Screenshot Sony's Reader Store mit Schließungsankündigung

Gibt ein alter E-Book-Hase auf?

 

Verabschiedet sich Sony von seiner E-Book-Sparte? Schlägt hier die Konkurrenz von Amazons Kindle + Shop zu und zwingt einen der ersten Anbieter, sich vom Mark zurück zu ziehen? Ich gebe zu, ich besitze einen Sony-Reader und wir zwei sind nie wirklich miteinander warm geworden, nachdem ich auch das bequeme Handling des Kindle zu schätzen gelernt habe (und weil Amazon einer der größten Anbieter ist, muss ich nicht fürchten, demnächst ohne Bücher dazustehen). Dennoch ganz ohne Sony kam ich nicht aus, denn Amazon hat nicht alle Bücher im Angebot (man staune, aber so ist es), erlaubt keine Nutzung der Onleihe (anderes Format) und eigentlich wollte ich nicht nur bei Amazon kaufen (wurde aber einfach zu umständlich mit dem Sony und den schlechten Martplätzen von Thalia, Jokers, Weltbild und Co.). Während man die Bücher bei Sony irgendwo auf einem echt internetfähigen Gerät kauft und am besten dann von da aus auch gleich über ein Kabel auf den Reader schiebt, kann man bei Kindle das gekaufte Buch einem Gerät zuordnen und sobald dieses das nächste Mal sich in ein WLAN-Netzt einklinkt, wird das gekaufte Buch synchronisiert. Einfacher geht nicht!

Was sehe ich gerade als problematisch an:

  1. Hier werden Informationen über Leser (Bestandskunden) ausgetauscht.
  2. Was passiert allerdings mit dem Shop-Angebot? Mit der Langzeitverfügbarkeit der Bücher?
  3. Kobo kann nur die Rechte für die Bücher verwalten, die in ihrem eigenen Shop angeboten werden. Für alle anderen Bücher wird es komplizierter.

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DRM und Öffentliche Bibliotheken

Eckhard Kummrow von der Hessischen Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken sprach auf der Frankfurter Buchmesse dieses Jahr in diesem Interview mit dem Stadtfernsehen Dreieich.

Er erklärt, warum BibliothekarInnen auch in Zeiten des Internets die Buchmesse besuchen und welche Aufgaben die Hessische Fachstelle für ÖBs hat. Interessant fand ich seine Sichtweise auf Digital Rights Management und die damit verbundene Definition von DRM:

DRM ist die Abkürzung für Digital Rights Management, also die Notwendigkeit die digitalen Werke aus der Bibliothek kopierzuschützen und vor unrechtmäßiger Benutzung zu schützen und auch eine Ausleihe zu ermöglichen, d.h. daß es dem Nutzer nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung steht.

Ich weiß, dass Öffentliche Bibliotheken schwer an digitale Medien gelangen, die sie als Download ihren Nutzern anbieten, dennoch bin ich etwas geschockt, wie sehr Bibliotheken mitlaufen, z.B. das einzige Gerät, dass DRM-geschützte Hörbücher abspielt), um überhaupt Angebote machen zu können. Heißt das in Zukunft, dass die Anbieter digitaler Medien zunehmend den Bibliotheken auch die Geräte aufzwingen, mit denen sich ihre Medien nutzen lassen? Wird elektronisches Werk mit Gerätebindung das neue „analoge Werk“ in der digitalen Ausleihe?

Hier spricht viel dafür, dass Bibliotheken auf eine stärkere Standardisierung achten müssen bei dem, was sie digital Einkaufen. Wenn es schon nicht ohne DRM geht, dann bitte soll der Nutzer die Werke dennoch mit seinen handelsüblichen Geräten nutzen können. Es ist für Bibliotheken ein Kampf an zwei Ecken: einmal der Kampf um passende digitale Medien und auf der anderen Seite um ihre Unabhängigkeit von Geräten durch entsprechende Einhaltung von Standards beim verwendeten DRM.

So umgehen Sie das Kindle-DRM

Amazon schafft es mit immer neuen Angeboten, z.B. das E-Book zum Buch (kostengünstig, kostenfrei) oder die kostenfreien MP3s zur gekauften CD (Autorip), Kunden dauerhafter an sich zu binden. Das Kindle-DRM stört jedoch viele, weil es das Buch von einem bestimmten Lesegerät abhängig macht und somit den Nutzer auf einen bestimmten Anbieter festlegt. Das folgende Video, das Michael Schmalenstroer in seinem Blog vorstellt, zeigt eine Variante, wie man Kindle-DRM oder sicherlich auch das DRM der Onleihe oder andere ePub-E-Books ganz analog umgehen kann. Das Video zeigt auf sehr kreative Weise, wie man seine Privatkopie sichern kann. Umgesetzt wurde diese Variante des „Do-it-yourself Buchscanners“ durch Peter Purgathofer, Professor für interaktive Systeme an der TU Wien.

DIY kindle scanner from peter purgathofer on Vimeo.

Im Ganzen ist dies nichts anderes als die Do-it-yourself-Scanner zum Einscannen ganzer Bücher.

Quellen:
Wie man E-Books mit Lego und Laptop von DRM befreit, iRights.info
Schmalenstroer, Michael: Wie man auf analoge Weise das Kindle DRM knackt, Schmalenstroer.net

SiDiM – Schwachsinn der zur Methode wird?

DRM war diese Woche aber auch aus einem anderen Grund Thema. Das Fraunhofer-Institut für sichere Informationstechnologie und Forscher der TU Darmstadt testen derzeit eine automatische Personalisierung von E-Books unter dem Projekttitel „SiDiM“. SiDiM steht für „Sichere Dokumente durch individuelle Markierung“ und soll digitale Texte mit einem kommerziellen Wert oder anderen Gründen, z.B. Dokumente mit Betriebsgeheimnissen, vor unkontrollierter Verbreitung schützen, da diese ein Hindernis für die Verbreitung oder besser gesagt den Vertrieb auf digitalem Wege sei. Der Kopierschutz ist ein psychologischer: Nicht die Datei sondern deren Inhalte sollen individualisiert werden. Aus „unbrauchbar“ wind z.B. in einem anderen Exemplar „nicht brauchbar“. So sollen Raubkopien verhindert werden.

Das Fraunhofer Institut SIT schreibt:

Eine Lösung dieses Problems ist die Individualisierung der Dokumente durch sichtbare und unsichtbare Markierungen, die einzelne Kopien unterscheidbar machen. Benutzer werden so zu einem verantwortungsvollen Umgang mit ihrer Kopie angehalten und vor illegaler Weitergabe abgeschreckt, da die Kopien anhand der Markierung auf sie zurückverfolgt werden können. In SiDiM sollen daher als Kerninnovation effiziente und neuartige Individualisierungsmechanismen auf der Basis von Digitalen Wasserzeichen realisiert und als Anwendungsfall in die Wertschöpfungskette von Ebooks integriert werden.

Die Unveränderbarkeit von Text ist das derzeit größte Gut von gedruckten Büchern, wenn es um die wissenschaftliche Nutzung kennt. Über verschiedene Verfahren versuchen Bibliotheken und ihre Repositorien bei elektronsichen Werken nachweisen, das ihre Dokumente unverändert geblieben sind (Digitale Fingerprints aus einem Hashwert bestehend). Und die Buchbranche arbeitet nun daran, dies ein für alle Mal durch „Individualisierung“ als Kopierschutz-Technologie zu zerstören.

