Onleihe – immer noch das einzige ÖB-Tor zur E-Book-Welt?

… oder warum tun wir uns mit einer Einordnung der Onleihe und einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Angebot so schwer?

Die Diskussion, die ich hier widerspiegle, habe ich dankenswerter Weise mit Erlaubnis von Christoph Deeg und Peter Jobmann aus Facebook übernommen. Sie hat heute Nachmittag stattgefunden und soll hier auch ihren Weg aus der engen Facebookwelt herausfinden. Dazu folgen jetzt die Kommentare, die maßgeblich für die Diskussion sind. Nicht übernommen habe ich Zustimmungen durch “I Like”.

Beitrag:

Christoph Deeg:

Interessant. Wird der Anbieter jetzt beginnen daraus ein “professionelles” Produkt zu machen? Und wie geht die Bibliothekswelt mit diesem “quasi-Monopol” um, wenn doch Monopole immer ein Argument gegen Amazon, Google und Co. sind? Und welche Konzepte gibt es für die freien Inhalte wie Blogs?

ZIBB: Onleihe: Bibliotheken leihen online aus, RBB-online.de, 19.02.2014

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Digitale Straßenbibliotheken Teil IV: Eine Bibliothek für Fernbusreisende

Seit fast genau einem Jahr dürfen Linienbusse zwischen allen deutschen Städten fahren, wie das beispielsweise in Spanien und anderswo schon länger der Normfall ist. Die Liberalisierung des Busmarktes hat das Reisen in Deutschland verbilligt. Niemand braucht mehr eine Bahn-Card zu besitzen oder ein Auto. Nur mehr Zeit ist dabei einzuplanen. Alexander Demling brachte es letztes Jahr in dem Artikel “Liberalisierter Fernreisemarkt: Ludwig Erhard würde Bus fahren” auf den Punkt, indem er darauf hinwies, dass insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen diese Alternative nun zur Verfügung steht. Zudem sei das Personal der staatlichen Anbieter, wie der Deutschen Bahn, oftmals schlechter bezahlt im Gegensatz zu so manchen Busfahrern:

Der Kampf gegen Monopole im Dienste der sozialen Gerechtigkeit ist kein neoliberales Ablenkungsmanöver. Selbst der linke Vordenker Colin Crouch erinnert seine Gesinnungsfreunde gerne daran, dass sie ihren Kampf gegen offene Märkte oft an der Seite von Großkonzernen führen – obwohl sie doch eigentlich die Interessen normaler Bürger im Auge haben sollten. Ludwig Erhard nannte es “den sozialen Sinn der Marktwirtschaft, dass jeder wirtschaftliche Erfolg dem Wohle des ganzen Volkes nutzbar gemacht wird”.

Hinzu zum sozialen Aspekt, kommt seit kurzem die kostenfreie Reisebibliothek, welche der Fernbusanbieter city2city seit Dezember 2013 im Angebot hat.

Das Angebot für Fahrgäste nennt sich „time4books“. Der Piper-Verlag stellt die “Bücher” zur Verfügung, zu welchen die Reisenden über einen QR-Code Zugang erhalten. Es ist geplant alle 3-4 Monate ein neues Sortiment anzubieten. Ein weitere Plus diese Buslinie zu nutzen, ist das kostenlose WLAN-Angebot. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn, die nun auch dieses Jahr wieder die Fahrpreis um 3 % anheben wird und immer noch über keine kostenfreie WLAN-Verbindung verfügt, ist City2City hier Vorreiter. Allerdings sind es, wie bei dem Beispiel aus Bukarest, welches hier im Blog 2012 vorgestellt wurde, nur Leseproben, welche nur bis zu 35 Minuten ein Lesevergüngen bieten. Dennoch könn(t)en neben den Verlagen auch Bibliotheken profitieren, indem diese gezielt damit deutschlandweit werben, dass sie E-Books – in diesem Fall aus dem Piper-Verlag – kostenfrei (je nach Jahresgebühr) in vollständiger Form anbieten. Selbst wenn kommunale Bibliotheken eben dafür einen anderen Fernbusreisenanbieter finden, der bereit wäre die Onleihe auf bestimmten Strecken zu ermöglichen. Zudem gibt es ein Gewinnspiel, bei dem Reisende das vollständige Buch gewinnen können. Wie Buchreport gestern anmerkte, gibt es ähnliche Angebote in Italien. Dort bietet der Verlag RCS Libri über ein WLAN-Netz vollständig kostenfreie E-Books in Zügen der der Eisenbahngesellschaft NTV an. Deren Ziel ist es, das Nutzungsverhalten der Leser zu erforschen. Im Blog eBook-Fieber wird festgestellt, dass solche Ideen und Maßnahmen diejenigen Skpetiker unter den Leser und Leserinnen an das elektronische Lesen gewöhnen und Lust auf Mehr machen.

