Haimo L. Handl (Wort zum Sonntag): „Bibliotheken als Social City Centers“

„Mit der Spaßgesellschaft wuchs der Serviceanteil öffentlicher Einrichtungen in Konkurrenz mit dem «privaten» Markt. Auch Bibliotheken und Büchereien dürfen nicht mehr sein, was sie waren. Sie waren nämlich nicht effizient genug, nicht kostendeckend. Als ob derartige öffentliche Einrichtungen je Kosten decken könnten.“ Haimo L. Handl, 24.6.2012

Urheberrecht und das Aus für Digitale Bibliotheksangebote

Digitale Angebote der DNB wurden vom Netz genommen…“ lautete mein Blogbeitrag vor knapp einer Woche zum Schließen der Angebote “Exilpresse digital” und “Jüdische Periodika in NS-Deutschland”. Da vermutete ich noch:

“Aus rechtlichen Gründen” heißt es in der Begründung. Nichtssagend und alles implizierend. Vermutlich geht aus aus “urheberrechtlichen Gründen” nicht, aber ein Hinweis auf dies, würde aus meiner Sicht den Ärger etwas mildern.

Genauer hätte ich sagen müssen, den Ärger etwas mildern, den die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) abbekommen hat deshalb. Ärgerlich bleibt es dennoch. Im Grunde ist es so, dass die Debatte um den Schutz geistigen Eigentums dafür sorgt, dass die DNB u.a. die Ausgaben der Exilzeitung Aufbau nicht mehr verfügbar macht. Ursache ist die unklare Urheberrechtslage, die zu diesem Schritt zwingt und somit wichtige Einblicke in eine Epoche der Geschichte zurück ins Versteck treibt.

Die Einrichtung muss derzeit für jeden Text der Zeitschrift im Einzelfall prüfen, ob diese online gestellt werden. Zwar hat der Aufbau-Verlag die Archivierung begrüßt, aber er kann das nicht erlauben, da er sich zum Zeitpunkt, als diese Texte verlegt wurden, die Rechte für diese damals unbekannte Nutzung nicht sichern konnte.

Matthias Spielkamp von iRights.info erklärt die Ursachen in einem Interview im Deutschlandradio. Darin macht er deutlich, warum „Gedächtsnisorganisationen“ wie Museen, Bibliotheken udn Archive ihren Aufträgen dank des Urheberrechts nicht nachkommen dürfen. Spielkamp fordert u.a.:

„Wenn Gedächtnisorganisationen das tun, wofür sie eigentlich existieren, dann darf das keine Urheberrechtsverletzung sein.“

Nationalbibliotheken vs. Urheberrecht, 06.05 min.

Spielberg plädiert im Rahmen des dritten Korbs der Urheberrechtsnovelle für eine Bereichsausnahme, die sehr umfassend wäre, aber Bibliotheken erlaubt, im Rahmen ihrer Arbeit, Werke zu digitalisieren und in angemessener Form einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne im Einzelfall jeden Urheber überprüfen zu müssen.

Auf der anderen Seite sollte man in Deutschlands Bibliotheken darüber nachdenken, ein entsprechendes Risikomanagment einzuführen, wie dies in vielen Bibliotheken schon der Fall ist, z.B.:

Kennt jemand andere Beispiele hier in Deutschland?

Warum Risikomanagement an Bibliotheken. Bei diesem wird abgewogen, wie hoch das Risiko einer Klage tatsächlich ist. Dies kann nach reiflicher Überlegung dazu führen, dass ein Risiko als gering eingeschätzt wird und man dann trotz rechtlicher Bedenken z.B. eine digitalisierte Sammlung online zugänglich macht. Neben den Risiken werden auch pragmatische Gesichtspunkte in die Entscheidungen einbezogen.