Der Text wird automatisch verändert, was in der Wissenschaft, wo es darauf ankommt, gerade bei wörtlichen Zitaten, den Autor einer Aussage, Behauptung genau zu zitieren. Ein Wörtliches Zitat heißt, dass dieses Zitat Buchstabe für Buchstabe mit der Textfassung übereinstimmen muss. Da wird es schwierig, wenn in einem Exemplar im Vergleich zu einem anderen, plötzlich ein anderes Wort steht oder der Zeilenumbruch in einem Gedicht verändert wurde. Wird man zukünftig zitieren müssen „Autor, Titel des Werkes, zit. nach: Exemplar von Frau sowieso, 5. Exemplar der Bibliothek XY?“, nur damit der Wissenschaftler nicht mehr in Beweisschwierigkeiten kommt? Oder muss man das Buch mehrfach erwerben, um herauszufinden, welche Stellen dem Original entsprechen?

Kleine Textänderungen mögen auf dem ersten Blick harmlos und sicherlich auch vertragl. mit dem Autor regelbar sein. Auch Belletristik kann Gegenstand von Texteditionen, Literaturwissenschaftlichen Arbeiten etc. uns somit Teil von Forschung sein. Das verursacht Bauchschmerzen und Bibliothekare und Bibliothekarinnen sollten Stellung dazu beziehen, nicht dass dies ernsthaft wahr wird.

Haupt kommt in Bezug auf Autoren zum Fazit:

Vorweg: SiDiM ist als Entwicklung zunächst einmal kein Kurzwechsel in Sachen “hartes DRM”. Der Börsenverein beziehungsweise dessen Wirtschaftstochter MVB predigt schon seit Jahren den Verzicht auf harten Kopierschutz. Das Akezptanz-Problem liegt nicht bei Verband oder Händlern, sondern bei den Verlagen und (glaubt man Verlagsmenschen: vor allem) bei den Autoren, die teilweise ausdrücklich auf einem harten Kopierschutz bestehen sollen. Ob man diese Gruppe mit einer semantischen Veränderung ihrer Texte gewogen stimmen kann, muss doch sehr bezweifelt werden.

Auffallend ist, dass derzeit keine positiven Reaktionen auf diese Variante gibt.

Das Projekt läuft in Zusammenarbeit mit CoSee (Konsortialführung), 4Readers (EKZ), juni.com und Notos Rechtsanwälte sowie die MVB (Konzeption, Implementierung und Validierung einer Architektur). Finanziert wird die Forschung im Rahmen von KMU-innovativ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Der Börsenverein ruft derzeit zur Evaluierung der „sichtbaren Wasserzeichen“ auf.

Und hier noch eine kleine Erinnerung aus Sicht von Mela Eckenfels, einer Autorin, warum DRM sterben muss (2011):

Einige Reaktionen aus dem Netz:
Meier, Steffen: Projekt SiDiM: DRM bei E-Books und Unmut im Netz, Meier meint
Pachali, David: Kopierschutz: Forscher wollen E-Books individualisieren, irights.info
Haupt, Johannes: DRM der Zukunft: Individualisierte E-Books. Ernsthaft?, Lesen.net
Holzhauer, Steffen: Neue Posse des Börsenvereins: inhaltsverändernde Wasserzeichen in eBooks, Phantanews
Eckenfels, Mela: Kopf sucht Tischplatte: Wasserzeichen-DRM, Schreibsucht
Warner, Ansgar: “Vorsicht, Buchfälscher”: Börsenverein plant automatische Textmanipulation als DRM-Variante, E-Book-News.de
Kim: SiDiM vs. DRM: Neuartiger Kopierschutz schreibt eBooks um, E-Book-Fieber.de
Hoffelder, Nate: New DRM Promises to Ruin a Good eBook in the Name of Protecting It, The Digital Reader

Ein DRM-Unverständnis-Grummel-Posting (ein kleiner Rant)

Und gleich ein Disclaimer vorneweg: Dieses Posting ist nicht vollständig zuende durchdacht und beinhaltet nur einige Aspekte, diesmal aus der Anti-DRM-Sicht. Eine andere Sicht habe ich im ersten Teil Ein (kleines) DRM-Missverständnis-Grummel-Posting veröffentlicht. Heute gibt es mal die andere Richtung, damit Oliver Flimm nun nicht völlig entsetzt bleibem muss, dass von bibliothekarischer Seite her jemand findet, dass bei DRM alles halb so schlimm ist. Daher ziehe ich das Posting mal vor, das eigentlich für nächste Woche geplant war.

Hartes DRM, weiches DRM – vieles ist ein Risikospiel für Verlage, Bibliotheken und Nutzer.
Nur noch Lizenz statt Eigentum. Je mehr rechtlich digital festgelegt werden kann, desto eher sind Inhalteanbieter dabei, ihr Eigentum bei sich festzuhalten und eine Nutzung nur noch zu ihren Bedingungen zuzulassen. Auf Dauer besteht hier die Gefahr, dass unliebsame Kundengruppen ausgeschlossen werden, z.B. Bibliotheken, die gerne Ihren Nutzern einen Zugang zu den Inhalten gewähren wollen. Sollten hier Content-Konzerne dauerhaft über die gesamte Zeit die Art der Benutzung bestimmen können, sind Meinungsfreiheit und die Wissenschaft ernsthaft gefährdet. Open Access als Alternative wird im wissenschaftlichen Bereich dann auch immer unausweichlicher – publish oder perish, wobei es besser heißt, veröffentlichen und zugänglich bleiben. Bleiben bei Wissenschaftspublikationen dann die Verlage dauerhaft außen vor? Möchten sie durch DRM ihre eigenen Märkte topedieren?

Öffentliche Bibliotheken sollen u.a. auch all jenen Zugang zu Informationen gewähren, die aus eigenen finanziellen Mitteln diesen nicht aufrecht erhalten können. Werden Bibliotheken durch Lizenzen, DRM-Kosten und dergleichen abgehalten, dieser Aufgabe nachzukommen, ist dies ebenfalls ein großer Schaden für die Meinungsfreiheit in deutschen Landen und ein weiteres Armutszeugnis für Verleger und Bibliotheken, die häufig nichts dafür können.

Kreativ gedacht sind Angebote wie Onleihe oder Ciando wohl kaum, wenn die Benutzbarkeit nur schwer möglich ist. Warum versucht ihr krampfhaft alte Geschäftsmodelle festzuhalten mittels DRE? Ach ja, ihr müsst eure Investitionen schützen und die eurer Autoren. Aber schützt ihr die nicht besser, wenn ihr angemessene Umsätze generiert und diese vernünftig ausschüttet? Konzentriert euch vielleicht mehr auf den Service für Autoren und Leser als auf DRM.

Was passiert derzeit: DRM ermöglicht es scheinbar, alte Geschäftsmodelle zu verfeinern, z.B. keine Weggabe mehr von einem Buch, wobei der Konsument gegen die Bezahlung einer einmaligen Summe Geld das Eigentum am Träger Buch/CD erhielt. Danach galt der Erschöpfungsgrundsatz und der Käufer konnte mit dem Buch bzw. der CD machen, was er wollte (verschenken, vererben, verbrennen, ein Privatkopie anfertigen usw.). Heute bleibt das Eigentum beim Vertreiber und es geht nur noch um Zugänge, die dann durch den Contentanbieter sogar dauerhaft kontrolliert werden können (Lizenz) und für die immer wieder Geld verlangt werden kann (fürs Hosting, für die Fortführung der Lizenz, für die Archivierungsrechte, für die Aktualisierung etc.) – boah, die Entdeckung des eigenen Goldesels. Dadurch verschieben sich die rechtlichen Relationen genauso, wie die uns suggerierten, wenn es um Eigentum geht, d.h. Eigentum wird zugunsten von Zugang abgelöst. Und frecherweise wird dann besonders im privaten Bereich auch noch einfach behauptet, Eigentum sei etwas Belastendes, das man immer mit sich rumschleppen muss, das einen die Luft zum Atmen nimmt und das einschränkt. Wer heutzutage materielle Dinge sammelt ist sehr schnell ein Messi. Also, alles für die persönliche Freiheit! (Ergänzt: Die neuen Relationen im Bezug aufs Recht sind sehr gut gut erklärt bei Oliver Flimm.)

