Bürgerbibliothek Salbker Lesezeichen 2018

Seit Jahren haben wir schon nicht mehr zum Salbker Lesezeichen in Magdeburg geschaut. Unser letzter Bericht ist vom 11.01.2012. Also ist es höchste Zeit, mal in Gedanken wieder in Richtung Freiluftbibliothek der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt zu schwenken.

Erstmal die gute Nachricht, auch nach knapp neun Jahren können die Leseratten in die Offene Bibliothek gehen und sich mit Lesestoff versorgen. Die Bibliothek gibt es wohlbehalten immer noch.

Durchschnittlich 500 Besucher finden pro Monat ihren Weg zu diesem Ort. Die inzwischen 60.000 Medien werden durch engagierte Bürger/innen in Ordnung gehalten, die somit dazu beitragen, dass Bücher und Zeitschriften aller Art der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung stehen. Ganz im Sinne der „Offenen Bücherschränke“ können dort die Bürger kostenfrei Bücher, Zeitschriften und andere Lernmaterialien alle Altersgruppen mitnehmen oder tauschen.

Am 23. April feierte man dort passend den Welttag des Buches mit kleinen Buchgeschenken.

Es ist schön zu lesen, dass die vor 2015 problematischen Randalierereien nun scheinbar kein Problem mehr sind (entgegen eines wohl veralteten WikiPedia-Eintrags) und dass das Lesezeichen in die verschiedensten Feierlichkeiten des Veranstaltungskalenders von Salbke eingebunden wird.

Eine Strandbibliothek in Bulgarien

„We found a material that is very resistant to sun and water. We also found a stabilisation method very quickly. We chose a sort of palette construction for under the library to make it very stable against the wind.“ Herman Kompernas

Eine Freiluftbibliothek in Gent von Massimo Bartolini

 „Books too can broaden the mind, just like good wine.“  Massimo Bartolini

Der italienische Künstler Massimo Bartolini, der nebenbei bemerkt auch dieses Jahr auf der Documenta in Kassel vertreten war, hatte für die Stadt Gent etwas ganz Besonderes entworfen.  Neben Wein wurden in einem Klostergarten der Sint-Pieters-Abtei anlässlich des Städtischen Kunstfestivals „Track: A Contemporary City Conversation“ Gent, Bücher „angebaut“. Das Festival dauerte dieses Jahr vier Monate und bot eine gesellschaftlicher Auseinandersetzung, die durch verschiedene Künstler initiiert wurden. Die Stadt Gent war Schauplatz neuer, vergessener und überraschender Sichtweisen. »TRACK bewegt, spielt, liest, lauscht, schaut, sieht und bietet ein Kunsterlebnis ohne Grenzen «, hieß dies bei den Ausstellungsmachern. Laut Zeit-Online waren dies insgesamt ca. 30.000 Bücher in der Freilichtbibliothek und 12 Regale, wie auf dem Foto und in dem Kurzfilm zu sehen ist. Dennoch gibt es dort auch noch Weinreben, die zwischen den Regalen angebaut werden. Die Salzburger Nachrichten zitierten hierzu Jesus: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Beides sei Lesestoff, sowohl Bücher, als auch Wein. Lesen sei Gedankenerweiterung und Weintrinken deren Fortsetzung mit anderen Mitteln. Besucher konnten Bücher ausleihen, mitbringen, kaufen oder tauschen. Bis 16. September dauerte das Festival Track an und vermutlich stehen die Regale nun nicht mehr oder mit weniger Büchern im Klostergarten. In einem Land, in dem es vermutlich mehr regnet oder zumindest so viel wie bei uns, wurden die Bücher doch hoffentlich geschützt vor der Nässe. Auf dem im Mai diesen Jahres eröffneten Kunstfestival gab es insgesamt 41 Kunstwerke zu sehen, die oftmals im öffentlichen Raum bestaunt werden konnten. Die IFLA Special Interest Group „Environmental Sustainability and Libraries“ verwendet ein Foto dieser Freiluftbibliothek als Hintergrundseite auf ihrer Facebookfanseite.

