Zusammenharbeit für seine Bibliothekspartner täglich mehr als 1000 Bücher. Dafür zahlen die Bibliothek über 30 Dollar. Die digitalisierten Kopien dürfen dabei von beiden Parteien genutzt.

Über 200 Menschen arbeiten für das Internet Archive, welches ein jährliches Budget von 10 – 14 Millionen Dollar benötigt. Anfangs hat Herr Kahle dieses Geld gespendet, doch inzwischen kommen mehr und mehr Spenden von Stiftungen und Bibliotheken, die dafür bezahlen, dass ihre Bücher digitalisiert werden.

It also runs a variety of one-off projects, such as a collaboration with America’s space agency, NASA, to make available photos and films relating to the history of the space programme, and a “print on demand” system to turn digital files into physical books in minutes.

Herr Kahle wirkt mit seinem Stil unbekümmert und lässig, aber der 48-jährige steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden und weiß sich auch gegen starke Gegner zu wehren.

“Come back when you have a warrant,” reads the floor mat underneath his office recliner. It was a gift from the Electronic Frontier Foundation (an activist group on whose board Mr Kahle sits) after Mr Kahle refused to hand over information about one of the Internet Archive’s users to the Federal Bureau of Investigation in 2007.

Dieser Aktivist für Online Privacy ist auch ein überzeugter Befürworter der Offenheit. Er bestand auf einer extra für das Internet Archive entwickelten Open-Source-Suchmaschine (Scribe). Auch die “PetaBox”, die eine Million Gigabyte Daten speichern kann, ist auf Open-Source-Basis entwickelt worden.

“Everything Brewster does is open. He personifies openness,” says John Seely Brown, who sits on Amazon’s board of directors and was previously the chief scientist at Xerox, and the director of its Palo Alto Research Centre. Being open “is the right way to have a thriving industry,” says Mr Kahle. “I have been much more successful when letting people know what I want to do. I get much more help that way.”

Dieser große Enthusiasmus Kahles für eine solche Offenheit enhält implizit auch eine Kritik an dem viel größeren Buchdigitalisierungsprojekt von Google. Auch die Googlegründer haben ein ähnliches Ziel wie Herr Kahle, auch sie wollen das Wissen der Welt organisieren und es allen zugänglich und nutzbar zu machen. Da das meiste Wissen immer noch in Büchern enthalten ist, scannt man sie.
Während für das Internet Archive den Focus auf gemeinfreie Werke legt, um sie im Volltext zugänglich zu machen, so scannt Google mehr als 7 Millionen neuere Werke, von denen die meisten noch urheberrechtlich geschützt sind. Diese werden in kleinen Auszügen zugänglich gemacht.

Auch wenn Google bisher behauptete, man würde nicht das ganze Werk zugänglich machen und damit weder eine Copyrightverletzung begehen noch die Erlaubnis der Verlegerbenötigen, zwangen die Verleger den Suchmaschinengiganten zu einer Vereinbarung Oktober 2008. Eine endgültige gerichtliche Entscheidung wird Juni dieses Jahres erwartet.

Under the terms of the settlement, Google will put copyrighted works online only with the permission of publishers, who can also decide whether to make a preview available or not. Google will also be allowed to sell access to entire books online, sharing the proceeds with publishers. It has, in other words, struck a deal that will allow it to go on scanning books and make money providing access to them online.

Die Herangehensweise von Herrn Kahle, die Anzahl der verfügbaren Bücher zu erweitern, ist anders. Wenig erfoglreich verklagte er die die amerikanische Regierung (Kahle vs. Gonzales), übermäßig restriktive Copyyrightregelungen rückgängig zu machen. Eine Verkürzung des Schutzzeitraumes hätte die Zahl der gemeinfreien Werke dramatisch gesteigert und die Zahl der digitalisierbaren und damit frei zugänglichen Online-Werke erheblich erhöht. Davon hätte jeder profitiert.

Googles rechtliche Einigung hat eine Kontroverse verursacht. Die Einigung bedeutet, dass Google jetzt die einzige große Firma ist, die eine bedeutende digitale Sammlung copyrightgeschützter Bücher ist. Einige Bibliothekare befürchten, dass dies der Internetfirma riesige Macht gibt. Nicht umsonst heißt es “Wissen ist Macht” und nicht umsonst wird viel Geld für Informationen bezahlt.

“This is a more powerful monopoly than we’ve ever seen for access to 20th-century material,” says Ms Moore of the University of Toronto. “We do not have a good track record in negotiating good prices with monopolies.” Similar concerns led Harvard University to reduce its participation in Google’s project.

Die Meinung ist nicht eindeutig. Andere Bibliothekare begrüßen das Google Settlement als einen guten Kompromiss, aber nichts ist perfekt und betrifft nicht die Kritikpunkte, die Herr Kahle und andere Internetanbieter am Copyright-Gesetz äußerten. Herr Kahle möchte alles frei haben. Darin wird er auch von Bibliothekaren unterstützt, aber Bibliotheken müssen große Abstriche machen bei dem was sie sammeln und archivieren und dem, was sie zugänglich machen können.