Was transportiert der DRM-Anwender nach Außen? Es sind die gleichen Argumente, die man schon im Rahmen von Musik und Videospielen gelesen hat, aber sie gelten auch hier. Lieber „Käufer“, du bist so dumm, schlecht zu nutzende und restriktiv lizensierte Ware zu kaufen. Vermutlich bist du auch ein potentieller Dieb „geistigen Eigentums“ und deshalb müssen wir uns und unser Eigentum (was ja eigentlich den Autoren gehört, aber gut an dieser Stelle) vor dir schützen. Deshalb sagen wir, du bist kriminell und wir ergreifen alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen, um dir das auch zu sagen.

DRM kostet und ist häufig wenig effektiv. Schon nach kurzer Zeit gibt es umtriebige Gesellen, die die Schwachstellen in den Systemen ausfindig machen und somit eure Entwicklungskosten für DRM, selbst wenn ihr es einkauft, nach oben treiben. Dadurch werden eure digitalen Produkte teuerer als sie sein müssten. Legt lieber Wert auf gute Qualität bei Layout, Rechtschreibung und Grammatik als auf den Schutz vor Piraterie. Ein Großteil Nutzer ist bereit, für elektronische Medien zu zahlen, wenn sie dabei Zeit sparen, eine schlechte, aber immerhin bessere Qualität als DRE-kastrierten Schrott aus anderen Quellen zu beziehen, die euch kein Geld einbringen.

Lizenzen und somit auch DRM zerstören Kindheitserinnerungen. Wer heute seinen Kindern diese bunten elektronischen Bücherchen kauft, die DRM geschützt sind, verhindert, dass diese Kinder später dieses bunte E-Book mit seinen Kindern anschauen kann. Verlage werden wohl kaum die Bücher langzeitarchivieren, es sei denn es lässt sich damit Geld verdienen. Bibliotheken werden diese Bücher nur schwer auf Dauer archivieren können, wenn falsch eingesetztes DRM einen Zugriff auf die Datei verhindert, z.B. weil Nutzungszeiträume abgelaufen sind, die Datei auf zu vielen Geräten bereits installiert wurde oder schlichtweg die Formatierung in eine aktuellere Formatversion eine nicht zulässige Bearbeitung der Daten darstellt. Langzeitarchivierung ade!

DRM schafft Abhängigkeiten. Ein Trend zur Globalisierung ist da bereits seit Jahren zu beobachten. Wer bei Amazon kauft, kann seine E-Books nur mittels weiterer Amazon-Produkte lesen. Wer bei Ciando kauft, kann sein E-Book nicht auf einem Amazon-Produkt lesen usw. DRM-Server werden im großen Stil von Adobe betrieben. Man ist also an verschiedenen Stellen an riesige Anbieter gebunden. Diese erhalten zunehmend eine Monopolstellung und werden somit entscheidend bei der Wahl- und Meinungsfreiheit, die darunter erheblich leidet. Diese Anbieter können dann auch zunehmend den Autoren und kleineren Verlagen ihre Bedingungen diktieren und zuallerst natürlich den Lizenznehmern auf Konsumentenseite.

Liebe DRM-Befürworter, glaubt ihr tatsächlich mit hartem Digitalem Rechtemanagement habt ihr den Stein des Weisen gefunden? Die Lösung all eurer Probleme mit den digitalen Medien und ihren Eigenheiten? Macht ihr euch da nicht eigentlich mehr Stress als es notwendig ist (Stichwort: Vertrauen und nicht Vorverurteilung), schließlich gibt es bereits Gesetze, die euch da genug Handhabe bieten, sollte es zu Urheberrechtsverletzungen kommen. Wenn schon DRM, dann vielleicht doch eher ein forensisches, vielleicht auch gut sichtbar, dass eben auf den Seiten eingeblendet wird, wer das Ganze erworben hat ( nicht so optimal, aber besser als Restriktionen, die vom Gesetzgeber auferlegte Schranken aushebeln). Und warum nicht einfach vorneweg eine Erinnerung an den Leser, dass er eine rechtliche und moralische Verpflichtung hat, im Umgang mit dem E-Book das Urheberrecht zu wahren. Leicht verständlich ist für viele so eine Bitte auch nachvollziehbar.

Jetzt gäbe es sicherlich noch viel mehr zu sagen, aber nachdem ich nun einen halben Roman geschrieben habe, der in beide Richtungen austeilt, sollte es erstmal reichen. Beide Seiten sollten einmal drüber nachdenken, worüber sie sich schreiten. Auf der einen Seite ist nicht alles schwarz und auf der anderen auch nicht alles weiß. DRM muss in all seinen Vor- und Nachteilen betrachtet werden (wenn auch in der Ausprägung des DRE eher keine Vorteile zu finden sind). Und sicherlich bräuchte es noch eine detailliertere Betrachtung in Bezug auf wissenschaftliche Literatur und Freizeitlektüre 😉 Vielleicht ein andermal…

So, beste Grüße auch an jene, die sich ebenfalls zu DRM auslassen im Ramen der Blogparade von Ansgar Warner: Blogparade: Lesen ohne Limit – E-Publishing jenseits von DRM, e-book-news.de ein paar Gedanken niederschreiben.

Ein (kleines) DRM-Missverständnis-Grummel-Posting

DRM – „Defective by Design“ – mit diesem Slogan operieren Gegner des Digital Right Mangaments (DRM) sehr gerne. Übersetzt wird DRM auch ganz gerne mit Digital Restriction Management. Ach liebe DRM-Gegner, Einfallsreichtum alleine kann das Unverständnis für das, was Digital Rights Management ist, nicht überdecken.

Manchmal möchte ich gerne fragen, wie sie denn ohne das Digitale Management von Rechten in einer digitalen Welt auskommen. Beginnen wir mit jenen, die eine eigene Homepage betreuen. Auch dort werden Rechte im digitalen Umfeld verwaltet. Das fängt damit an, dass jemand das Recht zugewiesen bekommt, für diese Homepage Texte zu erstellen. Und da nicht jeder das machen sollte, bekommt er dafür i.d.R. ein Passwort für ein Backend zugewiesen, wo er Zugang erhält. Alle anderen sind ausgesperrt, au weia oder? Digital Restriction Management? Bitte einmal laut aufschreien, DRM-Gegner!

Okay, was die Sache mit dem Login für Bearbeiter einer Homepage angeht. So ist dies sicherlich mit Sicherheitsbedenken, Datenschutz etc. zu begründen. Nicht, dass diese Dinge nicht auch auf Rechten beruhen, die in Feinjustierung dann festlegen, was der Einzelne darf, von anonymer Bearbeitung einfacher Rechtschreibfehler bis hin zur zeitlich personalisierten Festlegung spezifischer Rechte (Einsicht in Anmeldedaten etc.). Gut, gehen wir weg von diesen ganz globalen Rechten.