Schließlich merken sie spätestens beim entspannten Sitzen im Bus, wie einfach man auch unterwegs an Nachschub für die digitale Bibliothek herankommt. Wer dann vom Lesen auf Tablet oder Smartphone nicht ganz so angetan ist, kann sich ja immer noch nachträglich einen eReader zulegen. Was haltet ihr von dem Piper-Angebot?

Visitenkarte für den Bibliotheksbestand

Elektronischer Bestand ist oft unsichtbar. BibliothekarInnen fragen sich, warum sie diesen überhaupt anbieten und ob er nicht besser sichtbar gemacht werden kann.

Eine Variante, die in den wissenschaftlichen Bibliotheken eingesetzt werden, sind QR-Codes an den Regalen, die auf entsprechende elektronische Angebote bei Zeitschriften und Lehrbüchern hinweisen. Der am Regal browsende Nutzer kann diese einscannen, wenn er denn versteht, was diese Codes zu bedeuten haben und ein entsprechendes Gerät zur Hand haben, d.h. ein Smartphone oder Tablet. Nachteil ist, dass viele der dort verlinkten Angebote nicht direkt für Mobile Endgeräte geeignet sind. Die Lösung ist, dass man eben nicht direkt auf das E-Book verlinkt, sondern auf die Anzeige im Katalog oder auf die Verlagsseite. Und dann ist es dem Nutzer überlassen, was er damit anfängt.

Öffentliche wie auch wissenschaftliche Bibliotheken informieren häufig in Flyern über elektronische Angebote. Meistens geht es dann um eine Sammlung von elektronischen Medien, z.B. das Springer-Paket oder die Onleihe. Der Nutzer oder die Nutzerin nimmt dann ein in irgendeiner Form gefaltetes und mehr oder minder aufwendig gestaltestes A4-Papier mit.

Von der Stadtbibliothek Salzgitter weiß ich, dass man hier Postkarten für einzelne Titel anbietet. Der stöbernde Nutzer oder die suchende Nutzerin kann diese Postkarte mit nach Hause nehmen und dort den entsprechend QR-Code einscannen oder die angegebene URL eintippen.

David Lee King, Using Business Cards to Promote econtent, Flickr, CC BY-NC-SA

 

Fazit: Entweder kommt er nur mit bestimmten Geräten in den Nutzen von E-Books, die für seine Geräte nicht geeignet sind oder er muss eine ganze Menge Papier mitnehmen.

Daher fand ich die Idee von David Lee King nett. Dieser hat Visitenkarten entworfen, die NutzerInnen mitnehmen oder aktiv überreicht bekommen können. Verteilt werden können diese Karten auf Veranstaltungen, bei Beratungsgesprächen oder sie liegen nicht nur in der Bibliothek, sondern auch in anderen öffentlichen Räumlichkeiten aus als kleine “Informationshappen to go” für jedermann.
 

We are using these cards to promote a bunch of services:

  • Music – promotes Freegal
  • Audiobooks – promotes OneClick Digital
  • Video – promotes Hoopla
  • Ebooks – promotes Overdrive
  • Language – promotes Mango
  • Magazines – promotes Zinio
  • Design & Program – promotes Treehouse

Neben einem aussagekräftigen Bild und einem Wort für das Angebot auf der Vorderseite, gibt es auf der Rückseite einen kurzen beschreibenden Satz zum Angebot und eine URL zum Service auf der Rückseite. Denkbar wäre auch, dass diese Visitenkarte “personalisiert” wird, d.h. dass zudem ein Ansprechpartner und eine E-Mail-Adresse angegeben werden und so direkt Hilfestellung signalisiert wird, sollte es Probleme geben.