Zwei Videos zum Crowdfunding des „Hundred Story House“ im Cobble Hill Park in Brooklyn

Die Schwarmfinanzierung für alle, die ein risikoloses Abenteuer nicht scheuen. Warum nicht einmal die ausgetretenen Pfade verlassen? Spaß haben und Nervenkitzel statt Verbissenheit und überstrapazierte Geduld bei Projektanträgen. Was ist dieses Crowdfunding? Im übergeordneten Sinne: Fundraising. Der Nutzen: Projekte ins Laufen bringen, sie bestenfalls zu finanzieren, mindestens jedoch neu zu bewerten. Und die Crowd, die (virtuelle) Gemeinschaft, aktivieren, binden, nutzen. Was ist das Prinzip hinter Crowdfunding, wie funktioniert es, was ist das Wesentliche daran? Was passiert mit dem Geld, wo kommt es her und wie erfolgreich ist Crowdfunding? Beispiele zeigen: ja, es funktioniert. Anwendungsbereiche gibt es unter bestimmten Kriterien auch in Bibliotheken. Warum also nutzen unsere Bibliotheken Crowdfunding nicht?Ilona Munique

Ilona Munique hatte vor wenigen Tagen das Thema Crowdfunding für Bibliotheken auf die Agenda gebracht und hierzu einen Artikel in der Februarausgabe 2013 in der Zeitschrift Bibliotheksforum Bayern angekündigt. Hierzu bietet sie sogar Seminare und Kurzvorträge an. Wenn Crowdfunding mittlerweile so erfolgreich in den USA mit Kickstarter und vielen anderen mit Bibliotheksprojekt funktioniert, die eher einen ungewöhnlichen und nicht öffentlich finanzierten Charakter haben, dann wäre es doch einen Versuch wert ein Wagnis einzugehen, dass am Ende durchaus erfolgsversprechend ein kann. Warum sollte es nicht auch hierzulande mit Bibliotheksprojekten wie Bücherschränken, Büchereien für Asylbewerber oder einem lokalen eigenen Projekt Ingeborg in der eigenen Stadt klappen?

Brooklyn ist ein Stadtbezirk von New York City, in dem viele Büchernarren und -liebhaber leben. Wer die Straßen an bestimmten Wohnviertel entlanggeht, wird ein informelles und anonymes Buchverleih- und Teilsystem bemerken.Es gibt haufenweise Stapel von Taschenbüchern und Bücher im Hardcoverformat, die auf Bürgersteigen or Treppenstiegen herumliegen und für jeden Passanten verfügbar sind, der nach einem guten Roman oder einem Kochbuch aus dem Jahr 1972 sucht. Diese Tradition ist der Tatsache zu verdanken, dass viele Wohnungen, Zimmer und Appartments nur begrenzten Platz bieten. Zudem spricht es dafür, dass die Menschen dort das geschriebene Wort äußerst wertschätzen, wie an zahlreichen Buchläden, Öffentlichen Bibliotheken und Cafés zu erkennen ist, da diese verhältnismäßig viele Möglichkeiten bieten mit Büchern in Berrührung zu kommen. Nun haben sich im Digitalzeitalter die Formate verändert und elektronische Lesegeräte sind auf dem Vormarsch, was das Kommunikationsverhalten und die Erfahrungen verändern, wie wir das geschriebene Wort erfahren.

„The Hundred Story House“ soll ein interaktive Kunst im öffentlichen Raum sein. Es bietet darin Platz für hunderte von Büchern, die von den Anwohnern ausgeliehen werden können. Mittlerweile wurde das Projekt mit ca. 13.500 $ via Kickstarter co-finanziert. Das Prinzip lautet „take-a-book – leave-a-book“. Ziel ist es das Buch als physisches Objekt zu feiern und die Freude daran zu vermitteln, was die Vorzüge des Haptischen ausmachen.

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Digitale Straßenbibliotheken Teil I: Das Projekt Ingeborg als die ultimative virtuelle Stadtbibliothek Klagenfurt

Der textKaiser-Blog aus Österreich brachte auf den Punkt, was gesagt werden muss:

„Und während Politiker noch immer über Gründe nachdenken, wie man eine Stadtbibliothek “wegargumentieren” könnte, hat sie das digitale Zeitalter bereits längst überholt. Es braucht nicht viel um Statements zu setzen und selbst aktiv zu werden. Nur ein bisschen Kreativität und den Willen dazu.“

Erstaunlicherweise findet sich im Pressespiegel auf der Projektwebseite kein einziger Artikel aus Deutschland, dagegen sind sogar Meldungen über das Projekt aus Argentinien, USA, Taiwan, Italien, Frankreich und Russland sehr gut vertreten. Georg Schröder aus Essen berichtete als einer der wenigen Deutschen in seinem Blog padlive.com darüber und stellte am Ende die Frage, ob er die Stadt Essen ansprechen solle? Bitte Herr Schrörder sprechen Sie die finanziell klamme Stadt Essen an, die einen Neubau ihres Fußballstadions mitfinanzierte und stattdessen Zweigstellen schließt bzw. zusammenlegt.

