Zum 150. Gründungsjubiläum der “Alliance Israélite Universelle” Paris: Ein zweiteiliges Imagevideo der Bibliothek

Die 1860 gegründete Institution “Alliance israélite universelle” (AIU) feiert dieses Jahr ihr 150. Gründungsjubiläum. Vor dem Hintergrund dieses Jahrestages findet momentan die kostenlose AusstellungAlliance israélite universelle : 150 ans de combat au service de l’éducation” statt, die noch bis 16. Oktober im Hôtel de Ville von Paris zu sehen ist. Die Organisation trug maßgeblich zur Emanzipation des Judentums bei. Laut Bertrand Delanoë hat die “Alliance Israélite Universelle” nicht nur zur Verbreitung von Bibliotheken und Schulen weltweit beigetragen, sondern auch die Rolle der Frankophonie und des Judentums gestärkt. 1860 trafen sich 17 Franzosen jüdischer Herkunft und verfassten den folgenden Gründungstext, der die Menschrechte hervorhob, sich dem Kampf gegen Hass (insbesondere des Antisemitismus)  und  gegen Vorurteile auf die Fahnen schrieb: Weiterlesen

Aus aktuellem Anlass: Am 21.09. wurde die “Bibliothèque de l’Hôtel de Ville” in Paris wiedereröffnet

Die seit 2007 geschlossene Bibliothek, wurde am 21. September wiedereröffnet. Früher hieß sie “Bibliothèque administrative de la Ville de Paris und nun “Bibliothèque de l’Hôtel de Ville“. Die Kosten der Renovierung beliefen sich auf ungefähr 1.870 000 Euro. Im 5. Stockwerk des Pariser Rathauses angesiedelt, bietet sie auf einer Fläche von 600 m² 100 Leseplätze und einen Bestand von ca. 600.000 Medieneinheiten. Sie wurde komplett renoviert und ist nun endlich auch barrierefrei. Bereits während der  “Journées du patrimoine”  gab es  am 18.09. und 19.09. die Gelegenheit eines Besuchs der Bibliothek. Unter dem folgenden Link gibt es ein Video, das Bertrand Delanoë, den Bürgermeister von Paris, dabei zeigt, wie er die Laudatio zur Wiedereröffnung der Bibliothek hielt. In seiner Rede betonte Delanoë die Bedeutung dieser Bibliothek, die 1871 von Alexandre Vattemare errichtet wurde.  Er bezeichnete Vattemare nicht nur als unermüdlichen Förderer eines internationalen Kulturaustauschs, sondern auch als den Erfinder der modernen öffentlichen Bibliothek (“bibliothèque américaine”). Auf der Webseite der “Bibliothèque Administrative de la Ville de Paris (BAVP)”  gibt es mehr Informationen zur Geschichte, zum Service und zum wertvollen historischen Bestand der Bibliothek.

Vorstellung von “Bibliotheques hors les murs” – einer Sommeraktion zahlreicher Pariser Stadtteilbibliotheken

« Des bibliothèques raisonnablement pourvues en personnel qui aime les êtres humains plus que les livres, un personnel qui respecte les usagers et qui veut collaborer avec eux, et non leur donner des leçons. » (Zitat einen tschechischen Bibliothekars über Eigenschaften, die BibliothekarInnen mitbringen sollten)

Waren Sie schon einmal im Sommer in einem Park und haben dort BibliothekarInnen bei der Arbeit  getroffen?

Jeden Sommer gehen Pariser BibliothekarInnen in Parks und an öffenliche Plätze. Sie bringen Geschichten mit und leisten ihren Beitrag für die Leser von morgen. In den beiden Videos (siehe unten) kommen verschiedene Bibliothekarinnen zu Wort. Es geht auch darum für die Inklusion von bildungsfernen Schichten einen Beitrag zu leisten und aktiv Leseförderung zu betreiben. Vorgestern ging “Bibliotheques hors les murs” (BHLM) zuende. Das Konzept “Bibliothèques hors les murs” (BHLM) gibt es seit 1957 und wurde in Noisy-sur-Grand entwickelt, wo die Organisation “ATD-Quart Monde” die erste “Straßenbibliothek” schuf und bildungsfernen Menschen das Lesen und Bücher näher brachte.