Was ist der Vorteil so einer Visitenkarte? Sie ist klein, passt daher irgendwie notfalls immer noch ins Portemonaie, wo sie wieder auffällt, kann bequem an einer Pinnwand oder in einen kleinen Karteikasten gesteckt werden, so dass sie eher griffbereit ist als ein fliegender Zettel. So eine Karte nimmt man dann doch mal rasch mit oder greift eher zu, weil sie schnell in einer Hosen- oder Jackentasche verstaut werden kann, d.h. die Wahrscheinlichkeit, ein zweites Mal darüber zu stolpern ist höher. Elektronische Inhalte lassen sich so wie durch Flyer erfahrbarer machen.

Wichtig ist eine ansprechende Gestaltung, eine gute Papierqualität und die Beschränkung der Information auf das absolut notwendigste.

Quelle:
King, David Lee, Using Business Cards to Promote econtent, DavidLeeKing.com

So umgehen Sie das Kindle-DRM

Amazon schafft es mit immer neuen Angeboten, z.B. das E-Book zum Buch (kostengünstig, kostenfrei) oder die kostenfreien MP3s zur gekauften CD (Autorip), Kunden dauerhafter an sich zu binden. Das Kindle-DRM stört jedoch viele, weil es das Buch von einem bestimmten Lesegerät abhängig macht und somit den Nutzer auf einen bestimmten Anbieter festlegt. Das folgende Video, das Michael Schmalenstroer in seinem Blog vorstellt, zeigt eine Variante, wie man Kindle-DRM oder sicherlich auch das DRM der Onleihe oder andere ePub-E-Books ganz analog umgehen kann. Das Video zeigt auf sehr kreative Weise, wie man seine Privatkopie sichern kann. Umgesetzt wurde diese Variante des “Do-it-yourself Buchscanners” durch Peter Purgathofer, Professor für interaktive Systeme an der TU Wien.

DIY kindle scanner from peter purgathofer on Vimeo.

Im Ganzen ist dies nichts anderes als die Do-it-yourself-Scanner zum Einscannen ganzer Bücher.

Quellen:
Wie man E-Books mit Lego und Laptop von DRM befreit, iRights.info
Schmalenstroer, Michael: Wie man auf analoge Weise das Kindle DRM knackt, Schmalenstroer.net

[Infografik] “Ich bin ein (sozialer) Bibliothekar”

Quelle: Stephen’s Lighthouse

[Kurz] Die Onleihe ist kein Flatrate-Modell

… und schon gar kein funktionierendes!

Frau Lison nimmt im Buchreport Stellung zur Onleihe.

Die E-Book-Ausleihe ist – wie alle Innovationen – noch eine relativ unbedeutende Größe, wenn man die Gesamtzahl der Ausleihen betrachtet. Allerdings hat sie gewaltige prozentuale Steigerungsraten, besonders in den Großstadtbibliotheken.

Es besteht Redebedarf mit dem Börsenverein als Vertreter der Verlage. Allerdings – oh, wen wundert es – wurden die Gespräche aus “kartellrechtlichen Gründen” (!) abgesagt, genauso wie im letzten Jahr.

Es ist wohl kein Wunder, nachdem letzte Woche ein Aufschrei durch die Runde ging, die die Städtischen Bibliotheken Dresden würde Bücher deutschlandweit über die Onleihe anbieten. Von einer Flatrate für 10,00 Euro im Jahr war da die Rede und armen Verlagen, die dadurch Schaden erhielten.

Die die Städtischen Bibliotheken Dresden bezogen heute selbst endlich Stellung dazu und nannte die wichtigsten Fakten zur Onleihe: die Ausleihe erfolgt wie bei physischen Büchern 1:1, häufig mit kürzeren Leihfristen und nur für Anghörige der Bibliothek. Unerwähnt blieb die Kritik an diesem Modell, z.B. dass die Nutzung mehr schlecht als recht funktioniert dank eines regiden Digital Rights Managements (DRM) und wirkliche Alternativen zur Onleihe gibt es für Bibliotheken bis heute nicht.

