Besitz ist nicht gleich Eigentum

Es ist ein schöner Beitrag von Constanze Kurz, der da im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen zu lesen war. Aufhänger war der in der Netztwelt stark berichetete Fall der Nutzerin, deren Amazon-Account geschlossen wurde1 und die dann nicht mehr auf ihre E-Books zugreifen konnte, auch wenn sich Amazon durch das durchweg negative Medienecho gezwungen sah, den Account wieder zu öffnen.

Kurz beschreibt sehr gut diesen Vorgang und wichtig finde ich auch die klar beschriebene Erkenntnis, dass aus den “hässlichen Details im Kleingedruckten der Nutzungsverträge” – die meiner Meinung nach, kein Otto-Normal-Verbraucher versteht – hervorgeht, dass der “Käufer” nur ein Nutzungsrecht erwirbt, jedoch i.d.R. “kein Eigentum im herkömmlichen Sinne”. Juhu, jemand hat es verstanden und bringt das nun gut verständlich in die Masse der papierlesenden Menschheit, die das Eigentum an der Zeitung erworben hat.

Ach, hätte ich doch den Beitrag jetzt nach den äußerst wahren Bemerkungen zum Problem der fehlenden Erreichbarkeit von Menschen in diesem System beendet, denn nun schafft es Kurz ihre anfänglich juristisch richtigen Bemerkungen genau ins Gegenteil zu verdrehen.

Kurz schreibt:
“Viel wichtiger jedoch ist die grundsätzliche Frage nach dem Besitz digitaler Werke. Nicht nur der amerikanische Anbieter Amazon, auch die deutsche Verlaugsbranche verkauft elektronische Bücher vorzugsweise in einer Form, die es dem Kunden stark erschwert, eigene Sicherheitskopien beispielsweise als Vorsorge für Festplattenausfälle anzufertigen oder das gekaufte Werk auf ein anderes Lesegerät zu transferieren.”

Ich habe mal die Punkte in diesem Absatz hervorgehoben, auf die ich jetzt wegen ihrer Falschheit oder falsch damit verbundenen Annahmen eingehen werde.

Wie Kurz anfangs richtig schrieb, erwirbt der Nutzer eben kein Eigentum an der digitalen Datei, sondern nur eine Lizenz, mit der er die in seinem Besitz befindlichen Daten nutzen darf. Wichtig sich zu merken ist also, dass man nur den Besitz und die Erlaubnis zur Nutzung der Daten erwirbt, jedoch die Daten selbst bzw. deren Datei nicht ins eigene Eigentum übergehen, d.h. die Daten gehen nicht in mein Eigentum über (böse juristische Feinheit, die aber bei Lizenzen immer gilt).

Wenn die Dinge nicht mein Eigentum sind, dann sind Sie noch immer im Eigentum dessen, der mir deren Besitz überlassen hat und damit kann er die Grenzen festlegen, sofern sie moralisch okay sind, was mit diesen Daten gemacht werden darf und was ist. So ist es ja auch mit der von mir gemieteten Wohnung, in der ich nicht einfach Wände wegreißen, deren Grenzen (z.B. durch Anbau eines Balkons) ich nicht verändern, die ich nicht anderen dauerhaft überlassen und die ich nicht plötzlich für Erwerbszwecke nutzen darf, ohne vorher Rücksprache mit meinem Vermieter (Eigentümer der Wohnung) gehalten zu haben.

Man erwirbt zudem nur eine Lizenz zur Nutzung und kauft nicht das Werk. In dieser Lizenz ist genau festgelegt, was man darf und was nicht. Anders als mit meinem Eigentum, kann ich also mit den lizentzierten Büchern nur in dem Rahmen umgehen, die durch den Lizenzgeber (i.d.R. der Rechteigentümer) erlaubt ist. Das bedeutet, dass er auch Sicherheitskopien untersagen kann, die eigentlich im Rahmen des Urheberrechts erlaubt sind. Hier gilt nämlich ein zivilrechtlicher Vertrag, den Sie akzeptieren, sobald sie das Recht zur Nutzung durch eine Lizenz erwerben. Die meisten Anbieter haben erkannt, dass die Einschränkung auf ein Gerät nicht sinnvoll ist und erlauben das Transferieren der Daten auf mehrere. Hinzu kommt, dass dabei auch häufig Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird – auf den Servern des entsprechenden Anbieters – auf dem diese als Sicherheitskopie gespeichert werden können.