Digitale Angebote der DNB wurden vom Netz genommen…

Fehler 404 – irgendwie schon, wenn man momentan die „Exilpresse digital“ oder „Jüdische Periodika in NS-Deutschland“ nutzen möchte. Dort kriegt man zwar nicht die Fehlermeldung angezeigt, aber den folgenden Text:

Die beiden Angebote „Exilpresse digital“ und „Jüdische Periodika in NS-Deutschland“ können aus rechtlichen Gründen nicht bereitgestellt werden.
Beide Dienste sind nach einer Übergangszeit in den Lesesälen der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt am Main nutzbar.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Leitung des Deutschen Exilarchivs 1933-1945, Dr. Sylvia Asmus.

Die beiden Angebote der Deutschenen Nationalbibliothek sind offensichtlich seit dem 27.6.2012 nicht mehr zugänglich. Man teilt auf der Seite der Zielsetzung mit:

Dieser Dienst ist nach einer Übergangszeit in den Lesesälen der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt am Main nutzbar.

„Aus rechtlichen Gründen“ heißt es in der Begründung. Nichtssagend und alles implizierend. Vermutlich geht aus aus „urheberrechtlichen Gründen“ nicht, aber ein Hinweis auf dies, würde aus meiner Sicht den Ärger etwas mildern. Natürlich wäre es auch gut zu wissen, ob man die Rechtslage prüft, um möglichst den alten Service wieder anbieten zu können. So jedoch schließt man zwei wichtige Quellen für die historische Forschung und zwingt somit die vielleicht inzwischen „verwöhnten“ Nutzer wieder zu Bibliotheksreisen, obwohl das digitale Angebot dies eigentlich unnötig macht.

Aufmerksam geworden über:
Graf, Klaus: Abschaltung „Exilpresse digital“ und „Jüdische Periodika in NS-Deutschland“, Archivalia

Zitat unkommentiert

Aus aktuellem Anlass: Ein Zitat zum Welttag der Muttersprache von Havva Engin

Und da müssen wir in Deutschland mal weg von einer Haltung, die auch unter Pädagogen verbreitet ist. Sie lautet: Wenn Eltern nicht vernünftig deutsch können, kann man mit ihnen nicht kooperieren. Das ist Quatsch! Lesekompetenz von Kindern kann man auch in deren Erstsprache fördern. Wenn türkische Eltern schlecht deutsch sprechen, muss man sich fragen, wie man sie in ihrer Muttersprache zum Vorlesen motiviert. Man muss die Potenziale der Eltern erkennen und wertschätzen, damit sie diese für die Entwicklung ihrer Kinder nutzen und ihnen nicht immer nur ihre Defizite vorhalten. […] Mein Lieblingsprojekt kommt aus Kanada: Da werden eingewanderte Mütter schon im Kreißsaal mit Büchern beschenkt – in Englisch und ihrer Herkunftssprache. Eltern von Einjährigen werden zu Lesehappenings in Bibliotheken eingeladen. So wird Eltern nicht nur vermittelt: Lesen ist wichtig. Sondern auch, wie Leseförderung geht. So werden auch Menschen ans Lesen herangeführt, die aus Kulturen kommen, wo das vielleicht keine so große Rolle spielt.“

Havva Engin

Aus aktuellem Anlass: Ein Bibliothekssketch zum heutigen Weltlachtag

Heute ist nicht nur der Tag der Arbeit, sondern seit einigen Jahren findet am ersten Sonntag des Monats Mai der Weltlachtag statt.  In der Schweiz, genauergesagt in Zürich gibt es alljährlich sogar eine Lachparade. Es ist ja bekannt, dass Lachen gesund ist und es gibt sogar Menschen, die glauben, dass Lachen den Weltfrieden bringt. So wie in vielen öffentlichen Bibliotheken Großbritanniens Literatur über den therapeutischen Einsatz von Literatur (Bibliotherapie) angeboten wird, hat auch das Lachen eine befreiende und sicherlich auch eine therapeutische Wirkung.   Wer Fan von Jerry Lewis und Dean Martin ist, wird den folgenden Sketch sicherlich lustig finden. Jerry scheint einer derjenigen Nutzer zu sein, der die Bibliothek mit seiner Menschlichkeit erfüllt, aber gleichzeitig  Freude daran empfindet BibliothekarInnen zu provozieren. Wie nicht anders zu erwarten verhält er sich sehr trottelig und blödelt dabei sehr albern herum. Dean Martin als Bibliotheksleiter scheint zwar genervt zu sein, aber dennoch geduldig und durchaus zum Lachen bereit. Am Ende von Teil 2 gibt es eine gefährliche Szene, die einem Zirkusstück gleicht.

