Bibliotheken gegen Rassismus (Teil 3)

Wie antirassistisch sind eigentlich (öffentliche) Bibliotheken im deutschsprachigen Raum? Deniz Utlu fragte bereits 2013 in Bezug auf Sprache in Medien und Literatur: “Wo beginnt Rassismus?” Hermann Rösch war auf dem virtuellen diesjährigen Bibliothekartag  #vBIB20 der Meinung, dass “Bestände möglichst neutral und ausbalanciert sein sollen, so dass sich mündige Bürger in der Bibliothek selbst gut und ausreichend informieren können. Die Menschen brauchen hier kein Wahrheitsministerium, das ihnen eine Auswahl vorgibt.” Doch ist die Übernahme rassistische Literatur in den Bestand einer Bibliothek dann tatsächlich noch neutral oder ausbalanciert? Natürlich spricht nichts gegen eine Besprechung eines rassistischen Buches durch ein Lektorat, doch weshalb müssen rechte Verlage & Autor*innen diesbezüglich noch unterstützt werden? Mündige Bürger können doch aber genauso gut rassistische Bücher gut finden und daher klingt mir das alles zu floskelhaft. Ist denn jeder mündige Bürger in der Lage rassistische Konnotationen und Inhalte auseinander zu halten? Was sind denn eigentlich linke Verlage? Sind das Verlage, die ein kritisches Verhältnis zum Rassismus haben? Da bin ich aber anderer Meinung, wenn das unter einem linken Verlag zu verstehen ist. Diese Rechts-Links-Schemata erscheinen mir etwas zu kurz gegriffen. Rechte Verlage sind nicht einfach rechte Verlage, denn am Beispiel des Antaios Verlags, der von Götz Kubitschek betrieben wird, muss doch klar werden, dass es sich nicht einfach um einen rechten Verlag handelt. Wenn das Institut für Staatspolitik nun vom Verfassungsschutz zurecht als rechtsextremistisch eingestuft wird, dann ist es mit Sicherheit so, dass ein Großteil des Verlags, der in denselben Händen des Herrn K. liegt, auch rechtsextremistische Literatur vertreibt. Muss eine Bibliothek diese dann anschaffen, wenn sie “ausbalanciert” sein will? Man nehme nur eines der von Akif Pirinçci in den letzten Jahren veröffentlichten Bücher als Beispiel, ist dieser unbestrittene rassistische Müll tatsächlich eine Anschaffung wert? Bereitet man solchen Autoren nicht noch eine zusätzliche Plattform/Einkommensquelle? Sind Hate-Speech/Haßrede nicht etwas, wogegen auch Bibliotheken vorgehen sollten? Es leuchtet mir einfach nicht ein. Diese Fragen hätte ich gerne Herrn Rösch selbst gestellt. Ähnlich lauteten die Argumentationen französischer Bibliothekarinnen, mit den ich mich vor einigen Jahren darüber unterhielt und mir erklären ließ, warum “Mein Kampf” dort ganz normal im Bücherregal zu finden ist und es für Deutsche nur schwer nachvollziehbar ist. Es wäre durchaus wünschenswert gewesen, wenn bei dieser virtuellen Diskussion auch Rassismusexperten zu Wort gekommen wären, die sich außerhalb des bibliothekarischen Spektrums bewegen und eine noch kritischere Perspektive eingenommen hätten.

Gibt und gab es einen Anlass auf aktuelle Ereignisse zum Thema Rassismus auch hierzulande zu reagieren? 2011 berichtete ich im Blog über einen rassistischen Vorfall in einer Bibliothek in Deutschland und verwies auf das Beispiel Großbritannien, in denen Mystery-Shopping-Analysen von Schwarzen (Angehörigen der BAME-Minderheiten) Testpersonen/Besucher*innen durchgeführt wurden. Das wäre mit Sicherheit noch ein zu bearbeitendes Thema für eine Abschlussarbeit, ob durch Studierende des Bibliothekswesens, der Soziologie oder aus anderen Fächern.