Das Projekt, das hier vorgestellt wird, ist nach Ingeborg Bachmann benannt, der berühmtesten Tochter von Klagenfurt. An über 100 Stellen befinden sich in der Stadt gelbe Sticker (wie unten abgebildet). Ziel ist es Newcomer zu fördern, indem deren Musik und schrifstellerische Kostproben kostenfrei an unterschiedlichen Stellen in Klagenfurt und Umgebungverfügbar gemacht werden.

Die Idee des Projekts Ingeborg stammt von Georg Holzer & Bruno Hautzenberger. Die Idee entstand bei kühlen Bieren im Jazzkeller Kamot. Dabei existierte der Wunsch etwas mit der NFC-Funktechnik zu machen. Darüber hinaus sind auch andere Helfer, Unterstützer und Mitarbeiter zu nennen, welche nun engagiert an pingeb.org mitarbeiten: (Kerstin Rosenzopf, Iris Wedenig, Verena Artinger oder Daniel Gollner).
Im folgenden Video erklärt Georg Holzer das Projekt und vergleicht es mit einer digitalen Stadtbibliothek. Er plädiert für eine freiere Zugänglichmachung von digitalen Inhalten, als das bislang der Fall ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Hauptstadt von Kärnten, die einzige mitteleuropäische Stadt ohne eigene Stadtbibliothek ist.

Der Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb ist ja so etwas wie das kulturelle Aushängeschild der Stadt. Junge, zumeist unbekannte Autoren erhalten drei Tage die Möglichkeit ihre Texte Experten und einem breiten Fachpublikum zu präsentieren, was auch im Fernsehen (3Sat) übertragen wird. Am Ende wählt eine Fach-Jury die Preisträger aus. Dieser Preis zählt mit zu den wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum. Autoren wie Peter Glaser, Wolfgang Hilbig, Peter Wawerzinek, Emine Sevgi Özdamar oder Franzobel erhielten diesen Preis und wurden so einem breiteren Publikum bekannt. Eben dieser Preis und dessen Außenwirkung war auch der Entstehungsgrund für das von Holzer & Hautzenberger entwickelte Projekt Ingeborg. Mitte Juli gab es bereits 70 QR-Codes verteilt über die ganze Stadt. Inzwischen sind es schon über 100.

Mitmachen können nur Autoren oder Musiker aus dem Raum Klagenfurt. Die Promotion durch das Projekt pingeb.org kostet den Jungkünstlern keinen Cent. Ziel ist es Spannung auf einem geografisch eingeschränkten Raum zu erzeugen. Weiterlesen

Vorstellung der Sommerleseförderungsaktion der Mediathek in Roubaix

Die Mediathek in Roubaix verteilt sich im Sommer in verschiedenen Parks, um den Kindern das Lesen während der Ferien näher zu bringen. Das Besondere ist dabei, dass der Kontext nicht-schulisch ist und die Regeln weniger streng sind.

Positive Nachrichten zum Lesezeichen Salbke

Juli 2011 berichtete Wolfgang über den Kampf des Bürgervereins in Magdeburg Salbke für den Erhalt des Salbker Lesezeichens. Damals sah es nicht gut aus rund um und für das Lesezeichen. Seit dem haben wir das Lesezeichen ein wenig aus dem Blick verloren, um so schöner sind die Entwicklungen, die es seit dem gegeben hat.

Die “feste” Bibliothek, aus der das Lesezeichen Salbke seinen Buchbestand bekommt, ist umgezogen! Das Grundstück, wo das Lesezeichen bis jetzt stand, wurde verkauft. Der neue Eigentümer verlangte zu viel Miete. Daher ist man am 22./23. September nun von Alt Salbke 75 nach Alt Salbke 50 umgezogen. Aus dem Bestand der „festen“ Bibliothek werden auch die Bücher in den Vitrinen des „Draussen-Lesezeichens“ bestückt.