Argument weiter dagegen: DRM hat immer was mit Urheberrechten und ihrer Wahrung zu tun.

Stellen wir uns vor, der Editor einer Webseite darf auch Bilder hinzufügen, möglichst solche, an denen er die Rechte besitzt. Gerne werden dann auch Bilder verwendet, die unter einer Creative Commons Lizenz stehen oder nachweisbar gemeinfrei sind. – Upps, da kommen wir schon in den Rechteschlamassel. Um solche verwendbaren Bilder zu finden, muss irgendwo mit den Bildern (Inhalten) verknüpft die Rechte möglichst maschinenlesbar hinterlegt werden. Und da sind wir dann schon mitten in der Aufgabe von DRM. Rechte zu verwalten. Sofern so gut und so positiv, nicht?

Ja aber, wird denn durch DRM der Konsument nicht in die Regeln des Anbieters gezwungen?
Äh, okay. Schauen wir uns das ein wenig genauer an. Assoziiert werden mit DRM häufig auch technische Schutzmaßnahmen, die die Einhaltung von Lizenzvereinbarungen erzwingen und überwachen. Die DRM-Aufklärungsbroschüre der FSFE und des Digitale Gesellschaft e.V. spricht von Rechteminderung und definiert diese wie folgt:

Unter Digitaler Rechte-Minderung verstehen wir jede Technik, die in elektronische Produkte oder Dienste eingebaut wird, um deren Einsatzmöglichkeiten nach dem Kauf einzuschränken.

Und nun? Ich habe ein großes Problem mit dieser Definition, weil sie Grundsätzliches Außen vor lässt. Bin ich Käufer und damit Eigentümer der digitalen Daten oder bin ich nur Lizenznehmer? In der Regel bin ich nur noch Lizenznehmer. Dies ist ein rechtliches Konstrukt, welches in den meisten „Shops“ der Inhalteanbieter, sei es iTunes oder Amazon nicht verdeutlicht wird. Dort steht Kaufen, wenn man seine Bestellung abschickt und damit bestätigt, dass das Geld für die Lizenz abgebucht wird. Hat man sich jedoch die Mühe gemacht, die AGBs der Shops zu den Download-Angeboten durchzulesen, wird klar, dass man nur die Lizenz erwirbt. Hier müssen sich die Shops vorwerfen lassen, dass sie selbst für falsche Erwartungen sorgen. Aber das ist ein anderes Thema. Wichtig zu merken ist, dass man nur den Besitz und die Erlaubnis zur Nutzung der Daten erwirbt, jedoch die Daten selbst bzw. deren Datei nicht ins eigene Eigentum übergehen.

Wenn die Dinge nicht mein Eigentum sind, dann sind Sie noch immer im Eigentum dessen, der mir deren Besitz überlassen hat und damit kann er die Grenzen festlegen, sofern sie moralisch okay sind, was mit seinem Eigentum gemacht werden darf und was ist. So ist es ja auch mit der von mir gemieteten Wohnung, in der ich nicht einfach Wände wegreißen, deren Grenzen (z.B. durch Anbau eines Balkons) ich nicht verändern, die ich nicht anderen dauerhaft überlassen und die ich nicht plötzlich für Erwerbszwecke nutzen darf, ohne vorher Rücksprache mit meinem Vermieter (Eigentümer der Wohnung) gehalten zu haben.

Für eine Musikdatei z.B. hieße das, ich darf sie nicht verändern, ich darf sie nicht kompilieren, ich darf sie nicht einfach so weitergeben oder damit Geld verdienen (Verkauf digitaler Kopien). Das größte Problem, das DRM verursacht ist die Tatsache, dass ich anders als früher mein Buch (= mein Eigentum) mein elektronisches Buch nicht einfach einem Freund ausleihen oder ganz überlassen darf, denn das erlaubt die Lizenz (der Eigentümer) nicht und hat diese Daten z.B. an ein Gerät gefesselt (z.B. den speziellen E-Book-Reader oder meinen MP3-Player). Meinen E-Book-Reader (Eigentum) mit der Datei darauf darf ich aber immer noch verleihen. Dort endet das Verfügungsrecht des Dateneigentümers.

Allerdings gehen die meisten Nutzer, auch fehlgeleitet durch die Benennungen der Shops, davon aus, dass sie die Dateien kaufen und damit Eigentum erwerben. Dann ist es auch nur zu verständlich, wenn ihnen die Beschränkungen, die sich eigentlich aus der Lizenz ergeben und die durch das DRM-System umgesetzt werden, nicht passen. Eine weitere Sache muss man sich vielleicht auch klar machen. Die Buchstaben meines Buches konnte ich früher auch nicht verleihen, sondern nur den Träger als solches. Auch das „Musikstück“ konnte ich nicht weitergeben, sondern nur die Kassette oder die CD. Allerdings war es einfacher, diese zu kopieren und auf einen neuen Träger zu übertragen. Eine Zeit lang war dies auch digital ohne Probleme möglich. Erlaubt sei mal dahin gestellt.

Hartes DRM oder besser gesagt Digital Rights Enforcement (DRE) verhindert also an dieser Stelle Nutzungsmöglichkeiten, die mir bei ungeschützten digitalen und analogen Daten bisher immer möglich war, z.B. die Erstellung einer Privatkopie. Die Anteile des DRM, gegen die wir eigentlich allergisch reagieren, sind die des DRE, die als lizenzrechtliche Restriktionen zwangsweise umsetzen und die uns nicht vergessen lassen, dass wir die Daten des E-Books bzw. die MP3-Datei ja eigentlich nur gemietet haben. Wasserzeichen, Gerätebindung, ebenfalls Teile des Kopierschutzes akzeptieren wir solange, so lange sie uns nicht bei der Betrachtung einer Grafik stören oder wir die Musik nur auf unserem MP3-Player/E-Book-Lesegerät konsumieren möchten. Die Teile des DRM, die uns helfen, rechtssicher und urheberrechtskonform zu handeln, mit denen können wir leben. Kein Mensch stört sich heute mehr daran, dass in den MP3s von Apple oder Amazon Wasserzeichen eingebettet sind, die das Auffinden von Urheberrechtsverletzern vereinfachen sollen.

DRM im Sinne von DRE ist jedoch gefährlich in einer ganz anderen Hinsicht. Es verleitet Verlage und Medienanbieter dazu, sich in relativer Sicherheit zu wiegen, was ihre Geschäftsmodelle angeht. Man kann hier von Besitzstandswahrung sprechen, wo es sinnvoller sein könnte, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, weil DRM nur eine Notlösung ist. Ich habe das Gefühl, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung hier überhaupt nicht funktioniert. DRM schützt vorm Benutzen, wird es zu restriktiv gestaltet. Nach einer zehnminütigen Einführung in die notwendigen Zusatzprogramme und Anmeldeprozeduren, um ein Ciando-E-Book in der Bibliothek zu nutzen bzw. von Zuhause aus, schützen besser vor der Benutzung als es die eigentlichen Schutzmaßnahmen von Ciando je könnten. Viele meiner Studierenden verzichten dann lieber … Ziel erreicht?

Das waren meine etwas unsortierten aber reflektierenden Gedanken zu DRM, DRE und der unreflektierten Auseinandersetzung mit einem Thema, das weitaus mehr beinhaltet als nur schwarz und weiß. DRM geht über Kopierschutz hinaus und kann im Zweifelsfalle für den Nutzer drm-behafteter Materialien sogar ein wenig mehr Rechtssicherheit bedeuten. Es gäbe noch einiges mehr dazu zu sagen, aber dann schreibe ich noch hundert Tage an diesem Text. Daher jetzt Schluss damit.