Wie wurden eigentlich die jüngsten Ereignisse in den USA, die mit zahlreichen Demonstrationen auch in Deutschland einhergingen in deutschsprachigen Bibliotheken rezipiert? Die Stadtbibliothek Reutlingen gibt auf ihrer Homepage aktuelle antirassistische Medientipps und macht dabei deutlich, dass sie zu diesem Thema für eine “kleine” Großstadtbibliothek recht gut aufgestellt ist.

Wie sieht es dahingehend mit anderen Bibliotheken im deutschsprachigen Raum aus? Natürlich gibt es jährlich, die Wochen gegen Rassismus, bei denen Bibliotheken hierzulande mitmachen, ich will das Engagement nicht kleinreden, aber gerade aktuellen Ereignisse könnten Anlass sein, selbst über die eigene Rolle als Einrichtung neu nachzudenken Gewissheiten und Althergebrachtes infrage zu stellen.

Die British Library hat auf ihrer Homepage zwei Schwarze Schüler*innen in Schuluniform abgebildet (eindeutig zu wenig), auf der anderen Seite des Eurotunnels setzt sich die französische Nationalbibliothek auf ihrer Homepage aktiv mit dem Thema Rassismus auseinander, stellt Quellen auf Gallica und auf RetroNews (Pressedossiers der Geschichte) zur Verfügung. Dabei wird die Kolonialgeschichte des Landes sehr gut deutlich und die Entwicklung bis zum heutigen Tage. Der deutsche Kolonialismus sollte auch hierzulande ein größeres Thema als bisher sein, denn welches Land ist denn für den ersten Genozid im 20. Jahrhundert verantwortlich? Das ist natürlich eine rhetorische Frage.

Die Nationalbibliothek und die Landesbibliotheken könnten Quellen zur Verfügung stellen und dieses Thema transparenter machen als bisher.  Das Thema Kolonialismus ohne den vorhandenen und noch existierenden Rassismus abzuhandeln wird dem ja überhaupt nicht gerecht.

Das Chartered Institute of Library and Information Professionals in Schottland stellt auf seiner Homepage Ressourcen zum Thema Rassismus zur Verfügung und im Gegensatz zum britischen Bibliotheksverband ist das mehr als ich erwartet hätte. Zudem gibt es einen Newsletter, der sich mit dem Thema der Dekolonisierung und Befreiung von Bibliotheksbeständen befasst. Diese Mailingliste bietet eine gute Archivierungsfunktion, um sich beispielsweise die aktuellen Debatten um die Diversität von Bibliotheksbeständen zu verfolgen. Ferner gibt es ein sogenanntes BAME (Black, Asian, and minority ethnic) Network, das sich aus Angehörigen von Minderheiten des Berufsstandes zusammensetzt. Es bietet diesen Information Professionals die Möglichkeit des Austauschs und der Vernetzung untereinander, um sich gegenseitig zu unterstützen. Ziel ist es eine größere Vielfalt  innerhalb der Profession, der Bibliotheksbestände des Wissens und der Informationen zu erreichen. Diese Gruppe von Bibliothekar*innen und Information Professionals veröffentlichte kürzlich auch eine Stellungnahme zum Thema Rassismus, deren wichtigste Aussagen an dieser Stelle veröffentlicht werden:

“This requires that we understand what is racism, acknowledge it, that we reflect on our behaviours and change where necessary, that we are pro-active in lending our voice and our privilege to confront racism in all environments, that we actively support anti-racist policies and services within our organisations and wider society and that we create an environment where we positively and publicly support anti-racism. Library, information and knowledge professionals have a key role to play in dismantling racism. The CILIP BAME Network calls on professionals to pro-actively deliver collections, services, space and teaching with the objective of creating an anti-racist society. We ask everyone to personally reflect and take action.”

Die Diskussionen zum Thema Rassismus, Diversität und Dekolonialisierung scheinen im schottischen Bibliothekswesen weitaus fortgeschrittener zu sein als beispielsweise hierzulande.

Wie lässt sich nachweislich überprüfen, ob Bibliotheken dazu beitragen Rassismus abbauen? Die Angehörigen unseres Berufsstandes sollten ihre (politische) Rolle stärker betonen und aktiv ausüben. Hierzu bedarf es nicht nur Empfehlungen, Trainings, sondern auch einer Haltung und einem gewissen Commitment. Es bleibt eine ständige Aufgabe, denn, wie auch der Bundespräsident Steinmeier diese Woche sagte, “es reiche nicht aus kein Rassist zu sein, sondern wir müssen Antirassisten sein.”