Am 14. Oktober 2011 berichteten die Deutschlandreporter über die Wiedereröffnung am neuen Standort.

Über zwei Ein-Eurojobber, Ehrenamtliche und das Nachbarschaftszentrum in der Nähe werden regelmäßige Öffnungszeiten ermöglicht für die Ausleihe eines der 40.000 Bücher. Finanzieren tut sich das Lesezeichen durch Spenden. Neben dem Angebot an Büchern werden in den Räumlichkeiten auch ein Englisch- und ein Malkurs angeboten und die Salbker Nachtigallen proben dort ihren Chorgesang.

Das „Draussen-Lesezeichen“ in Alt Salbke 37 erhielt am 14. Oktober eine Anerkennung des Deutschen Architekturpreises 2011 (Anerkennung 4). Dies ist eine zweite Auszeichnung für die gelungene Architektur, die im letzten Jahr sogar den “Brit Insurance Award” gewann und im Jahr zuvor mit dem „European Prize for Urban Public Space 2010“ bedacht wurde.

Quellen:
Ditmar: Salbker Lesezeichen wurde wiedereröffnet, Deutschlandreporter, 14.10.2011
Mann, Rainer: Deutscher Architekturpreis fürs Lesezeichen Salbke, Salbker Lesezeichen, 19.10.2011
Mann, Rainer: Das Lesezeichen ist umgezogen, Salbker Lesezeichen, 24.09.2011
Mann, Rainer: Salbker Lesezeichen, Salbker Lesezeichen, 21.09.2011

Einen dritten Sektor um das Sterben öffentlicher Bibliotheken und anderer Kultureinrichtungen aufzuhalten

 „Die Bibliothek von Zuccotti Park ist in derseben Weise in den Müll gewandert, wie auch andere Bibliotheken in den USA verschwinden. Bibliotheken, deren Buchbestände aufgelöst werden, um jene „Technikzentren“ zu errichten, die man aufsucht, um auf Facebook und eBay zu gehen und das Netz nach Steuertipps und Pornographie zu durchstöbern – so wie das andere Bürger in den eigenen vier Wänden tun; und Bibliotheken, die man deshalb schließt, weil man sie bei der städtischen Budgetplanung nicht mehr berücksichtigt hat.“ Mark Greif

Im oben angefügten Video wird der Text „Take This Book: The People’s Library at Occupy Wall Street“ vorgelesen. Es ist eine Geschichte über Freiheit, Gefahren und Bücher und basiert auf den Geschichten von BibliothekarInnen und NutzerInnen. Es ist nur der Anfang, denn die Idee der Occupy Wall Street Library hat sich mittlerweile auch über die USA hinaus verbreitet. In Amsterdam und London gibt es solche Einrichtungen und sicherlich auch anderswo.

Ben Kaden hatte kürzlich einen Artikel des Kultursoziologen Mark Greif im IBI Weblog der HU zum Anlass genommen, um dessen Überlegungen zum Fortbestand der „Public Library“ aufzugreifen und einen Strukturwandel der Bibliotheks- und Medienöffentlichkeit zu konstatieren. Auch Robert Reich beklagte gestern in einem Artikel am Beispiel der USA, was geschieht, wenn das öffentliche Gut an Wert (-schätzung) verliert (Here’s What Happens To Countries That Stop Valuing The Public Good) und was eine Gesellschaft kennzeichnet:

„What defines a society is a set of mutual benefits and duties embodied most visibly in public institutions — public schools, public libraries, public transportation, public hospitals, public parks, public museums, public recreation, public universities, and so on.“