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Vorstellung der mobilen Sitzgelegenheiten der Stadtbibliothek Eindhoven

Das Zitat „Wer zu spät kommt, dem bestraft das Leben„, das ja gerne Michail Gorbatschow in den Mund gelegt wird, gewinnt ja zunehmend an Aktualität – vor allem in Prüfungszeiten oder in Zeiten, in denen klar ist, dass die Zahl der Studenten in den nächsten Jahren durch die doppelten Abiturjahrgänge weiter steigen wird. Wenn sich Politiker und Bildungsökonomen darin einig sind, dass Deutschland zukünftig mehr Akademiker braucht und die Studenten mehr werden müssen um nicht im unteren OECD-Mittelfeld zu verbleiben, dann werden zukünftig auch mehr Leseplätze benötigt.  Wer also zu spät in eine Bibliothek kommt, der wird heute meist damit bestraft, dass er keine freien Arbeitsplätze mehr bekommt oder  auf „Phantomleser“ trifft, die Plätze belegen. In immer mehr Bibliotheken werden hierfür bereits „Parkscheiben“ verwendet. Dass hierfür eigene Kontrollinstanzen in Form von Bibliothekspolitessen oder Securitypersonal nötig wären ist das eine, aber wo bleibt die Freiheit Pausen zu machen, wann und wie lange man will? Einschlägige Boulevardzeitungen nennen diese Art von Nutzer auch den „Bibliotheksbummler“, doch warum bloß ist in der heutigen Zeit das flanieren und entdecken in Bibliotheken als bummeln „verschrien“? Es geht doch nur um die optimale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Plätze oder um effiziente Pausen und effizientes Studieren, mögen andere dagegen einwenden.  Natürlich ist es unfair Arbeitsplätze zu blockieren, aber  andere wiederum schlagen z.B. folgendes vor: „Die beste Lösung wäre wohl ein weiterer Anbau.“ Ich denke, dass ist oftmals ein Problem, das viele Bibliotheken haben und  zukünftig wohl noch verstärkter haben werden, denn der Andrang der doppelten Jahrgänge an den Universitäten und Fachhochschulen steht kurz bevor und viele wollen sich nicht nur mit einem Bachelorstudium begnügen.  In Paris ist das Kellergeschoß im Mc Donaldsrestaurant in der Nähe der Bibliothèque des Centre Pompidou (die seit Jahren aus allen Nähten platzt) regelmäßig  voll mit Schülern und Studenten.  Oftmals sind die heutigen Gebäude einfach zu klein und der Platz, der damals, als das Gebäude  erbaut wurde, noch vollkommen genügte, reicht nicht mehr aus.  In einer Sache will ich gerne Katharina, die ja im Mai 2010 mit ihrem Blogeintrag „Im „Märchen-Zentrum“ ist die Hölle los!“ für reichlich Diskussionsstoff sorgte, zitieren und Recht geben:

„Der Studierende schreibt auch nicht mehr zwei bis drei Hausarbeiten pro Semester, sondern eher vier bis fünf und alle müssen zur gleichen Zeit fertiggestellt werden. So bleibt durchschnittlich ein bis zwei Wochen pro Arbeit und keine Zeit, noch vier Wochen auf die Buchbestellung in der UB zu warten. Das direkte Literaturstudium in der Bibliothek lässt sich somit gar nicht vermeiden. Hierbei sind die leseintensiven Studiengänge meist auch noch die mit den meisten Studenten. „