So, beste Grüße auch an jene, die sich ebenfalls zu DRM auslassen im Ramen der Blogparade von Ansgar Warner: Blogparade: Lesen ohne Limit – E-Publishing jenseits von DRM, e-book-news.de ein paar Gedanken niederschreiben.

Besitz ist nicht gleich Eigentum

Es ist ein schöner Beitrag von Constanze Kurz, der da im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen zu lesen war. Aufhänger war der in der Netztwelt stark berichetete Fall der Nutzerin, deren Amazon-Account geschlossen wurde1 und die dann nicht mehr auf ihre E-Books zugreifen konnte, auch wenn sich Amazon durch das durchweg negative Medienecho gezwungen sah, den Account wieder zu öffnen.

Kurz beschreibt sehr gut diesen Vorgang und wichtig finde ich auch die klar beschriebene Erkenntnis, dass aus den „hässlichen Details im Kleingedruckten der Nutzungsverträge“ – die meiner Meinung nach, kein Otto-Normal-Verbraucher versteht – hervorgeht, dass der „Käufer“ nur ein Nutzungsrecht erwirbt, jedoch i.d.R. „kein Eigentum im herkömmlichen Sinne“. Juhu, jemand hat es verstanden und bringt das nun gut verständlich in die Masse der papierlesenden Menschheit, die das Eigentum an der Zeitung erworben hat.

Ach, hätte ich doch den Beitrag jetzt nach den äußerst wahren Bemerkungen zum Problem der fehlenden Erreichbarkeit von Menschen in diesem System beendet, denn nun schafft es Kurz ihre anfänglich juristisch richtigen Bemerkungen genau ins Gegenteil zu verdrehen.

Kurz schreibt:
„Viel wichtiger jedoch ist die grundsätzliche Frage nach dem Besitz digitaler Werke. Nicht nur der amerikanische Anbieter Amazon, auch die deutsche Verlaugsbranche verkauft elektronische Bücher vorzugsweise in einer Form, die es dem Kunden stark erschwert, eigene Sicherheitskopien beispielsweise als Vorsorge für Festplattenausfälle anzufertigen oder das gekaufte Werk auf ein anderes Lesegerät zu transferieren.“

Ich habe mal die Punkte in diesem Absatz hervorgehoben, auf die ich jetzt wegen ihrer Falschheit oder falsch damit verbundenen Annahmen eingehen werde.

Wie Kurz anfangs richtig schrieb, erwirbt der Nutzer eben kein Eigentum an der digitalen Datei, sondern nur eine Lizenz, mit der er die in seinem Besitz befindlichen Daten nutzen darf. Wichtig sich zu merken ist also, dass man nur den Besitz und die Erlaubnis zur Nutzung der Daten erwirbt, jedoch die Daten selbst bzw. deren Datei nicht ins eigene Eigentum übergehen, d.h. die Daten gehen nicht in mein Eigentum über (böse juristische Feinheit, die aber bei Lizenzen immer gilt).

Wenn die Dinge nicht mein Eigentum sind, dann sind Sie noch immer im Eigentum dessen, der mir deren Besitz überlassen hat und damit kann er die Grenzen festlegen, sofern sie moralisch okay sind, was mit diesen Daten gemacht werden darf und was ist. So ist es ja auch mit der von mir gemieteten Wohnung, in der ich nicht einfach Wände wegreißen, deren Grenzen (z.B. durch Anbau eines Balkons) ich nicht verändern, die ich nicht anderen dauerhaft überlassen und die ich nicht plötzlich für Erwerbszwecke nutzen darf, ohne vorher Rücksprache mit meinem Vermieter (Eigentümer der Wohnung) gehalten zu haben.

Man erwirbt zudem nur eine Lizenz zur Nutzung und kauft nicht das Werk. In dieser Lizenz ist genau festgelegt, was man darf und was nicht. Anders als mit meinem Eigentum, kann ich also mit den lizentzierten Büchern nur in dem Rahmen umgehen, die durch den Lizenzgeber (i.d.R. der Rechteigentümer) erlaubt ist. Das bedeutet, dass er auch Sicherheitskopien untersagen kann, die eigentlich im Rahmen des Urheberrechts erlaubt sind. Hier gilt nämlich ein zivilrechtlicher Vertrag, den Sie akzeptieren, sobald sie das Recht zur Nutzung durch eine Lizenz erwerben. Die meisten Anbieter haben erkannt, dass die Einschränkung auf ein Gerät nicht sinnvoll ist und erlauben das Transferieren der Daten auf mehrere. Hinzu kommt, dass dabei auch häufig Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird – auf den Servern des entsprechenden Anbieters – auf dem diese als Sicherheitskopie gespeichert werden können.

Zurecht fordert Kurz ein Ende des Rechtezwangsmanagement (hartes DRM, Digital Rights Enforcement), mit dem die Buchbranche die gleichen Fehler wiederholt, wie sie der Musikindustrie teuer zu stehen gekommen ist. Sie treiben ihre eigenen (potentiellen) Käufer in die Illegalität, kriminalisieren sie bereits dann, wenn sie für die Nutzung Geld zahlen und eigentlich darauf achten, dass sie digitale Bücher legal nutzen. Die Anghängigkeit von Geräten, Software und einem Anbieter wird dafür sorgen, dass sich die Nutzer Alternativen suchen. Außerdem erschweren die Anbieter auf diese Weise die Archivierung und den zurecht dauerhaft geforderten Zugang zu den derzeit zeitlich uneingeschränkt lizenzierten Werken. Dort ist zudem vieles ungeklärt, wenn es z.B. um die Aktualisierung auf neue Auflagen bei Wissenschaftsbüchern oder dem beibehalten alter Auflagen von Büchern für die Bearbeitung von Editionen etc. geht.

Kundenrechte müssen stärker eingefordert und unterstützt werden. Bibliotheken sind hier gefordert. Sie müssen stärker an die Öffentlichkeit treten. Dass das Thema dort aber nur langsam und unsortiert ankommt, ließ sich in den Diskussionen der letzten Zeit wahrnehmen. Angebote wie die Onleihe oder von Ciando werden häufig unkritisch trotz hartem DRM ins Portfolio übernommen, damit man gerade als Öffentliche Bibliothek sich überhaupt den Button „E-Book-Bestand“ anheften kann. Aber auch aufgeklärte Nutzer müssen Druck ausüben, damit sich etwas bewegt.

FAZ-Feuilleton:
Kurz, Constanze, Aus dem Maschinenraum: Die Flüchtigkeit digitaler Besitztümer, FAZ

  1. Eine kleine Auswahl an Berichten:
    Herb, Ulrich: DRM, Amazon, E-Books & Lizenzen: Ein Lehrstück, Scinotopica
    Beuth, Patrick: Lesen verboten, Zeit online
    King, Mark: Amazon wipes customer’s Kindle and deletes account with no explanation, The Guardian
    Bekkelund, Martin: Outlawed by Amazon DRM, Martin Bekkelund
    Cory Doctrow: Kindle user claims Amazon deleted whole library without explanation, BoingBoing.net
    Rest, Jonas: Amazon löscht Bibliothek – und schweigt, Frankfurter Rundschau
    Phipps, Simon: Rights? You have no right to your eBooks., Computerworld.uk
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Ist die DRM-Diskussion in Bibliotheken angekommen?