Obwohl beide Projekte sehr verschiedene Ansätze wählen – eines einen idealistischen, das andere einen pragmatischen – kann es sein, dass sich beide eigentlich gut ergänzen. Bibliotheken können mit beiden Projekten zusammen arbeiten. Und falls die Dinge bei Google schief laufen, können Bibliotheken immer noch woanders hingehen. Wenn die Preise bei Google zu hoch werden, können und werden sich andere Mitspieler finden, die die Werke erneut scannen. Es gibt noch genug Originalquellen. Auch den Nutzern ist es freigetellt, ihren Service zu wählen, um Zugang zu erhalten, wie das bei den gemeinfreien Büchern nachvollziehbar ist.

It may be that a lack of library funds, rather than Google, poses the biggest short-term threat to Mr Kahle’s dream. Google covers the cost of scanning libraries’ books. But to get into Mr Kahle’s archive, libraries must either do their own scanning or pay the archive to do it. And, like everyone else, libraries are feeling the financial squeeze at the moment.

Herr Kahle ist sehr vorausschauend. Universeller Online-Zugang zu allem Wissen ist ein Ziel, dass wohl während unser Lebensdauer nicht erreicht wird, aber wenn man ein solches weitentferntes Ziel wählt, kann man viele Leute darauf einschwören. Kahle will kein Imperium aufbauen, seine Idee ist es, die Zukunft zu schaffen.

Quelle:
The internet’s librarian :engl: in The Economist, 05.03.2009

Aufmerksam geworden über:
Robes, Jochen: The internet’s librarian :engl: bei Weiterbildungsblog

Errata als Kommentar 2

Ökonomische und kulturelle Effekte des File Sharing

Die niederländische Studie “Ups and downs – Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games”:engl: gibt die Ergebnisse des gemeinsamen Projects der wissenschaftlichen Forschungsinstitute TNO, SEO und des Institutes für Informationsrecht der Universität von Amsterdam wider. Auftraggeber war das Niederländische Ministerien für Wirtschaft, Justiz und Bildung, Kultur und Wissenschaft.
Die empirische Untersuchung basiert auf einer repräsentativen Umfrage bei 1500 Internetnutzern in den Niederlanden.

Diese Studie macht deutlich, dass ökonomische und kulturelle Effekte nicht nur kurzfristig zu betrachten sind. Das Ergebnis der Wissenschaftler, die das File Sharing primär unter Copyright-Aspekten betrachtet haben, wird nicht allen Verfechtern von Urheberrechten gefallen.

The research shows that the economic implications of file sharing for welfare in the Netherlands are strongly positive in the short and long terms. File sharing provides consumers with access to a broad range of cultural products, which typically raises welfare. Conversely, the practice is believed to result in a decline in sales of CDs, DVDs and games. Seite 3

So stehen 200 Millionen Euro “Wohlfahrtsgewinne” einem geschätzten Gewinn von 100 Millionen Euro der Musikindustrie gegenüber. Die Vorwürfe der Musikindustrie sind wohl jetzt eindeutig entlarvt als “aus der Luft gegriffen”. Eher versuchte man damit Zeit zu gewinnen, um eine verfehlte Firmenpolitik zu verschleiern.

The industry’s defensive strategy has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. Seite 5

Auch in Zukunft werden die Musikfirmen nicht mehr allein mit dem Verkauf von Musik überleben können. Neue Geschäftsmodelle sind hier in Entwicklung.

In der Filmindustrie sind konstante Einnahmen zu verzeichnen. Kino-Besuche und DVD-Verkäufe nehmen zu, aber andere Marktbereiche wie der DVD-Verleih nehmen ab. File Sharing ist hier weniger zu verzeichnen, da viele einen Film einmal ansehen.

Auch bei Games sind keine negativen Effekte des File Sharing zu verzeichnen. Hier ist noch ein großes Wachstum zu verzeichnen.

The specific platform-restricted hardware-software-content marriage makes the official game release so attractive – compared with a music CD – that this industry might well be able to better prevent or sidestep the file sharing that besets the music business. The hardware-software-content combine also gives large producers and distributors in the industry more scope to ensure profitable operations. Seite 5

Die Einbrüche der Musikindustrie liegen vielleicht auch darin begründet, dass ein Großteil der Jugendlichen ihr Geld, das sie nur einmal verteilen können, lieber in Filme und Games investieren.

Eine deutliche Erkenntnis ist:

Yet we now know that the music industry’s initial defensive strategy of legal measures and DRM protection has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and that the industry has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. And so it has seen other players, such as Apple, claim key market positions in marketing and delivering digital music files. Seite 116

Die Autoren wenden sich gegen eine Verschärfung des Urheberrechtes. Die rechtliche Situation in den Niederlanden stellt sich anders als in Deutschland dar:

Downloading copyrighted content from file-sharing networks, websites and other sources for one’s own use is permitted by law in the Netherlands. Games – being computer programs – are an exception as they enjoy wider protection. Seite 117

Derzeitige Entwicklungen in Europa, den Endnutzer zu kriminalisieren, kritisieren sie stark. Gerade Rolle von Zwischenakteuren wie Internetprovider, Serviceanbieter, die bei P2P-Vorgängen zwangsweise beteiligt sind, werden in der europäischen Debatte immer stärker diskutiert. Sie sollen herangezogen werden, um sowohl diejenigen ausfindig zu machen, die unauthorisierte Inhalte anbieten, als auch um dann entsprechende Maßnahmen gegen diese zu ergreifen.