Stellen Sie sich vor, dass Sie als Bibliothekskunde eine eigene Sitzgelegenheit für die Dauer ihres Besuchs in der Bibliothek nutzen könnnen, welche Ihnen auf Schritt und Tritt folgt und es fortan nicht mehr nötig ist die Reservierung eines Platzes mit „Handtüchern“ in Form von Büchern und sonstigem Material zu markieren. Der niederländische Designer Jelte van Geest fand hierfür die Lösung, die er im Rahmen eines Projektes der Design Academy Eindhoven entwickelte: Er erfand das „Take-A-Seat“ – System, das mit RFID-Karten funktioniert. Die BibliothekarInnen sind im Vorteil, denn sie verfügen über eine besondere Karte, die es ihnen gestattet mehrere Sitzgelegenheiten zur selben Zeit zu bewegen, um beispielsweise eine Veranstaltung vorzubereiten und hierfür die „Stühle“ in eine bestimmte Formation zu bringen. Vor einigen Jahren wurden diese Sitzgelegenheiten in der Stadtbibliothek Eindhoven getestet und seit dieser Zeit wird auf unterschiedlichen Webseiten auf italienisch, französisch, englisch und anderen Sprachen von diesen mobilen und flexiblen Sitzgelegenheiten berichtet. Ob diese Sitzgelegenheiten nun als eine Innovation bezeichnet werden können und ob diese sich wirklich langfristig in Bibliotheken etablieren könnnen, bezweifle ich. Die Blogs Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW, Infobib und Kitnahrs Schatzkiste berichteten ja bereits 2008 über die „Verfolger-Stühle“ oder „folgsamen Sitzgelegenheiten“  Durch die Diskussionen um belegte Arbeitsplätze an Universitätsbibliotheken hat dieses Thema wieder an Aktualität gewonnen. Jelte van Geest, der Erfinder, beschreibt diese Sitzgelegenheiten auf seiner Webseite www.jeltevangeest.nl in der Rubrik „ontwerpt“ genauer. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es möglich ist diese Sitzhocker käuflich zu erwerben. Ob es denn schon andere Bibliotheken gibt, die diese praktischen und ferngesteuerten Hocker nutzen oder ist das ein zu teurer „Spaß“, der kaum finanzierbar ist?

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Es gilt noch viele Probleme bei der Deutschen Digitalen Bilbliothek zu lösen

Nächstes Jahr soll mit der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) ein gigantisches Online-Vorhaben starten. Das Internetportal der DDBN soll jedermann Zugriff zu hochauflösenden Bildern, Millionen Handschriften, Fotografien und anderen kulturellen Schätzen verschaffen. Dabei reichen ein paar Mausklicks, um zum Ergebnis zu kommen. Dabei soll das gesamte relevante Wissen, dass derzeit in Biblitoheken und Museen Deutschlands versteckt ist, zugänglich gemacht werden. Außerdem soll sich die DDB als Portal erweisen, über das man irgendwann auf das gesamte Wissen der Welt zugreifen können soll. Utopie oder nur eine extrem ehrgeizige Vision?

Momentan müssen die Macher der DDB jedoch mit vielen Problemen kämpfen und dafür Lösungen finden.

Im Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv sieht man heute schon die Chancen für die Wissenschaftler. So wäre es den Wissenschftlern eine erhebliche Erleichterung, wenn sie sich im Internet schon ein Manuskript anschauen können, bevor sie dann im Archiv mit dem Original arbeiten. Das würde das Original schonen, weil die Wissenschaftler noch besser vorbereitet damit arbeiten könnten.

Fasznierend dürfte sich die DDB auch auf Kunst- und Kulturinteressierte auswirken. Wollten Sie nicht schon mal die Handschrift Jeand Pauls bewunder oder sehen, welche Korrekturen Ludwig von Beethoven an seinen Diabelli-Variationen gemacht hat. Und haben Sie sich nicht schon mal die Frage gestellt, welche Schätze ungezeigt in den Magazinen der Museen schlummern?

Die Leiterin des Delf von Wolzogen und ihre Kollegen waren so begeistert von der Idee, ihre Bestände allen zugänglich zu machen, dass sie schon lange bevor von der DDB überhaupt die Rede war, anfingen, Originale ihres Archivs zu scannen. So waren 2002 bereits fast 20 000 Publikationen, darunter viele Fontane-Handschriften eingescannt. Sie waren Vorreiter und eigentlich zu schnell, denn die Technik, die sie vor knapp 20 Jahren nutzten ist heute veraltet und es fehlte an passenden Standards. So ist die Auflösung vieler Scans einfach zu gering. Um Masse zu schaffen, verzichtete man zunächst darauf, einzelne Aufnahmen zu katalogisieren, d.h. sie durchgängig mit Schlagwörtern, Seitenzahlen und Kapitelüberschriften zu beschriften. Damit können diese digitalsierten Archivalien kaum für die DDB nutzbar gemacht werden.