Weitere Informationen zu “E-Book-Flatrates”:
Upmeier, Jessica: E-Book-Flatrates im Vergleich, Lesen.net
Flatrate- und Leihmodelle für Ebooks, AKEP Wiki

Artikel zur Onleihe:
Stuber, Peggy: eBooks leihen: Dresdner Onleihe online und bundesweit nutzen, Lesen.net
Dresdner Bibliotheken bieten E-Book-Verleih bundesweit an : E-Book-Flatrate für 10 Euro im Jahr, Buchreport
Bibliotheken Dresden beziehen Stellung zu ihrem E-Book-Verleih, Buchreport
Barbara Lison erläutert die Sicht der Bibliotheken zur Onleihe, Buchreport

E-Book-Store von libreka! vor dem Aus

Endlich, ist mir da in den Sinn gekommen, als ich heute die Nachricht bei Lesen.net entdeckte. Der E-BOOK-Shop von libreka! wird abgewickelt. Wer nach 2009 noch glauben konnte, dass libreka! eine Zukunft hat, sieht uns alle auch 2015 schon auf dem Mars rumstolzieren… Es heißt Abschied nehmen von einem Prestige-Projekt des Börsenvereins, das nie wirklich das erfüllt hat, was man von ihm erwartet hat. Goodbye libreka!

2007 hat alles mit libreka! als Volltextsuche in deutschen Büchern angefangen. Das war schon zu dem damaligen Zeitpunkt deutlich zu kurz gedacht. Immer wieder hatte man das Gefühl, dass der Börsenverein mit aller Macht an etwas festhalten will, was eigentlich von Vornherein zum Scheitern verurteilt war. Auch die Öffnung für hartes Digital Rights Management hat nicht dazu geführt, dass neben unkluger Geschäftspolitik, die Nutzer verärgert waren. Technische Schwierigkeiten mit EPUB-Büchern wurden zu langsam gelöst und durch DRM verkompliziert. Zumindest startete 2009 so das Geschäft mit E-Books und E-Book-Readern langsam in Deutschland.

Libreka! stellte ab 2010 seine Plattform auch anderen Buchhandelseinrichtungen (B2B) zur Verfügung, als so eine Art “Steigbügelhalter für kleinere Verlage”, damit diese ihre E-Books vertreiben konnten. Das war für diese verkaufsfeindliche Plattform aber nicht der Durchbruch. Und so richtig vergraulte man die Mitglieder des Börsenvereins, als man nun auch Discounter wie Netto mit nettoebooks24.de zu Konkurrenten des normalen Buchhandels machte. Rasch wurde dieser Vertrag wieder gekündigt.

Über den E-Book-Verleih, den libreka! letztes Jahr groß angekündigt hat, hat man seit dem auch nichts mehr gehört, was einen eigentlich auch nicht verwundern dürfte.

Neben einer unmöglich zu benutzenden Plattform ist wohl auch die Verkaufsstrategie von libreka! ein Grund zum Erhängen geworden.
Laut Lesen.net sollen die Funktionen von libreka! als Verkaufsplattform durch Buchhandel.de übernommen werden. Damit werden endlich elektronischer und gedruckter Buchhandel auf einer Plattform zusammengeführt, was wesentlich mehr Sinn macht als es libreka! je getan hat. Hätte man libreka! als Plattform zum Ausprobieren verstanden und nicht als Prestigeprojekt angesehen, vielleicht hätte man richtigungsweisende Impulse in den E-Book-Markt spielen können, ohne Haus und Hof für Amazon und Apple offen zu halten.

Und mal wieder bleibt die Erkenntnis: Murks bleibt Murks, wenn man mit falschen Voraussetzungen und Erwartungen herangeht. Manchmal ist es besser kein Prestige-Projekt aufzubauen, sondern Augen und Ohren offen zu halten und Platz zum Experimentieren zu lassen.