 

Keine Jahresgebühren mehr in der Stadtbibliothek Nürnberg ab 2013

Die Stadtbibliothek Nürnberg machte nun vor ihrer und nun nach ihrer Eröffnung im neuen Gebäude zum zweiten Mal Schlagzeilen, nachdem es bereits die “Leiht-uns-leer-Aktion” mit dem Flashmob-Aufruf via Bayern1 in den Bayerischen Rundfunk schaffte: “Leiht uns arm …”, bittet die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, “… damit wir weniger zum Umziehen haben.”

Am 25. Oktober 2012 wurde die neu “Stadtbibliothek Zentrum” eröffnet. Mit dem Neubau wurden die Zentralbibliothek, die Bibliothek Egidienplatz und die Musikbibliothek zusammengefasst. Hier der Link zur neuen Webseite: www.stadtbibliothek.nuernberg.de

Ab Januar 2013 wird die Ausleihe für alle Medien kostenfrei sein und es wird keine Jahresgebühr mehr geben. Das klingt zunächst Mal erstaunlich und revolutionär für eine große Stadtbibliothek in Deutschland, die zudem zu den ältesten kommunalen Bibliotheken Deutschlands zählt . In Zukunft werden sich die Nutzer und Nutzerinnen genau überlegen, wieviel sie ausleihen und wie lange, denn es gibt stattdessen bald eine sogenannte Verlängerungsgebühr.

Folgende Vorteile ergeben sie laut Stadtbibliothek in Zukunft für die KundInnen:

“1. Mediennutzung in der Bibliothek und Medienentleihung sind kostenlos.
2. Leihfristverlängerung für Kindermedien ist auch weiterhin kostenfrei.
3. Sie zahlen nur für Leistungen, die Sie in Anspruch nehmen.
4. Sie können steuern, ob und in welcher Höhe Gebühren anfallen.
5. Für Sie Interessante Medien sind schneller wieder verfügbar.
6. Die neuen Gebühren sind fair, weil sie nicht zu umgehen sind und damit
7. Missbrauch zu Lasten der Allgemeinheit ausgeschlossen ist.”

Das folgende Video geht kurz auf die Eröffnung der Bibliothek nach dreijähriger Bauphase ein.

#libcampuk2011

Von John Dolan

Library Camp 2011 took place in Birmingham, England on 8 October – like a spontaneous outburst of thinking and enthusiasm. Though termed an “unconference” it was in fact a well-organised, lightly structured event of 173 participants (2 didn’t make it on the day)!

Jo McCausland (@libraryjmac) was inspired by a Local Government Camp a year earlier to set this up: a good venue; email and twitter announcements; Sponsorship (essential if admission is free and not easy to find at present!). It was fully booked online in 21 hours – yes!

There was a fantastic mix of library and information practitioners from all backgrounds plus people active in related fields like theatre and media. After (yes) everyone introduced themselves (who I am; why I’m here) people “pitched” to lead a session on a subject of their choice.

With 45 minutes for each session across 7 rooms there were 35 discussion groups through the day with multiple additional chances to network and make friends. Everything from the day is on the web.

There will surely be a #libcampuk 2012!

Worth mentioning that after an early humourous reference to cake many – many! – people brought cake to share. Look at the pictures!

Some of the sessions I attended or found the notes and links valuable include the following:

Transition: There is little investment in managing the transition between school and university. Learners are rarely able to transfer skills from one stage in education to the next; how librarians can help teachers and learners provide continuity so each stage in education builds on the previous. This applies to all stages in the education system. Librarians can work with teachers and students at all stages of education, avoiding waste and gaining more. Above all, embed the learning skills into the curriculum; learning skills are not “an extra” they are essential to education: http://intothehobbithole.blogspot.com/2011/10/libcampuk11-session-1-managing.html

Several areas of innovation discussions included Games and Gamification, Mobile apps (maybe more questions than answers but useful links), libraries without buildings, creative commons, open-source software, representing the most incredible opportunity for strategic library cooperation. A session on library philosophy reminds us of the many reasons we are here.