Zurecht fordert Kurz ein Ende des Rechtezwangsmanagement (hartes DRM, Digital Rights Enforcement), mit dem die Buchbranche die gleichen Fehler wiederholt, wie sie der Musikindustrie teuer zu stehen gekommen ist. Sie treiben ihre eigenen (potentiellen) Käufer in die Illegalität, kriminalisieren sie bereits dann, wenn sie für die Nutzung Geld zahlen und eigentlich darauf achten, dass sie digitale Bücher legal nutzen. Die Anghängigkeit von Geräten, Software und einem Anbieter wird dafür sorgen, dass sich die Nutzer Alternativen suchen. Außerdem erschweren die Anbieter auf diese Weise die Archivierung und den zurecht dauerhaft geforderten Zugang zu den derzeit zeitlich uneingeschränkt lizenzierten Werken. Dort ist zudem vieles ungeklärt, wenn es z.B. um die Aktualisierung auf neue Auflagen bei Wissenschaftsbüchern oder dem beibehalten alter Auflagen von Büchern für die Bearbeitung von Editionen etc. geht.

Kundenrechte müssen stärker eingefordert und unterstützt werden. Bibliotheken sind hier gefordert. Sie müssen stärker an die Öffentlichkeit treten. Dass das Thema dort aber nur langsam und unsortiert ankommt, ließ sich in den Diskussionen der letzten Zeit wahrnehmen. Angebote wie die Onleihe oder von Ciando werden häufig unkritisch trotz hartem DRM ins Portfolio übernommen, damit man gerade als Öffentliche Bibliothek sich überhaupt den Button “E-Book-Bestand” anheften kann. Aber auch aufgeklärte Nutzer müssen Druck ausüben, damit sich etwas bewegt.

FAZ-Feuilleton:
Kurz, Constanze, Aus dem Maschinenraum: Die Flüchtigkeit digitaler Besitztümer, FAZ

  1. Eine kleine Auswahl an Berichten:
    Herb, Ulrich: DRM, Amazon, E-Books & Lizenzen: Ein Lehrstück, Scinotopica
    Beuth, Patrick: Lesen verboten, Zeit online
    King, Mark: Amazon wipes customer’s Kindle and deletes account with no explanation, The Guardian
    Bekkelund, Martin: Outlawed by Amazon DRM, Martin Bekkelund
    Cory Doctrow: Kindle user claims Amazon deleted whole library without explanation, BoingBoing.net
    Rest, Jonas: Amazon löscht Bibliothek – und schweigt, Frankfurter Rundschau
    Phipps, Simon: Rights? You have no right to your eBooks., Computerworld.uk
    []

Ist die DRM-Diskussion in Bibliotheken angekommen?

Digital Rights Management (DRM) für E-Books ist ja schon etwas länger in der Diskussion. Auch Standards zum Erwerb von E-Books gibt es schon etwas länger. Doch wie eindeutig positionieren sich diese zu DRM?

Welche bibliothekarischen Standards für den Erwerb von E-Books gibt es überhaupt, die das Thema DRM thematisieren? Mir sind derzeit nur zwei bekannt.
Es gibt einerseits die E-Book-Standards der AG E-Books der Bayerischen Bibliotheken, eine Seite die seit dem 22. Januar 2007 besteht.
Dort widmet man dem Thema DRM genau einen Satz:

Technische Vorkehrungen dürfen nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken (vgl. auch oben Nutzungsfunktionalitäten).

Die einzigen betroffenen Nutzungsfunktionalitäten, die dann dort aufgezählt werden, sind:

Datendownload für Nutzer: bevorzugt komplett; falls nicht erreichbar mind. kapitelweise1

Ggf. müsste dann eine Nutzung nach § 52a UrhG hinzugezogen werden, wenn es um die Verwendbarkeit für E-Learning-Angebote geht.

Für weitere zulässige Möglickeiten müsste man an der Stelle also in das Urheberrechtsgesetz zu seinen Schranken schauen: Zitieren für privaten und wissenschaftlichen Gebrauch, Anfertigen von Privatkopien, Anfertigen von Kopien für den wissenschaftlichen und lehrenden Gebrauch,… Eine Handlungsempfehlung, wie mit DRM aber ansich umzugehen ist, wird durch diese Standards nicht wirklich gegeben. Wann sind DRM-geschützte Dokumente nicht mehr erwerbenswert? Wie sieht die grundsätzliche Empfehlung aus?

Anders sieht das bei den Standards der AGMB aus, auf die auch hier im Blog bereits eingegangen wurde.

Kritisch sieht man elektronische Lehrbücher, welche durch proprietäre/flash-basierte Anzeigeprogramme massiv in ihrer Nutzung eingeschränkt werden.