Quelle:
Haupt, Johannes: E-Book-Store Libreka vor der Abwicklung, lesen.net

Ein DRM-Unverständnis-Grummel-Posting (ein kleiner Rant)

Und gleich ein Disclaimer vorneweg: Dieses Posting ist nicht vollständig zuende durchdacht und beinhaltet nur einige Aspekte, diesmal aus der Anti-DRM-Sicht. Eine andere Sicht habe ich im ersten Teil Ein (kleines) DRM-Missverständnis-Grummel-Posting veröffentlicht. Heute gibt es mal die andere Richtung, damit Oliver Flimm nun nicht völlig entsetzt bleibem muss, dass von bibliothekarischer Seite her jemand findet, dass bei DRM alles halb so schlimm ist. Daher ziehe ich das Posting mal vor, das eigentlich für nächste Woche geplant war.

Hartes DRM, weiches DRM – vieles ist ein Risikospiel für Verlage, Bibliotheken und Nutzer.
Nur noch Lizenz statt Eigentum. Je mehr rechtlich digital festgelegt werden kann, desto eher sind Inhalteanbieter dabei, ihr Eigentum bei sich festzuhalten und eine Nutzung nur noch zu ihren Bedingungen zuzulassen. Auf Dauer besteht hier die Gefahr, dass unliebsame Kundengruppen ausgeschlossen werden, z.B. Bibliotheken, die gerne Ihren Nutzern einen Zugang zu den Inhalten gewähren wollen. Sollten hier Content-Konzerne dauerhaft über die gesamte Zeit die Art der Benutzung bestimmen können, sind Meinungsfreiheit und die Wissenschaft ernsthaft gefährdet. Open Access als Alternative wird im wissenschaftlichen Bereich dann auch immer unausweichlicher – publish oder perish, wobei es besser heißt, veröffentlichen und zugänglich bleiben. Bleiben bei Wissenschaftspublikationen dann die Verlage dauerhaft außen vor? Möchten sie durch DRM ihre eigenen Märkte topedieren?

Öffentliche Bibliotheken sollen u.a. auch all jenen Zugang zu Informationen gewähren, die aus eigenen finanziellen Mitteln diesen nicht aufrecht erhalten können. Werden Bibliotheken durch Lizenzen, DRM-Kosten und dergleichen abgehalten, dieser Aufgabe nachzukommen, ist dies ebenfalls ein großer Schaden für die Meinungsfreiheit in deutschen Landen und ein weiteres Armutszeugnis für Verleger und Bibliotheken, die häufig nichts dafür können.

Kreativ gedacht sind Angebote wie Onleihe oder Ciando wohl kaum, wenn die Benutzbarkeit nur schwer möglich ist. Warum versucht ihr krampfhaft alte Geschäftsmodelle festzuhalten mittels DRE? Ach ja, ihr müsst eure Investitionen schützen und die eurer Autoren. Aber schützt ihr die nicht besser, wenn ihr angemessene Umsätze generiert und diese vernünftig ausschüttet? Konzentriert euch vielleicht mehr auf den Service für Autoren und Leser als auf DRM.

Was passiert derzeit: DRM ermöglicht es scheinbar, alte Geschäftsmodelle zu verfeinern, z.B. keine Weggabe mehr von einem Buch, wobei der Konsument gegen die Bezahlung einer einmaligen Summe Geld das Eigentum am Träger Buch/CD erhielt. Danach galt der Erschöpfungsgrundsatz und der Käufer konnte mit dem Buch bzw. der CD machen, was er wollte (verschenken, vererben, verbrennen, ein Privatkopie anfertigen usw.). Heute bleibt das Eigentum beim Vertreiber und es geht nur noch um Zugänge, die dann durch den Contentanbieter sogar dauerhaft kontrolliert werden können (Lizenz) und für die immer wieder Geld verlangt werden kann (fürs Hosting, für die Fortführung der Lizenz, für die Archivierungsrechte, für die Aktualisierung etc.) – boah, die Entdeckung des eigenen Goldesels. Dadurch verschieben sich die rechtlichen Relationen genauso, wie die uns suggerierten, wenn es um Eigentum geht, d.h. Eigentum wird zugunsten von Zugang abgelöst. Und frecherweise wird dann besonders im privaten Bereich auch noch einfach behauptet, Eigentum sei etwas Belastendes, das man immer mit sich rumschleppen muss, das einen die Luft zum Atmen nimmt und das einschränkt. Wer heutzutage materielle Dinge sammelt ist sehr schnell ein Messi. Also, alles für die persönliche Freiheit! (Ergänzt: Die neuen Relationen im Bezug aufs Recht sind sehr gut gut erklärt bei Oliver Flimm.)