Eine der Konsequenzen ist die Privatisierung (oder die Umwandlung in PPPs), welche Hella Klauser im Aprilheft von BuB 2011 im Artikel “Auf dem Weg zu McBib / Die Privatisierung Öffentlicher Bibliotheken schreitet in den USA voran – Nicht nur klamme Kommunen greifen zu” genauestens beschrieben hatte. Ich halte die Einschätzungen und Vergleiche von Kaden der USA mit Deutschland für äußerst pessimistisch und teile dessen Auffassung nur bedingt. Die Behauptungen wie Stadtkämmerer denken, halte ich für sehr pauschal und einseitig. Er ist ebenso nur ein „Schreibtischtäter“ und wenn jemand wie er die Wahl zwischen Pest und Cholera hat, dann kann er höchstens noch aus dem Fenster springen oder seinen Job kündigen. Entscheidungen in diesem Beruf sind schmerzlich und sicher hatte auch manche BibliotheksleiterIn in der Vergangenheit Bauchschmerzen, wenn es keine Möglichkeiten mehr gab als sich ökonomischen Zwängen zu unterwerfen und diese unumgänglich waren, um den eigenen Job zu behalten. Nicht nur der Stadtkämmerer „freut“ sich, wenn er Kosten minimieren kann, es sind auch leitende BibliothekarInnen, die 400 € -Jobber (ungelernt, meist Famis) einstellen (wie z.B. in einer bayerischen Gemeindebibliothek), Bundesfreiwilligenhelfer, bis vor kurzem 1-Euro-Jobber nahmen und altgediente Senioren als Ehrenamtliche gewinnen. Die Gemeinschaft besteht in vielen Gemeinden dann eben an einem anderen Ort, in Stadtteiltreffs oder in Kirchengemeindesälen oder in Bürgerhäusern, in den Schach gespielt wird und sich Generationen begegnen. Wenn schon die Ökonomisierung der Bibliotheken und unserer Lebenswelten beklagt wird, warum wurde dies in der bibliothekarischen Ausbildung und im Studium nicht ausreichender reflektiert anstatt nur stur die ökonomisierte und neoliberale Wirtschaftslehre propagiert? MitarbeiterInnen im gehobenen Dienst, welche in Stadtverwaltungen tätig sind, haben oftmals ein Studium absolviert, das sich häufig nicht mehr nur öffentliche Verwaltung nennt, sondern sehr häufig Verwaltungsökonomie, wo New Public Management propagiert wird und ethisches Handeln in den Hintergrund rückt und Bürger Kunden sind. Auch Bücher zum Thema „Governing the commons“ von der Wirtschaftsnobelpreisträgerin Ostrom wurden weder in diesem Berufsfeld noch in „unserem“ thematisiert. Uns wurde dieses Wissen über die ökonomisierte Haushaltspolitik ja schließlich auch als hilfreich und relevant vermittelt. Eigentlich war mit der Einführung der Doppik in den Kommunalverwaltungen doch klar, dass die Einnahmenseite bei Bibliotheken immer geringer als die Ausgabenseite ausfallen würde. Die doppelte Buchführung hat das Problem um den Eigenwert der Bibliotheken nur noch verschärft, aber im Grunde gab es schon seit längerem den Trend zum Privatisieren von Staatseigentum und einen durch Mindereinnahmen vieler Kommunen herbeigeführten Sparzwang im kulturellen Bereich.

Warum hat die Gemeingüter- oder Commonstheorie nie Eingang in die bibliothekarische (und kaum in die kommunalpolitische Praxis) gefunden? Natürlich vollzieht sich ein solcher Strukturwandel, das will ich nicht Abrede stellen. Was es gibt, ist das Bibliothekssterben, das wie ein Artensterben sich weiter langsam ausbreitet, Opfer und gesellschaftliche Auswirkungen nach sich zieht (Verdummung, kulturelle Abstumpfung und Verlust von kulturellem und sozialen Kapital), doch leider gibt bis dato noch keine vergleichbare Organisation wie WWF oder Robin Wood. Als die letztgenannten Organisationen sich formierten, gab es diese Bewußtsein, welches auch die vor wenigen Jahren vom ehemaligen deutschen Greenpeace-Vorsitzenden Thilo Bode gegründete Organisation FOOD WATCH nun vermehrt verbreitete, auch noch nicht. Doch den Verlust von Kultureinrichtungen und Bibliotheken werden diejenigen, welche selbst kaum in den Genuss solcher Institutionen gekommen sind, am allerwenigsten vermissen. Ist also eine Gemeindebibliothek auch eine Allmende, ein Gemeingut, das erhalten und geschützt werden muss?

Dennoch entstehen immer noch neue öffentliche Räume (z.B. durch die Urban Gardening-Bewegung oder die Give-Away-Bewegung) oder alte Bibliotheken bleiben erhalten und werden von einem ehrenamtlichen Personal weitergeführt. Erneut will ich diesen Blogeintrag zum Anlass nehmen die Gründung einer parteiübergreifenden Organisation vorzuschlagen, die sich dem Schutz und der Erhalt öffentlicher Bibliotheken widmet und offen für Bibliotheksgesetze eintritt und aus Menschen unterschiedlicher beruflicher Richtungen besteht. Eine Lobby, die nicht nur aus BibliothekarInnen und PolitikerInnen besteht, sondern aus Einwohnern jeglicher beruflicher und sozialer Herkunft, um deutlich zu machen, dass Bibliotheken keine exklusiven Einrichtungen sind, die von wenigen „Buchfreunden“ besucht und unterstützt werden.