Behinderungen durch DRM-Mechanismen werden von der AGMB gleichermaßen sehr kritisch gesehen und für Campuslizenzen von Lehrbüchern prinzipiell abgelehnt. Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Wie sieht jedoch die Realität häufig aus? Sie sieht genauso aus, wie bei überteuerten Zeitschriftenpreisen. Es gibt einen Druck, diese Medien anzuschaffen und daher werden sie angeschafft, ohne über die Konsequenzen für die Nutzer nachzudenken. Die Tatsache, das DRM für Bibliotheken gerade im wissenschaftlichen Bereich nicht funktioniert, wird dabei nicht beachtet.

Dr. Klaus Junkes-Kirchen schreibt auf Inetbib:

Die einschlägigen Nutzerbefragungen (Freiburg, Frankfurt) belegen, dass DRM-freie PDF-Dateien (Kapitel oder auf Buchebene) die präferierte Form des Zugriffs darstellen.
Demzufolge dürften Bibliotheken auch in keine anderen Formate investieren.

Bitte legen Sie sich dabei nicht auf das PDF-Format fest. Wir werden in kürzester Zeit erleben, dass Studierende, Forschende sich nicht mehr auf dieses Format festlegen wollen, wenn es ums Lesen geht. Durch die zunehmende Zahl mobiler Endgeräte werden wir hier auch andere Formate gefordert sehen, die erstmal ein Lesen und annotieren erlauben. Vermutlich wird es als Zwischenlösung dann eine Synchronisation mit dem PDF-Dokument geben, um eine seitengenau Zitierung zu erlauben. Dauerhaft werden sich jedoch wohl Lösungen durchsetzen, die eine Lesbarkeit auf einem (mobilen) E-Reader (E-Book-Reader, Tablett, Smartphone etc.) erlauben und eine Zitierung durch Seiteneinblendungen im Text, Absatzzählungen (Randnummern) erlauben. Ähnliches lässt sich als Lösung z.B. bereits bei den Kommentaren und Loseblattsammlungen der Juristen in gedruckter Form beobachten oder bei Zeitschriftenartikeln bei Beck-Online.

Junkes-Kirchen stellt als nächstes fest, dass das Gegenteil in den Bibliotheken der Fall ist, weil die Nutzernachfrage nach bestimmten Titeln oder Fachgebieten keine andere Wahl ließe. Man übernähme da alles, wass die Verlage anböten, ob flash-basiert, in Java-Umgebungen, mit hartem DRM (Digital Rights Enforcement)2 oder für bestimmte Betriebssysteme/Browser zugelassene Dateien.

Liebe Bibliotheken, Junkes-Kirchen hat recht, wenn er fordert:

Hier durch Kaufenthaltung eine Veränderung der Angebotssituation herbeiführen, geht nur über eine konzertierte Aktion. Solange aber von den Verlagen, Bibliothekslieferanten und auch über Konsortien, E-Book-Angebote verbreitet und von den Bibliotheken angenommen werden, die den gewünschten Standards nicht entsprechen, ist das ein vergebliches Bemühen.

Nun möchte man bei solchen Diskussionen meinen, dass es nur noch Verlage im wissenschaftlichen Bereich gibt, die ihre Dokumente mit hartem DRM schützen. Das ist nicht der Fall und damit nicht nur die großen wie Springer, Wiley, Elsevier genannt werden, hier eine kleine Aufzählung der Verlage, die E-Books anbieten (nicht nur in Paketen, sondern auch als Einzeltitelauswahl, welche nicht auf hartes DRM setzen:

  • Oldenbourg
  • De Gruyter
  • Campus-Verlag

Mehr sind mir da leider auf Anhieb nicht eingefallen, aber Ergänzungen sind herzlich Willkommen.

Als Problem jedoch bleibt bestehen, dass man diesen Anbietern gerne einen “Wettbewerbsvorteil” einräumen möchte, aber zu große Pakete, zu viel “Mindestabnahmen”, zu hohe Preise an vielen Stellen machen es auch gerade kleinen Bibliotheken schwer, hier für ihre Einrichtung passend elektronische Bücher zu kaufen.

Fazit:
Platte Standards und bloße Handlungsempfehlungen werden uns nicht in die Lage versetzen, den Verlagen den Einsatz von “DRM” abzugewöhnen. Es bedarf eines konzertierten Vorgehens aller betroffener Einrichtungen (Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken), sowie Rückendeckung und verstärkten Empfehlungen zum Boykott auch seitens gewichtiger Gremien, z.B. der DFG (allein die Empfehlung zu Open Access ist an dieser Stelle nicht ausreichend), der Hochschulrektorenkonferenz, der bibliothekarischen Verbände etc. Auf Seite der Bibliotheken braucht es den Mut zu sagen, wir können aus dem und dem Grund nur das gedruckte Exemplar anschaffen, aber ihr Bedarf ist registriert und wird mit unseren Forderungen an den entsprechenden Verlag bzw. Aggregator weitergeleitet.