Was transportiert der DRM-Anwender nach Außen? Es sind die gleichen Argumente, die man schon im Rahmen von Musik und Videospielen gelesen hat, aber sie gelten auch hier. Lieber “Käufer”, du bist so dumm, schlecht zu nutzende und restriktiv lizensierte Ware zu kaufen. Vermutlich bist du auch ein potentieller Dieb “geistigen Eigentums” und deshalb müssen wir uns und unser Eigentum (was ja eigentlich den Autoren gehört, aber gut an dieser Stelle) vor dir schützen. Deshalb sagen wir, du bist kriminell und wir ergreifen alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen, um dir das auch zu sagen.

DRM kostet und ist häufig wenig effektiv. Schon nach kurzer Zeit gibt es umtriebige Gesellen, die die Schwachstellen in den Systemen ausfindig machen und somit eure Entwicklungskosten für DRM, selbst wenn ihr es einkauft, nach oben treiben. Dadurch werden eure digitalen Produkte teuerer als sie sein müssten. Legt lieber Wert auf gute Qualität bei Layout, Rechtschreibung und Grammatik als auf den Schutz vor Piraterie. Ein Großteil Nutzer ist bereit, für elektronische Medien zu zahlen, wenn sie dabei Zeit sparen, eine schlechte, aber immerhin bessere Qualität als DRE-kastrierten Schrott aus anderen Quellen zu beziehen, die euch kein Geld einbringen.

Lizenzen und somit auch DRM zerstören Kindheitserinnerungen. Wer heute seinen Kindern diese bunten elektronischen Bücherchen kauft, die DRM geschützt sind, verhindert, dass diese Kinder später dieses bunte E-Book mit seinen Kindern anschauen kann. Verlage werden wohl kaum die Bücher langzeitarchivieren, es sei denn es lässt sich damit Geld verdienen. Bibliotheken werden diese Bücher nur schwer auf Dauer archivieren können, wenn falsch eingesetztes DRM einen Zugriff auf die Datei verhindert, z.B. weil Nutzungszeiträume abgelaufen sind, die Datei auf zu vielen Geräten bereits installiert wurde oder schlichtweg die Formatierung in eine aktuellere Formatversion eine nicht zulässige Bearbeitung der Daten darstellt. Langzeitarchivierung ade!

DRM schafft Abhängigkeiten. Ein Trend zur Globalisierung ist da bereits seit Jahren zu beobachten. Wer bei Amazon kauft, kann seine E-Books nur mittels weiterer Amazon-Produkte lesen. Wer bei Ciando kauft, kann sein E-Book nicht auf einem Amazon-Produkt lesen usw. DRM-Server werden im großen Stil von Adobe betrieben. Man ist also an verschiedenen Stellen an riesige Anbieter gebunden. Diese erhalten zunehmend eine Monopolstellung und werden somit entscheidend bei der Wahl- und Meinungsfreiheit, die darunter erheblich leidet. Diese Anbieter können dann auch zunehmend den Autoren und kleineren Verlagen ihre Bedingungen diktieren und zuallerst natürlich den Lizenznehmern auf Konsumentenseite.

Liebe DRM-Befürworter, glaubt ihr tatsächlich mit hartem Digitalem Rechtemanagement habt ihr den Stein des Weisen gefunden? Die Lösung all eurer Probleme mit den digitalen Medien und ihren Eigenheiten? Macht ihr euch da nicht eigentlich mehr Stress als es notwendig ist (Stichwort: Vertrauen und nicht Vorverurteilung), schließlich gibt es bereits Gesetze, die euch da genug Handhabe bieten, sollte es zu Urheberrechtsverletzungen kommen. Wenn schon DRM, dann vielleicht doch eher ein forensisches, vielleicht auch gut sichtbar, dass eben auf den Seiten eingeblendet wird, wer das Ganze erworben hat ( nicht so optimal, aber besser als Restriktionen, die vom Gesetzgeber auferlegte Schranken aushebeln). Und warum nicht einfach vorneweg eine Erinnerung an den Leser, dass er eine rechtliche und moralische Verpflichtung hat, im Umgang mit dem E-Book das Urheberrecht zu wahren. Leicht verständlich ist für viele so eine Bitte auch nachvollziehbar.