Hinter der sommerlichen Aktion steht der Gedanke junge Zielgruppen vor Ort zu erreichen, die bisher noch nie in einer Bibliothek waren. Den Kindern und Müttern wird erklärt, dass die Einschreibung kostenlos ist und es in ihrem Viertel (vor allem aus den “quartiers sensibles”)  eine Stadtteilbibliothek gibt, die über ein breites Angebot an Medien verfügt. BHLM (“bibliothèques hors les murs”) soll einen Ort der Begegnung schaffen und einen kostenlosen Austausch in einer geselligen Umgebung bieten.

Die Vorlesenachmittage für Kinder sind ebenfalls kostenfrei und bedürfen keiner Einscheibung oder Reservierung. Weitere Auskünfte gibt es über die folgenden Webseiten:  www.paris-bibliotheques.org und www.bibliotheque.paris.fr

Unbedingt erwähnenswert ist die folgende Frage und die damit verbundenen Auswirkungen, welche Isabelle Masse im Artikel “Bibliothèques hors les murs” in  der Zeitschrift “Bulletin des bibliothèques de France” (BBF) aus dem Jahr 2002 aufwirft:

“Comment recevoir ce nouveau public dans la “bibliothèque dans les murs”?” (Wie soll die neue Kundschaft in der Bibliothek als Gebäude empfangen werden?)

Dabei macht Sie darauf aufmerksam, dass die Art und Weise der Kommunikation, die nun innerhalb der Mauern herrschen würde, eine andere ist, da ja bereits im nicht-institutionalisiertem Raum (“im Freien”) auf persönlicher Ebene Beziehungen  geknüpft wurden. Ziel sei es, die  Selbstständigkeit der neuen NutzerInnen herbeizuführen, damit diese nun alleine zurechtkämen in der “Bibliothek in den Mauern”. Dabei gibt es gewisse Regeln einzuhalten, die vorher bei der “Bibliothek hinter den Mauern” (“bibliothèque hors le murs”) unbedeutend waren. Durch die persönlichen Kontakte mit den neuen NutzerInnen verändert sich vermutlich auch die Sichtweise, ob bestimmte alterherkömliche Regelungen noch Sinn machen bzw. inwieweit “die alten Regeln” noch zeitgemäß sind. Mit Sicherheit werden hier gewisse Barrieren oder Mauern fallen, die in der Lage sind den Umgang miteinander entspannter zu gestalten, so dass etwas wie  “Bibliotheksangst” eine geringere Rolle spielen wird.

Folgende Stadtteilbibliotheken von Paris beteiligen sich an der diesjährigen Aktion: Weiterlesen

“Bibliocylcle” in Gennevilliers: Leseförderung durch BibliothekarInnen auf Fahrrädern

Jeden Sommer gehen in Gennevilliers (Département Hauts-de-Seine) BibliothekarInnen  dreimal pro Woche mit speziellen Bibliotheksfahrrädern, die mit Büchern beladen sind, auf Spielplätze,  in Parks und an andere öffentlichen Orten, um dort in erster Linie Mütter und Kinder zu treffen. Die Initiative nennt sich “bibliothèques de rue” und existiert mittlerweile seit 2002. Gennevilliers ist eine klassische Vorstadt von Paris, in der Fußballer wie Diomansy Kamara, David N’Gog oder  Garra Dembélé aufwuchsen, aber auch Isabelle Adjani verbrachte hier ihre Kindheit. Einer Bevölkerungsstatistik von 2007 zufolge, stammten 27 % der Bevölkerung von Gennevilliers aus den Maghrebstaaten, 17 % aus den restlichen afrikanischen Staaten südlich der Sahara, 15 % aus Asien, 4 % aus der Türkei und 25 % aus der Europäischen Union. Während der Sommerzeit kümmern sich jeden Dienstag, Mittwoch und Freitag von 16:30 Uhr bis 18:30 Uhr BibliothekarInnen um die Leseförderung der Kinder, indem sie diese frühzeitig an das Medium Buch heranführen. Doch auch Erwachsene können die zur Verfügung gestellten Bücher und Zeitschriften vor Ort nutzen. Hierzu sind die BibliothekarInnen, wie in dem Videobetrag zu sehen ist, mit speziellen Bibliotheksfahrrädern unterwegs, aber auch zu Fuß (“Dans les squares ou en pied de cité“).