Und hier ist das Fontane-Archiv kein unglücklicher Einzelfall, denn viele Einrichtungen haben losgelegt und arbeiten auch heute noch ohne vernünftigen, auf ein großes Ganzes ausgerichteten Plan. Nun, verwunderlich ist das nicht, da die Bundesregierung erst 2009 beschloss, eine nationale digitale Bibliothek aufzubauen, zu einem Zeitpunkt, da unzählige Einrichtungen längst in eigenen Projekten ihre Kräfte bündelten. So ist das Konzept der DDB auch nicht darauf ausgelegt, zentral die Medien zu sammeln und für einheitliche Digitalsierungsrahmenbedingungen und -richtlinien zu sorgen, sondern ihr Auftrag ist es, eine Struktur zu schaffen, in der dann die bestehenden digitalen Beständer der Institutionen zusammengeführt werden sollen. So soll ein Internetportal geschaffen werden, das seinen Nutzern einen einheitlichen Zugang zu den Beständen der 30.000 Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen bietet.

Die Idee ist schwierig umzusetzen, da die einzelnen Institutionen, die bereits zwischen 120 und 150 Millionen Euro investiert haben, ihre Eigenständigkeiten bewahren möchten.

[…] es hakt heftig bei dem Versuch, die vorhandenen digitalen Bestände nun auch tatsächlich zusammenzuführen. Ein Grund dafür ist der deutsche Föderalismus.

In Brandenburg hat man aus den Erfahrungen des Fontane-Archivs gelernt. Dort gibt es bereits seit 2007 die „Brandenburgische Runde Digitalisierung von Kulturgut“ mit Vertretern von Bibliotheken, Museen und anderen Bildungseinrichtungen, welche vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur gegründet wurde. In Planung befindet sich ein Landeskompetenzzentrum entstehen. Doch Kehrseite dieses Angebots ist, dass sie an der Landesgrenze halt macht und eine Koordinierung zwischen den Ländern weiterhin fehlt. Hier bedarf es einer zentralen Leitung. Kann dies die Deutsche Nationalbibliothek leisten, bzw. will sie es? Wenn nicht, gibt es andere Möglichkeiten, die von den Verantwortlichen in den Ländern angestrebt und akzeptliert werden kann? Oder muss erst eine entsprechende Einrichtung ähnlich des abgewickelten Deutschen Bibliotheksinstituts (DBI) geschaffen werden?

Aus den Fehlern des Fontane-Archivs, wo man drauflosdigitalisierte, ohne einen Blick fürs Ganze zu haben und aus den Fehlern all der anderen Einrichtungen hat man nur bedingt Lehren gezogen. So hat man sich bis heute noch nicht auf ein ideales Format für Scans und Katalogisierungsdaten geeinigt. Und auch was digitalisiert werden sollte, ist noch nicht mal ganz klar. Benötigen wir Digitalisate desselben Buches, welches oft nicht nur in verschiedenen Institutionen, sondern auch in verschiedenen Ländern vorliegt. Keiner kann nachvollziehen, was bereits vorhanden ist, denn eine verlässliche Gesamtübersicht der Bestände gibt es nicht. So gibt es viele Scans bereits doppelt und dreifach. Und auch der Zugang derzeit ist oft schwierig oder von Außen gar nicht möglich, weil gar nicht bekannt ist, dass es das bereits digitale Scans gibt.

Die Schuldfrage an diesem Durcheinander ist nicht ganz so einfach. Sind die Museen und Bibliotheken schuldig, die fortschrittlich sein wollten und seiten Jahren dabei sind, ihre Bestände zu digitalisieren? Ist der Bund schuldig, der es nicht schafft, die Projekte ordentlich zu koordinieren? Sind es die fehlenden Strukturen in den Ländern, die einen Austausch untereinander erheblich erschweren?