A Special Collections session was interesting. Early in the notes they referred to the fate of special collections as seeming like a private resource for the few. Much of the session was therefore about increasing accessibility. This was a key issue for me and a key purpose of creating the Library of Birmingham: http://www.birmingham.gov.uk/lob. Immense special collections are unknown to most but the expert; but it’s not just about display it is about actively interpreting their relevance in a modern diverse city community and projecting those collections globally.

Several linked and overlapping themes included Partnership, working with Stakeholders, Embedded Librarianship, Social Networking, Information Literacy, Social Change et al. Together these highlighted the centrality of libraries and their potential for other institutions and to the rest of society.

Useful contacts? Notes from most discussions have useful links. Or, follow #uklibchat led by and for library & information students and new librarians. Meets on twitter every Thursday 6 – 8pm. Each week there’s a topic to discuss. Older librarians can contribute on what’s happened before to inform progress or avoid reinventing the wheel.

Links that should be of interest.

John Dolan OBE

E. john@dolan205.force9.co.uk

  1. Twitter. @johnrdolan

Ein Video zur Geschichte des gedruckten Buches

Long before there were iPads and Kindles changing communication as we know it, there were other disruptive technologies and breakout information delivery systems. Like the printing press. And the Guttenberg Bible. “

Das Wall Street Journal machte im letzten Jahr auf ein Video aufmerksam, das sich mit der Geschichte und der Weiterentwicklung des Buches befasst. Darin kommen natürlich auch Bibliotheken vor. Der Erzähler, Marshall Crook, spricht dabei sehr schnell, während er in etwa sechs Minuten von der Geschichte des gedruckten Buches erzählt.

Die erste Bibliothek von READ Global in Bhutan und was wir von diesem Land lernen könnten

Am 26.05. diesen Jahres wurde mithilfe der Organisation READ Global eine neue Bibliothek in einer ländlichen Region Bhutans eröffnet. Die Organisation kümmert sich vor allem um die Entwicklungshilfe in ländlichen Regionen Indiens und Nepals. Seit kurzem gibt es eine neue Abteilung für den Bhutan, die noch im Aufbau ist. 15 % des Budgets der Bibliothek stammt aus Mitteln der Kommune. Im untenstehenden Video werden Angaben zum zukünftigen Bestand der Bibliothek und zur Bedeutung der Einrichtung auf dem Lande gemacht. Der Ansatz der Organisation liegt vor allem in der Förderung von Bildung, von Wohlstand und der Unterstützung von Unternehmen. Er ist besonders nachhaltig. Beim Stichwort Bildung geht es darum die Bedürfnisse in den Dörfern zu befriedigen. Das sind in allererster Linie der Zugang zu Büchern, zu Computern, zu Lernmaterialien, zu Bewerbungstrainings, zur Gesundheitsfürsorge und dem Angebot an Workshops die Fähigkeiten und Strategien lehren, um Konflikte zu lösen. Der Wohlstand wird durch die Zusammenarbeit des Austauschs von Ideen und Beziehungen erreicht, welche Familien und Kindern ermöglicht in ihren Dörfern zu bleiben. Der Unternehmensaspekt beinhaltet die Zusammenarbeit mit lokalen Selbstständigen, welche sich um die Bedürfnisbefriedigung der dortigen Bevölkerung kümmern, Jobs zur Verfügung stellen und nachhaltige Erträge für das READ Center erwirtschaften.

Auf der Webseite der Deutschen Welle erschien am 09.06. ein Artikel, der auf eindrucksvolle Weise deutlich macht, wie dort Ausgaben für öffentliche Einrichtungen bewertet werden. Dadurch würden womöglich Bibliotheken und andere Einrichtungen der öffentlichen Daseinsfürsorge einen anderen Stellenwert erhalten und als essenziellerer Bestandteil betrachtet werden als beispielsweise hierzulande:

Jede öffentliche Investition, jede politische Gesetzesänderung muss sich daran messen lassen, ob sie tatsächlich dem Allgemeinwohl dient – und nicht einem imaginären übergeordnetem Ziel wie “Wachstum”. Um das herauszufinden, berief die Regierung eine Kommission, die am Forschungsinstitut Centre for Bhutan Studies in der Hauptstadt Thimphu nach der “Glücksformel” forscht.”

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