Und noch etwas: Bitte werfen Sie diese Forderungen nicht mit den Forderungen für Öffentliche Bibliotheken zusammen. Sicherlich lassen sich viele Forderungen auch für diese übernehmen, jedoch ist die Situation für diese Bibliotheken eine andere als die für Wissenschaftliche Bibliotheken.

Und zu meiner Frage in der Überschrift: Ist die DRM-Diskussion in den Bibliotheken angekommen? Da gibt es von mir ein fast klares Nein. Sicherlich ist das Problem DRM vorhanden, aber es wird darüber nicht diskutiert. Es werden keine Gespräche geführt und es werden Ausreden gefunden, um nichts tun zu müssen. Der Nutzer hat Vorrang, der Zugang zur Information ist wichtiger als die Benutzbarkeit des Inhalts. Allein da, wo zu wenig Geld vorhanden ist, ist DRM bereits heute ein Ausschlusskriterium.

  1. In der ausformulierten Form von Schäffler heißt es dann dazu: “Die Empfehlungen zur Downloadfunktion hängen eng mit der Frage nach dem eingesetzten Digital Rights Management zusammen. Technische Vorkehrungen der Verlage gegen missbräuchliche Nutzung sind nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, dürfen aber gleichzeitig nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken.” – Schäffler, Hildegard: Qualitätsanforderungen für E-Books-Standards aus bibliothekarischer Sicht: eine Checkliste – In: Giebenhain, Sabine; Mundt, Sebastian (Hrsg., 2007): Vier Jahre E-Books … und kein bisschen weise?, Stuttgart: Hochschulverlag, S. 47-54. []
  2. Man unterscheidet verschiedene Formen des DRM. Es gibt das harte DRM oder auch Digital Rights Enformcement (DRE), welches die Nutzungsmöglichkeiten und E-Book-Funktionalitäten nach Wunsch des Rechteinhabers einschränkt. Weiches DRM hingegen wird oft auch forensisches DRM genannt. Hier wird in die Datei beispielsweise ein Wasserzeichen eingebracht – sichtbar oder unsichtbar -, welches nachträglich erlaubt, festzustellen, wer eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Die Nutzungsfunktionalitäten werden dabei nicht eingeschränkt. []

Independent review into e-book lending in libraries

Derzeit wird in Großbritannien die E-Book-Leihe genauer beobachtet. Die Authorin Joanna Trollope sitzt in der unabhängigen Gutachtergruppe, die einen Blick auf die E-Book-Ausleihe von Bibliotheken wirft. Im folgenden Video erklärt sie ihre Arbeit und bittet um Rückmeldungen und Informationen für den abschließenden Report.

Die Gruppe beobachtet folgende Bereiche und freut sich über Einsendungen von allen interessierten Seiten:

  1. The benefits of e-lending.
  2. The current level and nature of demand for e-lending in English libraries, along with a projection of future demand. For example, will e-lending be in addition to traditional borrowing of print books, or is it likely to transform the way in which library users access services? What is the demand for downloading e-books remotely, that is, away from library premises? To what extent do owners of e-readers value public e-lending above what is freely or commercially available elsewhere?
  3. Current supply models, barriers to the supply of e-books to libraries, and likely future trends.
  4. Systems for remunerating authors / publishers for e-lending.
  5. The impact of e-lending on publishers and their business models.
  6. Any unforeseen consequences of e-lending. For example, the impact on those who cannot keep up with technology, the likely long-term impact on the model of highly localised physical library premises, skills requirements for librarians, etc.

Wäre dies nicht auch eine gute Alternative für Deutschland, bevor sich Verlage und Bibliotheken zerfleischen? Oder gibt es soetwas hier schon (woran ich gerade zweifle), warum hört man dann nichts davon?

Quelle:
e-Lending in libraries: what do you think?, culture.gov.uk

Aachener Erklärung der AGMB zu E-Books

Im Rahmen ihrer Jahrestagung hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Medizinbibliotheken (AGMB) in Aachen auf “Sechs Thesen zum Erwerb von elektronischen Büchern” geeinigt und hat diese am 26.09.2012 auf ihrer Homepage veröffentlicht. In der Aachener Erklärung der AGMB sind einerseits Empfehlungen für die Mitglieder der AGMB und ihre Bibliotheken, andererseits Wünsche und Forderungen an Verlage und Entscheidungsträger formuliert.