Für die Macher der DDB ist klar, dass diese organisatorischen Probleme lösbar sind. Noch ein großes Thema sind die Verfahren der automatischen Bild- und Texterkennung, welche die Katalogisierung dieser Massen deutlich vereinfachen würden. Ein Verzeichnis der digitalisierten Bestände (Zentrales Verzeichnis Digitalisierter Drucke, ZVDD) der einzelnen Wissenschafts- und Kultureinrichtungen ist im Aufbau. Derzeit sind sich alle sicher, dass die DDB Ende 2011 online geht und wachsen wird. Dazu sollen Bund und Länder jährlich 2,6 Millionen Euro beisteuern. Diese Summe reicht für die Entwicklung und den Betrieb der Internetseite der DDB. Nicht finanzierbar sind damit jedoch weitere Digitalisierungen.

Die Finanzierung der neuen Digitalisierungen ist das größte Problem der DDB. Frankreich stellt dafür nach einem Beschluss von 2009 750 Millionen Euro zur Verfügung. Deutschland? Da ist an so eine Summe nicht zu denken. Da wird gekleckert statt geklotzt, so dass beispielsweise die Mitarbeiter im Fontane-Archiv ihre Fehler längst ausgebügelt haben wollten und die zu gering aufgelösten Bilder erneut eingescannt und die Katalogisierung abgeschlossen haben wollten. Doch es fehlt an Personal dafür und so werden ihre Digitalisate wohl nicht Teil der DDB.

Und nicht alle Kultureinrichtungen und Museen haben ein wirkliches Interesse, Teil der DDB zu werden und ihre Bestände in ausreichender Auflösung zugänglich zu machen. Hier denkt man über Zugangshürden nach, damit die Einnahmen auch zukünftig stimmen. Kritisch äußerte sich z.B. der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Prof. Hermann Parzinger zu dem Gedanken, alles kostenfrei zugänglich zu machen. Er benötigt eine Refinanzierung der Angebote, um seine Objekte zugänglich und erhalten zu können. So müssten neben den technischen und strukturellen Problemen auch ideelle Einstellungen gelöst werden. Von urheberrechtlichen Dingen will ich hier erst gar nicht sprechen, denn die Historie allein wird einen Erfolg der DDB meiner Meinung nach nicht möglich machen. Otto Normalverbraucher erwartet mehr als nur Nachweise und „alte“ Kulturschätze.

Quelle,
Ehrich, Isso: 2011 geht ein Jahrhundertvorhaben ans Netz: die Deutsche Digitale Bibliothek, Märkische Allgemeine

[Randthema] Spätfolgen: Haitis Bildung leidet Notstand

Angelique ist eine pariser Studentin aus Haiti, wo sie beim schweren Erdbeben vom 12. Januar diesen Jahres nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihr altes College verloren hat. Die State University of Haiti, an der Sie gerade ihren Abschluss in Soziologie hätte machen sollen, wurde schwer zerstört. Es hätte schlecht für ihre Zukunft ausgesehen, wenn nicht Freunde aus Frankreich ihr Hilfe angeboten und der Direktor des Montparnasse Museums sie nach Paris geholt hätte. So kann Angelique im nächsten Juni ihren Abschluss planen, während andere Studierende in Haiti noch darauf warten, dass das Bildungssystem in ihrem Land wieder aufgebaut wird. Sie kritisiert die haitianische Regierung, die momentan nur die nächsten Wahlen sieht.

Bereits vor dem Erdbeben waren die Bedingungen an der State University of Haiti nicht gut. Schon damals waren Bücher in der Bibliothek knapp und die Offiziellen hatten kein Interesse an den Studierenden. Die Regierung tat zu dieser Zeit nichts für die Universität und hat auch seit dem Erdbeben nichts getan, krititisiert die Studentin und hofft, dass die internationale Staatengemeinschaft neben dem Neuaufbau der Bildungseinrichtungen auch die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und die Sicherheit der Studierenden bedenkt. Viele der ehemaligen Komillitonen haben nicht mehr die Möglichkeit zuende zu studieren, weil sie ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.