Aus aktuellem Anlass: Strandbibliotheken in Frankreich mit besonderer Berücksichtung des Départements Seine-Maritime

«Qui que vous soyez qui voulez cultiver, vivifier, édifier, attendrir, apaiser, mettez des livres partout» Victor Hugo

Seit 2006 gibt es „Lire à la Plage“ im Département 76 (Seine-Maritime). In diesem Jahr stehen in den folgenden 13 Kommunen Strandbibliotheken zur Verfügung stehen: Criel-sur-Mer, Dieppe, Etretat, Fécamp, Le Havre, Le Tréport, Rouen, Sainte-Adresse, Saint-Jouin-Bruneval, Saint-Valéry-en-Caux, Veules-les-Roses, Yport und seit diesem Jahr Saint Aubin sur Mer. Im letzten Jahr gab es über 60.000 Leser in den genannten Kommunen (außer in Saint Aubin sur Mer). Die Bürgermeister, in denen sich die  Strandbibliotheken befinden, beschlossen mehr Geld für die im Sommer genutzten Strandbibliotheken zur Verfügung zu stellen. Bereits seit dem 3. Juli findet „Lire à la Plage“ statt und wird noch bis 30. August andauern. Unter der Überschrift „Bronzez intelligent!“ (Bräunen sie sich auf intelligente Art!) wirbt das Département nicht nur auf seiner Webseite und für die zahlreichen mit “Lira à la plage” verbundenen Veranstaltungen um Aufmerksamkeit. Mittlerweile gibt es auch eine Gruppen– und eine Fanseite auf Facebook, die über aktuelle Termine und Neubauten informieren.

Dieser sich seit einigen Jahren abzeichnende Trend  wird auf der Seite „Livres Hebdo“ beschrieben und äußert sich hierzulande mehr in Form von Offenen Bücherschränken und Bücherzellen. Dies wurde zusammengefasst wie folgt beschrieben: Weiterlesen

“Le Labo BnF” in der Bibliothèque François Mitterrand: Ein zeitgemäßer Ort für neue Technologien und Nutzer

Vor fast genau einem Monat, am 2. Juni hat die Nationalbibliothek Frankreichs (BnF), die Bibliothèque François Mitterrand das sogenannte “Labo BnF” eröffnet.  Die Zeitung “Le Figaro” betonte, dass die zur Eröffnung 1996 vergebene Einschätzung über die Bibliothèque François Mitterrand nun Wirklichkeit wird, dass es sich bei der BnF mit dem “Labo” um eine neue Art von Bibliothek handelt:  “N’avait-on pas dit, à l’époque de sa construction, qu’elle serait une bibliothèque «d’un genre nouveau»?”  Zu diesem Zeitpunkt war man sich vielleicht noch nicht der Außmaße und der zukünftigen (möglichen) Rolle der Bibliothek  bewußt. Spätestens jetzt wird klar, dass es sich bei der Funktion des damals (1996)  neuen Baus der Bibliothek, um eine neue und zusätzliche Aufgabe handelt, den Menschen die Befürchtungen und Ängste vor den neuen Technologien zu nehmen. Letzteres betont der Direktor Bruno Racine in vielen Stellungnahmen.  “Labo BnF” erstreckt sich auf einer Fläche von 120 m² und ist jeden Montag von 14-19 Uhr, Dienstag bis Samstag von 10-19 Uhr und an den Sonntagen von 13-19 Uhr geöffnet. Im Gegensatz zur kostenpflichtigen und aktiven Nutzung der Nationalbibliothek, ist dieser Bereich für alle Besucher frei zugänglich, unabhängig davon, ob jemand über einen Ausweis verfügt oder nicht. Dieser neugeschaffene Raum ist das erste öffentliche “Experimentierlabor“, dass den NutzerInnen ermöglicht die neuen Technologien des Lesens (E-Books), des Schreibens (z.B. elektronische Tinte) und des Web 2.0 näher zu bringen. Den Besuchern wird auf die “userorientierte” Weise ein anderer Zugang zum Bestand der Bibliothek gewährt. Gibt es denn vergleichbare deutschsprachige Bibliotheken, die ähnliche Dienstleistungen zum Ausprobieren anbieten und Räume hierfür zur Verfügung stellen?