In der ersten Forderung geht es um Nutzungseinschränkungen und Digital Rights Management (DRM).
Die AGMB möchte für die zu erwerbenden elektronischen Lehrbücher keine Nutzungseinschränkungen durch proprietäre u.a. flash-basierte Programme, da diese Technologien den Studierenden einen freien, ungehinderten, flexiblen Zugang erschweren. Besonders kritisch sieht die Arbeitsgemeinschaft DRM-Mechanismen bei Campuslizenzen.

Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Die AGMB hebt als positives Beispiel den Springer-Verlag hervor, der einen DRM-freien Zugang gewährt. Kritisch zu sehen ist allerdings, dass die AGMB im Brückenformat PDF kein Problem sieht.

Gut, wohl aber nicht unbedingt durchsetzbar sind die weiteren Forderungen. Eine Forderung ist die Möglichkeit des Downloads auf Kapitelebene bzw. des ganzen Buches. Des sollten in Form nicht gesicherter Dateien möglich sein, die zudem Anmerkungen/Veränderungen seitens der Studierenden zulassen sollten und welche mit anderen Nutzern getauscht werden dürfen. Zudem sollten die Dateien unbegrenzt ausdruckbarsein. Wichtiger ist meiner Meinung nach die Forderung, dass kein weiterer Registrierungszwang für eine Nutzung besteht. Hervorzuheben ist die Forderung nach erweiterterten Lizenzmodelle, die nicht nur für die Offline-Nutzung erlaubt, Dateien unbegrenzt lokal abzuspeichern, sondern die es auch erlaubt, diese z.B. auch auf mobilen Endgeräten zu speichern, die dann entliehen werden dürfen. Wichtig ist, dass keine speziellen Anforderungen an die technische Infrastruktur (wie z.B. spezielle Browser, Java, Flash, Plugins usw.) bestehen.

Aus bibliothekarischer Sicht ist es notwendig, dass die Verlage ihnen eine Einzeltitelauswahl ermöglichen und die Metadaten als MARC-Daten geliefert werden. Für eine bessere Arbeit mit den Büchern, wäre eine Volltext-Indexierung mit einer übergreifenden Suche über alle zur Verfügung stehenden E-Books erforderlich. Zudem sollten persistente URLs mindestens auf Buchebene eine bessere Adressierung und somit bessere Zitation ermöglichen. Auch Compliance und Text Mining sind Punkte, die in diesem Forderungskatalog der AGMB auftauchen.

Die zweite Forderung stellt Open Access (OA) und Open Educational Resources (OER) in den Mittelpunkt. Die AGMB sieht hier eine zunehmende Form der Informationsangebote voraus und empfiehlt in diesem Sinne den Hochschulen, Wissenschaftsministerien der Länder sowie den Einrichtungen anderer Träger auch für einen freien Zugang zu digitalen Lehrbüchern einzutreten. Als Beispiel wurde die COERC-Initiative genannt.

In der dritten Forderung ging es um die Preisgestaltung. Die Bibliotheken sollten die Relation von Preis und Leistung für die E-Books sehr genau prüfen. Leistungsindikatoren sind u.a. PDF oder nur HTML, Offline oder nur Online-Nutzung, IP-Authentifizierung oder Registrierung, unlimitierter Zugriff oder DRM, mobile Nutzung oder nur via spezieller Endgeräte, Archivierungsrecht oder fehlendes Archivierungsrecht usw. sowie der Nutzung (Preis pro Seitenaufruf). Im Zweifelsfall sollte bei überzogenen Preisen auf den Erwerb verzichtet werden, trotz ggf. der Forderungen von übergeordneten Fakultäten bzw. Institutionen. Eine eklatante Unwirtschaftlichkeit auf Dauer könnte zu Problemen bei Überprüfungen durch Hochschulverwaltungen und Landesrechnungshöfen werden.

Hierzu möchte die AGMB anmerken, dass die zunehmende Konkurrenz durch Eigenpublikationen von Hochschuldozenten via Amazon, Apple oder Open Educational Resources sich auf die marktüblichen Lehrbuchpreise deutlich auswirken wird. Es ist also erfreulicherweise in Zukunft mit mehr Konkurrenz und fallenden Preisen zu rechnen.

Eine dringliche 4. Forderung der AGMB betrifft die Nutzungsstatistiken, die durch die beteiligten Verlage den Bibliotheken sofort und unverzüglich (noch für 2012) in standardisierter, einheitlicher Form zur Verfügung gestellt werden soll. COUNTER wird dabei als nicht ausreichend angesehen. Die Nutzungsstatistiken sollten in einem gängigen Dateiformat angeboten werden, um eine einfache und vergleichende Auswertung für die Bibliotheken zu ermöglichen.