Digital Rights Management (DRM) für E-Books ist ja schon etwas länger in der Diskussion. Auch Standards zum Erwerb von E-Books gibt es schon etwas länger. Doch wie eindeutig positionieren sich diese zu DRM?

Welche bibliothekarischen Standards für den Erwerb von E-Books gibt es überhaupt, die das Thema DRM thematisieren? Mir sind derzeit nur zwei bekannt.
Es gibt einerseits die E-Book-Standards der AG E-Books der Bayerischen Bibliotheken, eine Seite die seit dem 22. Januar 2007 besteht.
Dort widmet man dem Thema DRM genau einen Satz:

Technische Vorkehrungen dürfen nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken (vgl. auch oben Nutzungsfunktionalitäten).

Die einzigen betroffenen Nutzungsfunktionalitäten, die dann dort aufgezählt werden, sind:

Datendownload für Nutzer: bevorzugt komplett; falls nicht erreichbar mind. kapitelweise1

Ggf. müsste dann eine Nutzung nach § 52a UrhG hinzugezogen werden, wenn es um die Verwendbarkeit für E-Learning-Angebote geht.

Für weitere zulässige Möglickeiten müsste man an der Stelle also in das Urheberrechtsgesetz zu seinen Schranken schauen: Zitieren für privaten und wissenschaftlichen Gebrauch, Anfertigen von Privatkopien, Anfertigen von Kopien für den wissenschaftlichen und lehrenden Gebrauch,… Eine Handlungsempfehlung, wie mit DRM aber ansich umzugehen ist, wird durch diese Standards nicht wirklich gegeben. Wann sind DRM-geschützte Dokumente nicht mehr erwerbenswert? Wie sieht die grundsätzliche Empfehlung aus?

Anders sieht das bei den Standards der AGMB aus, auf die auch hier im Blog bereits eingegangen wurde.

Kritisch sieht man elektronische Lehrbücher, welche durch proprietäre/flash-basierte Anzeigeprogramme massiv in ihrer Nutzung eingeschränkt werden.

Behinderungen durch DRM-Mechanismen werden von der AGMB gleichermaßen sehr kritisch gesehen und für Campuslizenzen von Lehrbüchern prinzipiell abgelehnt. Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Wie sieht jedoch die Realität häufig aus? Sie sieht genauso aus, wie bei überteuerten Zeitschriftenpreisen. Es gibt einen Druck, diese Medien anzuschaffen und daher werden sie angeschafft, ohne über die Konsequenzen für die Nutzer nachzudenken. Die Tatsache, das DRM für Bibliotheken gerade im wissenschaftlichen Bereich nicht funktioniert, wird dabei nicht beachtet.

Dr. Klaus Junkes-Kirchen schreibt auf Inetbib:

Die einschlägigen Nutzerbefragungen (Freiburg, Frankfurt) belegen, dass DRM-freie PDF-Dateien (Kapitel oder auf Buchebene) die präferierte Form des Zugriffs darstellen.
Demzufolge dürften Bibliotheken auch in keine anderen Formate investieren.

Bitte legen Sie sich dabei nicht auf das PDF-Format fest. Wir werden in kürzester Zeit erleben, dass Studierende, Forschende sich nicht mehr auf dieses Format festlegen wollen, wenn es ums Lesen geht. Durch die zunehmende Zahl mobiler Endgeräte werden wir hier auch andere Formate gefordert sehen, die erstmal ein Lesen und annotieren erlauben. Vermutlich wird es als Zwischenlösung dann eine Synchronisation mit dem PDF-Dokument geben, um eine seitengenau Zitierung zu erlauben. Dauerhaft werden sich jedoch wohl Lösungen durchsetzen, die eine Lesbarkeit auf einem (mobilen) E-Reader (E-Book-Reader, Tablett, Smartphone etc.) erlauben und eine Zitierung durch Seiteneinblendungen im Text, Absatzzählungen (Randnummern) erlauben. Ähnliches lässt sich als Lösung z.B. bereits bei den Kommentaren und Loseblattsammlungen der Juristen in gedruckter Form beobachten oder bei Zeitschriftenartikeln bei Beck-Online.

Junkes-Kirchen stellt als nächstes fest, dass das Gegenteil in den Bibliotheken der Fall ist, weil die Nutzernachfrage nach bestimmten Titeln oder Fachgebieten keine andere Wahl ließe. Man übernähme da alles, wass die Verlage anböten, ob flash-basiert, in Java-Umgebungen, mit hartem DRM (Digital Rights Enforcement)2 oder für bestimmte Betriebssysteme/Browser zugelassene Dateien.

Liebe Bibliotheken, Junkes-Kirchen hat recht, wenn er fordert:

Hier durch Kaufenthaltung eine Veränderung der Angebotssituation herbeiführen, geht nur über eine konzertierte Aktion. Solange aber von den Verlagen, Bibliothekslieferanten und auch über Konsortien, E-Book-Angebote verbreitet und von den Bibliotheken angenommen werden, die den gewünschten Standards nicht entsprechen, ist das ein vergebliches Bemühen.

Nun möchte man bei solchen Diskussionen meinen, dass es nur noch Verlage im wissenschaftlichen Bereich gibt, die ihre Dokumente mit hartem DRM schützen. Das ist nicht der Fall und damit nicht nur die großen wie Springer, Wiley, Elsevier genannt werden, hier eine kleine Aufzählung der Verlage, die E-Books anbieten (nicht nur in Paketen, sondern auch als Einzeltitelauswahl, welche nicht auf hartes DRM setzen:

  • Oldenbourg
  • De Gruyter
  • Campus-Verlag

Mehr sind mir da leider auf Anhieb nicht eingefallen, aber Ergänzungen sind herzlich Willkommen.

Als Problem jedoch bleibt bestehen, dass man diesen Anbietern gerne einen „Wettbewerbsvorteil“ einräumen möchte, aber zu große Pakete, zu viel „Mindestabnahmen“, zu hohe Preise an vielen Stellen machen es auch gerade kleinen Bibliotheken schwer, hier für ihre Einrichtung passend elektronische Bücher zu kaufen.

Fazit:
Platte Standards und bloße Handlungsempfehlungen werden uns nicht in die Lage versetzen, den Verlagen den Einsatz von „DRM“ abzugewöhnen. Es bedarf eines konzertierten Vorgehens aller betroffener Einrichtungen (Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken), sowie Rückendeckung und verstärkten Empfehlungen zum Boykott auch seitens gewichtiger Gremien, z.B. der DFG (allein die Empfehlung zu Open Access ist an dieser Stelle nicht ausreichend), der Hochschulrektorenkonferenz, der bibliothekarischen Verbände etc. Auf Seite der Bibliotheken braucht es den Mut zu sagen, wir können aus dem und dem Grund nur das gedruckte Exemplar anschaffen, aber ihr Bedarf ist registriert und wird mit unseren Forderungen an den entsprechenden Verlag bzw. Aggregator weitergeleitet.

Und noch etwas: Bitte werfen Sie diese Forderungen nicht mit den Forderungen für Öffentliche Bibliotheken zusammen. Sicherlich lassen sich viele Forderungen auch für diese übernehmen, jedoch ist die Situation für diese Bibliotheken eine andere als die für Wissenschaftliche Bibliotheken.