Die Autoren sehen hier bereits ausreichende Möglichkeiten im Gesetz verankert, um gegen entsprechende Urheberrechtsverletzungen vorzugehen.

The law provides right holders with a range of enforcement measures, in particular with respect to unauthorised uploading on a commercial and large scale – preferably in line with, or after new business models have been developed, thus creating real alternatives. In the case of civil enforcement against large-scale uploaders, right holders and other parties in the distribution chain could join forces. This should not, however, be undertaken at the expense of the basic principles of justice such as proportionality, legal certainty and the protection of fundamental rights and procedural justice. Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 117 – 118

Ihre Forderungen sind unter anderem:
Innovation in the music industry – Die Musikindustrie sollte neue Geschäftsmodelle entwickeln und differenziertere Vertriebsmöglichkeiten bereitstellen.

A strategy that focuses solely on law suits and DRM is not the best response, in particular as it remains to be seen whether a fully authorised, paid-for downloading market would generate sufficient revenues to revive the music industry. Seite 121

Don’t ‘criminalise’ individual end users – educate them
File Sharing und P2P-Networks sind Innovationsmotoren gewesen. Es wäre dumm, Nutzer zu kriminalisieren, nur weil die Inhalte aus einer illegalen Quelle kommen oder sie auf Grundlage von Peert-to-Peer weitergegeben werden.

said, the provision of information and education is still
vital, if only because research has shown that there is still much uncertainty among both users and suppliers about what is – and is not – permitted. We also saw that many consumers are ill-informed about the techniques used and unaware of the fact that they are often downloading and uploading at the same time. A better awareness of what is and is not lawful is also important in relation to the acceptance of new business models.
There is a role to play here for government – and for the industry itself. Seite 122-123

Enforcement – Bevor es zu einer zwanghaften Durchsetzung von Rechten oder der Verschärfung von Gesetzen kommt, muss die Industrie in Vorleistung gehen und passende Alternativen zum Filesharing anbieten. Außerdem reichen die vorhandenen Gesetze aus.

Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 123

Monitoring and research
Die Autoren sehen einen weiterhin bestehenden Bedarf an Beobachtung und Forschung. Zukünftig werden nicht nur die Musik-, Film- und Spieleindustrie vom Feilsharing betroffen sein, sondern auch TV-Sender und E-Books.

Die Studie bezieht sich zwar in vielen Punkten auf den spezifisch niederländischen Rechtsbereich, aber grundlegende Erkenntnisse lassen sich sicherlich auch für Deutschland verallgemeinern.

Quellen:
Huygen, Annelies et al.: Ups and downs : Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games:engl: des IVIR
Keller, Paul: Ups and Downs: File-Sharing ist gut für die Ökonomie via Netzpolitik.de

Der Kindle 2 lernt schweigen

Es gibt Streit um die Vorlesefunktion des Kindle 2. The Authors Guilde sieht darin Rechte der Autoren:engl: verletzt. Nun reagiert Amazon.com. Nicht jedes Buch soll vorgelesen werden.

Darüber sollen künftig Autoren und Rechteinhaber entscheiden können. Amzon betont allerdings, dass sie damit nicht bestätigt, dass die “experimentelle Text-zu-Sprache-Funktion” nicht illegal ist. So würde ja keine Kopie angefertigt, kein abgeleitetes Werk erstellt und eigentlich auch nichts vorgetragen. Man wolle aber den Urhebern das Recht zur Betimmung über die Verwendung ihrer Werke nicht aus der Hand nehmen.

Die Authors Guild:engl: vertritt jedoch die Meinung, dass die Vorlesefunktion aus Büchern Hörbücher macht und deshalb wären dafür Tantiemen fällig.

Nach Amazons Kehrtwendung ist Aiken noch nicht rechtlos [sic!] überzeugt. Man müsse abwarten “wie das genau implementiert wird”, sagte er dem Tech Blog der “L.A. Times”.

Nun ja, da ist wohl noch einiges zu klären, auch auf rechtlicher Ebene, denn der Kindle ist bei weitem nicht das einzigste Gerät, welches Schrift in Ton umwandelt. So weist Apples Betriebssystem Mac OS X beispielsweise eine solche Funktion auf. Bei der “Text to speech”-Software gibt es in unterschiedlichen Versionen und Qualitätsstufen. Außerdem gibt es bereits solche Software als Freeware.

Durch den Rückzug von Amazon wird es wohl noch eine Weile dauern, bis auch gerichtlich geklärt wird, ob diese Vorlesesoftware illegal ist. Dabei muss man vor allem an jene Nutzer denken, die Sehbehindert sind und die durch die Vorlesefunktion weit mehr Informationen relativ schnell und unkompliziert erhalten können.

Quelle
Bei manchen Büchern soll Kindle stumm bleiben via Spiegel online

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