In der 5. Forderung der AGMB geht es um die Möglichkeit der Weiternutzung, z.B. in Online-Semesterapparate und/oder zur Veröffentlichung in E-Learning-Plattformen für definierte Nutzergruppen. Dies erfordert eine rechtliche Klarheit, z.B. durch Aufnahme in Verträge und/oder Erwerb dieser Zweitverwertungs-Rechte.

Die Privatsphäre ist Inhalt der 6. Forderung. Die AGMB sieht als eines der größten Kulturgüter und Errungenschaften der Neuzeit den freien Zugang zur Information an. Voraussetzung dafür ist im Wesentlichen die Möglichkeit des anonymen Lesens, das die Bibliotheken für ihre Nutzer erkämpft haben. Durch neue Techniken, z.B. Hiptype und andere moderne Nachverfolgungsmethoden sowie obligate Registrierungen1 können individuelle Nutzungs- und Leseverhalten von PDFs erfassen.

Hierzu stellt die AGMB fest, dass solche und ähnliche Praktiken entweder illegal sind oder es sein sollten und unerwünscht sind. Die AGMB wird genauestens beobachten, welche Verlage versuchen eine solche Überwachung aufzubauen und welche Verlage eine solche Erfassung von vorhinein in ihren Nutzungsverträgen ausschließen.

Nicht alle Punkte dieses Forderungskataloges werden durchsetzbar sein und einige Punkte werden nicht allein durch die Bibliotheken der AGMB erreicht werden können. Hier sind auch alle anderen Wissenschaftlichen Bibliotheken aufgefordert, gleiche oder ähnliche Forderungen zu formulieren und diese Interessen zu verfolgen.

Quelle:
Schulz, Manuela: Aachener Erklärung der AGMB zu Elektronischen Büchern vom 26.09.12, Medinfo

  1. Vgl. hierzu Buchkonsum wird transparent, News @ ORF.at, 07.09.2012
    Alter, Alexandra: Your E-Book Is Reading You, The Wallstreet Journal, 19.07.2012 []

unglue.it – Crowdfunding für bereits publizierte Bücher

Das Portal unglue.it hat sich zum Ziel gesetzt, bereits publizierte Bücher mittels Crowdfunding als E-Books unter CC-Lizenz verfügbar zu machen:

When you buy a book, you get a copy for yourself. When you unglue it, you give a copy to yourself and everyone on earth.

Derzeit laufen auf der Plattform drei “campaigns”, haben also drei Autoren einen Preis festgelegt, der durch die Netzcommunity erreicht werden muss, damit ihr Buch als DRM-freies E-Book auf dem Portal bereitgestellt wird. Weitere Werke kann man nach Registrierung zu einer Wunschliste hinzufügen. Finden sich genügend Interessierte, kann eine campaign gestartet werde, vorausgesetzt die Rechte lassen sich klären.

Eine interessante Idee – besonders, wenn man im ZEIT ONLINE-Artikel “Unglue.it befreit Bücher” darüber hinaus liest, dass der “Geschäftsführer Eric Hellman […] zuvor Kommunikations- und Entwicklungsplattformen für Bibliotheken [entwickelte]”. Und so verwundert es auch nicht, dass viele (amerikanische) Bibliothekarinnen und Bibliothekare unter den Unterstützern der Plattform sind. Bei den deutschen Kolleginnen und Kollegen (namentlich ekz bzw. Onleihe) scheint das Konzept laut Hänßler eher auf Skepsis zu stoßen, vor allem, was die Attraktivität der Titel angeht. Allerdings muss es m.E. ja auch nicht vorrangig um Bestseller gehen, sondern ein solches Verfahren einer nachträglichen “E-Bookisierung” könnte z.B. auch für vergriffene Werke spannend sein (was derzeit ja durchaus schon von einigen Bibliotheken als Print-on-Demand Service (kostenpflichtig) angeboten wird, mit dem Unterschied, dass dann eben nur eine Person etwas davon hat).

Und noch ein anderer Aspekt ist spannend: die Autorinnen und Autoren bekommen durch die Resonanz auf die von ihnen festgelegte und zu finanzierende Summe eine Aussage über den realen Wert ihres Werks (denn es wurden auch schon campaigns wieder geschlossen, die nicht genügend Förderer fanden). Dies könnte natürlich auch manche Autorinnen und Autoren davon abhalten, sich dieser öffentlichen Bewertung zu stellen.

Auf jeden Fall ist es begrüßenswert, dass es (nicht nur im Bereich E-Books) zunehmend mehr Versuche gibt, unterschiedliche Geschäftsmodelle auf ihre Tragfähigkeit in der digitalen Welt zu testen und zu etablieren. Welche sich durchsetzen, werden im besten Fall letztlich die Nutzer entscheiden.