Die Herausforderungen für das Bildungssystem von Haiti sind vielschichtig. Viele Bildungseinrichtungen haben ihre Studierenden, Lehrenden, Gebäude und das auch ihr Equipment verloren. Es gibt keine Statistik, welche die Höhe der Verluste belegt.

Quisqueya, eine der 200 privaten Hochschulen, steht ohne Gebäude da und veranstaltet Vorlesungen derzeit in Zelten. Eine große Anzahl an Hochschulen ist bedroht durch den Verlust von Studierenden, die sich ein Studium nicht mehr leisten können. Auch die Abwanderung von gut ausgebildeten Haitianern ist ein großes Problem.

An estimated 85 percent of college-educated Haitians live abroad, driven away by instability, poverty, violence and other ills.

Viele Studierende sind auch von ihren Eltern ins Ausland geschickt worden, um ihre Studien zu beenden. Deren Wegbleiben bedeutet fehlendes Einkommen für die privaten Hochschulen, die mit den Studiengebühren ihren Etat finanzieren, so eben auch das Gehalt der Lehrenden.

Die Ausstattung wie PCs usw. ist nicht unbedingt das größte Problem durch Spenden, aber der Ersatz der Gebäude schon. Zelte können zwar teilweise die Gebäude ersetzen, aber mit der kommenden Hurricane-Saison sind diese nicht mehr ausreichend. Die Stürme könnten die zaghaften Fortschritte zunichte machen.

Stipenden und andere wissenschaftliche Unterstützung aus den USA, Kanada, Brasilien, den karibischen Ländern und aus Europas konnten auf Grund von Sprachproblemen und verlorenen persönlichen Unterlagen nicht wahrgenommen werden. Auch der pure Überlebenskampf hält viel ehemalige Studenten von der Wiederaufnahme eines Studiums ab. Zudem müssten die Hilfsangebote besser koordiniert werden und auch noch eine ganze Weile offen gehalten werden.

Zudem ist es notwendig, dass die Geberländer ihre zugesagte Hilfe auch wirklich geben. Bisher sind nicht alle Versprechen eingehalten worden. Eine gute Hilfe sei es z.B., dass große Universitäten in Kanada haitianischen Studierenden im letzten Studienjahr die Studiengebühren erlassen haben. Zur Zeit gibt es auch eine Entwicklung, Dozenten nach Haiti zu entsenden und so dem Land zu helfen.

Die Finanzierung der universitären Bildung ist jedoch ein sehr großes Problem:

For higher education, the Haitian government has earmarked only 1 percent, or about 53 million dollars of the 5.3 billion dollars pledged by donors, but experts are pushing for more focus on universities, especially so that students can stay and contribute to the reconstruction efforts. They know that many who leave may never return.

Quelle:
McKenzie, A.D.: Education Cracks in Haiti, IPS

Bibliothekare im Film: Eine Szene aus der Serie Twilight Zone (1961)

In a future totalitarian society, a librarian is declared obsolete and sentenced to death.“

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag erst in einigen Wochen veröffentlichen, doch ein Tweet von gestern („In a totalitarian society, Romney Wordsworth is condemned to death for the crime of being a librarian“) durch Monika Bargmann machte das Thema noch aktueller und so entschied ich diesen Blogpost vorzuziehen. Der Filmclip am Ende meines heutigen Beitrags ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der Folge „The Obsolete Man“ der Serie Twilight Zone. Romney Wordsworth muss sich wegen seines Berufes rechtfertigen und wird für obsolet erklärt, da er im totalitären Staat, in dem es keine Bücher mehr gibt, keine Rolle mehr spielt. Er wird zum Tode verurteilt, weil er Bibliothekar (ein Beruf, der zur Todesstrafe führt) ist und an Gott glaubt.  Sein letzter Wunsch ist es die Hinrichtungsmethode selbst wählen zu dürfen. Die 48 Stunden später stattfindende Exekution wird für die Gesellschaft „live“ im Fernsehen übertragen. Weiterlesen

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