Die BesucherInnen werden im Eingangsbereich des “Labo BnF” auf einen riesengroßen Multitouch-Bildschirm stoßen, wo der Zugang auf tausende digitalisierte Bestandsdaten möglich ist. Diese “Auswahlmauer” stammt aus den USA und ermöglicht eine Übertragung der Daten auf Terminals oder auf elektronische Lesegeräte und ist das erste Gerät seiner Art, das jemals in Europa installiert wurde.  Die “Mauer” mag im Betrachter Assoziationen mit  dem Film Minority Report von Spielberg wecken. Es ist möglich mit einem Stift auf digitalem Papier zu schreiben. Der Bildschirm verfügt über ein Augmented-Reality-System, wo die Öffentlichkeit zum Beispiel 3D-Modelle eines Theaters sehen kann. Darüber hinaus gibt es noch einen digitalen Koran von der Größe einer Streichholzschachtel und viele andere Technologien. Das “Labo BnF” verfügt auch über einen Twitteraccount und über ein Blog. Weitere Hightlights sind das sogenannte “Storytelling”, das iPad und der Einbeziehung der Kognitionswissenschaften in Form von Robotern. Diese wurden vom Institut des Systèmes Intelligents et de Robotique (ISIR) entwickelt und  vor allem dafür verwendet nicht-frankophonen Besuchern und Menschen mit Behinderung beim Zugang zu den neuen Technologien behilflich zu sein. Zur Vermittlung der Technologien finden auch Konferenzen und themenbezogene Workshops statt. Weiterlesen

Anmerkungen zur Zielgruppenorientierung für die LGBT-Community und die Rolle der Öffentlichen Bibliotheken mit besonderer Berücksichtigung der Situation in Frankreich

The purpose of our public libraries is to serve the public. It is time to realise that the public is more diverse than the white, Christian, heterosexual man. Library and information science have a responsibility to proceed in this area, acknowledge the problem and bring LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual) into their field of research. (Anna Johansson in Libreas 01/2008)

In ihrem Artikel machte Johansson deutlich, dass in Schwedens öffentlichen Bibliotheken die heterosexuelle Norm aufrechterhalten wird, indem durch verschiedenen Standards (u.a. Klassifikationen), das Auffinden und das  Sichtbarmachen von Literatur für die LGBT-Community erschwert wird. Wie ist das eigentlich hierzulande? Natürlich ist es begrüßenswert, dass Libreas  diesen Artikel der schwedischen Bibliothekswissenschaftlerin veröffentlichte, aber warum gab es in den letzten 10 Jahren kaum deutschsprachige BibliothekarInnen, welche diese Aspekte in Form von Artikeln und Vorträgen auf die Agenda brachten? Oder irre ich mich? Ist bei uns alles in Ordnung? Sollte man sich in Zeiten finanzieller Krisen in den Kommunen und anderswo nicht mit wichtigeren Themen beschäftigen?

Durch Zufall wurde ich vor kurzem auf einen Blogeintrag eines französischen Bibliothekars aus Lyon aufmerksam, der sich pünktlich zum “Journée internationale de lutte contre l’homophobie et la transphobie“, also zum  “Internationalen Tag gegen Homophobie und Hassgewalt” am 17. Mai, mit dem Thema befasste und genauer analysierte, inwieweit Homosexualität überhaupt in den Öffentlichen Bibliotheken Frankreichs thematisiert wird. Volker Beck meinte am 16.05. 2010, dass der Hass auf Lesben und Schwule  international und in Deutschland nicht überwunden ist und eine Aufnahme des Antidiskriminierungsschutzes auf Grund der Sexuellen Identität ein Zeichen setzen würde,  Lesben und Schwule als  integraler Bestandteil unserer Gesellschaft zu betrachten. Seit dem letzten Bundestagswahlkampf findet sich für die Aufnahme der “Sexuellen Identät” ins Grundgesetz als Teil des Diskriminierungsverbots im Artikel 3 zunehmend mehr Unterstützung aus mehreren Parteien (SPD, Grüne, Die Linke und ganz wenige Anhänger der CDU und der FDP). Am 21.04. gab es zu dem Gesetzesentwurf eine öffentliche Anhörung im Bundestag und momentan wird der Gesetzesentwurf hierzu noch geprüft. Dieses Thema hat nun wieder an Aktualität gewonnen und der Blogeintrag des französischen Bibliothekars veranlasste mich nun über dieses Thema zu schreiben