Quelle: Boris Hänßler: Unglue.it befreit Bücher, ZEIT ONLINE

Overdue, Penguin und wie die Amazon E-Book-Leihe zum Problem wird

Juli letzten Jahres berichtete ich “Amazon wird zum e-Lehrbuch-Verleih“.

In den USA wirbelte nun eine damit verbundene Entscheidung der Verlagsgruppe Penguin, die Geschäftsbeziehung zu OverDrive zu beenden, viel Staub auf. Das bedeutet:

Penguin, which only offered backlist e-book titles for library lending, is terminating its contract with OverDrive, the library digital vendor, and starting February 10 will cease to offer any of its e-books or audiobooks to libraries. Penguin is negotiating a “continuance” agreement that will allow libraries that have already purchased Penguin e-books to continue to loan them.

Das verärgert nicht nur Bibliothekare und sondern auch Autoren der Publikumsverlagsgruppe. Vergangenen Freitag kündigte Penguin OverDrive an, keine E-Books für die bibliothekarische Ausleihe mehr zur Verfügung zu stellen. Diese Entscheidung wurde den Kunden in einer E-Mail begründet.

Überraschung? Nein, denn bereits November letzten Jahres reduzierte Penguin seine Angebote für OverDrive auf E-Books und digitale Hörbücher aus der Backlist. Der Schritt wird unter anderem wie folgt begründet:

For Penguin, that issue was OverDrive’s relationship with Amazon. A 2011 arrangement made library lending possible on the Kindle. Publishers have objected to the library loans being executed through Amazon’s servers — imagine walking into your public library then finding yourself at the Target checkout counter.

Außerdem wurde es Bibliotheksbenutzern mit einem “Kindle” unmöglich gemacht, Bücher von Penguin über ihre Bibliothek auszuleihen. Ganz sieht es so aus, als ob hier Penguin ein Problem mit dem Konkurrenten Amazon auszufechten hat und man dies über die Macht der Bibliotheken und ihrer Zulieferer klären möchte.

Penguin besteht darauf, dass die E-Books aus Sicherheitsbedenken heraus nicht über WLAN auf den Kindle heruntergeladen werden darf. Die Nutzer müssen die Bücher über einen Computer und dann das USB-Kabel auf das entsprechende Kindle-Gerät herunterladen. OverDrive reagierte, aber:

In November, Overdrive briefly suspended Kindle lending for Penguin titles, then restored it on a temporary basis, “until the end of the year.”

Ganz möchte man bei Penguin auf den Bibliotheksdienstleister OverDrive, dessen enge Zusammenarbeit mit Amazon Kindle von Penguin als problematisch erachtet wird, nicht verzichten und verhandelt trotz gekündigtem Verlag weiter. OverDrive muss aber um den Verlagspartner kämpfen, denn die Verlagsgruppe Penguin spricht auch mit anderen Anbietern. Den Bibliotheksmarkt ganz zu verlassen, kommt nicht in Frage.

Vor einem Dreivierteljahr wurde die Kooperation von OverDrive und Amazon als ein wichtiger Schritt angesehen, wenn es um die Zugänglichmachung von E-Medien ging, denn

(…) seitdem können die Nutzer einer städtischen Bibliothek auch E-Books für den Kindle ausleihen. Nach Angaben von Amazon nehmen bereits mehr als 11.000 Bibliotheken in den USA an dem Programm teil.

Vorbehalte gegen dieses Angebot von Amazon im Speziellen und den Verleih von E-Books im Allgemeinen gibt es vor allem seitens der großen Publikumsverlage. So haben sich bereits Verlage wie Simon & Schuster und Macmillan von OverDrive verabschiedet, so dass ihre E-Books vorerst nicht in den amerikanischen Bibliotheken ausleihbar sind. Die Leser werden aufgerufen, sich mit ihrem Protest direkt an die Verlage zu wenden.

Dass die Bibliotheken über die Entscheidungen von Penguin und der anderen Verlage nicht froh sind, ist gut verständlich, da E-Books zunehmend nachgefragt werden und die Zahl der Aggregatoren, über die E-Books für die Bibliotheksausleihe bestellt werden können, nicht sonderlich hoch groß ist.

In den USA laufen entsprechende Verhandlungen auch direkt zwischen der ALA und den Verlegern, um Bibliotheken nicht von der E-Book-Welt abgeschnitten zu sehen.

While publishers and libraries share a common mission to bring authors and readers together, it is also clear that we have some goals that diverge. It is these differences that lead to varying views in the library and publishing worlds of business models and overall short- and long-term strategies.