Jetzt gäbe es sicherlich noch viel mehr zu sagen, aber nachdem ich nun einen halben Roman geschrieben habe, der in beide Richtungen austeilt, sollte es erstmal reichen. Beide Seiten sollten einmal drüber nachdenken, worüber sie sich schreiten. Auf der einen Seite ist nicht alles schwarz und auf der anderen auch nicht alles weiß. DRM muss in all seinen Vor- und Nachteilen betrachtet werden (wenn auch in der Ausprägung des DRE eher keine Vorteile zu finden sind). Und sicherlich bräuchte es noch eine detailliertere Betrachtung in Bezug auf wissenschaftliche Literatur und Freizeitlektüre 😉 Vielleicht ein andermal…

So, beste Grüße auch an jene, die sich ebenfalls zu DRM auslassen im Ramen der Blogparade von Ansgar Warner: Blogparade: Lesen ohne Limit – E-Publishing jenseits von DRM, e-book-news.de ein paar Gedanken niederschreiben.

Besitz ist nicht gleich Eigentum

Es ist ein schöner Beitrag von Constanze Kurz, der da im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen zu lesen war. Aufhänger war der in der Netztwelt stark berichetete Fall der Nutzerin, deren Amazon-Account geschlossen wurde1 und die dann nicht mehr auf ihre E-Books zugreifen konnte, auch wenn sich Amazon durch das durchweg negative Medienecho gezwungen sah, den Account wieder zu öffnen.

Kurz beschreibt sehr gut diesen Vorgang und wichtig finde ich auch die klar beschriebene Erkenntnis, dass aus den “hässlichen Details im Kleingedruckten der Nutzungsverträge” – die meiner Meinung nach, kein Otto-Normal-Verbraucher versteht – hervorgeht, dass der “Käufer” nur ein Nutzungsrecht erwirbt, jedoch i.d.R. “kein Eigentum im herkömmlichen Sinne”. Juhu, jemand hat es verstanden und bringt das nun gut verständlich in die Masse der papierlesenden Menschheit, die das Eigentum an der Zeitung erworben hat.

Ach, hätte ich doch den Beitrag jetzt nach den äußerst wahren Bemerkungen zum Problem der fehlenden Erreichbarkeit von Menschen in diesem System beendet, denn nun schafft es Kurz ihre anfänglich juristisch richtigen Bemerkungen genau ins Gegenteil zu verdrehen.

Kurz schreibt:
“Viel wichtiger jedoch ist die grundsätzliche Frage nach dem Besitz digitaler Werke. Nicht nur der amerikanische Anbieter Amazon, auch die deutsche Verlaugsbranche verkauft elektronische Bücher vorzugsweise in einer Form, die es dem Kunden stark erschwert, eigene Sicherheitskopien beispielsweise als Vorsorge für Festplattenausfälle anzufertigen oder das gekaufte Werk auf ein anderes Lesegerät zu transferieren.”

Ich habe mal die Punkte in diesem Absatz hervorgehoben, auf die ich jetzt wegen ihrer Falschheit oder falsch damit verbundenen Annahmen eingehen werde.

Wie Kurz anfangs richtig schrieb, erwirbt der Nutzer eben kein Eigentum an der digitalen Datei, sondern nur eine Lizenz, mit der er die in seinem Besitz befindlichen Daten nutzen darf. Wichtig sich zu merken ist also, dass man nur den Besitz und die Erlaubnis zur Nutzung der Daten erwirbt, jedoch die Daten selbst bzw. deren Datei nicht ins eigene Eigentum übergehen, d.h. die Daten gehen nicht in mein Eigentum über (böse juristische Feinheit, die aber bei Lizenzen immer gilt).