Einer Annäherung an die Thematik, bedarf ein Eingehen auf die Reflexionen des Bloggers. Ich kenne immer noch keine Stadt(teil)bibliothek, welche sich dieser Thematik eingehend annimmt. Außerdem bin ich – obwohl Bibliothekar – auf diesem Gebiet kein “Experte”, da dieses Thema im Studium und in der beruflichen Praxis bisher (noch) nicht auf der Agenda stand. Bislang sind mir nur die  von Prof. Dr. Rösch (FH Köln) betreuten Arbeiten von Frau Jakobs aus dem Jahr 2000 (“Homosexuelle als Benutzergruppe – Forderungen an die Bibliothek. Eine Untersuchung zu den Herausforderungen, die eine homosexuelle Benutzergruppe an Öffentliche Bibliotheken stellt” und “Literaturbedürfnisse von Homosexuellen – Forderungen an die Bibliothek“) und der  Aufsatz “THE “INVISIBLES”: Lesbian Women as Library Users” von Heike Seidel aus der Zeitschrift Progressive Librarians bekannt. Darin greift sie eine Diskussion auf, die 1995 unter anderem auch in BuB geführt wurde und nach der Diplomarbeit von Warnke “Eingrenzen statt ausgrenzen”. Doch (wie) wurden diese Arbeiten bis heute in der Fachwelt rezipiert?

Auf dem BOBCATSSS-Symposium 2007 wurde zur Zielgruppenarbeit für die LGBT- Community dieses Thema in Form einer Poster Session von Tiger Swan präsentiert: “Marketing for Inclusion: Reaching the Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender (LGBT) Communities”

Zurzeit sind mir nur Bibliotheken in Großbritannien und den USA bekannt, welche eine gezielte Inklusionspolitik dieser Gruppe betreiben. In deutschen Bibliotheken fand ich bislang nur kostenlose Zeitschriften wie etwa die Siegessäule und Broschüren zum Thema der sexueller Aufklärung.  Doch es gibt zahlreiche Initiativen und Organisationen, welche als beratend für Bibliotheken tätig werden könnten bzw. es schon sind. Über Facebook wurde ich auf www.gayboooks.de und www.lesbianbooks.de aufmerksam, welche durchaus Anregungen in Form von Newslettern und Empfehlungen böten.

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Eine "Bibliothek" aus weißem Beton im Öffentlichen Raum

Obwohl das Städtchen Cholet im Départment Maine-et-Loire (49) über  durchaus ansehnliche “echte” Bibliotheksbauten verfügt, will ich mich der dort noch relativ neuen architektonischen Sehenswürdigkeit widmen. Im Herzen der Stadt befindet sich seit kurzem eine neue architektonische Konstruktion auf der Außenwand eines Hauses. Sie soll eine Bibliothek darstellen. Um den Platz Rougé wiederzubeleben gab es die Idee einen Architekturwettbewerb auszuschreiben. Auf 136 m² wurde eine Potemkinsche Bibliothek, die Platz für etwa 5.000 Bücher hat, errichtet. Bei Einbruch der Dunkelheit gibt es eine scénographie lumineuse in Form von Lichtinstallationen. Vermutlich handelt es sich dabei um ähnliche Lichtspiele wie beim jährlich Fête des lumières in Lyon.

Die Arcades Rougé sind ein neuer Teil im Zentrum der Stadt und gekennzeichnet von kultureller und gewerblicher Nutzung, aber auch von Wohnanlagen. Peggy Jousse, der Architektin des Büros Labatut zufolge, stellt dieses “städtische Wohnzimmer” den place Rougé dar und eine Besonderheit. Es befindet sich hinter dem place Travot, einem großen Platz, der für Großveranstaltungen gedacht ist. Peggy Jousse und ihre ArchitektenkollegInnen wollten diesem lebhaften und lauten Platz etwas entgegensetzen, was mehr Intimität und Poesie vermittelt, aber auch Raum für Kommunikation bietet. Insgesamt betrugen die Kosten 103.000 €.

Aus aktuellem Anlass: Über den Zustand der Bibliotheken und anderer Kultureinrichtungen in Haiti