Und zu meiner Frage in der Überschrift: Ist die DRM-Diskussion in den Bibliotheken angekommen? Da gibt es von mir ein fast klares Nein. Sicherlich ist das Problem DRM vorhanden, aber es wird darüber nicht diskutiert. Es werden keine Gespräche geführt und es werden Ausreden gefunden, um nichts tun zu müssen. Der Nutzer hat Vorrang, der Zugang zur Information ist wichtiger als die Benutzbarkeit des Inhalts. Allein da, wo zu wenig Geld vorhanden ist, ist DRM bereits heute ein Ausschlusskriterium.

  1. In der ausformulierten Form von Schäffler heißt es dann dazu: „Die Empfehlungen zur Downloadfunktion hängen eng mit der Frage nach dem eingesetzten Digital Rights Management zusammen. Technische Vorkehrungen der Verlage gegen missbräuchliche Nutzung sind nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, dürfen aber gleichzeitig nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken.“ – Schäffler, Hildegard: Qualitätsanforderungen für E-Books-Standards aus bibliothekarischer Sicht: eine Checkliste – In: Giebenhain, Sabine; Mundt, Sebastian (Hrsg., 2007): Vier Jahre E-Books … und kein bisschen weise?, Stuttgart: Hochschulverlag, S. 47-54. []
  2. Man unterscheidet verschiedene Formen des DRM. Es gibt das harte DRM oder auch Digital Rights Enformcement (DRE), welches die Nutzungsmöglichkeiten und E-Book-Funktionalitäten nach Wunsch des Rechteinhabers einschränkt. Weiches DRM hingegen wird oft auch forensisches DRM genannt. Hier wird in die Datei beispielsweise ein Wasserzeichen eingebracht – sichtbar oder unsichtbar -, welches nachträglich erlaubt, festzustellen, wer eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Die Nutzungsfunktionalitäten werden dabei nicht eingeschränkt. []

Eine kleine Glosse: Prohibition bei E-Books

Derzeit habe ich das Gefühl, wenn es um E-Books geht und entsprechende Angebote seitens der Verlage für Endnutzer und Bibliotheken, kann man fast von einer Prohibition sprechen. Süchtigmachend sind Bücher ja schon an sich und der E-Book-Leser ist besonders süchtig, denn bei entsprechenden Angeboten liest er wesentlich mehr. Was bleibt also über, als die zunehmende Zahl süchtiger E-Book-Leser vor den schädlichen Einflüssen des Buches zu beschützen?

Andererseits führt das wie bei der alkoholischen Prohibition dazu, dass böse Piraten sich erheben und zu Schmugglern werden, die dann nicht zu fassen sind.. Sie Schmuggeln den verbotenen Stoff zu verschiedenen Quellen, von wo aus der „wissende“ Leser sein Suchtmittel beschaffen kann. Und wie während der Prohibition erleben wird, dass Verbote nur dazu führen, dass der geneigte Süchtige sich seinen Stoff aus illegalen Quellen beschafft und auch nicht immer weiß, welches Viehzeug (Würmer, Viren, Trojaner) er sich da auf sein Gerät einschleppt. Auch ist die Qualität nicht immer die beste, aber zum Teil besser, als die durch Digital Rights Enforcement (hartes DRM) beschädigten Dateien.

Schauen wir uns mal an, welche Varianten es gibt, um Nutzer in die Illegalität zu treiben:

  1. Gar kein E-Book-Angebot machen, weil die Bücher könnten ja geklaut werden. – Damit bringt man findige Köpfe dazu, die interessanten Bücher einzuscannen, OCR-Software darüber laufen zu lassen und dieses dann als E-Book illegal anzubieten. Ergebnis: Buch und Einnahmen weg, potentielle E-Book-Leser und Kunden weg, alle unzufrieden, weil die Qualität schlecht ist und es keinen finanzielle Einnahmen für den Verlag gibt.

  2. Das E-Book kommt erst zeitversetzt. – Der geneigte Leser wird sich nicht E-Book und P-Buch zulegen. Er wird ggf. auf das E-Book warten, das dann vergessen, weil es andere interessante Angebote gibt, die er ja auch noch lesen könnte. Kann er nicht warten, will das Buch aber lesen, dann nutzt er Bücher der Variante 1. Ergebnis: Einnahmen weg, Nutzer verärgert und Buch und Einnahmen weg, potentielle E-Book-Leser und Kunden weg, alle unzufrieden, weil die Qualität schlecht ist und es keinen finanzielle Einnahmen für den Verlag gibt.

  3. DRE schützt das Buch bis zur Unnutzbarkeit. – Das DRE wird durch IT-Kundige beseitigt und das Buch landet auf illegalen Download-Börsen. Der geneigte Leser kauft einmal ein solches geschütztes Buch, sieht, die Qualität ist schlechter als die, die er aus illegalen Quellen bekommt. Ergebnis: Die meisten beschaffen sich die „befreiten“ Bücher in besserer Qualität von illegalen Plattformen mit dem Risiko, das Lesegerät zu infizieren oder mehrere Anläufe (Zeit) zu benötigen, um ein Buch guter Qualität zu erhalten. – Ergebnis: Leser, potentieller Kunde beschafft sich so ein Buch nur einmal. Weitere Bücher bezieht er dann wieder illegal. Der zahlwillige Kunde wird mit schlechter Qualität verärgert, zumal das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt. Der Verlag generiert geringe Einnahmen.

Zu ähnlichen Ergebnissen wie in dieser StudieStudie zu den Filesharern der Musik, gelangt auch J.K. Rowling. Sie berichtet

[… ], dass ein attraktives, legales Angebot Piraterie eindämmen kann, als sie die „Harry-Potter“-Bände in digitaler Version zur Verfügung stellte: Die Entscheidung, auf DRM zu verzichten (zu Gunsten eines digitalen Wasserzeichens), habe die Piraterie nicht beflügelt, sondern reduziert, so die Erfahrung der „Pottermore“-Betreiber. Unmittelbar nach dem Start des E-Book-Programms sei das illegale Angebot zwar größer geworden, doch die Community habe die Raubkopien abgelehnt (hier mehr).

Liebe Verlage, nur mal so ganz nebenbei:
Viele Ihrer Kunden haben ein Urheberrechtsbewusstsein. Sie möchten einen angemessenen Preis für die Schöpfung der von Ihnen vertriebenen Werke von Autoren zahlen. Dies wird sicherlich sichtbar in dem Projekt „The Humble eBook Bundle“, wo Nutzer E-Books erwerben, ganz nach dem Motto: „Pay what you want. Support charity. Read.“ Also, bitte gebt uns die Möglichkeit, legal, zu fairen Preisen Bücher als E-Books zu erwerben oder kostenfrei über eine Bibliothek zu beziehen. Die Bibliotheken selbst sind ja bereit, entsprechend für die Subskription von E-Books zu bezahlen (siehe die steigenden Zahlen teilnehmender Bibliotheken bei der Onleihe) bzw. Tantiemen dafür zu entrichten.

Warum also verwehrt ihr mir und anderen, die legal an E-Books kommen wollen diese Möglichkeit bzw. kriminalisiert uns im Vornherein, indem ihr uns unterstellt, wir werden die Bösen sein, die E-Books ungehindert ins Netz schleusen wollen?

Die Prohibition ist gescheitert und das wird auch bei den E-Books passieren. Es ist noch kein DRM-System aufgebaut worden, dass nicht geknackt wurde. Die Musikindustrie zeigt, dass man mit dem psychologischen Schutz, aber Dateien guter Qualität zu angemessenen Preisen, seine Kundschaft halten kann. Ich persönlich war froh, als ich aus sicherer Quelle ohne großen Aufwand meinen Stoff beschaffen konnte. Und dafür bin ich wie viele andere bereit, etwas zu zahlen. Nutzt dieses Potential, liebe Verlage. Es ist da, aber Ihre Leser haben eine klare Vorstellung davon, was sie akzeptieren und was nicht.