Ich denke, dass das Verschwinden von öffentlichen Bibliotheken hierzulande nicht so schrecklich, wie in den USA ausfallen wird. Weiterlesen

Zwei Videos über die interkulturelle Arbeit der Garden Library in Tel Aviv

It is true that a single library will not save the world. But until then the foreign communities are the weakest group in the population and there is no one who will be there for them. Where is the social justice when it is needed, and quickly, before another law or amendment is enacted that will also ban support for this welcome humanitarian initiative?“ Esther Zandberg (Journalistin der Tageszeitung Haaretz)

An dieser Stelle will ich über die „Garden Library“ im Levinsky Park in Tel Aviv berichten, die von einer möglichen Schließung bedroht ist und dringend finanzielle Förderung benötigt. Die vor zwei Jahren eröffnete Bibliothek ist für die Migranten Community und die Anwohner im Süden Tel Avivs eine wichtige Anlaufstelle. Seit der Eröffnung dieser Einrichtung, war sie immer mehr als „nur“ eine Bibliothek: Kulturzentrum, Community-Zentrum, Treffpunkt und Anlaufstelle.

Die Bibliothek wurden von ARTEAM ins Leben gerufen und wird auch von dieser Gruppe unterhalten. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Künstlern, die sich aktiv für die Belange und Bedürfnisse ihrer vielfältigen Community engagiert. Sie besteht aus ZuwanderInnen aus unterschiedlichen Ländern, die als ErntehelferInnen, BauarbeiterInnen, KrankenpflegerInnen, RaumpflegerInnen und Flüchtlinge nach Israel kamen oder weil sie aus ihren Ländern vor Hunger, Folter, korrupten Diktaturen flohen. Die einzigartige architektonische Struktur befindet sich im Zentrum des Parks. 2/3 der 400.000 ausländischen EinwohnerInnen Tel Avivs, insbesondere im Stadtteil Neve Sha’anan, sind „illegal“ im Land.

Sie verfügt über Bücher in 16 Sprachen, einschließlich hebräisch. Der Bibliotheksbestand besteht aus Büchern auf Nepalesisch, Thai, Mandarin, Hindi, Spanisch, Hebräisch, Rumänisch, Französisch, Arabisch und Tagalog (die am meisten verbreitete Sprache der Phillipienen). Die Bücher in Thai stammen von einem israelischen Unternehmer, der in Thailand eine Fabrik besitzt. Der Besitzer einer Buchhandlung für spanische Bücher überzeugte seine Kunden davon Bücher an die „Garden Library“ zu spenden. Ebenso waren viel BotschaftsmitarbeiterInnen beteiligt, da sie in an deren Arbeitsorten Bücher in den jeweiligen Sprachen besorgten. Viel dazu hat auch das Außenministerium beigetragen, das mithilfe seiner MitarbeiterInnen Bücher aus anderen Ländern anschaffte. Wären dies nicht auch unkonventionelle Ideen und informelle Wege, welche vielen Bibliotheken auch hierzulande helfen würden ihren mehrsprachigen Bestand auszubauen? Ein Netzwerk mit Expatriats, BotschaftsmitarbeiterInnen, Philantrophen, PolitikerInnen und anderen international vernetzten Menschen zu bilden, um einen Bestand an mehrsprachigen Büchern aufbauen, der Vielfalt anerkennt und nicht nur wie hierzulande Bücher meist nur auf türkisch, russisch und chinesich anbietet?

Geführt wird die Bibliothek von ehrenamtlichen Männern und Frauen, angefangen von Rentnern, MusikerInnen, Künstlern, Fabrikdirektoren, Ingenieuren, AkademikerInnen, WirtschaftswissenschaftlerInnen und MitarbeiterInnen des Militärs. Die meisten von Ihnen sehen diese Aufgabe als Berufung an und verwenden ihre Freizeit hierfür. Institutionelle Partner des Projekts ist die städtische Hilfsorganisation Mesilla, die Stadtverwaltung und die staatliche Lotteriegesellschaft Mifal Hapais.

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