Obwohl bereits auf der Webseite der IFLA und per E-mail (Swiss-Lib) durch Madame Danielle Mincio (IFLA Governing Board representative on the Preservation and Conservation)  über die Situation der Bibliotheken in Haiti berichtet wurde, soll dieser Blogbeitrag ausführlicher Auskunft über die Ausmaße der Zerstörung nicht nur bei  Bibliotheken geben, sondern auch bei anderen bedeutenden Kultur- und Bildungseinrichtungen des Landes. Für den Wiederaufbau von Bibliotheken zu spenden ist unter der folgenden Adresse (danielle.mincio[at]bcu.unil.ch) möglich und kann über Madame Mincio erfolgen. Mitglieder der IFLA können über die verbandseigene Stiftung( Stichting IFLA Foundation) spenden. Am 19.01.2010 wurde auf dem Midwinter Meeting der American Library Association (ALA) ein “Haiti Library Relief Fund” eingerichtet, um Geldspenden zu sammeln, die dem Wiederaufbau der Bibliotheken und Archive zugute kommen, welche durch das Erdbeben auf Haiti (12.01.) beschädigt und zerstört wurden.  Vor kurzem hat mich eine weitere Nachricht der Gruppenmoderatorin Brooke Wooldridge der Facebookseite der Carribean Digital Library erreicht, auf der täglich weitere aktuellere Informationen über die Bibliotheken und deren Zustand eingehen. Sie schrieb unter anderem, dass es jederzeit möglich ist sie (dloc[at]fiu.edu) auch im Hinblick auf die Planung konkreter Projekte vor Ort zu kontaktieren. Einer der wichtigsten Akteure bei der Wiederaufbauhilfe für kulturelle Einrichtungen ist die UNESCO. Haitit steht mit zwei Sehenswürdigkeiten auf der UNESCO-Weltkulturebeliste: dem National History Park mit dem Palast  Sans Souci und der Zitadelle in Ramiers. Sie stammen aus der Zeit der Unabhängigkeit Anfang des 19. Jahrhunderts. Außerdem zählt zum Weltkulturerbe Haitis das historische Zentrum der Stadt Jacmel. Viele Gebäude stammen aus dem späten 17. Jahrhundert und wurden im französischen Kolonialstil erbaut und einige Herrenhäuser dienten als Vorbild für das französische Viertel in New Orleans. Es ist nun Aufgabe der UNESCO die Ausmaße der Schäden abzuschätzen und deren Wiederherstellung so gut wie möglich zu koordinieren und durchzuführen.  Aus einem Artikel der New York Times geht hervor, dass ähnlich wie nach dem Irakkrieg große Gefahr in Verzug ist. Es gibt zahlreiche kulturelle Schätze in Museen (z.B. das Musée du Panthéon National Haïtien und das Musée d’art haïtien), Bibliotheken und Archiven, die gierigen Kunsträubern zum Opfer fallen könnten. Italienische und Französische Polizeispezialeinheiten sind seit kurzem dabei diese zu schützen. Laut Experten besteht Hoffnung für den Erhalt der Hauptsammlungen des Nationalmuseums. Auf die Frage warum der Bildhauer Patrick Vilaire nach dieser Katastrophe seine Aufmerksamkeit so sehr auf alte Bücher lenkte, antwortete er folgendes:

“The dead are dead, we know that. But if you don’t have the memory of the past, the rest of us can’t continue living.” (Die Toten sind tot, wir wissen das. Aber falls man nicht die Erinnerung an das Vergangene bewahrt, können die Überlebenden nicht weiterleben.)

Hier geht es auch um die Identität der Einwohner, die durch deren kulturelle Schätze zum  Ausdruck kommt. So wurde beispielsweise das Kunstzentrum in Jacmel (Centre D’Art de Jacmel) zerstört, das weit über die Landesgrenzen bekannt ist und deren Werke weltweit verkauft wurden.  In dieser Stadt befand sich auch eine vor wenigen Jahren gegründete Filmhochschule, sowie die Kunsthochschule Fosaj (gegründet: 2003).  In Port-au-Prince wurde zudem die Buchhandlung La Pléiade unweit des Präsidentenpalasts zerstört. Das Kulturzentrum der Hauptstadt la FOKAL und seine Bibliothek  Monique-Calixthe haben dem Erdbeben standgehalten. Eine der Organisationen, die sich weltweit für den Erhalt von Kultur einsetzt, ist die  Association of National Committees of the Blue Shield (ANCBS) mit Sitz in Den Haag, die den Menschen in Haitit helfen will, indem sie sich für deren kulturelles Erbe einsetzt.  Sobald die Situation stabiler wird, möchte Blue Shield Experten aus aller Welt ermöglichen ihre haitianischen Kollegen zu unterstützen, indem sie die Schäden des kulturellen Erbes abschätzt, die Restauration und den Wiederaufbau von Gebäuden unterstützt. Aus diesem Grunde sucht Blue Shield International ehrenamtliche Helfer wie etwa Archivare, Kuratoren, Restauratoren, Architekten und Bibliothekare. Über den folgenden Link kann eine Online-Registrierung erfolgen. Als nächstes will ich auf den Zustand einiger bedeutender Bibliotheksgebäude im Einzelnen eingehen. Aufgrund der Nachbeben und ständiger Veränderungen kann ich nicht zu 100% für Vollständigkeit und Aktualität garantieren:

  1. Die dreisprachige Schule und Bibliothek der Sirona Cares Stiftung in Grand Goave wurde komplett zerstört. Weiterlesen

Ein Nachtrag zu meiner Reise in die Niederlande: das “Lezersfeest” und “Nederland leest”

Als ich bis zum 5.11. 2009 in den Niederlanden war, fiel mir durchaus beim Besuch der Bibliotheken auf, dass zu diesem Zeitpunkt die landesweite niederländische Kampagne “Nederland leest”  (23.10.-20.11.) in vollem Gange war. Es beteiligten sich sehr viele Bibliotheken, wie unter dem folgenden Link zu sehen ist. Leider verpasste ich das Lezersfeest am 7.11., bei dem sich die Stadtbibliothek Rotterdam in eine riesengroße Tanzfläche verwandelte und es ein großes Dansfeest gab. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Lezersfeest- Stiftung in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Rotterdam und dem Büro Fris. Das Ziel des Lezersfeest ist das Lesen zu fördern, indem für die  Öffentlichkeit Veranstaltungen mit nicht-elitärer Literatur angeboten werden. Dabei werden die “Leser” ermutigt sich mit Literatur und dem Lesen im Allgemeinen zu befassen. Das Hauptanliegen des Lezersfeest ist es, eine Verbindung zwischen dem Lesen und der Freude an Literatur zu vermitteln, indem eine positive Einstellung zu Literatur vermittelt wird. Die Hauptzielgruppe sind Menschen zwischen 18 und 80 Jahre alt, wie es auf der Webseite heißt.  Das Programm findet sich unter dem folgenden Link.  Nachdem ich mich mit der Chefredakteurin der Zeitschrift NL Unlimited (Ausgabe für Rotterdam) einen Abend vor meiner Abreise über diese Veranstaltung unterhielt, die ja damals durchaus das Stadtgespräch in Rotterdam war,  stellte ich mir sofort die Frage ob es so etwas auch in Deutschland gibt. In Berlin oder München gibt es zwar immer wieder Literatur- und Poesiefestivals, aber auch aus anderen Städten habe ich von solchen Veranstaltungen in einer Bibliothek nie zuvor gehört. Vermutlich bin ich nocht nicht gut genug informiert und es gibt tatsächlich Veranstaltungen in Deutschlands Bibliotheken, die inhaltlich ähnlich sind.  Events auf der Lit.Cologne und der Buchmesse Leipzig finden meines Wissens auch in Bibliotheken statt. Insgesamt habe ich bei sehr vielen deutschen Literatur- und Kulturveranstaltungen – außer dem Poesiefestival in Berlin (2005 im Hebbel am Ufer) und Veranstaltungen in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und dem Printemps de la Poésie (2006) am Goethe-Institut Rabat – durchaus öfter das Gefühl, dass bei den meisten Literaturveranstaltungen  bzw. das elitäre Publikum in der Mehrheit ist. Von einem Poetry-Slam oder einem Tanzfest in einer deutschen Bibliothek habe ich bis heute noch nicht gehört.  Die Chefredakteurin der Zeitschrift NL Unlimited stellte mir netterweise Fotos und nachträglich Informationen zur Verfügung. Zu Beginn schien es mir schier unglaublich, dass die Bibliothek als Ausgehalternative für einen Samstag im Jahr in den Mittelpunkt der Bürger Rotterdams (und Umgebung) rückte. Die Karten kosteten zwischen 14,50 – 17,00 €. Es fanden mehrere Poetry Slams statt und niederländische Autoren  wie z.B. Bart Chabot, Nicci French oder  Fayza Oum’Hamed  lasen aus ihren Büchern, die dort auch verkauft wurden. Außerdem gab es ein Popquiz, dass in der “Discothek” stattfand. Darüber hinaus fand die Verleihung des Boek-delenprijs statt, den dieses Jahr Arthur Japin erhielt.  Insgesamt war das Programm sehr reichhaltig und facettenreich wie unter dem folgenden Link zu sehen ist. Bekannte DJs legten bis 3 Uhr morgens Musik auf.

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