Aachener Erklärung der AGMB zu E-Books

Im Rahmen ihrer Jahrestagung hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Medizinbibliotheken (AGMB) in Aachen auf “Sechs Thesen zum Erwerb von elektronischen Büchern” geeinigt und hat diese am 26.09.2012 auf ihrer Homepage veröffentlicht. In der Aachener Erklärung der AGMB sind einerseits Empfehlungen für die Mitglieder der AGMB und ihre Bibliotheken, andererseits Wünsche und Forderungen an Verlage und Entscheidungsträger formuliert.

In der ersten Forderung geht es um Nutzungseinschränkungen und Digital Rights Management (DRM).
Die AGMB möchte für die zu erwerbenden elektronischen Lehrbücher keine Nutzungseinschränkungen durch proprietäre u.a. flash-basierte Programme, da diese Technologien den Studierenden einen freien, ungehinderten, flexiblen Zugang erschweren. Besonders kritisch sieht die Arbeitsgemeinschaft DRM-Mechanismen bei Campuslizenzen.

Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Die AGMB hebt als positives Beispiel den Springer-Verlag hervor, der einen DRM-freien Zugang gewährt. Kritisch zu sehen ist allerdings, dass die AGMB im Brückenformat PDF kein Problem sieht.

Gut, wohl aber nicht unbedingt durchsetzbar sind die weiteren Forderungen. Eine Forderung ist die Möglichkeit des Downloads auf Kapitelebene bzw. des ganzen Buches. Des sollten in Form nicht gesicherter Dateien möglich sein, die zudem Anmerkungen/Veränderungen seitens der Studierenden zulassen sollten und welche mit anderen Nutzern getauscht werden dürfen. Zudem sollten die Dateien unbegrenzt ausdruckbarsein. Wichtiger ist meiner Meinung nach die Forderung, dass kein weiterer Registrierungszwang für eine Nutzung besteht. Hervorzuheben ist die Forderung nach erweiterterten Lizenzmodelle, die nicht nur für die Offline-Nutzung erlaubt, Dateien unbegrenzt lokal abzuspeichern, sondern die es auch erlaubt, diese z.B. auch auf mobilen Endgeräten zu speichern, die dann entliehen werden dürfen. Wichtig ist, dass keine speziellen Anforderungen an die technische Infrastruktur (wie z.B. spezielle Browser, Java, Flash, Plugins usw.) bestehen.

Aus bibliothekarischer Sicht ist es notwendig, dass die Verlage ihnen eine Einzeltitelauswahl ermöglichen und die Metadaten als MARC-Daten geliefert werden. Für eine bessere Arbeit mit den Büchern, wäre eine Volltext-Indexierung mit einer übergreifenden Suche über alle zur Verfügung stehenden E-Books erforderlich. Zudem sollten persistente URLs mindestens auf Buchebene eine bessere Adressierung und somit bessere Zitation ermöglichen. Auch Compliance und Text Mining sind Punkte, die in diesem Forderungskatalog der AGMB auftauchen.

Die zweite Forderung stellt Open Access (OA) und Open Educational Resources (OER) in den Mittelpunkt. Die AGMB sieht hier eine zunehmende Form der Informationsangebote voraus und empfiehlt in diesem Sinne den Hochschulen, Wissenschaftsministerien der Länder sowie den Einrichtungen anderer Träger auch für einen freien Zugang zu digitalen Lehrbüchern einzutreten. Als Beispiel wurde die COERC-Initiative genannt.

In der dritten Forderung ging es um die Preisgestaltung. Die Bibliotheken sollten die Relation von Preis und Leistung für die E-Books sehr genau prüfen. Leistungsindikatoren sind u.a. PDF oder nur HTML, Offline oder nur Online-Nutzung, IP-Authentifizierung oder Registrierung, unlimitierter Zugriff oder DRM, mobile Nutzung oder nur via spezieller Endgeräte, Archivierungsrecht oder fehlendes Archivierungsrecht usw. sowie der Nutzung (Preis pro Seitenaufruf). Im Zweifelsfall sollte bei überzogenen Preisen auf den Erwerb verzichtet werden, trotz ggf. der Forderungen von übergeordneten Fakultäten bzw. Institutionen. Eine eklatante Unwirtschaftlichkeit auf Dauer könnte zu Problemen bei Überprüfungen durch Hochschulverwaltungen und Landesrechnungshöfen werden.

Hierzu möchte die AGMB anmerken, dass die zunehmende Konkurrenz durch Eigenpublikationen von Hochschuldozenten via Amazon, Apple oder Open Educational Resources sich auf die marktüblichen Lehrbuchpreise deutlich auswirken wird. Es ist also erfreulicherweise in Zukunft mit mehr Konkurrenz und fallenden Preisen zu rechnen.

Eine dringliche 4. Forderung der AGMB betrifft die Nutzungsstatistiken, die durch die beteiligten Verlage den Bibliotheken sofort und unverzüglich (noch für 2012) in standardisierter, einheitlicher Form zur Verfügung gestellt werden soll. COUNTER wird dabei als nicht ausreichend angesehen. Die Nutzungsstatistiken sollten in einem gängigen Dateiformat angeboten werden, um eine einfache und vergleichende Auswertung für die Bibliotheken zu ermöglichen.

In der 5. Forderung der AGMB geht es um die Möglichkeit der Weiternutzung, z.B. in Online-Semesterapparate und/oder zur Veröffentlichung in E-Learning-Plattformen für definierte Nutzergruppen. Dies erfordert eine rechtliche Klarheit, z.B. durch Aufnahme in Verträge und/oder Erwerb dieser Zweitverwertungs-Rechte.

Die Privatsphäre ist Inhalt der 6. Forderung. Die AGMB sieht als eines der größten Kulturgüter und Errungenschaften der Neuzeit den freien Zugang zur Information an. Voraussetzung dafür ist im Wesentlichen die Möglichkeit des anonymen Lesens, das die Bibliotheken für ihre Nutzer erkämpft haben. Durch neue Techniken, z.B. Hiptype und andere moderne Nachverfolgungsmethoden sowie obligate Registrierungen1 können individuelle Nutzungs- und Leseverhalten von PDFs erfassen.

Hierzu stellt die AGMB fest, dass solche und ähnliche Praktiken entweder illegal sind oder es sein sollten und unerwünscht sind. Die AGMB wird genauestens beobachten, welche Verlage versuchen eine solche Überwachung aufzubauen und welche Verlage eine solche Erfassung von vorhinein in ihren Nutzungsverträgen ausschließen.

Nicht alle Punkte dieses Forderungskataloges werden durchsetzbar sein und einige Punkte werden nicht allein durch die Bibliotheken der AGMB erreicht werden können. Hier sind auch alle anderen Wissenschaftlichen Bibliotheken aufgefordert, gleiche oder ähnliche Forderungen zu formulieren und diese Interessen zu verfolgen.

Quelle:
Schulz, Manuela: Aachener Erklärung der AGMB zu Elektronischen Büchern vom 26.09.12, Medinfo

  1. Vgl. hierzu Buchkonsum wird transparent, News @ ORF.at, 07.09.2012
    Alter, Alexandra: Your E-Book Is Reading You, The Wallstreet Journal, 19.07.2012 []
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