Wenn die Dinge nicht mein Eigentum sind, dann sind Sie noch immer im Eigentum dessen, der mir deren Besitz überlassen hat und damit kann er die Grenzen festlegen, sofern sie moralisch okay sind, was mit diesen Daten gemacht werden darf und was ist. So ist es ja auch mit der von mir gemieteten Wohnung, in der ich nicht einfach Wände wegreißen, deren Grenzen (z.B. durch Anbau eines Balkons) ich nicht verändern, die ich nicht anderen dauerhaft überlassen und die ich nicht plötzlich für Erwerbszwecke nutzen darf, ohne vorher Rücksprache mit meinem Vermieter (Eigentümer der Wohnung) gehalten zu haben.

Man erwirbt zudem nur eine Lizenz zur Nutzung und kauft nicht das Werk. In dieser Lizenz ist genau festgelegt, was man darf und was nicht. Anders als mit meinem Eigentum, kann ich also mit den lizentzierten Büchern nur in dem Rahmen umgehen, die durch den Lizenzgeber (i.d.R. der Rechteigentümer) erlaubt ist. Das bedeutet, dass er auch Sicherheitskopien untersagen kann, die eigentlich im Rahmen des Urheberrechts erlaubt sind. Hier gilt nämlich ein zivilrechtlicher Vertrag, den Sie akzeptieren, sobald sie das Recht zur Nutzung durch eine Lizenz erwerben. Die meisten Anbieter haben erkannt, dass die Einschränkung auf ein Gerät nicht sinnvoll ist und erlauben das Transferieren der Daten auf mehrere. Hinzu kommt, dass dabei auch häufig Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird – auf den Servern des entsprechenden Anbieters – auf dem diese als Sicherheitskopie gespeichert werden können.

Zurecht fordert Kurz ein Ende des Rechtezwangsmanagement (hartes DRM, Digital Rights Enforcement), mit dem die Buchbranche die gleichen Fehler wiederholt, wie sie der Musikindustrie teuer zu stehen gekommen ist. Sie treiben ihre eigenen (potentiellen) Käufer in die Illegalität, kriminalisieren sie bereits dann, wenn sie für die Nutzung Geld zahlen und eigentlich darauf achten, dass sie digitale Bücher legal nutzen. Die Anghängigkeit von Geräten, Software und einem Anbieter wird dafür sorgen, dass sich die Nutzer Alternativen suchen. Außerdem erschweren die Anbieter auf diese Weise die Archivierung und den zurecht dauerhaft geforderten Zugang zu den derzeit zeitlich uneingeschränkt lizenzierten Werken. Dort ist zudem vieles ungeklärt, wenn es z.B. um die Aktualisierung auf neue Auflagen bei Wissenschaftsbüchern oder dem beibehalten alter Auflagen von Büchern für die Bearbeitung von Editionen etc. geht.

Kundenrechte müssen stärker eingefordert und unterstützt werden. Bibliotheken sind hier gefordert. Sie müssen stärker an die Öffentlichkeit treten. Dass das Thema dort aber nur langsam und unsortiert ankommt, ließ sich in den Diskussionen der letzten Zeit wahrnehmen. Angebote wie die Onleihe oder von Ciando werden häufig unkritisch trotz hartem DRM ins Portfolio übernommen, damit man gerade als Öffentliche Bibliothek sich überhaupt den Button “E-Book-Bestand” anheften kann. Aber auch aufgeklärte Nutzer müssen Druck ausüben, damit sich etwas bewegt.

FAZ-Feuilleton:
Kurz, Constanze, Aus dem Maschinenraum: Die Flüchtigkeit digitaler Besitztümer, FAZ

  1. Eine kleine Auswahl an Berichten:
    Herb, Ulrich: DRM, Amazon, E-Books & Lizenzen: Ein Lehrstück, Scinotopica
    Beuth, Patrick: Lesen verboten, Zeit online
    King, Mark: Amazon wipes customer’s Kindle and deletes account with no explanation, The Guardian
    Bekkelund, Martin: Outlawed by Amazon DRM, Martin Bekkelund
    Cory Doctrow: Kindle user claims Amazon deleted whole library without explanation, BoingBoing.net
    Rest, Jonas: Amazon löscht Bibliothek – und schweigt, Frankfurter Rundschau
    Phipps, Simon: Rights? You have no right to your eBooks., Computerworld.uk
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