Offensichtlich werden ensprechende Interessen z.B. bei Elsevier. Dies bring Verlage dazu, ihre Bibliotheksangebote (nachträglich) wieder einzuschränken. Vor wenigen Tagen zeigte Elsevier, dass in dieser Hinsicht bei E-Books noch viel Potential für Verlagseinnahmen liegt, welches man gerne selbst abschöpfen möchte. So versucht der wissenschaftliche Verlag Einnahmen über eine LehrbuchFlat für Studenten zu erzielen. Arm dran die Studierenden, die sich nicht für jeden Verlag eine entsprechende monatliche Flat leisten können.

Mehr dazu:

Pimp my Kindle…

Ich bin seit Mitte Dezember Kindle-Leser, d.h. ich habe mir endlich nach langem überlegen einen E-Book-Reader zugelegt. Dies ist insofern eine sinnvolle Anschaffung gewesen, weil ich mal wieder festgestellt habe – ein Jahr fest in der Wohnung macht drei Bücherkartons mehr (natürlich gefüllt mit Büchern) und das ist bei meinen häufigen Umzügen zunehmend ein Problem. Ausmisten geht zwar, habe ich auch immer gemacht, da meine Schwestern ebenfalls sehr lesewütig sind, aber gerade Serien behalte ich ganz gerne bis sie vollständig sind (man will ja auch mal was nachschlagen können).

Der E-Book-Reader hat den Vorteil: Ich spare ungemein Platz, leider gibt es mir aber auch keine Gelegenheit, die Sachen an meine Schwestern weiterzureichen, wenn ich mit dem Lesen fertig bin.

Dennoch gibt es noch einige weitere Vorteile, die der Kindle mit sich bringt.

Apps für Smartphone/Tablet/PC

Kindle-Lese-Apps
Amazon bietet die Möglichkeit, über ein kleines Zusatzprogramm (Kindle Lese-Apps) die Kindle-Bücher oder in der Amazon-Cloud gespeicherte Dokumente überall lesen zu können. Mit Geräten, die aufs Internet zugreifen können, kann ich dann entsprechend aus dem Archiv die E-Books/Dokumente herunterladen und den Lesestand auch synchronisieren.

Send to Kindle
Mit der kleinen Applikation “Send to Kindle” können Sie nach der Installation Textausschnitte oder Beiträge an den Kindle senden. Nachteil ist jedoch, dass man dafür mit Chrome sich durchs Netz bewegen muss. Der definitive Vorteil ist, dass man jedoch so verhindert, tausend Tabs offen bzw. hunderte von vergessenen Bookmarks irgendwo gespeichert zu haben. Und mit der ersten beschriebenen App kann ich über verschiedene Geräte auf diese Texte zugreifen.

Für Firefox gibt es mit einigen Haken und Ösen als AddOns “Kindle It und “Send to Reader“.

RSS-Feeds to Kindle
Der Google-Reader, in dem man seine ausgesuchten Blog- und Nachrichten-Feeds speichert lässt sich ebenfalls für den Kindle nutzbar machen.

Google-Reader
Vom Google-Reader aus kann man RSS-Feeds direkt an den Kindle3 senden.

Geht dies nicht, gibt es:
Greader2Kindle
Greader2kindle erlaubt es, die neusten ungelesenen Nachrichten für den Kindle zu hinterlegen und diese später dann offline zu lesen.

KindleFeeder und Instapaper
Der KindleFeeder ermöglicht es, direkt ausgewählte RSS-Feeds für den Kindle aufzubereiten.
Auch Instapaper hat eine Funktion, die das Lesen von Feeds auf dem Kindle ermöglicht.

Dateien ins Kindle-Format formatieren
Nun ist ein Problem beim Kindle, dass eigentlich nur Kindle-Books im eigenen Format wirklich gut lesbar dargestellt werden. Es gib diverse Programme, die drm-freie E-Books und PDFs ins Kindle-format (.mobi-basiert) umwandeln.

Erinnerungen
Manchmal gibt es E-Books erst etwas später als die gedruckte Ausgabe.

Mysteria
Mysteria wertet die Öffentliche Wunschliste bei Amazon aus und schickt Erinnerungen, wenn dann das gewünschte Buch als E-Book auftaucht.

Let me introduce you to Mysteria:

  • She’s your obsessive, obsequious librarian for all your digital stuff.
  • She’s all about what you like to read, watch, and listen to.
  • She’s smart, compulsive, thorough — and she wants to help you.
  • And she never misses a damn thing.

Kindle-Kalender
Der Kindle-Kalender oder Kindle-Wochenplaner ist ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung.

Quellen:
Matthes, Sebastian: Die besten Kindle-Tools, Ungedruckt (Wirtschaftswoche)
Top 50 Kindle Tools, Kindle 2 Sites, Kindle Review – Kindle Fire Review, Kindle 4 Review

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